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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2021

Naturstoffe bei Rückenschmerzen

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Komplementärmedizinische Therapieoption für den Praxisalltag

Akute und chronische Schmerzen an der Wirbelsäule und den Gelenken zählen zu den am häufigsten vorkommenden gesundheitlichen Beschwerden. Eine Erhebung, die in den Jahren 2019 und 2020 vom Robert Koch-Institut durchgeführt wurde, wies Rückenschmerzen hinsichtlich der Krankheitslast (Burden of Disease) und dem damit verbundenen Verlust an Lebensqualität bzw. gesunder Lebenszeit auf Platz 1 aus. Die Ursachen für Wirbelsäulen- und Gelenkschmerzen sind vielfältig: Als besonders bedeutend gelten Bewegungsmangel, Übergewicht, Haltungsfehler, Stress und psychische Belastungen. Neben Aufklärung, Stressmanagement und Veränderung von Lebensstilfaktoren ist die Anwendung studienkonform dosierter Naturstoffe, die Entzündungen bekämpfen, Schmerzen auf natürliche Weise lindern und die Gelenkernährung sicherstellen, empfehlenswert.

Das Kreuz mit dem Kreuz

Etwa 60% der deutschen Bevölkerung leiden gelegentlich oder gar chronisch an Rückenschmerzen, 45% haben Nackenprobleme. Sie stellen die Ursache für jede zweite Krankschreibung dar und belasten damit auch signifikant das Gesundheits- und Wirtschaftssystem. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Sie leiden öfter an akuten Schmerzattacken in diesem Bereich sowie unter der Chronifizierung von Rückenschmerzen. Das ergab die oben erwähnte Erhebung, an der etwa 5000 Frauen und Männer teilgenommen hatten. Es zeigte sich weiterhin, dass besonders Schmerzen im unteren Rücken bezüglich des Verlusts an gesunder Lebenszeit führend sind.

Unspezifische und spezifische Ursachen von Rückenschmerzen

An der Entstehung von Rückenschmerzen sind sowohl aktive als auch passive Halteelemente (Muskulatur, Bänder etc.) mitbeteiligt. Verspannungen, Muskelverkürzungen, Überdehnungen und Verhärtungen bestimmen das Krankheitsgeschehen und stellen – unbehandelt – auch das Risiko für eine Chronifizierung dar. Grundlegend unterscheidet man zwischen unspezifischen und spezifischen Formen von Rückenschmerzen (Tab.).

Können keine organischen Ursachen diagnostiziert werden, spricht man von einem unspezifischen Rückenleiden. Bei dieser Variante, die den Hauptanteil ausmacht, spielen psychologische, psychosoziale und biophysikalische Faktoren eine große Rolle. Stress, psychische Belastungen, Ängste, Depressionen und Traumata erhöhen allgemein das Risiko für die Entwicklung von Rückenschmerzen. Fatalerweise gilt auch die umgekehrte Beziehung: Die Schmerzzustände fördern die Gefahr für die Ausprägung psychischer Erkrankungen (z.B. Depressionen). Bei spezifischen Rückenschmerzen kommen ursächlich u.a. arthrotische Veränderungen der Wirbelsäule, Osteoporose oder eine Skoliose in Frage.

Gelenkschmerzen – die Pein im Alltag

Etwa 30 Millionen Deutsche leiden an gelegentlichen oder ständigen Schmerzen der Gelenke. Diese gelten als häufigste Quelle für Einschränkungen im Alltag und sorgen für eine Verminderung der Lebensqualität. Sowohl bei Frauen wie auch bei Männern sind im Durchschnitt 3-4 Gelenke betroffen, wobei Arthrose am häufigsten als Ursache auftritt. Knie, Hüfte und Schultern bereiten die meisten Probleme. Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Gelenkschmerzen, die völlig unterschiedliche Ursachen haben können. In Frage kommen bei der Arthrose neben dem Alter Sportverletzungen, Übergewicht, Stoffwechselerkrankungen, Fehlstellungen und Bewegungsmangel. Üblicherweise werden die Schmerzzustände mit Analgetika behandelt. Die Rezeptierung von Schmerzmitteln ist in den vergangenen 10 Jahren sprunghaft (um 50%) angestiegen. Das zeigen Daten, die vom Deutschen Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) veröffentlicht wurden.

Operation als letzter Ausweg?

Zugenommen hat in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten auch die Anzahl an Gelenksoperationen. So haben sich Wirbelsäuleneingriffe nach Angaben des Gesundheitsministeriums zwischen 2005 und 2011 mehr als verdoppelt (von 327 000 auf über 730 000). Im Jahr 2010 gab es in Deutschland mit 295 pro 100000 Einwohnern so viele Hüftoperationen wie nirgends sonst in Europa. Das bestätigt ein Vergleich mit anderen OECD-Ländern aus den Jahren 2013-2017. Auch bei Knie-OPs liegt Deutschlands Quote mit 213 Eingriffen im europäischen Vergleich vorne. Der Spitzenverband der Krankenkassen kritisierte diese starke Zunahme in den letzten Jahren und schließt wirtschaftliche Interessen seitens der Operateure nicht aus.

Schwefel – das unterschätzte Bioelement

Auch wenn sich Operationen nicht in allen Fällen vermeiden lassen, so erscheint es sinnvoll, bevor eine solche invasive Maßnahme in Erwägung gezogen wird, andere Möglichkeiten zur Verbesserung der Beweglichkeit und Schmerzlinderung zu nutzen. Hier sind v.a. gut verträgliche Naturstoffe gefragt, die wissenschaftlich basiert und studienkonform angewendet werden sollten.

