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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/2018

Syrien, die Ohnmacht der Weltgemeinschaft

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© Olivier I fotolia.comAus der Bekämpfung eines nationalen Bürgerprotestes durch Baschar al-Assad (nicht zuletzt ausgelöst durch lokale Wirtschafts- und Versorgungsprobleme) und den schwerwiegenden Folgen des Konfliktes im benachbarten Irak sind inzwischen Stellvertreterkriege regionaler und globaler Mächte in Syrien entstanden. Eine große humanitäre Katastrophe geschieht vor unseren Augen, in der Menschlichkeit und Mitgefühl auf der Strecke bleiben und bei den Beobachtern das Gefühl von grenzenloser Ohnmacht entsteht. Kriegsverbrechen aller Beteiligten sind festgestellt worden, die Staatsmacht Syrien selbst ist Hauptakteur dabei. Hunderttausende Tode und Verletzte, mehr als 12 Millionen Menschen haben ihr Zuhause verloren, viele Syrien-Flüchtlinge sind auch in Deutschland auf der Suche nach Schutz angekommen.

Der Krieg im Nahen Osten ist wohl der schlimmste Krisenherd der Gegenwart, aber beileibe nicht der einzige; es gibt annähernd 20 weitere Kriege weltweit, unzählige kleinere militärische Konflikte nicht mitgezählt.

In Syrien bekämpfen sich inzwischen die Truppen al-Assads, des IS, von Al Kaida, Nusra, Russland, Amerika, Iran, Irak, Israel, und zuletzt ist ganz offen die Türkei in Syrien in den Krieg gegen die Kurden gezogen. Die Frontlinien sind unübersichtlich und indirekt sind mittlerweile Russen, Amerikaner miteinander in kriegerische Handlungen verwickelt.

Zahllose Konferenzen und beauftragte UN-Sondergesandte sind gescheitert. Ihr Scheitern ist nicht zuletzt die Konsequenz des starken russischen Eingreifens in die Kriegshandlungen auf Seiten des syrischen Regimes und Russlands permanenter Ablehnung (Veto) von möglicherweise wirkungsvollen Beschlüssen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Russland nutzt augenscheinlich den Krieg, um sich als Weltmacht wieder in Stellung zu bringen und global als Player mitzugestalten.

Nach langen und schwierigen Gesprächen einigte sich Ende Februar der UN-Sicherheitsrat auf eine Feuerpause für Syrien, mit dem Ziel, die Zivilbevölkerung der syrischen Region Ost-Ghuta zu versorgen und zu schützen. Doch ihre Bedingungen sind nicht wirklich tauglich und sie wird nicht eingehalten. Ein Ende der Gewalt ist nicht absehbar. Etwa 400000 Zivilisten sind eingeschlossen und es mangelt ihnen an allem. Die UNICEF ist sprachlos. Die letzte Pressemitteilung zur Not und zum Elend in Ost-Ghuta bestand nur noch aus wenigen Worten – ein deutlicheres Zeichen der Hilflosigkeit und der Ohnmacht kann man sich kaum noch vorstellen.

Lösungen jenseits des Militärischen sind nicht in Sicht. Syriens Machthaber al-Assad wird den Feldzug erst stoppen, wenn „Syriens territoriale Integrität“ wieder hergestellt ist. Er setzt dabei auf die Hilfe Russlands und bekommt sie.

Was kann die internationale Gemeinschaft tun? Es braucht ein stärkeres Engagement möglichst vieler Zivilgesellschaften in Form von Protesten gegen die Kriegsverbrechen wie den Einsatz von Fassbomben, Chemiewaffen, gegen Hungersnöte und den türkischen Angriffskrieg gegen die nordsyrischen Kurden. Dies würde den Druck auf die politischen Entscheidungsträger einflussreicher Staaten erhöhen, sich noch stärker für Friedensbemühungen zu engagieren. Sind die Zivilgesellschaften, ist der einzelne Bürger aber dazu in der Lage oder haben die zahlreichen weltweiten Konflikte zur Abstumpfung und zu Ohnmachtsgefühlen geführt? Fast scheint es so.

Das Elend der Menschen in Städten wie Homs, Aleppo, Idlib, Ost-Ghuta und Afrin ist kaum vorstellbar, die internationalen Hilfsorganisationen berichten über die Zustände jeden Tag aufs Neue in den Medien. Fehlende Nahrungsmittel, fehlende medizinische Versorgung und Medikamente, nicht versorgte Verletzungen und der Mangel an sauberem Trinkwasser sind rationale Darstellungen des Alltags in Ost-Ghuta, der Stadt, die von einem internationalen Beobachter als „Hölle auf Erden“ bezeichnet wird.

400000 Menschen sind Geiseln der Kriegsparteien. Sie leben mit der Furcht, von einer Kugel oder einer Bombe – welcher Herkunft auch immer – getroffen zu werden, oder zu verhungern oder zu verdursten. Was das mit den Gefühlen und der Psyche der Menschen macht, kann ein Außenstehender nicht mal erahnen. Die Zukunft dieser Menschen und v.a. die der Kinder ist von Hoffnungslosigkeit geprägt. Erst wenn die letzte Schlacht geschlagen ist, wird die Welt ganz konkret sehen, was das bedeutet – und welche Konsequenzen dies auch für Europa und Deutschland haben wird.

Heinz SchreiberHeinz Schreiber

Soziologe M.A.

Foto: © Olivier / fotolia.com

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