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Naturheilkunde
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Wer darf was?

Eine Entscheidung aus Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2025 – 20 U 53/24) macht die Runde, und damit das Gerücht, es gäbe eine wichtige Änderung im Werberecht. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Dem ist nicht so. 

 

 

WORUM GEHT ES?

Das Oberlandesgericht Düsseldorf urteilte Anfang des Jahres, dass die Werbung eines Heilpraktikers mit dem Hinweis, dass ein Patient von seinen Schmerzen geheilt werden konnte, dann keine nach dem Heilmittelwerbegesetz unzulässige Werbung mit einem Erfolgsversprechen darstelle, wenn in der Werbung hervorgehoben wird, dass der Behandlungserfolg von der individuellen Indikation des Patienten abhängig war. 

 

Ein Heilpraktiker warb mit dem Patientensatz „Meine Schmerzen sind einfach weg“. Das Oberlandesgericht Düsseldorf musste sich damit beschäftigen, ob diese Aussage gegen geltendes Recht verstößt. Die klagende Wettbewerbszentrale sah hierin ein unzulässiges Heilversprechen und nahm den Heilpraktiker als Beklagten auf Unterlassung in Anspruch. Zu Unrecht – so das Gericht. 

 

Es sei hinreichend deutlich, dass es sich um eine persönliche Einzelfallerfahrung eines Patienten handelt und kein allgemeingültiger Behandlungserfolg versprochen wird. So führt das Gericht aus: „In der Werbeanzeige wird dennoch nicht der Eindruck erweckt, dass im Regelfall die dargestellte Behandlung einen Erfolg verspricht, weil er (der Heilpraktiker) hinreichend deutlich macht, dass der Behandlungserfolg von der individuellen Indikation des Patienten abhängig ist und Herr B. ausdrücklich herausstellt, dass der Beklagte ihm gerade kein Heilversprechen gegeben habe.“ 

 

 

HINTERGRUND

Im Grundsatz gilt: Das Risiko sämtlicher Werbeaktivitäten besteht darin, von Mitbewerbern und/oder Wettbewerbsvereinen auf Unterlassen in Anspruch genommen zu werden. Gerade wenn eine große Reichweite genutzt und Werbung vielen Personen zugänglich gemacht wird, ist bei der Formulierung besondere Vorsicht geboten. Deshalb sollten angebotene Verfahren nicht zu genau beschrieben und erläutert werden.  

 

Das sollte dem persönlichen Kontakt mit dem Patienten vorbehalten bleiben. Im Zweifel ist an dieser Stelle weniger mehr, da viele Aussagen eher auf Erfahrungswerten und weniger auf wissenschaftlichen Studien beruhen, die einer rechtlichen Auseinandersetzung Stand halten können. 

 

Im ungünstigsten Fall drohen teure Abmahnungen. 

Eine Abmahnung beinhaltet: 

 

  • ein Abmahnschreiben, in dem die Rechtsverstöße aufgelistet sind 

  • eine vorformulierte Unterlassungserklärung, mit welcher der Abgemahnte aufgefordert wird, diese Rechtsverstöße in Zukunft zu unterlassen 

  • eine Ankündigung, dass der Abgemahnte bei Zuwiderhandlung eine festgelegte Vertragsstrafe zu zahlen hat 

 

Abgemahnt werden Wettbewerbsverstöße nach dem Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG). Gegen einen (fairen) Wettbewerb verstößt, wer unlauter handelt. Eine solche Geschäftshandlung ist z. B. die Irreführung. Was darunter speziell bei der Werbung der Heilberufe zu verstehen ist, regelt zusätzlich das Heilmittelwerbegesetz (§ 3 HWG).  

 

 

 

WERBUNG AUF DEM GEBIET MEDIZINISCHER BEHANDLUNGSMASSNAHMEN

Beide Gesetze bilden dafür die rechtlichen Grundlagen. Ein Verstoß gegen das HWG richtet sich auch immer gegen das UWG. Im Abmahnschreiben heißt es dann z. B.: „Verstoß gegen § 3 Heilmittelwerbegesetz in Verbindung mit den §§ 1, 3, 5 Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb“. 

 

Unlauter und damit irreführend handelt, wer z. B. Behauptungen aufstellt, die er durch entsprechende Studien nicht belegen kann, während Mitbewerber die gleichen Behauptungen nicht aufstellen, eben weil sie diese nicht belegen können. So verschafft sich der Abzumahnende einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen Mitbewerbern. 

 

Das bedeutet: Für Verfahren außerhalb der Schulmedizin sollte nur mit Einschränkungen geworben werden – ohne Heilversprechen, Indikationen, Wirkangaben oder bewertende Aussagen. Es ist zu empfehlen, für jede der beschriebenen Behandlungsformen anzugeben, dass es sich um nicht anerkannte Behandlungsformen handelt: „Die Schulmedizin bzw. die vorwiegend naturwissenschaftlich orientierte Medizin erkennt diese Verfahren nicht an“. 

 

Es gibt keinen gesicherten Nachweis über die Wirksamkeit bei den entsprechenden Indikationen und Verfahren, sodass bei medizinischen Laien durch die entsprechende Werbung krasse Fehlvorstellungen hervorgerufen werden. Werbung auf dem Gebiet des Heilwesens ist indes nur zulässig, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht (Vgl. BGH, Urteil vom 23.10.1970, I ZR 86/69). 

 

 

IRREFÜHRUNGEN

Der Bundesgerichtshof hat angenommen, dass insoweit eine Irreführung unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen den Grundsatz der „Zitatwahrheit“ in Betracht kommt. Danach sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden (BGH-Pressemitteilung Nr. 22/1013; Vgl. BGH, Urteil vom 06.02.2013 – I ZR 62/11). 

 

Werbebehauptungen können irreführend und täuschend im Sinne der §§ 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, 3 HWG sein. Es darf für diese Behandlungsverfahren nicht mit (weit) übertriebenen und wissenschaftlich nicht-gesicherten Aussagen bzw. nicht-belegten Wirkungsbehauptungen geworben werden. Die angesprochenen Verkehrskreise (Patienten/Verbraucher) könnten die Werbung dahingehend verstehen, dass mithilfe dieser Therapie aufgeführte Wirkungen auf den menschlichen Körper erzielt und die genannten Krankheiten und Leiden wirkungsvoll behandelt werden können. Dies ist jedoch nicht wissenschaftlich nachgewiesen und könnte als unzulässig eingeschätzt werden. Daraus sollte Vorsicht folgen. Daran ändert auch das Urteil aus Düsseldorf nichts. 

 

 

FAZIT

Es ist dringend anzuraten, dieses Urteil als das zu sehen, was es ist – eine Einzelfallentscheidung. Daraus ergibt sich weder eine neue Rechtsprechung, noch sind damit grundsätzlich neue Werbemöglichkeiten eröffnet. Es gilt weiterhin: Die Werbung eines Heilpraktikers ist dann erlaubt, wenn klar wird, dass der Behandlungserfolg individuell ist und kein Heilversprechen gegeben wird. Daraus ist nicht abzuleiten, dass neue Werbemöglichleiten bestehen bzw. jetzt weniger vorsichtig formuliert werden kann. 

 

Quelle: OLG Düsseldorf, Urteil vom 20.02.2025 – 20 U 53/24, auf: openjur.de; openJur 2025, 13685 (Abruf: Juli 2025) 

Birgit Schröder

Fachanwältin für Medizinrecht

kanzlei@dr-schroeder.com

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