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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2016

Im Fokus: Moringa oleifera

Cover

MoringaGarden Tenerife
Ist der „Wunderbaum“ wirklich ein Wunderbaum?

Nicht viele Gewächse erfahren zurzeit einen solchen Hype wie Moringa oleifera. Dabei handelt es sich um eine Pflanze, die ursprünglich aus dem hohen Norden Indiens stammt und im Kontext ihrer besonderen Wirkeigenschaften und Anwendungsmöglichkeiten als Nutz- sowie als Heilpflanze den ehrenvollen Trivialnamen „Wunderbaum“ verliehen bekam. Doch können die häufig maßlos übertrieben anmutenden Händlerangaben überhaupt ernst genommen werden, oder handelt es sich bei Moringa tatsächlich um eine der gesündesten und ernährungsphysiologisch wertvollsten Pflanzen der Welt?

Superfood oder Superhype?

Auf entsprechenden Händler-Webseiten oder in Prospekten, mit denen für Moringa geworben wird, heißt es oftmals, dass es sich bei dieser Pflanze um das „Superfood“ schlechthin handele, genauer gesagt: um die nährstoff- sowie vitaminreichste Pflanze der Welt.

Pflanzensteckbrief

Botanischer Name: Moringa oleifera LAMARCK

Synonyme: Guilandina moringa, Moringa moringa, M. pterygosperma

Zuordnung: Moringaceae MARTINOV (Bennussgewächse)

Trivialnamen: Asiatische Moringa, Behenbaum, Klärmittel- baum, Meerrettichbaum, Pferderettichbaum, Trommelstock- baum, Wunderbaum, Benzolive (franz.), Drumstick Tree, Mother’s best friend (engl.), Morango (span.), Moringuiero (port.), Munaga, Shajna (hindi), Sàndalo ceruleo (ital.), Sitachini (nepal.)

Aussehen: Schnellwüchsiger Baum mit rübenartig verdickter Wurzel und einem dicken, kahlen Stamm; Wuchshöhe bis zu 12 Metern; grüne und gefiederte Blätter; creme-weiße, aromatische sowie in Rispen stehende Blütenstände; kleine und unebene Fruchtkapseln; kantiges und flugfähiges Saatgut

Verbreitungsgebiete: Ursprüngliche Heimat ist die Himalayaregion im Nordwesten des indischen Subkontinents; Heute wird die Pflanze weltweit in subtropischen und tropischen Gefilden kultiviert, etwa in Afrika, Südamerika, Südostasien, der Karibik sowie auf den Kanarischen Inseln (Teneriffa)

Verwendete Planzenteile: Blätter, Blattpulver, Blüten, Samen, Samenöl, Wurzel

Ethnobotanik: Uralte Heilpflanze im Ayurveda, der indischen sowie südostasiatischen Heilkunde zur Behandlung einer Vielzahl von Krankheiten

Laut Händlerangaben soll Moringapulver einen 15-mal höheren Kaliumgehalt als Bananen, einen 7-mal höheren Vitamin-C-Gehalt als Orangen, einen 3-mal höheren Eisengehalt als Spinat und einen 4-mal höheren Vitamin-A-Gehalt als Möhren aufweisen. Diese Angaben sind etwas irreführend, da zum Vergleich nicht das lose Blattmaterial von Moringa oleifera, sondern das Blattpulver herangezogen wurde, worin die Wirkstoffe bereits in konzentrierter Form vorliegen. Der Vergleich hätte also korrekterweise mit Spinatpulver, Möhrenpulver etc. durchgeführt werden müssen, wonach gänzlich andere Ergebnisse herausgekommen wären.

Nichtsdestotrotz verfügt Moringa über eine außerordentlich große Bandbreite und Reichhaltigkeit an wichtigen und essenziellen Inhaltsstoffen, was diese Pflanze auch als Nahrungsergänzungsmitel sowie als Heilpflanze interessant macht. Der Hype um Moringa ist also durchaus als etwas übertrieben und in die Kategorie „Kommerz“ oder „Verkaufsstrategien“ einzustufen. Das bedeutet jedoch nicht, dass Moringa kein „Superfood (meist naturbelassene Nahrungsmittel mit außerordentlich hohen Nähr-, Vital- und Wirkstoffmengen) ist – das ist es zweifelsohne – sondern nur, dass es nicht das Einzige oder das Beste ist. Daneben gibt es nämlich noch eine ganze Reihe weiterer wichtiger Pflanzen, die in Anbetracht ihrer günstigen oder reichhaltigen Zusammensetzung an essenziellen und ernährungsphysiologisch sehr wertvollen Inhaltsstoffen ebenfalls ohne Weiteres die Bezeichnung „Superfood“ verdienen, z.B. diverse Algen (Spirulina), Brennnessel, Brokkoli, Chiasamen, Granatapfel, Grünkohl, Hanfsamen, Ingwer, Kurkuma, Löwenzahn, Möhren, Papaya etc.

