aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/2018
Zellreinigung durch Fasten
Die richtige Ernährung spielt eine essenzielle Rolle auf dem Weg zu einem langen und gesunden Leben. Die neuesten Untersuchungen im Bereich der Epigenetik bestätigen, dass wir allein durch eine nährstoffreiche, kalorienarme Pflanzennahrung mehr als 500 gesundheitsfördernde Gene anschalten und gleichzeitig über 200 krebsfördernde ausschalten können. Dabei ist es wichtig, sowohl auf die Anzahl der Mahlzeiten als auch auf die Menge der Nahrung zu achten. Für uns steht schon lange fest, dass das Geheimnis ganzheitlicher Gesundheit und ewiger Jugend im vitalisierenden Fasten und dem Prozess des täglichen Entgiftens liegt. Dabei stützen wir uns auf die Erkenntnis, dass in jeder einzelnen Zelle die Anleitung zur Selbstheilung enthalten ist. Bereits der griechische Arzt Hippokrates sagte: „Wer stark, gesund und jung bleiben will, sei mäßig, übe den Körper, atme reine Luft und heile sein Weh eher durch Fasten als durch Medikamente.“
Der menschliche Körper ist evolutionsbiologisch darauf ausgerichtet, in verschiedenen Organen und Geweben Energiereserven anzulegen und bei Bedarf darauf zuzugreifen. Unsere Vorfahren besaßen weder einen Kühlschrank noch konnten sie mit geregelten Mahlzeiten rechnen. Sie mussten in Hungerphasen auf die körpereigenen Speicher zurückgreifen, um ihr Überleben zu sichern. Heute führen wir kontinuierlich Essen zu und erlauben unserem Verdauungssystem kaum Erholung, geschweige denn wissen wir wirklich, was Hunger ist. Wir haben somit nur selten die Gelegenheit, auf den wichtigen Prozess der Fettverbrennung umzuschalten, indem wir unserem Körper eine Pause im Sinne von Fasten gönnen. Wir sind auf den Wechsel von Hunger und Essen trainiert, und unser Körper kann damit auch sehr gut umgehen. Obwohl der menschliche Stoffwechsel bereits seit Urzeiten auf Fastenperioden programmiert ist, nutzt nur ein sehr geringer Teil der Menschheit dieses Potenzial aus. Die zunehmende Verfügbarkeit billiger Nahrung sowie die Präferenz von künstlichem Geschmack gegenüber hochwertigen Naturprodukten hat in den vergangenen Jahrzehnten die typischen Volkskrankheiten wie Diabetes, Übergewicht, Bluthochdruck, Herzinfarkt und Krebs stark ansteigen lassen. Doch wir können unserem Körper und Geist ganz einfach und auf natürliche Weise etwas Gutes tun, indem wir ihm das wiedergeben, was er als Programm schon durch die Evolution kennt.
Das Konzept des Fastens ist weder eine neue Erfindung noch eine Diätform. Es wird in vielen Religionen zur seelischen Reinigung praktiziert. Außerdem wirkt es sich positiv sowohl auf den Körper als auch auf die Psyche aus und unterstützt bei der Entschlackung und Pflege unserer Zellen. Durch die dauerhafte Umstellung unseres Essrhythmus findet sich Stille in unserem Verdauungsapparat ein. Diese geht sukzessiv auf den Geist über und wir können so zu mehr Achtsamkeit und einem erweiterten Bewusstsein in Bezug auf unser Leben zurückkehren.
