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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2022

Coenzym Q10 – Regenerationsmittel des Herzens

Cover

Nach wie vor stellen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems die häufigste Todesursache in den westlichen Industrieländern dar. Verursachende Faktoren sind in vielen Fällen die moderne Lebensführung, Umweltbelastungen, einseitige Ernährung und mangelhafte Versorgung mit qualitativ hochwertigen Mikronährstoffen, wodurch der oxidative Stress im Körper erhöht wird. Bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen steht deshalb neben einer herzgesunden Ernährung die Zufuhr körpereigener Mikronährstoffe im Vordergrund.

Ziele einer optimalen Mikronährstoffversorgung:

  • Kausale Prävention und Therapie zur Reduzierung bzw. Verhinderung von Krankheitsfällen
  • Unterstützung der Therapie, im Idealfall Reduzierung des Medikamentenverbrauchs sowie Vermeidung von Rezidiven
  • Steigerung der Leistungs- und Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit

Eine zentrale Rolle zur Vermeidung und Behandlung von Erkrankungen des Herzens spielt Coenzym Q10.

„Wunderstoff“ Ubichinon

Die in der Natur vorkommenden Coenzyme Q1 bis Q10 sind chemische Verbindungen aus Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff, die eine ringförmige Chinonstruktur bilden. Da sie in allen Zellen vertreten sind (vom Bakterium bis hin zum Menschen), werden sie auch als Ubichinone (lat. ubi = überall) bezeichnet. Pflanzen und kleine Wirbeltiere verwenden das Coenzym Q9 für die Energiegewinnung, für den Menschen ist nur das Coenzym Q10 relevant. Seine Entdeckung geht auf den amerikanischen Biologen Frederick Loring Crane (1925-2016) zurück, der das fettlösliche Vitaminoid als Doktorand an der Universität Wisconsin aus Rinderherzen extrahieren konnte. Dabei stellte er fest, dass Ubichinon wichtige Funktionen im Stoffwechsel übernimmt. Dass speziell Herz und Leber auf eine ausreichende Versorgung mit Ubichinon angewiesen sind, um ihren Energiebedarf zu decken, ist seit 1972 aufgrund der Arbeiten der Biochemiker Karl Folkers und Gian Paolo Littaru bekannt.

Hauptfunktionen des Q10

Im menschlichen Körper kommt Coenzym Q10 v.a. im Rahmen der Energiegewinnung und als Antioxidans zum Tragen. Als Cofaktor ist Ubichinon in den Mitochondrien an der Synthese von Energie in Form von Adenosintriphosphat (ATP) beteiligt. Da der Körper das ATP selbst nicht auf Vorrat speichert, muss es u.a. durch einen oxidativen Phosphorilierungsprozess ständig produziert werden. In der inneren Membran der Mitochondrien ist Coenzym Q10 zwischen NADH und Cytochrom C positioniert und wirkt als Stimulator des Elektronentransports innerhalb der Atmungskette.

Mögliche Schnittstelle der Lebensprozesse

Ubichinon ist an allen wichtigen energetischen Prozessen des Körpers beteiligt: aktiver Transport, Membran- und Zellstabilität, Synthese von (Co-)Enzymen und Hormonen, Neurotransmittersynthese und -wiederaufnahme, Zilienwirkung in den oberen Atemwegen, alle muskulären und kontraktilen Funktionen samt Deaktivierung, Spermienproduktion und -beweglichkeit, Drüsenfunktion etc. Die Substanz ist möglicherweise ein Dreh- und Angelpunkt, wenn es um die Lebensprozesse im menschlichen Körper geht.

Ursachen und Folgen der Q10-Abnahme

In jungen Jahren ist bei gesunden Menschen eine ausreichende Versorgung mit Coenzym Q10 gewährleistet. Mit zunehmendem Alter nimmt dessen Konzentrationen in verschiedenen Organen ab, v.a. im Herz: 40-Jährige haben im Schnitt 30% weniger Coenzym Q10 im Herzmuskel und 80-Jährige 60% weniger als gesunde 20-Jährige. Bei einem Defizit von 15% treten bereits Funktionsstörungen auf, bei einem Abfall über 45% lassen sich wesentliche gesundheitsbeeinträchtigende bzw. lebensbedrohliche Störungen beobachten.