Wertvolle Inhaltsstoffe

Moringa enthält diverse Antioxidantien (z.B. Zeatin), Aminosäuren (z.B. Histidin, Isoleucin, Tryptophan), Bitter-, Mineral- sowie Schleimstoffe, Eisen, Fettsäuren (z.B. Omega-3), Kalium, Kalzium, Magnesium, Phosphor, Phytosterine, Proteine, Pterygospermin, Schwefel, Selen, Senfölglykoside (z.B. Niazinin), Vitamine (A, C, D, E, K), Zink sowie zahlreiche sekundäre Pflanzenstoffe, u.a. Carotin, Chlorophyll und Lutein. In der Wurzelrinde wurden außerdem Alkaloide (z.B. Spirochine) identifiziert, weshalb diese vor Verarbeitung der Wurzel üblicherweise gründlich entfernt wird.

Darreichungsformen – Fast alles ist möglich

© Swapan - fotolia.comAbhängig vom Verwendungszweck sowie von der persönlichen Präferenz kann Moringa äußerst vielseitig zubereitet und eingenommen werden. Aus den getrockneten und geschnittenen Blättern kann ein ungezuckerter Teeaufguss zubereitet werden. Das aus den getrockneten Blättern hergestellte Pulver kann entweder mit Wasser heruntergespült, in Kapsel- oder Tablettenform („Pressling“) eingenommen werden. Es lässt sich aber auch hervorragend als Gewürz nutzen. Als solches wird das Pulver entweder mitgekocht oder, besser noch, nach dem Kochen einfach über die Speise gestreut. Das Samenmaterial wird meist für die Kaltpressung eines sehr hochwertigen Öls gewonnen, welches sowohl äußerlich als auch innerlich eingesetzt werden kann. Alternativ können die Samen roh, gekocht oder geröstet eingenommen werden. Die Früchte der Moringa oleifera können auf gewöhnliche Weise gekocht oder gedünstet und somit einfach in den täglichen Speiseplan integriert werden, sie erinnern vom Geschmack her ein wenig an Spargel. Gleiches gilt für die essbaren Blüten, die sich hervorragend als dekorative Salatbeigabe eignen. Sie enthalten zwar nur kaum medizinisch wirksame Inhaltsstoffe, dafür schmecken sie aber gut: süßlich und an Honig erinnernd. Ein aus der Wurzel gemahlenes Pulver wird innerlich als Antibiotikum sowie zur äußerlichen Behandlung als Wundheilmittel empfohlen.

Hinweis: Beim Kauf von Moringa-Produkten muss beachtet werden, dass sich die Qualität – abhängig von Produkt, Anbaugebiet, Verfahrenstechniken und anderen Faktoren – deutlich voneinander unterscheiden kann. Am ratsamsten ist es, nur Produkte zu erwerben, die bereits im Herkunftsland schonend verarbeitet wurden und aus den Händen zertifizierter Naturkost-Händler stammen. Als qualitativ besonders hochwertig gelten z.B. Moringa-Produkte, die auf der Kanareninsel Teneriffa hergestellt wurden. Hingegen weisen Produkte, die industriellen Treibhaus-Kulturen entstammen, üblicherweise die niedrigste Qualitätsstufe auf.

Wirkeigenschaften

Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher Wirkeigenschaften, die der Pflanze zugesprochen werden. Viele davon entstammen dem Ideenreichtum kapitalinteressierter Händler, andere wiederum können durch uraltes Erfahrungswissen sowie inzwischen auch wissenschaftliche Studien bestätigt werden. So existiert kein Zweifel mehr daran, dass Moringa, im Besonderen in der Darreichung eines Extrakts, über antibiotische, antifungale, antikarzinogene, antioxidative, blutzuckerregulierende, cholesterinspiegelsenkende, entzündungshemmende und magensäure- minimierende Wirkeigenschaften verfügt. Dabei beruht die antikarzinogene (krebshemmende) Wirkung vermutlich primär auf den enthaltenen Senfölglykosiden, die jedoch nicht nur in Moringa oleifera, sondern auch in anderen Gewächsen reichhaltig gefunden werden können, so z.B. in sämtlichen Kohlgemüsen.

Moringa als Nahrungsergänzung

Klar ist, dass in Folge einer gesunden und ausgewogenen Ernährung im Grunde genommen keinerlei Nahrungsergänzungsmittel von Nöten sind. Im Zeitalter von Fast-Food, Fehl-, Mangel- oder gar Unter- ernährung ist der Einsatz bestimmter Nahrungsergänzungsmittel – vorausgesetzt es handelt sich um naturbelassenes Pflanzenmaterial (und nicht um unverhältnismäßig teure, synthetische Eiweißshakes etc.) – in Einzelfällen aber durchaus sinnvoll und angemessen. Moringa kann – genau wie andere „Superfoods“ – aufgrund der Reichhaltigkeit an essenziellen und gesunden Nähr- und Vitalstoffe jederzeit zur Nahrungsergänzung eingesetzt werden. Es sollte nur nicht der Fehler gemacht werden, zu glauben, dass bei Einnahme einer Handvoll Moringa-Kapseln pro Tag auf jedwede sonstige Nahrungszufuhr verzichtet werden kann. Es geht nicht um einen Nahrungsersatz, sondern um eine Nahrungsergänzung, die dazu beitragen kann, das notwendige und zur Erhaltung von Gesundheit erforderliche Gleichgewicht wieder herzustellen.