Das Intervallfasten (oder intermittierendes Fasten) ist eine einfache und sehr praktische Variante, um das Fasten dauerhaft in den Alltag zu integrieren. Der gesundheitlich positive Effekt greift beim Kurzzeitfasten sofort. Nach unserer Erfahrung sollte der Nahrungsverzicht eine Dauer von mindestens 14 Stunden betragen. Die einfachste Möglichkeit besteht darin, mit dem Essen 14 bis 16 Stunden über Nacht zu pausieren und eine Mahlzeit am Tag ausfallenzulassen. Es hat sich als besonders leicht in der Umstellung erwiesen, das Frühstück gänzlich wegzulassen und lediglich mittags sowie am frühen Abend leichte Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Unser Körper befindet sich vormittags in der Phase der Ausscheidung und Entgiftung und das Frühstück unterbricht diesen wichtigen Reinigungsprozess. Der Körper stellt sich extrem schnell auf nur 1 bis 2 Mahlzeiten am Tag ein. Wenn man nach 17 Uhr nichts mehr isst, haben die Verdauungsorgane über die Nacht weniger Arbeit, was der Schlafqualität extrem zugutekommt. Laut der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) entspricht das auch unseren natürlichen Abläufen der Verdauung und Verstoffwechslung.
Eine andere Variante: Man isst an 5 Tagen in der Woche in Maßen und legt anschließend 2 Fastentage ein. Wie im Sport kann man so seinen Stoffwechsel darauf trainieren, von seinen Reserven zu leben. Der Stoffwechsel wird dabei weder gedrosselt, noch wird Muskelmasse abgebaut. Dadurch bleibt auch der gefürchtete Jo-Jo-Effekt aus.
Studien belegen, dass Intervallfasten nicht nur bei überschüssigem Gewicht hilft, sondern auch Krankheiten, wie Diabetes und andere Stoffwechselstörungen, verhindern kann. Fasten bringt unseren Metabolismus wieder ins richtige Lot, und wir können so besser zwischen Zucker- und Fettstoffwechsel hin und her schalten. Des Weiteren sammeln sich in der Leber weniger Giftstoffe an und das Insulin kann wieder besser verarbeitet werden. Beides trägt dazu bei, die Manifestation einer Zuckerkrankheit zu unterbinden und unterstützt gleichzeitig beim Abnehmen. Besonders bei übergewichtigen Patienten konnten Experten eine stärkere hormonelle Umstellung feststellen. Aufgrund der vermehrten Ausschüttung des Glückshormons Serotonin sowie endogener Opiate und Morphine sorgt der Verzicht auf Nahrung für eine verbesserte Stimmung. Durch den Anstieg des Serotoninlevels erfahren wir eine erhöhte emotionale Schwingung, die unseren Körper entscheidend bei der Heilung unterstützt. Es wurde festgestellt, dass Personen die über drei Monate ein Intervallfasten durchgeführt haben, ca. 6,25% ihres Körpergewichtes verlieren konnten. Wir profitieren so auf mehrfache Weise und können dabei nur gewinnen: Fasten bedeutet nämlich einfaches und gesundes Abnehmen und zugleich Stoffwechseltraining.
Ein ganzes Orchester an guten Effekten kann beim Fasten erreicht werden. So kommt es nicht nur zu einem verbesserten Zucker- und Fettstoffwechsel, sondern auch zu vielen weiteren heilsamen biochemischen Veränderungen im Körper. Wird für einige Stunden auf Essen verzichtet, schaltet sich der Reinigungsmechanismus an, bei dem schädliche Zellbestandteile abgebaut und für den Aufbau neuer Bausteinen verwendet werden. Dieser lebensnotwenige und gleichzeitig lebensverlängernde Prozess kann nicht stattfinden, sobald es zur Nahrungsaufnahme kommt, denn dann wird auf Energieverwertung umgeschaltet und es bleibt keine Zeit für den körpereigenen Reparaturmodus. Fasten räumt Zellmüll auf und löst einen wichtigen Zellprozess, die Autophagie (Selbstverdauung), aus. Für die Entdeckung dieses körpereigenen Recyclingsystems erhielt der japanische Zellforscher Yoshinori Ohsumi 2016 einen Nobelpreis. Beschädigte Zellorganellen, wie Mitochondrien (Zellkraftwerke) und falsch gefaltete Proteine, werden dabei selbstständig abgebaut. Weitere Studien belegen, dass Autophagie degenerativen Krankheiten wie Alzheimer, Krebs und Herz-Kreislauferkrankungen entgegenwirken kann. Vor allem die Nervenzellen profitieren vom Nahrungsentzug, da sie die meisten Mitochondrien besitzen. Die nicht richtig funktionierenden Substanzen werden in einer Membran eingeschlossen und zu den Lysosomen befördert, die Verdauungsenzyme enthalten. So werden Proteinstücke in einzelne Aminosäuren zerlegt, die für den Aufbau neuer Proteine verwendet werden.
