aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2016
Es verschlägt mir den Atem – oder ich huste Dir was…
Chronische Lungenerkrankungen müssen ganzheitlich therapiert werden
Die Lunge ist, neben Haut und Darm, unsere größte Kontaktfläche zur Außenwelt. Über die Atemluft sind wir mit allen und allem durch Zeit und Raum verbunden. Wie ist das zu verstehen?
Die Atmosphäre der Erde, so wie wir sie heute kennen, gibt es seit rund 145 Millionen Jahren. Sie ist es, die atmungsaktives Leben wie unseres ermöglicht. Wir atmen ein, wir atmen aus, Winde durchwirbeln die Lufthülle, die seither im Großen und Ganzen dieselbe ist.
Vielleicht atme ich gerade einige Atome der Atemluft eines Eskimos ein, der vor hundert Jahren lebte. Solche Gedanken sind unwissenschaftlich, dennoch helfen sie mir zu verstehen, warum gerade unsere Lunge so empfindlich auf alle Verletzungen reagiert, die wir durch unseren Kontakt mit der Außenwelt erfahren. Ob es sich dabei um physikalische Belastungen wie extreme Temperaturschwankungen, um chemische Belastungen, wie Auspuffgase und Pestizide oder um nicht messbare Belastungen wie Mobbing am Arbeitsplatz handelt – unsere Lunge leidet, körperlich wie seelisch.
Wenn wir uns des Beziehungsgeflechts unserer Organe bewusst werden, können wir erkennen, dass die Lunge auf der Körperebene über den Blutkreislauf mit unserem Herzen verbunden ist. Wenn wir akzeptieren, dass emotionale Erschütterungen auf Seelenebene nicht nur „an die Nieren gehen“, sondern uns auch den „Atem stocken lassen“, dann begreifen wir, warum in der heutigen Zeit von Antibiotika und Bronchien erweiternden Mitteln dennoch so viele Menschen über Atemprobleme und Lungenerkrankungen klagen.
Die Verbindung Herz-Lunge kennen wir aus dem Anatomie- bzw. Pathologieunterricht. Die Verbindung Lunge-Niere ist nicht jedem in unserem Kulturkreis vertraut. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) gehört es zum Basiswissen, dass es einer starken Nierenenergie bedarf, um Lungenerkrankungen nachhaltig auszuheilen. Die Nierenvitalität wird durch Angst und partnerschaftliche Problematik geschwächt. Dies müssen wir gerade in der heutigen Zeit als Therapeut/in bei der Behandlung unserer Lungenpatienten im Auge behalten.
Hinzu kommt das Zusammenspiel von Lunge, Haut und Darm. Diese drei Organsysteme stehen unser Leben lang miteinander in einem engen Wechselspiel in Verbindung. Sie entstehen aus einem Keimblatt. Alle drei Organsysteme haben eine gemeinsame Aufgabe: Sie sind unsere Grenze zur Außenwelt.
Unsere Haut begrenzt, was wir als unsere körperliche Existenz wahrnehmen. Alles, was innerhalb liegt, bin ich; alles, was außerhalb liegt, bin ich nicht – stark vereinfacht.
Unser Darmtrakt wird über Speisen und Getränke, die wir zu uns nehmen, mit der Außenwelt konfrontiert. Funktioniert er gut, erreichen nur jene Nährstoffe mein Innerstes, die verdaut, d.h. zu meinem Eigenen gemacht wurden. Funktioniert er nicht optimal (Leaky-Gut-Syndrom), habe ich etwas im Körper, das fremd ist, Haut und Lunge werden geschädigt.
Hautpatienten, die über lange Zeit mit Cortison-Präparaten behandelt wurden, leiden in späteren Jahren oft an Atemwegserkrankungen, häufig an Asthma. Und es ist bekannt, dass Patienten, deren Lungenproblematik mit einem ganzheitlichen Therapieansatz erfolgreich behandelt wurde, über kurz oder lang wieder das als überwunden geglaubte kranke Hautbild zeigen.
Zu einem ganzheitlichen Therapieansatz, insbesondere bei chronischen Lungenerkrankungen, müssen Darm und Haut mitberücksichtigt werden.
Was gibt es bei der Erstellung eines Therapieplanes für einen Lungenpatienten, unter Berücksichtigung der oben besprochenen Punkte, noch zu beachten?
• Raucht der Patient? Wichtig für Therapeuten: Schulen Sie Ihre Nase. Wenn Sie selbst nicht rauchen, fällt Ihnen die Wahrnehmung von Nikotin und Tabak viel leichter, denn es gibt Patienten, die Rauchen gerne verheimlichen möchten. Ein anderer deutlicher Hinweis auf Zigarettenkonsum ist die leichte Verfärbung der Haut an Zeige- und Mittelfinger. Dann können Sie sicher sein, dass es sich um stärkere Raucher handelt. Rauchen ist bei Lungenerkrankungen ein „no go“. Aufzuhören ist für viele Menschen nur sehr schwer durchführbar, das müssen Sie während des Therapieverlaufes berücksichtigen.
• In welchem Umfeld lebt der Patient – körperlich, seelisch, geistig? Werden z.B. ausreichende Erholungsphasen eingehalten, wird er eventuell in der Schule oder am Arbeitsplatz gemobbt?
• Gibt es familiäre Belastungen der Lunge? Ein körperliches Zeichen können Uhrglasnägel sein, ohne dass der Patient sich einer Lungenerkrankung bewusst ist.
