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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2020

Für immer jung

Cover

Gesunder Lebensstil und positive Altersbilder als Ressource in der (psycho-)therapeutischen Praxis

„Keiner von uns kommt lebend hier raus. Also hört auf, euch wie ein Andenken zu behandeln. Esst leckeres Essen. Spaziert in der Sonne. Springt ins Meer. Sagt die Wahrheit und tragt euer Herz auf der Zunge. Seid albern. Seid freundlich. Seid komisch. Für nichts anderes ist Zeit.“
Anthony Hopkins

Für immer jung

Der Traum von der ewigen Jugend ist so alt wie die Menschheit. So beschreibt schon das Gilgamensch-Epos aus dem 3. Jahrtausend v.Chr. einen König, der sich auf die Suche nach dem ewigen Leben begab. Am Ende seiner Reise stand die Gewissheit über den Tod des Menschen.

„Das Lebenselixier“, so titelt ein vielversprechender Roman aus dem Jahr 1862. Die Geschichte handelt von einem geheimnisvollen Orden, dessen Mitglieder durch „vollendete Lebenskunst“ und außergewöhnliches Wissen über Naturwissenschaft und Philosophie ein Mittel gefunden haben wollen, das menschliches Leben vor Krankheit, Alterung und Tod schützt, und dass sie durch ihre Kunst so lange zu leben vermochten, wie das Leben ihnen „Genuss und Freude“ bot. Der Autor, Sir Edward Bulwer-Lytton, wollte darin seine Alchemie und Weisheit einem breiteren Publikum verständlich machen. Er starb im Alter von 69 Jahren.

Der ehemalige Triathlet und Internist Dr. Ulrich Strunz hat in den letzten Jahren unter dem Label „Forever Young“ zahlreiche Bücher verfasst. Sein Credo: „Älter werden ohne zu altern“: mit der richtigen Ernährung, viel Gemüse, Eiweiß und Vollkorn sowie einem Bewegungsprogramm, das Muskeln, Gelenke und Knochen stärkt – und mit der Kraft der Gedanken!

Wann werden die Grenzen des Lebens fallen?

Nach dem 25. Lebensjahr nimmt unsere körperliche Leistungsfähigkeit ab. Zahl und Größe der Muskelzellen schrumpfen, die Filterleistung der Niere sinkt, Arterien werden im Lauf der Zeit steifer, die Haut im Alter um 20% dünner. Der Abbau kann bei jedem Menschen und selbst in jedem Organ oder Organsystem unterschiedlich schnell erfolgen und sukzessive zum körperlichen Zusammenbruch und Tod führen, ohne dass eine spezifische lebensbedrohliche Krankheit vorliegt.

An den biologischen Grundlagen des Alterns wird intensiv geforscht. Die Aufmerksamkeit der Wissenschaft liegt dort, wo die allmähliche Zerstörung des Körpers sich vollzieht: in den Zellen. Je älter wir werden, desto mehr Schäden sammeln sich hier an, die dafür sorgen, dass sie sich irgendwann nicht mehr teilen und weiterleben können. Folge des Prozesses ist ein entzündliches Milieu, das uns krank und alt werden lässt. Könnte man diesen Prozess modellieren, wäre ein elementares Problem gelöst.

Weltrekord: 122 Jahre und 164 Tage

Menschen altern unterschiedlich: Bei einigen geht es sehr schnell, bei anderen tickt die Altersuhr langsamer. Es gibt Personen, die deutlich länger leben als andere. Den Rekord hält die Französin Jeanne Calment, die 122 Jahre und 164 Tage alt wurde (21.02.1875 bis 04.08.1997). Länder, in denen man viele Hochbetagte findet, sind Japan, Singapur und die Schweiz. Auch im Mittelmeerraum leben viele auffallend alte Menschen. Gibt es außer der Genetik weitere Aspekte, die uns lange leben lassen?

