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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2016

Glosse: Glutenfrei, Zuckerfrei und Spaß dabei

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© Julia Suvorova - fotolia.comIch liebe Zucker!!! In allen erdenklichen Formen findet er seinen Weg zu mir. Genauso geht es mir mit Brot, Nudeln und all den Dingen, die Gluten enthalten. Sie schmecken mir äußerst köstlich, und die Finger davon zu lassen, kommt einem Entzug gleich.

In unserer heutigen Gesellschaft gibt es so viele gut gemeinte Ideen zur Lebensführung, wie es Individualisten gibt. Jeder weiß irgendwas, und das, was er weiß (oder auch sie), wird ungebremst in die Welt geschickt. Egal ob es nützlich ist oder nicht. Die eigene absolute Gewissheit, das einzig wahre „was auch immer“ zu kennen und zu leben, reicht aus, um dies mit allen teilen zu wollen oder gar zu müssen.

Ich bin eine Freundin von Wachstum und Reifen. Ebenso empfinde ich es als wertvoll, über bestimmte Dinge in meinem Leben zu reflektieren und zu sinnieren. Neue Informationen über mir unbekannte Themen zu erhalten, empfinde ich als wirkliche Bereicherung. Nur so habe ich (haben wir alle) die Chance, über den Tellerrand zu schauen und unsere Komfortzone zu erweitern.

Was ist mein Begehren?

Wenn ich davon ausgehe, dass ich meinen Körper mit Nahrung bereichern oder aber auch schädigen kann; und wenn ich weiter der Annahme bin, dass es in der heutigen Zeit sehr schwierig scheint, ein Gleichgewicht dahingehend zu erreichen, dann macht mir das Bauchschmerzen. Nicht, weil ich wieder zu viele der schlechten Dinge zu mir genommen habe, sondern weil die Argumente dagegen, mir wie ein Wackerstein im selbigen liegen. Selbstverständlich kenne ich die allgemein bekannten Nahrungsregeln: Gut frühstücken, viel trinken, Süßigkeiten in Maßen, nach 18 Uhr kein Essen mehr, mindestens 30 Minuten Bewegung am Tag. Diese allgemeinen Regeln wurden (leider) in den letzten Jahren erweitert: Noch weniger Zucker (laut WHO 50-60 Gramm pro Tag), Gluten weitestgehend vermeiden, Wasser und ungesüßte Säfte (mind. 2-3 Liter pro Tag) trinken, 3-5 Portionen Gemüse/Obst pro Tag.

Alle diese Zahlen, diese Maßeinheiten, diese festgelegten Uhrzeiten machen mich irre! Vielleicht bin ich ja auch der einzige Mensch, dem das zu viel ist, vielleicht aber auch nicht. Ich weiß um eine ausgewogene Ernährung und ich bin mir bewusst, dass bestimmte Krankheiten von einer fahrlässigen Nahrungsaufnahme herrühren. Allerdings stellt sich mir die Frage: Muss mein Alltag noch komplizierter werden als er es ohnehin schon ist? Ich höre jetzt die Leute rufen: „Erstmal angefangen, dann wird das ganz schnell zur Gewohnheit!“ oder „Hinterher ärgerst du dich, wenn du krank bist und nicht in deine Gesundheit investiert hast“. Vielen Dank erstmal für eure wohlgemeinten kritischen Antworten. Ich weiß es zu schätzen, wenn Menschen andere Menschen unterstützen möchten. Was ich allerdings weniger toll finde, dass sind diese Moralapostel, die meinen, ihre Weisheit im Schlaf erhalten zu haben. Die Menschen, die mit ihren gut gemeinten Ratschlägen einem wirklich den Appetit verderben. „Suppenspucker“ nenne ich sie, weil sie ungefragt irgendwas in den Raum stellen und auf eine Reaktion warten. Eine Art Huldigung dafür, dass sie mit aufdringlichen Hinweisen ihre Art des Lebens anderen kundtun.

Mit reinem Gewissen kann ich mitteilen, dass ich schon zucker-, gluten- und alkoholfrei und was auch immer gelebt habe. Ich habe die verschiedensten Nahrungspläne kennengelernt und für einen festlegten Zeitraum erfüllt. Zweck war es, zu erkunden, wie mein Körper darauf reagiert, ob es mir dann wirklich besser geht und der Zeiger meiner Waage früher stoppt. Manche Umsetzungen habe ich einfach aus dem Bauch heraus gemacht. Andere habe ich nach Plan und Anleitung ausgeführt. Mein persönliches Fazit ist, dass zuckerfrei mich aggressiv macht und glutenfrei schwach. Dass ich es nicht immer schaffe, 5 Portionen Grünzeug zu essen und an manchen Tagen 30 Minuten Bewegung unmöglich erscheinen. Manchmal ist nach 18 Uhr essen die einzige Zeit für die Nahrungsaufnahme, fasten mit Nicht-Fastern bleibt ein Ding der Unmöglichkeit.

Am Ende muss das jeder für sich entscheiden, was wann gegessen wird. Mein Anliegen ist: Vergesst das Genießen nicht! Das wirkliche Schmecken und Wahrnehmen der einzelnen – mit Bedacht ausgewählten – Lebensmittel. Essen ist Befriedigung. Befriedigung von Hunger und Durst. Weiterhin ist es aber auch Herstellung von Geselligkeit, wenn ich mir Freunde einladen. Herstellung von Austausch und Kommunikation, wenn ich mich zum Kaffee mit einer Freundin verabrede. Und wie kann ich das alles genießen, wenn ich daran denke, was ich alles nicht darf? Wenn meine Gedanken darum kreisen, dass mich das Stück Torte 1 Stunde Joggen kosten wird? Welches Bedürfnisse erfülle ich mir mit diesen Gedanken? Oder erfülle ich am Ende doch die Bedürfnisse der anderen? Deren Vorstellung von Gesundheit und ausgewogener Ernährung?

Sollte dem so sein, dann hilft es, laut „Stopp“ zu rufen, sich zu sammeln und mal in sich hinein zu spüren. Unser Körper weiß ganz gut, was ihm gut tut, und was nicht. Wann er Hunger hat und wann er satt ist. Wie viel Bewegung er im Moment benötigt oder wie viel Schlaf. Unsere Zeit, unsere Gesellschaft, unser Internet ist laut. Zu viele Informationen, die uns täglich erreichen, mit einer wahnsinnigen Geschwindigkeit. Da wird unsere Stimme – in uns drin – gerne überhört. Oder aber sie spricht schon gar nicht mehr, weil wir eh nicht zuhören. Dabei ist unsere Stimme so weise, viel weiser als alle Ratgeber es sein können. Tipps und Tricks zur Ernährung können unsere Stimme unterstützen, diese aber nicht ersetzen. Und wenn wir wieder anfangen, sie zu hören, wahrzunehmen und annehmen, dann haben wir die Chance auf eine ausgewogenen Ernährung, ganz ohne Pläne und Tabellen. Dann kann Essen wieder zu dem werden, was es war: Eine natürliche Sache zur Befriedigung unserer Grundbedürfnisse.

In diesem Sinne, schmackhafte Grüße!

Jana LudolfJana Ludolf
Geprüfte Psychologische Beraterin (VFP), Mediatorin, Familiencoach in Bad Blankenburg

info@Jana-Ludolf.de

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