• Zeigt der Patient das Bild einer tuberkulinischen Diathese? Es handelt sich dabei um geschwächte, erschöpfte Patienten mit Neigung zu Erkältungskrankheiten, die immer die Lunge mit einbeziehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei Patienten mit häufig wiederkehrenden Lungenerkrankungen, neben der Behandlung von Lunge und Atemwegen, eine Stärkung der Nieren und des vegetativen Nervensystems sowie eine Belgleitbehandlung von Darm und Haut angezeigt sind.
Ein Fallbeispiel aus meiner Praxis
Seit drei Jahren begleite ich zwei Brüder, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Bei der Erstkonsultation war Martin 6 Jahre und Kevin 4 Jahre alt. Martin ist zart, blond, blauäugig und scheu. Kevin ist kräftig, dunkelhaarig, braunäugig und ein kleiner Rabauke. Eines haben beide gemeinsam: immer wiederkehrende Erkältungskrankheiten mit Bronchitis, die sich oft über mehrere Wochen hinziehen. Dabei kommt es zu krampfartigen Hustenanfällen.
Martin hat viele Nahrungsmittelunverträglichkeiten, neigt zu Durchfall und Blähungen, Kevin hat vor allem an den Armen und Händen starke Neurodermitis. Beide Kinder sind Kaiserschnittgeburten. Die Mutter ist ein in Beruf, Haushalt und Kinderbetreuung perfekt funktionierendes Multitalent. Ihr Auftrag an mich: Erkältungen und Hustenanfälle bei beiden reduzieren, letztendlich ganz beseitigen, zudem Kevins Hautbild verbessern, am besten die Neurodermitis zum Verschwinden bringen. Martin soll mutiger werden, die Nahrungsunverträglichkeiten sollen verschwinden, sein Darm insgesamt stabil werden. Ein großes Auftragspaket, das Zeit braucht, um nachhaltig wirksam bearbeitet zu werden.
Behandlung Martin
Solunat Nr. 3 (Azinat), 2-mal täglich 5 Tropfen zur allgemeinen Immunstärkung. Auf seelischgeistiger Ebene wirkt dieses Mittel ebenfalls im Sinne von sich mutiger zur Wehr setzen können.
Solunat Nr. 15 (Pulmonik), 2-mal 5 Tropfen zur Stabilisierung der Lunge.
Solunat Nr. 16 (Renalin), 2-mal 2 Tropfen zur Stärkung der Niere. In dieser sehr niedrigen Dosierung dient es vor allem der seelischen Stärkung des Organsystems, d.h., die Ängstlichkeit und Scheu behandle ich hier über dieses Organsystem.
Behandlung Kevin
Solunat Nr. 9 (Lymphatik), 2-mal 5 Tropfen zur Entlastung der Haut über die Lymphe.
Solunat Nr. 16 (Renalin), 2-mal 5 Tropfen zur Entlastung der Haut über die Niere.
Solunat Nr. 15 (Pulmonik) 2-mal 5 Tropfen zur Stabilisierung der Lunge.
Äußerlich wurde die Haut mit Lunasol Kinderbalsam und Lunasol Kindercreme behandelt.
Beide Kinder erhielten eine Darm-Kur über vier Wochen mit Omnibiotic Panda (1 Beutel pro Tag).
Weitere Anweisungen
Bei krampfartigen Hustenanfällen wurde zusätzlich Solunat Nr. 4 (Cerebretik), 3 Tropfen jede halbe Stunde, maximal 4 Gaben hintereinander, plus 2 Tropfen Rescue Remedy zusammen mit einem Schluck Wasser empfohlen. Auf diese Mischung sprachen beide Kinder sehr gut an, die Mittel mussten nach vier Monaten nicht mehr eingesetzt werden.
Ernährungsempfehlung
Soweit wie möglich meiden von konventionellen Süßigkeiten. Regelmäßiges, warmes Essen (entlastet den Verdauungsvorgang). Meiden von Schweinefleisch und Weißmehlprodukten (ist bei Neurodermitis eine Basisempfehlung und bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten eine wichtige Entlastung des Darmtraktes).
Der Verlauf gestaltete sich bei beiden Brüdern mit vielen Wellenbewegungen. Kevin organisierte sich immer wieder Süßigkeiten, danach kam es prompt zu Hautschüben. Martin hatte mit der Einschulung schwer zu kämpfen, zeigte viele Ängste, ist aber jetzt nach drei Jahren stabil, sowohl körperlich wie seelisch.
Auch Kevin begriff mit dem Größerwerden, dass Schokolade und Gummibärchen immer wieder zu „Aua“ an den Händen führt. Seit einem Jahr ist das Neurodermitis-Bild abgeklungen. Bei ihm wurde die Darm-Kur noch 2-mal wiederholt.
Eine wichtige Begleitbehandlung für beide Jungs war die Unterstützung der Mutter. Sie nahm in den letzten drei Jahren regelmäßig in Zeiten intensiver beruflicher oder privater Belastung Solunat Nr. 14 (Polypathik), bis zu 4-mal 5 Tropfen pro Tag. Dies ließ sie entspannter und gelassener mit ihren Kindern umgehen, was letztendlich zum nachhaltigen Abklingen der Körpersymptomatik beitrug.
Christina Casagrande
Heilpraktikerin, Expertin für Ayurveda, Spagyrik und Bach-Blütentherapie, Buchautorin