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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2021

Unsere Heilpflanze: Roter Fingerhut – Digitalis purpurea

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Auch bekannt als: Fingerkraut, Fingerpiepen, Fuchskraut, Schwulstkraut, Unserer lieben Frauen Handschuh, Handschuhkraut, Klapprause, Liebfrauenhandschuh, Waldglöckchen, Waldschelle, Blatzblummen, Teufelsglocken, Rote Totenglocken, Waldnönnchen, Giftglocken

Beim Roten Fingerhut handelt es sich um die bekannteste Pflanzenart aus der Gattung der Fingerhüte (Digitalis) in der Familie der Wegerichgewächse (Plantaginaceae). Ebenso wie die verwandten Arten Großblütiger Fingerhut (D. grandiflora), Gelber Fingerhut (D. lutea) und Wolliger Fingerhut (D. lanata) ist er stark giftig. Der Name Digitalis leitet sich vom lateinischen digitus = Finger bzw. digitabulum = Fingerhut ab.

Beheimatet ist der Rote Fingerhut in Westeuropa, im westlichen Süd-, in Mittel- und Nordeuropa sowie in Marokko. Die Pflanze wächst vorwiegend in größeren Gruppen auf Kahlschlägen, Waldwegen und Lichtungen an sonnigen bis halbschattigen Standorten. Die Böden sind humusreich, kalkarm, sauer und locker. Im Altertum war sie weitgehend unbekannt. Zwar soll schon im 5. Jahrhundert der Fingerhut in Irland heilkundlich genutzt worden sein, aber erst aus dem 12. Jahrhundert ist eine Rezeptsammlung in walisischer Sprache bekannt, in der die äußerliche Anwendung der Blätter beschrieben wurde.

Warnhinweis: Alle Pflanzenteile sind hochgiftig. So kann bereits der Verzehr von 2 Blättern zu einer tödlichen Vergiftung führen. Der Rote Fingerhut war 2007 Giftpflanze des Jahres.

Woran erkennt man den Roten Fingerhut?

Er wird 30-200 cm hoch und blüht von Juni bis August. Die Blüten sind rot, manchmal weiß. Die Laubblätter sind grundständig und haben ein lang gestieltes Aussehen mit keilförmig verschmälertem Blattgrund. Die Blätter sind in Spiralform angeordnet, und zwar so, dass das sechste Blatt direkt über dem ersten steht. Der Blattrand ist kerbig gesägt. Im endständigen Blütenstand sind 50-200 Blüten traubig angeordnet. Diese blühen von unten nach oben und werden von Hummeln bestäubt. In Ermangelung von Insekten können sich die Blüten auch selbst bestäuben. Die hellpurpurroten Blüten sind innen dunkel punktiert und gefleckt. Die Punkte und Flecken sind von einem weißen Hof umgeben.

Wie wirkt der Rote Fingerhut?

Der Rote Fingerhut ist Heil- und Giftpflanze zugleich. Seine Wirkstoffe stammen aus den Blättern und finden vorwiegend als Fertigarzneimittel Verwendung. Die Droge selbst wird kaum mehr eingesetzt, da die therapeutische Breite gering ist.

In Fertigarzneimitteln werden überwiegend Digitalisglykoside verwendet. Diese erhöhen die Kontraktionskraft und -geschwindigkeit des Herzens und senken die Herzfrequenz. Weiterhin beeinflussen sie die Erregungsleitung (Verzögerung) und die Erregbarkeit (Erhöhung). Der Abbau der Glykoside erfolgt langsam, die Halbwertszeit liegt bei 7-8 Tagen. Trotz seines starken Giftgehalts werden die Wirkstoffe weltweit von Ärzten bei Herzschwäche verordnet. Digitalisglykoside gelten als die besten herzstärkenden Mittel.

In der Volksheilkunde muss man aufgrund der Giftigkeit jedoch auf den Einsatz des Roten Fingerhutes verzichten, außer man nutzt ihn als Homöopathikum. Dieses kann bei Herzschwäche, Nieren- und Blasenleiden, gegen Depressionen, Schlafstörungen und Migräne mit schwerer Übelkeit eingesetzt werden. Auch bei Leberschwellungen, Gelbsucht und Prostataleiden findet der Rote Fingerhut als Homöopathikum Verwendung.

Anwendungsgebiete (früher)

  • Abszesse
  • Bronchitis
  • Fieber
  • Furunkel
  • Gicht
  • Kopfschmerzen
  • Lungenentzündung
  • Tuberkulose
  • Unterleibszysten
  • Wassersucht und Wunden

Einsatz als Homöopathikum

  • Geschwollene Füße
  • Herzasthma
  • Herzinsuffizienz
  • Kurzatmigkeit
  • Migräne
  • Prostatahypertrophie
  • Schlafstörungen

Vergiftungserscheinungen

  • Kopfschmerzen
  • Müdigkeit
  • Ödeme
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Herzrasen
  • Herzrhythmusstörungen
  • Magen-Darm-Beschwerden

Welche Wirkstoffe sind im Roten Fingerhut enthalten?

Mehr als 30 verschiedene herzwirksame Glykoside, z.B. Digitalis, Digitoxin Purpureaglykoside A und B, Gitoxin, Gitaloxin und Verodoxin. Nicht enthalten ist Digoxin, dies findet sich nur im Wolligen Fingerhut (Digitalis lanata). Weiterhin sind etwa 1% Digitanolglykoside und 1% Steroidsaponine drin. Man findet Schleimstoffe, Flavonoide, Enzyme und Gerbstoffe sowie Acetylcholin, Cholin, Gallussäure und Inositol.

Welche Teile der Pflanze werden medizinisch verwendet?

Als Arzneidroge finden die getrockneten Blätter von Digitalis purpurea (Digitalis purpurea folium) Verwendung. Das Arzneibuch fordert einen Mindestgehalt an Cardenolidglykosiden, die als Digitoxin berechnet werden. Aus den Blättern werden Extrakte, Pulver und Tinkturen mit eingestelltem Wirkstoffgehalt zubereitet.

Nur in verschriebenen Fertigpräparaten oder homöopathisch (ab D4) anwenden!

Dr. rer. nat. Frank HerfurthDr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Lebensmittelchemiker, Dozent an den Paracelsus Schulen
fh@herfurth.org

Foto: © jonnysek / adobe.stock.com

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