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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2017

Let it flow

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Neue Therapiewege zur psychischen Gelassenheit und physischen Losgelassenheit

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Ob aus schulmedizinischer oder fernöstlicher Sicht, die Mitte ist die zentrale Einheit zwischen Körper und Geist. Deshalb muss diesem Bereich zwischen Becken und Brust auch in der manuellen Therapie besondere Beachtung geschenkt werden. Durch körperliches Leiden wird die psychische Verfassung beeinträchtigt und ständige Frustration oder Wut können innere Organe erkranken lassen. Die Mitte kann hier regulierend eingreifen, denn sie verhilft Körper und Geist zu einer gesunden Balance und sorgt für einen physiologischen Energieund Blutfluss. Sie gibt uns Sicherheit, denn hier legen wir intuitiv unsere Hände auf, um bei Angst oder Gefahr zu beruhigen und Schmerzen zu lindern. Löst sich die Anspannung, die wir hier besonders intensiv spüren, ist alles im Fluss, ein wohliges Gefühl breitet sich aus und versetzt Körper und Geist in einen gelassenen, glücklichen Zustand.

2017 01 Flow2Diese Empfindungen können wir auch unsere Tiere spüren lassen, wenn wir die Behandlung „an der Mitte“ beginnen. „Es ist der Geist, der sich den Körper baut“, wusste schon Friedrich Schiller, und will damit sagen, dass eine Gelassenheit des Geistes nötig ist, damit körperliche Symptome heilen, und ein entspannter Körper in der Lage ist, psychische Symptome zu beeinflussen. Zu Beginn jeder Behandlung sollte deshalb die Mitte bevorzugt behandelt werden, damit die Regulierung der Symptome beschleunigt werden kann – das ist mit der zentralen Vorbehandlung einer Lymphdrainage vergleichbar. Ist die Mitte aus dem Gleichgewicht, können Auswirkungen auf den gesamten Organismus entstehen, und so ist es logisch, hier zu beginnen. Das hat sich bei Pferden, durch zahlreiche Anwendungen an bestimmten Arealen der Mitte, an der Bauchdecke und spezifischen Punkten, die körperlich und emotional ausgleichend wirken, bestätigt. (Abb. 1)

Die wichtigste Maßnahme zur ganzheitlichen Verbesserung ist aber, den Pferdebesitzer aktiv in die Therapie mit einzubeziehen. Die Erhaltung des Gesundheitszustandes, die Prävention oder die Nachsorge kann nur Hand in Hand mit dem Besitzer erreicht werden. Diese Sichtweise teilen auch Roland Weiß, zertifizierte Physiotherapeut (DIPO), Trainer nach Mike Geitner, und Camila Szpurka, Diplomökonomin, Neurokinetic-Pracititioner© und Pferde-Thermographin. Im Zuge unserer praktischen Erfahrungen und den nachhaltigen Erfolgen, die wir erzielen konnten, haben wir die EquiEnergyFlow©-Methode entwickelt.

Sie vermittelt das nötige Hintergrundwissen, um Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und mit den richtigen „Handgriffen“ den Therapeuten zu unterstützen. Die Hände sind dabei das wichtigste Werkzeug (Abb. 1), denn mit ihnen kann man „sehen“, was für das Auge noch nicht offensichtlich erkennbar ist, und das ist oft entscheidend für den Heilungsverlauf. Dadurch kann ein Sehnenschaden, wenn er nicht durch eine Verletzung entstanden ist, als Folge und nicht als Ursache einer Verspannung angesehen, und auch Angst, Panik oder plötzliche Schreckhaftigkeit können aus einem anderen Blickwinkel betrachtet und behandelt werden. Durch die Verwendung von speziellen Regulationspunkten und Anwendungen an Körperarealen wird die Balance der Mitte und somit die Harmonie zwischen Körper und Geist gefördert. So kann die symptomenbezogene Behandlung effektiver wirken. Wird diese Technik regelmäßig oder bei Symptomen genutzt, kann der Körper des Tieres wieder in Einklang gebracht oder bei chronischen Veränderungen stabil gehalten werden. Die Mitte ist das wichtigste Bindeglied zwischen sichtbaren Veränderungen und deren Ursprung.

