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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/2020

Unsere Heilpflanze: Gemeine Wegwarte – Cichorium intybus

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Auch bekannt als: Cichurien, Feldwegwarte, Verfluchte Jungfer, Krebskraut, Schweinbrust, Sommerwend, Sonnenkraut, Vogelleuchte, Warzkraut, Wasserwart, Blaue Distel, Wilder Endifi, Hartmann, Hasenmilch, Rauher Heinrich, Hundsläufte, Irenhart, Kaffeekraut, Arme-Sünder-Blume, Wegleuchte, Zigeunerblume

Die Gemeine oder Gewöhnliche Wegwarte gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Der Gattungsname Cichorium ist die lateinische Variante des griechischen Worts κιχώριον für Zichorie. Dieses stammt vermutlich aus dem Ägyptischen. Nach Plinius wurden sowohl Wegwarte als auch Endivie (Cichorium endivia) zuerst in Ägypten als Heil- und Salatpflanzen kultiviert. An den Namen Zichorie lehnen sich auch diejenigen einiger moderner Kulturformen an: wie Chicorée, Radicchio oder Wurzelzichorie.

Ursprünglich aus Europa, Westasien und Nordafrika stammend, wurde die Wegwarte auch im restlichen Afrika sowie in Nord- und Südamerika eingeschleppt. In Mitteleuropa wächst sie als Pionierpflanze an Wegrändern sowie auf Weiden und Äckern und kommt auch in Höhenlagen von 1500 Metern vor.

2020 ist die Gemeine Wegwarte vom NHV Theophrastus zur Heilpflanze des Jahres gekürt worden.

Woran erkennt man die Gemeine Wegwarte?

Die ausdauernde, krautige Pflanze hat eine tiefreichende Pfahlwurzel und erreicht oberirdisch Wuchshöhen von 30-140 cm. Ihre Stängel stehen sparrig-ästig. Grund- und untere Stängelblätter sind an der Unterseite borstig behaart und erscheinen schrotsägeförmig gefiedert. Die oberen Stängelblätter sind länglich-lanzettlich geformt und fiederspaltig bis ungeteilt.

Die Blüten haben einen Durchmesser von 3-5 cm, sie sind blau oder weiß gefärbt. Blütezeit ist von Juni bis Oktober.

Wie wirkt die Gemeine Wegwarte?

Spätestens seit dem Mittelalter dient die Pflanze zu medizinischen Zwecken. Empfohlen wurde sie als schweißtreibende Arznei (Paracelsus) sowie zur Anwendung bei Magen-, Darm- und Lebererkrankungen (Pfarrer Kneipp). In der modernen Pflanzenheilkunde wird sie zur Stimulierung und Heilung von Leber, Galle und Milz angewendet. Weitere Einsatzgebiete sind Hautkrankheiten und rheumatische Beschwerden inkl. Gicht.

„Thut Widerstand aller Vergiftung“ – das schrieb bereits Tabernaemontanus, ein deutscher Arzt und Apotheker, im 16. Jahrhundert. Tatsächlich sollen Bergarbeiter früher regelmäßig Teekuren durchgeführt und dabei die entgiftende Wirkung der Wegwarte genutzt haben. Heutzutage kann sie z.B. dazu dienen, Pestizide auszuleiten.

Bei Augenentzündungen helfen Kompressen, die mit einem Tee aus Wegwarte getränkt und auf geschlossene Augen aufgelegt werden.

In der Ayurvedischen Medizin wird die Wegwarte als Arzneimittel für die Leber verwendet, meist in Kombination mit Schwarzem Nachtschatten, Senna und Schafgarbe.

Eigenschaften

  • adstringierend
  • anregend
  • blutreinigend
  • entzündungshemmend
  • beruhigend
  • abführend
  • psychorelaxierend

Anwendungsgebiete

  • Gallensteine (nur nach Rücksprache mit einem Arzt anzuwenden!)
  • Gallenschwäche
  • Verdauungsschwäche und Verstopfung
  • Leberprobleme und -schwellung
  • Pfortaderstauung
  • Milzschwellung
  • Hämorrhoiden
  • Krampfadern
  • Stoffwechselschwäche
  • Diabetes
  • Kopfschmerzen
  • Geschwüre
  • Hautunreinheiten
  • Haarausfall
  • Gebärmutterschwäche
  • Afterjucken

Von Gerhard Madaus stammt das folgende Fazit (1938): „Wegen seiner umfassenden Wirksamkeit und Zuverlässigkeit wird Cichorium zu den wichtigsten Pflanzenheilmitteln gezählt“.

Welche Wirkstoffe sind in der Gemeinen Wegwarte enthalten?

In den Blättern und der Wurzel sind Bitterstoffe, Intybin, Zucker, Harz, Kaliumsalze, Cichoriin, Gerbsäure, ätherisches Öl, Mannan, Petein, Lacoulin, Lactucopikrin (s. Formel), Isochlorogensäure, Apigenin, Apigenin-7-O-L-arabinosid, Luteolin-7-O-glucosid, Quercitrin, Hyperosid, Aesculetin, Aesculin, Umbelliferon, Scopoletin und 6,7-Dihydroxycumarin. Die Wurzel enthält größere Mengen an Inulin.

Welche Teile der Pflanze werden medizinisch verwendet?

Getrocknete Blätter und Wurzeln, Folia et Radix Cichorii (Folia et Radix Intybi). Als separate Droge die getrocknete Wurzel (Radix Cichorii, Radix Intybi). Sie ist wegen des hohen Inulingehalts auch als Nahrungsergänzung für Diabetiker geeignet.

Wissenswertes

Unter dem Namen „Chicory“ ist die Wegwarte auch eine der Bach-Blüten.

Neben dem Einsatz als Arzneimittel hat die Wegwarte in einigen Variationen Eingang in die allgemeine Ernährung gefunden, u.a.:

Wurzelzichorie (geröstet)
Um Bohnenkaffee mehr Farbe und Bitterkeit zu verleihen, wurde sie diesem zunächst zugesetzt, später allein als „Ersatzkaffee“ (Muckefuck) verwendet. Seine Erfinder betrieben im 18. Jahrhundert Zichorienfabriken. Der Anbau wurde u.a. durch Friedrich den Großen gefördert. Heute noch kennt man Handelsprodukte mit Wurzelzichorie (z.B. Caro-Kaffee).

Chicorée/Salatzichorie/Radicchio
Diese Kulturform stammt aus dem 19. Jahrhundert. Die ersten Sprossen sollen vom Chefgartenbauer des Botanischen Gartens in Brüssel gezogen worden sein, und zwar lichtdicht verhüllt, damit sich so wenig wie möglich Bitterstoffe entwickeln konnten.

Eine alternative Entstehungsgeschichte führt alles auf eine zufällige Beobachtung belgischer Bauern zurück. Sie sollen ihre Zichorienwurzeln infolge ungewöhnlich hoher Ernte im Gewächshaus eingeschlagen und während des Winters die kräftigen Knospen entdeckt haben. Diese können in der Küche als Salat oder Gemüse zubereitet werden.

Dr. rer. nat. Frank HerfurthDr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Lebensmittelchemiker, Dozent an den Paracelsus Schulen

fh@herfurth.org

Fotos: ©Olga Ionina / stock.adobe.com, ©ArtCookStudio / stock.adobe.com

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