aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2011
In Trance zum Idealgewicht
Abnehmen mit Hypnose
In unserer Zeit des Schlankheits- und Jugendwahns wollen alle elegant, grazil und sportlich sein. Die Medien bestärken uns in diesem Wunsch, denn die Reichen und Berühmten sind schlank und hübsch.
Im Internet kann man „Superschnäppchen“ machen: Zähnebleichen zum Spottpreis, Brustvergrößerung, Bauchverkleinerung, Beinverlängerung u.v.m.
Doch nicht jeder kann sich diese „kostengünstigen“ Angebote leisten oder verzichtet lieber zugunsten seiner Gesundheit, weil die Risiken für eine entsprechende Operation erschreckend sind. So bleibt nur die konservative Methode: Fitness und gesunde Ernährung.
Es gibt Menschen, die abnehmen möchten und solche, die abnehmen sollten. Sie probieren eine Diät nach der anderen aus, treiben sechs Wochen exzessiv Sport, essen Suppe und trinken Wasser, bis ihnen ganz elend wird … und nehmen trotzdem nicht ab. Oder versuchen es mit Nulldiäten, um ganz schnell ganz viel abzunehmen und dann genauso schnell noch mehr wieder zuzunehmen.
Mittlerweile gibt es zum Glück einige Therapiemethoden, die beim verzweifelten Kampf gegen die Pfunde helfen können, z.B. Hypnose.
Was ist Hypnose und wie wirkt sie?
Ursprünglich leitet sich der Begriff Hypnose vom griechischen Wort „Hypnos“ ab – Hypnos, der Gott des Schlafes und der Träume.
Ist Hypnose eine andere Beschreibung für Schlaf?
Das ist insofern eine korrekte Zustandsbezeichnung, als sich der Körper während der Hypnose so tief entspannt, dass diese Entspannung vergleichbar ist mit tiefem, erholsamem Schlaf. Und auch die Gehirnwellenaktivität im Hypnosezustand ähnelt der in den drei Schlafphasen.
Auf dieser Annahme basierend könnte man sagen, die leichte hypnotische Trance entspricht der Einschlaf- bzw. Aufwachphase, die mittlere hypnotische Trance der „Leichtschlaf-“ und Traumphase und die tiefe hypnotische Trance ließe sich mit der Tiefschlafphase vergleichen. Das allerdings nur als theoretisches Konstrukt, um sich die Ebenen besser vorstellen zu können.
Der große Unterschied zum Schlaf besteht vor allem darin, dass der Hypnotisierte nicht schläft, sondern sich in einem Zustand erhöhter Aufmerksamkeit befindet. Er hört während der Hypnose (meistens) jedes Wort und jedes Geräusch, wenn auch nicht mit der gleichen Wertstellung wie im Wachzustand. Derjenige ist also mit seinem „Ich-Bewusstsein“ anwesend, allerdings mit erheblich herabgesetzter Kritikfähigkeit. Das heißt, der Hypnotisierte nimmt die in diesem Zustand gegebenen Suggestionen an, ohne sie intellektuell zu hinterfragen oder lange zu überdenken.
Wobei an dieser Stelle ganz klar gesagt werden muss, dass die „Horrorbeispiele“ von Menschen, die in Hypnose Verbrechen begangen haben, obwohl sie dies im Tagesbewusstsein nie machen würden, an den Haaren herbeigezogen sind. Es ist innerhalb der therapeutischen Hypnose nicht möglich, Menschen zu etwas zu bringen oder zu überreden, was ihrem innersten Wesen zuwider läuft.
Mithilfe der Hypnose wird das klare Tagesbewusstsein eher vorübergehend „zur Seite gestellt“ und der Therapeut bekommt so die Möglichkeit, direkt mit dem Unbewussten des Patienten zu kommunizieren.
Dieser direkte Zugang zum Unbewussten ist der Schlüssel zur Wirksamkeit der Hypnose. Denn durch die Absenkung der inneren Kontrollinstanzen ist es möglich, Blockaden zu lösen, alte Glaubenssätze und Verhaltensmuster loszulassen und so wirkliche Veränderung zu erreichen.
Mit ausreichender Achtsamkeit lässt sich Hypnose daher auch gut in der Traumabearbeitung und zur Klärung psychosomatischer Erkrankungen verwenden.
Jeder Therapeut hat seine eigene Methode. Der eine arbeitet mehr progressiv, der andere beschäftigt sich mit der Vergangenheit, der nächste arbeitet vor allem direktiv und sagt dem Patienten (nach Absprache), wie dessen Leben in Zukunft verlaufen soll. Andere wiederum arbeiten mit Geschichten und Bildern. So zahlreich wie die Angebote sind auch die Bedürfnisse und „Päckchen“ der Klienten, sodass jeder eine individuelle Hypnose benötigt.