An dieser Stelle sei zunächst auf Schwefel verwiesen, der unter den Bioelementen ein stiefmütterliches Dasein führt. Die Substanz wird in erster Linie zum Aufbau und für den Strukturerhalt von Körpereiweiß (Proteinen) benötigt. So ist organischer Schwefel Bestandteil von Strukturproteinen, z.B. Kollagen, das mit 30% das Haupteiweiß des Bindegewebes ausmacht. Und dieses ist als Baustoff für Knorpel, Knochen, Sehnen und Bänder unverzichtbar. Organischer Schwefel ist v.a. in Form schwefelhaltiger Aminosäuren in proteinreicher Kost vorhanden. Therapeutisch kommt er am besten in Form von MSM (Methylsulfonylmethan) zum Einsatz. MSM wirkt schmerzstillend, entzündungshemmend, entkrampfend und abschwellend auf die betroffenen Gelenke. Untersuchungen haben gezeigt, dass die Schwefelkonzentration im arthrotischen Gelenk häufig stark vermindert ist, was auf einen Mangel an strukturgebenden schwefelhaltigen Aminosäuren schließen lässt. MSM liefert gut verfügbaren organischen Schwefel, der das Defizit kompensieren kann.

MSM in Kombination mit Knorpelstoffen

In einer kontrollierten Doppelblindstudie mit Frauen sowie Männern, die an Kniearthrose litten, wurde im Verlauf einer dreimonatigen Anwendungsdauer die Wirkung von MSM auf die Steifigkeit des Kniegelenks, die allgemeine Beweglichkeit und die Schmerzintensität beobachtet. Dabei wurden offizielle Beobachtungskriterien (z.B. Messung der Schmerzintensität auf einer Skala, Funktionsscores, schmerzfreie Gehstrecke, Treppensteigen etc.) zugrunde gelegt. Im Vergleich zur Placebogruppe verbesserte sich die physiologische Funktionsfähigkeit des Kniegelenks um ein Vielfaches. Schmerzen und Steifigkeit konnten reduziert und die Beweglichkeit allgemein deutlich verbessert werden.

Auch bei bestehenden Rückenschmerzen ist die Behandlung mit MSM (in Kombination mit Knorpelstoffen) eine gute Therapieoption. In einer wissenschaftlichen Studie wurden Personen, die an Rückenschmerzen litten, in zwei Gruppen eingeteilt. Die Hälfte der Schmerzpatienten erhielt eine konventionelle Behandlung mit schmerz- und entzündungshemmenden Arzneimitteln, kombiniert mit Physiotherapie. Die andere Hälfte bekam zusätzlich einen Glucosaminkomplex mit MSM. Während des Behandlungszeitraums von 3 Monaten wurden die Studienteilnehmer nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden auf ihre Schmerzintensität und Beweglichkeit hin untersucht. Zu Beginn zeigte sich kein positiver Effekt durch die Anwendung von MSM und Glucosamin. Allerdings war zum Ende der Studie die Schmerzfreiheit in dieser Prüfgruppe deutlich besser als bei den klassisch behandelten Patienten, die weder MSM noch Glucosamin erhielten. Es empfiehlt sich somit eine längerfristige Anwendung über einen Zeitraum von einigen Monaten.

Einsatz von Mangan als Co-Faktor

Bei der Anwendung von Glucosamin sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass gleichzeitig das Spurenelement Mangan zugeführt wird, denn das Enzym, das für den Einbau des Glucosamins in den Knorpel zuständig ist, benötigt Mangan als Co-Faktor. Auch Chondroitinsulfat und Hyaluronsäure sind für ihre studiengeprüfte positive Wirkung auf die Gelenke bekannt. Sie sollten optimalerweise in Kombination mit MSM und Glusosamin verabreicht werden (z.B. in „arthrophil®“, zusammen mit Hagebutten- und Brennnesselextrakt), um Wirksynergismen hinsichtlich ihrer anabolen Förderung der Gelenke (u.a. Steigerung der Proteoglykansynthese) und Hemmung kataboler Vorgänge (z.B. Hemmung degenerativ wirksamer Enzyme) erreichen zu können.

Fazit

Wirbelsäulen- und Gelenkerkrankungen stellen häufige Beschwerdebilder dar, die den Alltag extrem beeinträchtigen können. Naturstoffe sind, komplex zusammengesetzt und ausreichend hoch dosiert, in der Lage, die Begleitsymptomatik (v.a. Schmerzen und Entzündungen) zu lindern. Sie können eine Hilfe zur Einsparung nebenwirkungslastiger Analgetika bieten. Da Schmerz und Psyche eng miteinander verbunden sind, sind auch die persönliche Einstellung zum Krankheitsgeschehen und die positive (oder negative) Grundhaltung der Patienten von großer Bedeutung. Diese Möglichkeiten, die Schmerzminderung zu beeinflussen, sollten die Betroffenen in jedem Fall nutzen.

Buch-Tipp
Michaela Döll
Gelenkschmerzen natürlich heilen
Die besten Naturheilmittel, um Entzündungen zu lindern
riva Verlag

Prof. Dr. rer. nat. Michaela Döll
Dipl.-Biologin mit mehrjähriger Forschungserfahrung, Professorin an der TU Braunschweig, Expertin für Ernährung
mail@prof.drmdoell.de

Fotos: © staras / adobe.stock.com

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