aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2023
Aktuelles aus dem VFP e.V.
Internet-Süchte in der ICD-11
Verschiedene Internet-Süchte sind als Krankheiten bzw. Störungen in die ICD-11 aufgenommen worden. Die deutsche Version nennt z.B. für Spielsucht 9 Kriterien, von denen für eine entsprechende Diagnose mindestens 5 erfüllt sein müssen. Allerdings kann nicht nur Spielen, sondern fast jede Online-Aktivität süchtig machen: Frauen sind v.a. durch Chatten und Social Media gefährdet, Männer eher durch Pornografie und Glücksspiele.
Ein besonders hohes Suchtpotenzial bieten neben Computerspielen die sozialen Medien. Viele Netzwerke setzen auf das Belohnungssystem im menschlichen Gehirn, was zu einer „Jagd auf Likes“ führen kann. Dr. Klaus Wölfling, Leiter der Ambulanz für Spielsucht der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Mainz, warnt: „Wenn wir die sozialen Medien intensiv nutzen, kann das zu einer Veränderung unseres internen Belohnungssystems führen. Außerdem kann es durch die Fülle an Informationen und die schnelllebige Welt der sozialen Netzwerke zur FOMO (Fear Of Missing Out), also der Angst, etwas zu verpassen, kommen. Das kann so weit gehen, dass die Betroffenen ständig erreichbar sein müssen und reale soziale Kontakte darunter leiden.“ (Quelle: www. aerztezeitung.de)
Die Zahl der Menschen mit einer Online-Sucht nimmt weiter zu, wobei die mit der Pandemie einhergehende intensivere Nutzung des Internets diesen Trend verstärkt hat. Auch der größere Anteil älterer Nutzer führt zu einer steigenden Prävalenz von Online-Süchten: Mit zunehmender Medienkompetenz nutzen ältere Menschen das Internet stärker als früher. Damit einher gehe aber auch eine steigende Gefahr des Missbrauchs, so Dr. Wölfling.
SWR-Programmausschuss kritisiert Verunglimpfung der Heilpraktiker
Ungewöhnlich deutlich hat der „Programmausschuss Information“ des SWR die Redaktion des Senders kritisiert. Der Titel des am 20. September 2022 gesendeten Beitrags „Psycho-Pfusch: So gefährlich sind Heilpraktiker“ sei „überaus unpassend“ gewählt und geeignet, einen Berufsstand zur Gänze zu verunglimpfen. Vertreter der Redaktion des SWR hätten die „nicht passende“ Titelwahl eingeräumt.
Der VFP hatte bereits im Vorfeld deutliche Kritik an Titel und Aussagen des Fernsehbeitrags geäußert. Nach dem Votum des Programmbeirats forderte der VFP den SWR auf, zumindest den Titel der Sendung in der ARD-Mediathek, bei YouTube etc. entsprechend zu ändern.
Inzwischen hat der SWR den Titel der Sendung einschränkender formuliert: Statt „So gefährlich sind Heilpraktiker“ heißt es jetzt „So gefährlich sind manche Heilpraktiker“. Die Prozesse, die der Entwicklung von internetbasierten Süchten zugrunde liegen, ähneln denen von substanzbezogenen Abhängigkeiten. „Digitale Applikationen können ähnlich wirken wie Alkohol oder andere psychotrope Substanzen“, sagt Dr. Wölfling. Dementsprechend müsse, neben der psychotherapeutischen Begleitung, bei einer Therapie u.a. die Nutzung der betroffenen Angebote im Internet, z.B. Computerspiele, Social Media oder Pornografie, unterbunden werden.
Stigmatisierung psychisch Erkrankter hält an
Während die gesellschaftliche Akzeptanz manch psychischer Erkrankungen wie Depressionen oder Burnout inzwischen weit fortgeschritten ist, gilt das für andere psychische Störungen keineswegs. Das berichtet die Ärztezeitung auf Grundlage der Forschungsergebnisse von Dr. Sven Speerforck, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Oberarzt an der Universitätsklinik Leipzig. Demnach würden Depressionen und Burnout v.a. mit (beruflicher) Überlastung in Verbindung gebracht. Sie gälten deshalb als Krankheiten, die man sich gewissermaßen „erarbeitet“ habe. Menschen mit anderen psychischen Beeinträchtigungen würden dagegen eher stigmatisiert. Dr. Speerforck warnt vor einer „sozialen Ökonomisierung“ des Gesundheitswesens. Es sei wichtig, den Menschen mit dem größten Leidensdruck am schnellsten zu helfen – und das seien häufig nicht diejenigen, die sich selbst Hilfe suchen könnten. Außerdem brauche es mehr vorbeugende Programme und Angebote. Es sei, so der Facharzt, eine politische Entscheidung, wie viele Ressourcen für die psychische Gesundheit der Bevölkerung zur Verfügung gestellt würden. (Quelle: www. aerztezeitung.de)
Dr. paed. Werner Weishaupt
Heilpraktiker für Psychotherapie, Dozent für Kinesiologie und Psychotherapie, Präsident des VFP e.V., Autor