Als Ursachen für eine Abnahme von Coenzym Q10 im Alter werden eine verminderte Eigensynthese, mangelnde Zufuhr über die Nahrung sowie erhöhter Verbrauch durch oxidativen Stress diskutiert. Medikamente vom Typ der Statine (Cholesterinsenker) blockieren die Coenzym-Q10-Bildung um bis zu 75%. Gerade ältere Menschen sind oft auf Statine eingestellt, sodass sie nur noch ca. 25% Ubichinon produzieren – fatal. Durch den Coenzym-Q10-Mangel kommt es daher regelmäßig neben Muskelschmerzen zur Ausbildung einer Herzinsuffizienz. Mit der Nahrung (Mischkost) können täglich maximal 20 mg am Tag zugeführt werden. Gute Quellen sind fetter Fisch und Fleisch. Vegetarier und Veganer sind häufig schlechter mit Ubichinon versorgt.

Verbesserung der Herztätigkeit

Die Therapie mit Coenzym Q10 führt signifikant und klinisch relevant zu einer Verbesserung der Herzfunktion, da es für die Energieversorgung der Herzmuskelzellen von entscheidender Bedeutung ist. Schon eine Reduzierung der Coenzym-Q10-Produktion um 10% bedeutet für das Herz ein Energiedefizit. Wie oben beschrieben, verringert sich die Eigensynthese mit zunehmendem Alter deutlich unter 90% des Sollwertes. Dies erklärt, warum ein Coenzym-Q10-Mangel Prädiktor einer Herzinsuffizienz sein kann, denn schon bald nach dem 40. Lebensjahr liegt die Eigenproduktion unter 90%. Bewiesen wurden diese Zusammenhänge durch die Studie des dänischen Kardiologen Prof. Dr. Svend Aage Mortensen.1) Die unter seiner Führung durchgeführte doppelblinde, randomisierte Multicenter Studie zeigt, dass Menschen, die an einer Herzinsuffizienz leiden, durch die Zugabe von 300 mg Ubichinon zur Leitlinientherapie ca. 50% weniger Zwischenfälle im Beobachtungszeitraum hatten, auch die Mortalität reduzierte sich in Europa um 53%.2)

Kurative Wirkung als Studienergebnis

Diese Ergebnisse müssen als bahnbrechend bezeichnet werden. Keine andere Medikation hat bisher ein derartiges Ergebnis erzielt. Bislang konnte der Krankheitsverlauf einer Herzinsuffizienz medikamentös nur verlangsamt werden. Die Q-Symbio Studie 1) hat bewiesen, dass Coenzym Q10 darüber hinaus auch kurativ wirken kann. Es ist nicht nachvollziehbar, dass diese Ergebnisse bis dato keinen Einfluss auf die Leitlinien der Behandlung einer Herzinsuffizienz gefunden haben.

Senkung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Aufgrund der Ergebnisse dieser Studie muss Ubichinon bei Menschen mit Herzinsuffizienz unbedingt als First-Line-Therapie angesehen werden. Das Vitaminoid optimiert folgende Parameter: Zeit- und Auswurfvolumen des Herzens, Herzindex, enddiastolischer Volumenindex und Ejektionsfraktion. Coenzym Q10 kann auch die Anzahl der Angina-pectoris-Anfälle reduzieren. Der schwedische Kardiologe Urban Alehagen veröffentlichte 2013 eine prospektive randomisierte, doppelblinde Studie, in der 443 hochbetagte, gesunde Schweden eine Kombination aus 200 mg Coenzym Q10 und 200 µg organischem Selen erhielten. Im Ergebnis zeigte sich, dass gesunde ältere Menschen, die regelmäßig Coenzym Q10 und Selen substituieren, ihr Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu versterben, um gut 50% senken konnten 3) . Auch im 10-jährigen Follow-Up kam es zu einem Rückgang der Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 50%.