Ihnen allen gemeinsam sind die Wirkung auf das Unbewusste und der Wunsch, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Und in manchen Fällen ist das Ziel ein geringeres Körpergewicht.
Auch hier gibt es unterschiedliche Meinungen, Angebote und Bedürfnisse. Die einen „schaffen“ es mit einer einmaligen Hypnosesitzung, stellen ihre Ernährung um und nehmen ab. Die anderen benötigen vier bis fünf Sitzungen, die nächsten machen eine Monate bis Jahre dauernde Therapie.
Selten ist Übergewicht wirklich nur eine Frage des Zuvielessens. Erfahrungsgemäß hängt viel mehr daran, als nur eine Chipstüte zu viel oder ein Schokoriegel, der nicht unbedingt sein müsste.
So ist es in einer Hypnosetherapie zum Thema Abnehmen meiner Meinung nicht damit getan, dem Klienten zu suggerieren, er möge in Zukunft nur noch gesunde Lebensmittel zu sich nehmen, sondern die Ursachenforschung steht an erster Stelle: Überprüfung der Essgewohnheiten, der aktuellen Lebenssituation, des Zeitpunkts, an welchem das Gewicht aufgehört hat „ideal“ zu sein, und so weiter. Eine ausführliche Anamnese vor der eigentlichen Hypnose ist ein wichtiger Bestandteil der gemeinsamen Arbeit.
Die Motivation muss an dieser Stelle geklärt werden. Möchte der-/diejenige überhaupt etwas verändern? Ist er/sie bereit, seine Ernährung umzustellen? Die Gewohnheiten zu überprüfen, das Leben wenigstens ein wenig unter die Lupe zu nehmen? Je höher die Motivation, desto wahrscheinlicher der Erfolg. Aber wir alle neigen dazu, unsere Methode als unfehlbar zu betrachten, dass wir ganz vergessen, die Grundmotivation des Klienten zu überprüfen.
Zwei Beispiele aus meiner Praxis:
• Eine junge, hübsche Frau, Mitte 30, ledig, keine Kinder und ihrer Meinung nach 10 Kilo zu viel, kam zu mir in die Praxis. Das Erstgespräch dauerte drei Stunden, in welchem sie mir von ihrer Leidensgeschichte erzählte, ihren diversen Therapieversuchen, den unterschiedlichen Behandlungen etc.
Sie möchte nur ihr Gewicht reduzieren, ansonsten ginge es ihr eigentlich ganz gut. Ursachenforschung? „Mein Vater, meine Mutter, mein Exfreund, meine Schwester, meine Freundin und die Werbung sind schuld. Und der letzte Therapeut, der Hausarzt etc.“ Sie war recht wahllos bei den „Schuldigen“, Hauptsache, sie musste sich nicht mit sich selbst beschäftigen.
Ernährung umstellen oder weniger essen kam für sie nicht in Frage, denn dafür käme sie doch zur Hypnose, da müsste doch das Abnehmen automatisch klappen. Mal ein wenig bei sich selbst schauen und überlegen, wofür man evtl. die paar Pfunde zu viel brauchen könnte? Jedes Mal, wenn wir uns ihren Problemen annäherten, fing sie an auszuweichen, verfiel in umständliches, endloses Gerede und zog sämtliche „Projektionsregister“.
Nach vier Therapiestunden haben wir dann gemeinsam entschieden, dass sie sich lieber einen anderen Therapeuten sucht. Geändert hat sich in ihrem Leben nichts, abgenommen hat sie gerade mal zwei Kilo. Für sie war damit ganz klar: Hypnose wirkt nicht – zumindest nicht bei ihr – aber eigentlich wusste sie das schon von Anfang an.
• Eine Frau, Anfang 40, dreifache Mutter, frisch getrennt, Geldsorgen, kam wegen ca. zehn Kilo, die „runter müssen“. Sie war gerade dabei, ihr Leben neu zu sortieren und wollte mit ihrem Gewicht anfangen. Ich fragte sie nach den Essgewohnheiten, dem privaten Umfeld, Hobbies, Sport etc.
Dabei zeigte sich, dass sie zu wenig Wasser trank und beim Arbeiten zuhause gerne zwischendurch Süßes aß.
Die Klientin war hoch motiviert, offen für Veränderungen und willens, an sich zu arbeiten.