Es wurde festgestellt, dass tierische Eiweiße diesen verjüngenden Prozess aufgrund eines unausgewogenen Methionin-Cystein-Verhältnis hemmen. Methionin wird zu Homocystein abgebaut, das für Proteindefekte, Immunreaktionen und oxidativen Stress verantwortlich ist. Autophagie kann durch die Aufnahme pflanzlicher Proteine zusätzlich beschleunigt werden. Der Grund dafür ist das darin enthaltene Polyamid Spermidin, das eine anregende Wirkung auf den Körperreinigungsprozess hat. Spermidin ist zwar auch in unterschiedlichen Konzentrationen in unseren Körperzellen enthalten, nimmt aber mit dem Alter ab. Relativ hohe Konzentrationen dieses Stoffes sind v.a. in Obst und Gemüse zu finden. Sport unterstützt zusätzlich und führt zum Anstieg der Spermidinwerte. Dabei werden die Zellen in einen Nährstoffmangel versetzt, was wiederum die Autophagie auslöst. Aus diesem Grund sollte man auch bis zu zwei Stunden nach dem Training nichts essen.
Ein weiterer langfristiger positiver Effekt ist, dass wir mithilfe des intermittierenden Fastens unseren Körper darauf trainieren können, seine Energie durch die Verstoffwechslung von Fett (Ketose) zu beziehen. Bei dieser Stoffwechselform bildet die Leber aus den mittelkettigen Fettsäuren Ketonkörper und zieht diese der Glukose (Kohlenhydrate) zum Zwecke der Energiegewinnung vor. Da unser Gehirn so viel schneller und effizienter mit Energie versorgt wird, profitieren wir von einer gesteigerten mentalen Leistung. Außerdem können sich die Hormone, die sonst übersteuert sind, in dieser Phase erholen. Die Insulinausschüttung wird bei der Ketose auf einem geringen Level gehalten, was dazu führt, dass nützliche Wachstumshormone und andere Wachstumsfaktoren verstärkt ausgeschüttet werden. Die Produktion des Wachstumshormons HGH, das den Muskelaufbau und den Fettabbau fördert, kann um das Fünffache erhöht sein.
Die moderne Lebensweise ist aber v.a. durch den Überfluss an toter, kohlenhydratreicher Nahrung und fehlender lebendiger Biophotonen geprägt, was z.B. den Blutzuckerspiegel in die Höhe treibt. Die Bauchspeicheldrüse muss so viel Insulin freisetzen. Wird das Insulinsystem nicht zurückreguliert, kann die Autophagie nicht ablaufen. Es sammeln sich Toxine in unseren Zellen an, die unsere Zellkraftwerke (Mitochondrien) schädigen, was unsere Lebenserwartung deutlich verringert. Dies führt zur Entstehung von großen Mengen an freien Radikalen. Diese gelten als Hauptursache für Alterungs- und Degenerationsprozesse, denn sie wirken sich massiv auf unseren Zellstoffwechsel aus und greifen Gewebe und Organe an. Die Schädigung wichtiger Zellstrukturen kann zu irreversiblen Veränderungen, wie etwa DNA-Mutationen, führen, welche die Entstehung von kanzerogenen Prozessen fördern. Der oxidative Stress ist nach der Nahrungsaufnahme messbar höher. Das liegt daran, dass bei der Verdauung verschiedene Mikroorganismen aktiv werden und die Keimlast gesundheitsschädlicher Mikroorganismen v.a. bei falscher Ernährung ausgesprochen hoch ist.
