aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/2011
Therapeuten-Porträt
Fragen & Antworten aus der Praxis für die Praxis
Andrea Tretner
Heilpraktikerin für Psychotherapie
Wann und aus welchem Grund fassten Sie den Entschluss, Heilpraktikerin für Psychotherapie zu werden?
2007 starb mein Mann. Die Zeit mit der Krankheit und die damit verbundenen Erfahrungen haben mich letztlich dazu veranlasst, die Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie zu machen. Ich konnte bei uns – meinem Mann und mir – und unseren Freunden die Angst, die Krankheit und Tod innerhalb von Beziehungen verbreiten, sehen, wie sie das Beziehungsgefüge innerhalb von Partnerschaften und Freundschaften bedroht, aber auch die Beziehung zu sich selbst. Meine Intention ist, auf diesem Gebiet Aufklärungsarbeit zu leisten, Begleitung anzubieten, um auf das Unausweichliche vorzubereiten.
Im Moment schreibe ich ein Buch über dieses Thema und möchte so versuchen, das Tabuthema Tod und Krankheit ein wenig mehr in den Fokus der Gesellschaft zu rücken, die Angst davor nehmen, zeigen, was für eine Chance die Begegnung mit diesen Themen sein kann.
Es gibt z. B. einen Kurs, in dem ich zusammen mit meiner Kollegin Judith Häusler, Fotografin und angehende Psychotherapeutin, mit Kindern das Thema Tod erarbeite. Es ist spannend zu sehen, mit welcher Natürlichkeit die Kinder damit umgehen, wenn nicht die Angst der Erwachsenen mit ins Spiel kommt.
Wie lange hat Ihre Ausbildung gedauert und auf welche Schwerpunkte haben Sie sich konzentriert?
Ich habe an der Paracelsus Schule München das Intensivstudium absolviert. Nach der Ausbildung haben sich meine Schwerpunkte Psychoanalyse und existenzielle Therapie herauskristallisiert, die ich in meinen therapeutisch begleiteten Kunstkursen wunderbar miteinflechten kann.
Wie und wann erfolgte dann der Start der eigenen Praxis?
Gleich nach der erfolgreich bestandenen Prüfung 2009 beim Gesundheitsamt eröffnete ich meine Praxis am Rande Münchens. Ich arbeite mit dem Künstler Hans Langer zusammen – mit ihm gebe ich Kunst-Therapie- Seminare an Schulen und anderen sozialen Einrichtungen. Vor kurzem hat sich die Zusammenarbeit mit der Fotografin Judith Häusler ergeben. Mit ihr leite ich regelmäßig Seminare beim Kolping Werk München für Jugendliche mit Integrationsschwierigkeiten.
Wie lief das erste Jahr? Und wie ging es weiter?
Es hat schon ein wenig gedauert, bis die ersten Patienten kamen, aber durch meine intensive Kurstätigkeit hat sich auch herumgesprochen, dass ich Einzeltherapie mache.
Welche Ihrer Werbemaßnahmen waren aus Ihrer Sicht erfolgreich, welche nicht?
Ich empfehle ein gut funktionierendes Netzwerk und Seminartätigkeiten. Die erweitern die schon vorhandenen Kontakte.
Wie groß ist Ihre Praxis?
Meine Praxis teilt sich auf in ein Kunst- und Lebensatelier und einen Raum für Einzelsitzungen.
Das Kunst- und Lebensatelier richtet sich vor allem an psychisch angeschlagene Menschen. Judith Häusler und ich möchten in unserem Atelier einen Raum schaffen für Menschen am Rande der Gesellschaft.
Im geschützten Rahmen des Kunst- und Lebensateliers kann Kunst zum Sprachrohr werden für Probleme und Sorgen. Psychisch geschwächte Menschen wissen oft nicht, wie sie ihre Ängste artikulieren können, sie haben oft Probleme, Konflikte mittels Kommunikation bzw. direktem Kontakt zu anderen zu bewältigen. Hier bietet Kunst eine Möglichkeit, die unmittelbaren Erfahrungen und die damit verbundenen Emotionen mithilfe von Stift und Farbe zum Ausdruck zu bringen.
Das Atelier bietet Regelmäßigkeit, Struktur, Geborgenheit und Gespräch, und das alles unter der Überschrift „Kunst + Leben“. Hier können sich Menschen auf intensivste Weise selbst erfahren – sie können sich im künstlerischen Prozess mit anderen austauschen, ob im Gespräch mit uns Therapeuten, mit anderen Künstlern oder den verschiedensten interessierten Gästen.
Das Kunst- und Lebensatelier organisiert Einzel- und Gruppenausstellungen; in unserer eigenen Galerie werden Kunstwerke in wechselnden Ausstellungen präsentiert.
Was sind Ihre Arbeits- und Therapieschwerpunkte?
Ich arbeite sehr viel mit dem Thema Kunst. Sie ist ein herrlicher Zugang zu uns selbst. In unser Atelier kommen Kinder, die mit schwierigen Umständen umgehen lernen müssen, sei es Krankheit der Eltern oder die eigene. Wir versuchen, in den Kursen bestimmte Werte zu erarbeiten, aufzufrischen und auch neu zu erleben – für alle: Kinder, Erwachsene und Familien.
Aber auch in der Einzeltherapie versuche ich immer wieder Kunst mit einzubauen. Auch hier ist sie ein großartiger Motivator, den Zugang zu uns selbst offen zu halten für die Emotionen, die uns das Leben so zuspielt.
Ein weiterer Schwerpunkt ist die Natur. Es gibt Therapiespaziergänge, Gartentherapie für die verschiedensten Institutionen und die Naturwerkstatt. Dort werden Naturmaterialien gesammelt und zu Kunst verarbeitet.
Was war Ihr schönstes Praxiserfolgserlebnis?
Es war bei einem Kunsttherapiekurs mit dem Künstler Hans Langner, die Entwicklung eines schwer traumatisierten Kindes innerhalb dieses einwöchigen Kunsttherapiekurses zu sehen.
Oder wie Vergebungs- und Versöhnungsarbeit nach Stauss bei einem alten, schwer kranken Mann eine Veränderung in seinen Beziehungen hervorrief, die so keiner mehr erwartet hatte. Das ist schon sehr berührend.
Gibt es Besonderheiten in Ihrem Praxisangebot?
Das Besondere an meiner Praxis ist die Vielfalt. Mit Therapie, Kunst und Garten versuchen meine Kollegen und ich eine möglichst große Bandbreite an Zugängen zu bieten. In der Therapie mit Gesprächen, in der Kunst durch das Projizieren unserer Emotionen auf Papier und in der Gartentherapie durch die Berührung der Natur.
Ihr Tipp für Praxis-Neulinge und Kollegen:
Lassen Sie sich Zeit und setzen Sie sich nicht zu sehr unter Druck. Achten Sie auf Wegweiser und nehmen Sie Hilfe an. Mehrere Standbeine, z.B. Seminartätigkeit, sind von Vorteil und erleichtern den Start.
Psychologische Beratung
Psychotherapie (HPG)
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