Moringa als Heilpflanze

Die Anwendung von Moringa oleifera als Heilpflanze ist uralt und kann über viele Jahrhunderte zurückverfolgt werden. Besonders verwurzelt ist Moringa in den asiatischen Medizinsystemen; aber auch in Südamerika, in Afrika sowie in anderen Regionen der Welt wird Moringa als therapeutisch wirksame Heilpflanze geschätzt, etwa zur Behandlung durch Eisenmangel bedingter Blutarmut, Bluthochdruck, hohen Cholesterinwerten, Diabetes-Typ-2 (leichtes Stadium), Entzündungen, Unterernährung, Skorbut und Vitamin-B1-Mangel. Klinische Studien, die eine positive Heilwirkung auf die genannten Krankheiten bestätigen können, existieren bis dato zwar nur wenige, allerdings kann in Anbetracht der jahrhundertealten erfahrungswissenschaftlichen Anwendungstradition von Moringa angenommen werden, dass die Pflanze bei obigen Krankheitsbildern erfolgreich eingesetzt werden kann. Weitere Krankheiten, die experimentell mit Moringa behandelt werden – für die aber bis dato keine auf klinischen Studien oder Erfahrungswissenschaft basierende Wirksamkeit bestätigt werden kann – sind Asthma, Arteriosklerose, Bauchschmerzen, Demenz, Epilepsie, Fieber, HIV, Infektionskrankheiten, Impotenz, Intoxikationen, Krämpfe, Krebs, Lebererkrankungen, Rheuma, Schlafstörungen, Schmerzen, Sehstörungen und viele weitere.

Moringa zur Wasseraufbereitung

In einigen Regionen Afrikas, Asiens und Südamerikas ist es traditionell üblich – und das ist eine weitere tolle Anwendungsmöglichkeit von Moringa – die pulverisierten Samen als Mittel zur Wasserklärung einzusetzen. Dazu wird das Pulver einfach auf das verschmutzte Wasser gegeben. Infolgedessen bindet das Pulver sämtliche Schmutzpartikel, Bakterien, Schwebstoffe, Wurmeier und sogar Schwermetalle wie Arsen, Cadmium oder Chrom und setzt sich samt dieser unerwünschten Stoffe auf dem Boden des Wasserbehältnisses ab. Hinzu kommt, dass im Moringapulver antibiotisch wirksame Peptide enthalten sind, die den Reinigungsprozess synergistisch unterstützen. Das Wasser erscheint nun deutlich klarer, ist weitestgehend keimfrei und kann getrunken werden. Nachweislich ist diese Methode besonders dann effektiv, wenn das Wasser trüb und voller unlöslicher Schwebstoffe ist.

Ist das Wasser hingegen klar und z.B. mit gelösten ionischen Stoffen verschmutzt, reinigen Moringasamen zwar ebenfalls das Wasser, nicht aber so, dass es im Anschluss von Menschen – ohne Krankheiten befürchten zu müssen – getrunken werden kann.

Fazit

Definitiv ist Moringa eine tolle und interessante Pflanze, die nicht nur eine ganze Reihe essenzieller und für unsere Gesundheit notwendige Nähr- und Vitalstoffe zur Verfügung stellt, sondern auch anderweitig sinnvoll eingesetzt werden kann, ganz gleich, ob als Heilpflanze, als tägliches Nahrungsmittel oder als „natürlicher Wasserfilter“.

Moringa oleifera ist ein wunderbares Gewächs, nicht aber besser oder gar wichtiger als andere Pflanzen! Die meist übertriebenen Slogans der Händler, die Moringa-Produkte bewerben, sind nicht nur irreführend, sondern häufig auch falsch; sie basieren weder auf klinischen Studien noch auf ethnobotanischem Erfahrungswissen und sollten deshalb nur mit Bedacht zur Kenntnis genommen und folglich nicht überbewertet werden.

Rezept

Power-Müsli mit Moringa

Zutaten: Apfel- und/oder Bananenstückchen, Chiasamen, Getreideflocken, Gojibeeren, geschälte Hanfsamen, Leinsamen, Mandeln, Macapulver, evtl. Matchapulver, Moringapulver, Nüsse (z.B. Cashew, Haselnüsse, Walnüsse), rohe Kakaostückchen und Milch (z.B. Reismilch). Als Süßungsmittel eignet sich Honig oder Xylit (Birkenzucker).

So geht’s: Alle Zutaten in beliebigen Mengenverhältnissen in eine Schüssel geben, süßen und mit Milch übergießen. Alternativ kann das Müsli auch mit Säften zubereitet oder mit Joghurt vermengt werden, abhängig von den persönlichen Präferenzen.

Bon Appetit!

Kevin JohannKevin Johann
Erziehungswissenschaftler (M.A.),
Naturpädagoge, Autor

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