Das Fasten unterstützt unser Mikrobiom und damit unser Immunsystem mittelbar dabei, den Körper vor parasitären Keimen zu schützen. Besonders im hungrigen Zustand sind die Zellmembranen für die Resorption hochwertiger Vitalstoffe offen, und die Zellen können diese dann optimal verwerten. Das intermittierende Fasten kann durch Sport optimiert werden. Bereits ein 10-minütiges Training fördert die Oxygenierung (Sauerstoffsättigung) des Blutes und erfrischt unseren gesamten Organismus. Durch Kraftsport und Ausdauertraining kann die Intensität des Fastens verstärkt werden, da wir dadurch einen höheren Kalorienverbrauch erfahren. Die körpereigene Entschlackung durch die Selbstverstoffwechselung von Proteinrückständen kann begleitend bei Ausleitungstherapien, Reinigung bei Pilz-(Candida-)Befall, Rehabilitationsmaßnahmen sowie Nach- und Vorsorgetherapien, wie z.B. Chemotherapien, eingesetzt werden, um die Selbstheilungskräfte zu verstärken.
Beim Fasten verbessern sich die Symptome neurodegenerativer Erkrankungen, wie Multiple Sklerose. Eine ketogene Ernährung (80% Fett und fast keine Kohlenhydrate) imitiert das Fasten und hilft dem Patienten auch außerhalb der ganztägigen Fastenzeit, Symptome deutlich zu mildern. Die ketogene Ernährung regt das Sättigungsgefühl auf natürliche Weise an. Anstelle des Zuckers erhält das Gehirn Energie in Form von Ketonkörpern, wie es beim Fasten der Fall ist. Ketonkörper haben noch einen weiteren Vorteil gegenüber Zucker: Bei demenziellen Erkrankungen und Krebs sind die Mitochondrien geschädigt und können keine volle Leistung mehr erbringen. Sie produzieren dementsprechend viele freie Radikale. Ketonkörpern hingegen bewirken eine Neubildung und verbesserte Funktion von Mitochondrien.
Fasten wirkt sich auch auf die Genexpression aus und es kommt zu Änderungen in der Funktion von Genen im Zusammenhang mit dem Schutz vor Krankheiten und Langlebigkeit. Durch Fasten wird in der Leber verstärkt das Protein p53 angereichert. Dieses wird für die Anpassung des Stoffwechsels an den Hungerzustand benötigt und gehört zu den wichtigsten Kontrollinstanzen des Zellwachstums. Das Protein p53 besitzt die Fähigkeit, den Zellzyklus zu unterbrechen und die Teilung entarteter Zellen zu unterbinden. Somit kann Fasten eine ausschlaggebende Therapieoption bei Stoffwechsel- und onkologischen Erkrankungen darstellen.
Über Autophagie und Ketose lassen sich Teilfunktionen der altbekannten Techniken der Licht- und Prananahrung erklären. Diese erlauben es dem Körper, seine Energie aus der Verstoffwechselung von Proteinen zu beziehen und Vitalstoffe verstärkt selbst zu synthetisieren. Die Prozesse der Zellreinigung und Erneuerung unterstützen die Selbstheilung unseres Körpers optimal.
Fasten eignet sich generell für jeden. Die Anleitung sollte aber vorab mit einem Heilpraktiker, ganzheitlichen Arzt oder anderweitig Fachkundigen abgesprochen werden.
Anita Winkler
Biologin
Patrick Ehler
Heilberater
biology@up-science.com
Foto: © Jacek Chabraszewski / fotolia.com
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