Bereits in der ersten Woche nahm sie ein Kilo ab, dann wieder eines und bis zum letzten Termin waren es weitere drei. Ihre Ernährung hatte sich „praktisch von alleine“ umgestellt, die Süßigkeiten wurden vom Arbeitsplatz verbannt und stattdessen eine Flasche Wasser danebengestellt. Beim letzten Termin war sie gerade dabei, „Trinken anstatt Süßem“ zu trainieren.
Und auch sonst ordnete sich ihr Leben „überraschend einfach“, wie sie es formulierte. Sie freute sich über jeden kleinen Erfolg und schrieb den größten Teil der positiven Veränderungen dem Umstand zu, dass sie mithilfe der Hypnose emotional stabiler und selbstbewusster wurde.
Wie gesagt, hoch motiviert – und damit natürlich ein Geschenk für jeden Therapeuten.
Diese beiden sehr unterschiedlichen Frauen sind für mich die besten „So geht’s“- und „So geht’s nicht“-Beispiele. Das heißt: Hypnose zum Abnehmen geht, aber nur, wenn derjenige auch bereit ist, mitzuarbeiten.
Viele Patienten sind der Meinung, dass man zum Abnehmen keine Hilfe benötigt – vielleicht den Hausarzt zur medizinischen Abklärung oder einen Ernährungsberater, um einen Überblick zu bekommen, welche Nahrungsmittel gut und welche weniger gut sind. Ansonsten reichte Selbstdisziplin und Sport.
Es gibt einige beneidenswerte Menschen, bei denen das auch so ist. Wenn nach den Feiertagen die Hosen ein wenig eng sind, dann wird weniger gegessen, mehr Sport getrieben und sich diszipliniert, bis die Kilos wieder unten sind.
Da keiner ohne Probleme ist, gehen wir mal davon aus, dass die Sorgen dieser Menschen in anderen Bereichen liegen. Denn „Essgestörte“ (im landläufigen, nicht im medizinischen Sinn), also alle, die in stressigen Situationen zu viel, zu wenig oder falsch essen, haben es nicht so leicht.
Auch dann, wenn das Problemgewicht einem ganz anderen Zweck dient – vielleicht als Schutz vor der vermeintlich bösen Außenwelt oder im Gegenzug als Versuch, sich „dünne zu machen“, kommt man mit Selbstdisziplin nicht weit.
Daher ist meiner Ansicht nach die Anamnese so wichtig. Denn oft geht es nicht um die fünf Kilo zu viel, sondern um das, was sie unterstreichen oder verdecken.
Jeder, der sich durch endlose Diäten gequält hat, weiß gewöhnlich, welche Nahrungsmittel gesund sind und welche nicht. Dass er beim abendlichen Fernsehen besser Wasser trinkt als Chips isst und dass gedünstetes Gemüse bekömmlicher ist als fetttriefende Pommes.
Die Brücke zu schlagen zwischen dem „eigentlich weiß ich es ja besser“ und dem „aber es geht einfach nicht“, sehe ich als eine Aufgabe der Hypnosetherapie. Dem Patienten einen sicheren Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen er sich Ursachen anschauen, Gewohnheiten innerlich ablegen und vor allem sich selbst akzeptieren kann. Denn erst dann ist wirkliche Veränderung möglich.
Eigentlich kann man die Hypnose mit einem Navigationssystem vergleichen – wir geben unser Ziel ein und sie leitet uns vorsichtig dorthin. Vielleicht müssen wir manchmal kurz im Stau stehen, weil es einfach keine Ausweichroute gibt, oder unser Navi nimmt einen anderen Weg, als wir gedacht haben. Doch wir können sicher sein, dass wir ans Ziel kommen, solange wir das Gerät nicht zu früh ausschalten. Und uns darüber im Klaren sind, dass unser Navi uns nur leitet – fahren müssen wir selbst.
Abnehmen mit Hypnose?
Ja, das geht. Gut, erfolgreich, relativ zügig und ohne Jojoeffekt oder massive Einschränkungen. Aber wir sollten bereit sein, aktiv mitzumachen. Und akzeptieren, dass Veränderungen im Außen auch mit Veränderungen im Inneren verbunden sind. Egal wie klein und unauffällig sie uns zu Beginn auch erscheinen mögen.
So kann Hypnose zu einem wertvollen Werkzeug werden, das nicht nur beim Abnehmen und der Ernährungsumstellung hilft, sondern „ganz nebenbei“ auch unser Selbstbewusstsein stärkt und uns hilft, unseren eigenen Weg zu gehen.
Katja Prucsi
Heilpraktikerin für Psychotherapie
katja@praxis-sonnenschein.net