Die KiSel10-Studie 3) zeigt eindrucksvoll das Potenzial der Kombination von Coenzym Q10 und dem endogenen Antioxidans Selen. Die besondere Fähigkeit des Selens, den oxidativen Stress an den Gefäßwänden und so die Entstehung von atheromatösem Plaques zu reduzieren, bedingt den erheblichen synergistischen Effekt in Kombination mit dem Energiespender Coenzym Q10.

FALLSTUDIE

Ein 72-jähriger Patient mit diversen Herzproblemen, u.a. einer manifesten Arteriosklerose, stellt sich in der Praxis vor. Da er allein lebt (Ehefrau verstorben) und keine Kinder hat, ist der Patient leicht depressiv verstimmt. Er leidet unter den Nebenwirkungen der Leitlinien-Medikamente, möchte diese absetzen und nur noch Vitalstoffe zuführen. Alles andere verweigert er mit der Zusatzbemerkung, ansonsten gar keine Medikamente mehr nehmen zu wollen. Ein Ersatz der medikamentösen Therapie durch Vitalstoffe kann mit großen Risiken behaftet sein und ist erst einmal grundsätzlich abzulehnen. In diesem Einzelfall entscheiden wir uns jedoch unter engmaschiger Beobachtung dafür.

Diagnostik und Therapie

Bei der Eingangsuntersuchung sieht die Halsschlagader wie in Abb. 1 dargestellt aus. Es ist deutlich ein Plaque zu erkennen. Gemäß dem Wunsch des Patienten wird er ausschließlich mit 300 mg Coenzym Q10 (hier: Q10 BioQinon Gold, Fa. Pharma Nord) versorgt. Zwar ist diese Herangehensweise wie beschrieben mit Risiken verbunden, aber der Patient erholt sich unter der Therapie und führt diese fort.

Ausblick

Das EKG zeigt unter fortdauernder Therapie immer weniger Extrasystolen. Die Gefäßsituation zeigt sich nach 1,5 Jahren wie in Abb. 2 dargestellt. Der Plaque ist eindeutig verschwunden – nach alleinigem Einsatz von Coenzym Q10.

Natürlich ist die Aussagekraft auf diesen Einzelfall beschränkt. Dennoch macht das Ergebnis klar, welches Potenzial eine Therapie mit Coenzym Q10 haben kann.

Fazit

Die Bereitstellung von Energie ist für Herzzellen überlebenswichtig. Der wesentliche natürliche Faktor hierfür ist Coenzym Q10, das ab dem 40. Lebensjahr in immer geringeren Mengen vom Körper selbst gebildet wird. Die Supplementation von Coenzym Q10 hat sich in mehreren randomisierten Studien als effektiv erwiesen und sollte in der Therapie von Herzkranken nicht fehlen.

Literatur
1) Mortensen AL et al.: Effect of coenzyme Q10 in Europeans with chronic heart failure: A sub-group analysis of the QSYMBIO randomized double-blind trial. Cardiol J 2019; 26(2):147-156.
2) Mortensen AL, Rosenfeldt F, Filipiak KJ. Effect of coenzyme Q10 in Europeans with chronic heart failure: A sub-group analysis of the Q-SYMBIO randomized double-blind trial. Cardiol J. 2019;26(2):147-156.
3) Alehagen U, Johansson P, Björnstedt M, Rosén A, Dahlström U: Cardiovascular mortality and N-terminal-proBNP reduced after combined selenium and coenzyme Q10 supplementation: a 5-year prospective randomized double-blind placebo-controlled trial among elderly Swedish citizens. Int J Cardiol. 2013 Sep 1;167(5):1860-6. Epub 2012 May 23.

Dr. med. Edmund Schmidt
Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie, Ernährungsmedizin und Schmerztherapie

information@praxis-schmidt-ottobrunn.de

Nathalie Schmidt
Vitalstoff-Expertin, Coach im Bereich ganzheitliche Lebensführung, Autorin

information@energie-lebensberatung.de

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