Vor 20 Jahren besuchte ich die Lasithi-Hochebene auf der Mittelmeerinsel Kreta. Auf den fruchtbaren Feldern sah ich überwiegend alte Menschen arbeiten – gemächlich vorankommend, Schritt für Schritt im eigenen Rhythmus, ohne sich zu überanstrengen. Während der Mittagshitze kamen sie zusammen, ruhten im Schatten der Baumkronendächer und aßen in geselliger Runde: frisches Gemüse, Obst, Fisch, Knoblauch, Olivenöl, ein kleiner Rotwein. Abends schafften sie die Ernte über große Entfernungen auf Fuhrwerken, Handwagen, in Körben und Säcken nach Hause. Von Stress und Leistungsdruck keine Spur. Die mediterrane Kost als weiterer gesundheitsfördernder Faktor tat ihr Übriges.

Weniger ist mehr

„Menschen, die weniger (aber gesund) essen, leben länger“. Der amerikanische Pathologie-Professor Roy Walford machte diese Idee populär. Bei seinen Experimenten mit Nagetieren stellte er fest, dass diese bis zu 30% mehr Lebenszeit hatten, wenn sie weniger zu essen bekamen. Doch leben dann auch Menschen länger? Befürworter einer Niedrigkaloriendiät sind davon überzeugt, ihre Argumente: „Kalorische Restriktion“ bewirkt, dass weniger Energie verbraucht wird und der Stoffwechsel sich verlangsamt. Übermäßiges Essen kurbelt den Stoffwechsel an, und ein schneller Stoffwechsel bedeutet schnelleres Altern, weil dadurch mehr freie Radikale entstehen. Wenn der Körper von zu vielen freien Radikalen angegriffen wird, spricht man von „oxidativem Stress“. Dieser schwächt das Immunsystem, lässt die Haut altern, begünstigt die Entstehung von Entzündungen und Krankheiten wie Alzheimer, Krebs, Rheuma und Arteriosklerose. Ein Riesenschwamm „Anoxycalyx joubini“, den französische Forscher 1910 in der Antarktis entdeckten, lebt bereits seit 10000 Jahren. Er weist von allen bekannten Lebewesen den geringsten Stoffwechsel und Sauerstoffverbrauch auf.

Einfluss der Psyche

Viele Punkte, die darüber entscheiden, wie wir altern, sind genetisch bedingt. Zusätzlich wirken besonders psychische Faktoren auf den Alterungsprozess ein, positiv wie negativ! Psychische Erkrankungen, wie z.B. Schizophrenie und Depression, schwere Persönlichkeitsstörungen, v.a. auch Süchte und chronischer Stress, mindern die Lebenserwartung drastisch. Anhand zahlreicher Studien konnte nachgewiesen werden, dass diese sich stärker auf den Körper auswirken als langjähriges Rauchen von 20 Zigaretten am Tag. Während starke Raucher ca. 8-10 Jahre früher versterben, verkürzt sich die Lebenszeit an Schizophrenie Erkrankten um 10-20 Jahre. Schwere Depressionen wirken sich um 7-11 Jahre lebensverkürzend aus. Alkoholiker senken ihre Lebenserwartung bis zu 20 Jahre. Der andauernde Konsum harter Drogen wie Heroin oder Kokain kann noch heftigere Konsequenzen haben.

Frohmedizin: Öfter mal lachen

Glückliche Menschen lachen häufig und aus vollem Herzen. Tatsächlich aber wirken die meisten Menschen heute doch eher ernst als fröhlich, wenn wir uns im Alltag umsehen. Dabei haben sie als Kind wesentlich häufiger gelacht als heute. Forscher haben festgestellt, dass ein Erwachsener im Durchschnitt 15-20 Mal am Tag lacht, ein Kind dagegen 400 Mal. Vor 60 Jahren lachten die Leute insgesamt 18 Minuten täglich. Heute sind es nur noch 6 Minuten.

Die positiven physiologischen und psychologischen Wirkungsweisen des Lachens sollte jeder kennen: Beim Lachen drückt ein Muskel auf einen Nerv in der Wange, und dieses Signal („Gehirnbesitzer hat gelacht“) bewirkt, dass Serotonin ausgeschüttet wird, ein Glückshormon. Ein Lachanfall kann ähnliche Gefühle auslösen wie die Einnahme von Kokain. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass ein Lachen die gleichen Hirnregionen anregt. Die Euphorie entsteht im Belohnungszentrum. Gleichzeitig wird die Produktion von Stresshormonen (Adrenalin und Cortisol) gebremst, während Anspannung und Stress abnehmen und die Immunfunktion steigt. Sie können diesen positiven Effekt jederzeit herbeiführen, indem sie 60 Sekunden lang lachen, einfach so. Auch wenn es grimassenhaft wirkt, probieren Sie es aus!