Hintergrund

Die Mitte, besonders die Bauchmuskulatur, hat nach den neuesten Erkenntnissen und der sensomotorischen Körpertherapie nach Dr. Pohl eine enge Verbindung zur Psyche. Dies wird mit dem Schreckreflex, einem Abwehrmechanismus des Körpers, erklärt. Bei Gefahr, Angst oder Schutz vor Verletzungen ziehen sich die Bauchmuskulatur, die Faszien und das Bindegewebe unwillkürlich zusammen, um die inneren Organe im Bauchraum vor Schäden zu bewahren. Ist die kritische Lage vorüber, folgt automatisch die Entspannung. Dieser Reflex ist willentlich nicht steuerbar und von Körper und Geist nicht zu trennen.

Betrachten wir das Pferd in seiner Eigenschaft als Fluchttier, so spielen Schutzmechanismen und Reflexe eine große Rolle. Für Pferde gilt bei Gefahr der Grundsatz „kämpfen, fliehen, erstarren“. Pferde fliehen, um sich zu schützen, Pferde kämpfen, wenn es um die Rangordnung geht, und Pferde können vor Schreck erstarren. Besonders beim Pferd spielt die Bauchmuskulatur eine tragende Rolle, im wahrsten Sinne des Wortes. Auch sie wird in kritischen Situationen reflexartig angespannt und danach unwillkürlich wieder gelockert.

Problematisch wird es aber, wenn sich durch Verletzungen, Operationen, Dauerrosse, Deckakt oder emotionale Faktoren die Verspannungen im Bereich der Bauchdecke nicht mehr willentlich lösen lassen. Dadurch kommt die Mitte, die das Energiezentrum umschließt, aus dem Gleichgewicht und kann physische und psychische Symptome sichtbar und an der Bauchdecke fühlbar machen. Folgen sind z.B. körperliche oder geistige Antriebslosigkeit, Müdigkeit, Furcht, Aggression oder fehlende Leistungsbereitschaft. Der anhaltende Energiemangel und die verminderte Durchblutung des Gewebes führen längerfristig zu Schmerzen und das Pferd reagiert schon auf die kleinsten Berührungen mit heftigem Abwehrverhalten. Das wird beim Pferd meistens mit zickigem Verhalten abgetan, kann aber durch zu viel Druck auf die Mitte oder auf den Solarplexus, der durch die Bauchmuskulatur geschützt wird, entstanden sein. Der Solarplexus ist ein empfindliches Nervengeflecht im Bauchraum, das sehr sensibel auf Kompression und mentale Störungen reagiert. Als wichtiges Schaltzentrum des Nervensystems reguliert er die Funktion der inneren Organe, die Anspannung und Erschlaffung der glatten Muskulatur, die Sekretion von Drüsen und hat Einfluss auf die geistige und körperliche Energie. Dass diesem Bereich besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden muss, bescheinigt auch die Reaktion der Sattelindustrie, die Aussparungen und spezielle Polsterungen in dieser Region anbringen lässt.

Fazit

2017 01 Flow3Die EquiEnergyFlow©-Methode fördert die Einheit von Körper und Geist, wirkt harmonisierend auf die physische Gelassenheit und die psychische Losgelassenheit. Davon profitiert nicht nur der Pferdebesitzer, auch für den erfahrenen Therapeuten und ausgebildeten Trainer stellt das einen neuen Ansatzpunkt und eine sinnvolle Ergänzung dar.

2017 01 Flow4Zahlreiche Teilnehmer konnten sich in einem Pilotprojet überzeugen, dass sich durch die Anwendung der Methode sowohl bei körperlichen als auch psychischen Beschwerden sofort deutliche Verbesserungen zeigten. Auch nachsorglich angewandte „Handgriffe“ durch die Besitzer verhalfen zu den gewünschten Erfolgen. Ein Pfe2017 01 Flow5rd, das immer Probleme beim Schmied hatte, ließ zum ersten Mal die Behandlung der Hufe entspannt durchführen.

Die Thermographie-Fotos von Camilla Szpurka (Abb. 2-5) bestätigen, dass mit Hilfe der EquiEnergy- Flow©-Methode bei einer festgestellten Kältezone die Durchblutung schon nach der ersten Anwendung erheblich angeregt werden konnte.2017 01 Flow6

Die Möglichkeit der Präsentation bietet sich auf der Equitana 2017. Hier dürfen wir unser Konzept zusammen mit der Fa. Overo vorstellen, denn der Einsatz des NeuroStim©-Gerätes verstärkt jede Anwendung durch seine spezielle Wirkweise.

Silke GriebelSilke Griebel
Tierheilpraktikerin mit eigener Fahrpraxis, Dozentin an den Paracelsus Schulen
silkegriebel@t-online.de

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