Freunde in jedem Alter

Ist Altern an der Zahl der gelebten Jahre festzumachen oder auch Kopfsache? Nehmen wir einmal an, Sie wüssten nicht, wie alt Sie sind. Woran würden Sie das festmachen? An den Falten im Gesicht, den grauen Haaren, den kleinen oder großen Wehwehchen oder wie Sie von anderen gesehen und behandelt werden? Sie würden wahrscheinlich jeden Tag ein anderes Alter für sich annehmen, je nachdem, wie es Ihnen geht. Und natürlich würden Sie sich mit anderen vergleichen, die Ihrem Erscheinungsbild ähneln, und sich davon beeinflussen lassen. Wenn Sie sich unter Menschen aufhalten, deren Gespräche sich vornehmlich um Krankheit, Rente, Rollatoren und Treppenlifte drehen, besteht die Gefahr der geistigen Kontamination. Mit anderen Worten: Sie vergreisen unter Greisen. Sie können sich dagegen schützen, indem sie einen Freundeskreis pflegen, der alle Altersklassen einschließt. Die amerikanische Sozialpsychologin Ellen J. Langer hat diesen Prozess erforscht und die Ergebnisse ihrer jahrzehntelangen Arbeit in ihrem Buch „Counterclockwise“ (Gegen den Uhrzeigersinn) zusammengefasst.

Elemente aus der psychotherapeutischen Praxis

Die Macht der Gedanken
Zu Beginn einer Gesprächstherapie zeichne ich einen Zeitstrahl auf, markiere das JETZT, kennzeichne die Vergangenheit mit V und die Zukunft mit Z. Danach stelle ich fest, dass die Vergangenheit vorüber und das Zukünftige noch nicht geschehen ist. Der entscheidende Punkt: Vergangenheit und Zukunft existieren nur als Gedankenprozess! Ein Gedanke ist keine Tatsache. Gleichwohl spielen Gedanken in unserem Leben eine wichtige Rolle, sie können u.a. körperliche Reaktionen auslösen. Um dies erfahrbar zu machen, bitte ich den Klienten, sich so lebhaft wie möglich vorzustellen, in eine Zitrone zu beißen. Er zieht seinen Mund zusammen und schluckt. Diese Übung hat ihm gezeigt, wie durch Kognitionen und Vorstellungsbilder autonome Körperreaktionen ausgelöst werden. Anschließend führe ich den kinesiologischen Muskeltest durch – mit einem schwachen Arm bei negativen Gedanken und einem starken Arm bei positiven Gedanken. Ich spanne den Bogen weiter und ergänze, dass alles, was er denkt und sich lebhaft vorstellen kann und wovon er überzeugt ist, positive wie negative Glaubenssätze, nicht nur die unwillkürlich ablaufenden Prozesse in seinem Organismus beeinflusst, sondern sein gesamtes Verhalten und damit letztlich seine Zukunft und sein Leben – inklusive Alterskompetenz und Langlebigkeit!

Positive Altersbilder
„Ein Bild ist mehr wert als tausend Worte“, lautet ein Spruch über die Aussagekraft von Fotos gegenüber einem geschriebenen Text. Sportler wenden die Macht positiver Bilder an, um Höchstleistungen zu erzielen. Ein Sportschütze z.B. visualisiert in seiner Fantasie vor dem Schuss das erreichte Ziel und erhöht dadurch bei der Schussabgabe seine Treffsicherheit. Auf die gleiche Weise können wir uns ein vitales Älterwerden imaginieren. Das Unterbewusstsein mobilisiert schnurstracks alle unwillkürlichen Abläufe im Körper und steuert auf dieses Ziel hin. Unser Bewusstsein wird mit Gedanken versorgt, die für die Verwirklichung förderlich sind. Je nach Ausrichtung treten sie drängende Impulse oder als Gewissensbisse auf. Letztere, wenn es darum geht, Fehler zu vermeiden.

Das Altersvorbild
Wir alle kennen Idole, die uns in früheren Jahren beeinflusst haben. Merkwürdigerweise haben wir ein Problem damit, uns mit alt gewordenen Menschen zu identifizieren und von ihnen zu lernen. Das hängt wohl damit zusammen, dass wir das Älterwerden lieber verdrängen als aktiv planen. Uns fällt es schwer, Veränderungen hin zum Schlechteren zu akzeptieren, geschweige denn zu managen. Mich interessiert jeder über Neunzigjährige, der fit geblieben ist, denn ich will wissen, wie er das gemacht hat. Der wissenschaftliche Fachbegriff dafür ist „ModellLernen“, kurzum: Lernen Sie durch Abschauen von anderen, reproduzieren Sie das Verhalten und verstärken Sie es durch eigene positive Erfahrungen.

Autosuggestion
Hierbei handelt es sich um ein geistiges Verfahren, das zum Ziel hat, das Unterbewusstsein direkt anzusprechen und es mit der Verwirklichung des Gewünschten zu programmieren. Der französische Apotheker und Psychotherapeut Emile Coué (1857-1926) fand heraus, dass dem Unterbewusstsein eine Wunschvorstellung eingeprägt werden kann, indem diese als kurzer Slogan formuliert und, gedanklich oder ausgesprochen, möglichst oft wiederholt wird, z.B.: „Ich bin und bleibe jung und dynamisch“ oder „Mein physischer Körper ist in der Lage, sich selbst zu regenerieren und zu verjüngen“. Dabei ist es wichtig, die Affirmation auch zu fühlen. Am besten übt man während des Einschlafens, weil der Übergang in den Schlaf einem tranceartigen Zustand gleichkommt. In diesem Stadium unterscheidet unser Gehirn nicht mehr zwischen einer erlebten und einer imaginären Situation. Das Gehirn speichert diese als echte Erfahrung ab, die Kräfte mobilisiert, Regeneration und Selbstheilung fördert.

Selbsthypnose
Hierbei versetzt man sich allein in Trance: „Mit jedem Atemzug gehe ich immer tiefer und tiefer in die Entspannung“. Bei der Selbsthypnose werden autosuggestive Formeln angewendet, die mit einem imaginären Blick in die Zukunft das Gewünschte vorwegnehmen, einschließlich der damit einhergehenden Gefühlsregungen (Freude, Glück, Kraft). Mithin die lebendige Vorstellung einer zukünftigen Wirklichkeit, angefüllt durch bildliches und emotionales Erleben. Wem z.B. Windsurfen eine Freude ist, der könnte imaginieren, mit 80 Jahren auf einem Surfbrett über Wellen zu gleiten, Wasser und Wind in den Haaren zu spüren, das Segel bei voller Fahrt zu wenden…

Fazit

Wie wir altern, ist bei jedem von uns sehr verschieden. Dabei spielen unsere Gene und unsere Lebensweise, v.a. auch unsere Gedanken, Emotionen und Handlungen eine große Rolle. Innere Einstellungen zum Alter und geistige Bilder wirken wie sich selbst erfüllende Prophezeiungen. Im therapeutischen Geschehen können positive Visualisierungen von Alterskompetenz und Langlebigkeit eingesetzt werden, um die Lebensqualität unserer Klienten zu verbessern. Ebenso, um ihnen aufzuzeigen, wie sie z.B. etwaigen Angststörungen aufgrund des Älterwerdens und reaktiven Depressionen (Einsamkeit etc.) selbstwirksam begegnen können.

Klaus UlbrichKlaus Ulbrich
Heilpraktiker für Psychotherapie und Hypnotherapeut mit Schwerpunkten Angstzustände, Allergien und Gewichtsreduzierung, Privatpraxis in Lindhorst
kontakt@ganzheitliche-hypnotherapie.de

Foto: ©giorgiomtb / stock.adobe.com

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