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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2018

Grasmilben

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Weidegang mit fiesen Folgen

Auch als Tierheilpraktiker ist man nicht vor allem gefeit, und so schildere ich in diesem Artikel keinen klassischen Praxisfall, sondern unseren ganz eigenen Leidensweg.

Bisher hatten meine Pferde nie auffällige gesundheitliche Probleme. Ich achte auf saubere Boxen, gepflegten Auslauf, überständige Weiden, artgerechte Ernährung und gute Gesundheitsvorsorge. Doch dann kam ein trockener Frühsommer, der für uns ungeahnte Folgen mit sich bringen sollte:

Eines Morgens fand ich meinen Haflinger mit blutverschmierten, verkrusteten Fesselbeugen vor. Er hatte sich über Nacht so stark gejuckt, dass alle Beugen aufgebissen, aufgescheuert und verschorft waren. Während ich überlegte, was passiert sein konnte, sah ich meinem zweiten Mix-Wallach dabei zu, wie dieser unaufhörlich mit den Hinterbeinen aufstampfte. Bei ihm konnte ich keine Wunden oder Krusten feststellen, aber er zeigte kleine Hautausschläge und orangefarbene Punkte im Fell.

Und dann dämmerte es mir … Tatsächlich wurde mein Verdacht bestätigt: Bei den kleinen Punkten handelte es sich um hartnäckig persistierende Grasmilbenlarven. Damit stand zwar die Diagnose fest; jedoch musste ich nun entscheiden, wie ich die Sache therapeutisch angehen sollte.

Gar nicht so einfach

Grasmilbenlarven bohren sich in die oberste Hautschicht und geben mit ihrem Speichel ein zellauflösendes Sekret ab. Vom zerfallenden Zellbestandteilen ernähren sie sich. Danach lassen sich die satten Larven wieder fallen und entwickeln sich am Boden weiter.
So weit, so gut …

Während sie noch in der Haut festsitzen, führt ihr Verhalten zu stark juckenden Entzündungen oder Schwellungen (Quaddeln), die unbehandelt schlimme Hautläsionen nach sich ziehen können.

Aufwändig, aber effektiv

Um die lästigen kleinen Biester wieder ganz loszuwerden, überlegte ich mir einen aufwändigen Behandlungsplan:

Reinigung: die Wunden säubern, um sekundäre Infektionen zu vermeiden
Versorgung: die angegriffene Haut pflegen, um einen neuen Befall vorzubeugen
Abwehr: die Grasmilben abwehren, um den Juckreiz zu beenden
Immunsystem: den Körper unterstützen, um das Immunsystem anzuregen

Reinigung

Ich begann, die verkrusteten Beine vorsichtig mit warmem Wasser zu säubern, damit ich das Ausmaß des Befalls erkennen konnte. Zur eigentlichen Wundsäuberung benutze ich seit Jahren schwach pH-saures Anolyth. Die wässrige Lösung ist adstringierend und wirkt leicht blutstillend. Durch das Ausspülen wird das Areal von Partikeln gereinigt. Zudem desinfiziert die Lösung effektiv bei Befall mit Bakterien, Pilzen und Viren. Damit habe ich eine tolle Mehrfachwirkung vereint in nur einem einzigen Mittel.

Merke: Im Stall und auf der Weide müssen Wunden durch Abdecken vor sekundären Infektionen durch Insekten oder Dreck geschützt werden. Je nach Wundbeschaffenheit erfolgt eine wässrige Behandlung mit Tinkturen und passendem Wundverschluss mit Gaze/Mull oder eine cremige Behandlung mit einer geeigneten Salbe, deren Konsistenz fest genug zum Abdecken, aber weich genug zum Einziehen ist, damit kein Dreck anhaften kann. In beiden Fällen ist nach Reinigung der Wunde auf ausreichende Trocknung (wenn nötig auch manuell durch Abtupfen – niemals durch Reiben!) zu achten, um bei Verschluss keine nässende Wunde zu provozieren.

Versorgung

In Sachen Wundbehandlung schwöre ich seit Jahren auf 3 Komponenten:

  • Calendula (Ringelblume) für die wundreinigende Wirkung
  • Hamamelis (Zaubernuss) für die adstringierende Wirkung
  • Symphytum (Beinwell) für die granulationsfördernde Wirkung

Im vorliegenden Fall waren die Wunden trocken, deshalb entschied ich mich, die 3 genannten Heilpflanzen als Urtinkturen in einer Salbe auf Basis von Wollwachs, Bienenwachs, Mandelöl und Olivenöl zu verwenden. Diese Grundlage hat sich wegen ihrer tollen Konsistenz bereits oftmals bewährt. So konnte ich die Wunden optimal versorgen, ausreichend schützen und pflegen.

Womit ich nicht gerechnet hatte, war, dass sich der Wundschluss im dauernd bewegten Fesselbereich verkomplizierte, weil die Wunden bei unkontrollierten Bewegungen immer wieder einrissen. Deshalb behandelte ich die Verletzungen jeweils vor Einstallung am Abend und vor der Versorgung für einige Minuten mit dem Low-Level-Laser. Durch die nächtliche Ruhe, gekoppelt mit der gerätegestützten Aktivierung des Zellstoffwechsels, erreichte ich schließlich einen schnellen und sauberen Wundschluss.

Merke: Die Wunde muss trocken und darf nicht verunreinigt sein! Bei eitrigen Wunden sollte man bei der Bestrahlung Vorsicht walten lassen, denn ein zu schneller Wundschluss kann zur gesundheitsbedrohlichen Abszessbildung führen.

Abwehr

Als Besitzerin eines hautempfindlichen und neurotischen Mix-Wallachs war ich bezüglich meiner Auswahlmöglichkeiten passender Mittel stark eingeschränkt. Seine Konstitution hatte in der Vergangenheit durch Hautreaktionen oder Abwehrverhalten alle gebrauchsfertigen Sprays „aussortiert“. Scharfe Reaktionen, starke Gerüche oder fettreiche Konsistenzen hatten keine Chance. Also suchte ich nach etwas Heilkräftigem, was auf empfindlicher Haut weder brannte noch unangenehm roch, und zudem die Haut pflegte.

Gelandet bin ich bei simpler Sauermolke. Diese besteht hauptsächlich aus Wasser, Milchzucker, Milcheiweiß und ein wenig Fett. So unspektakulär, wie es klingt, ist es jedoch nicht: Durch den mildsäuerlichen Geruch wird es gut toleriert, der Fett- und Milcheiweißgehalt stärkt die natürliche Hautschutzbarriere, während der Milchzucker die Atemwege der Parasiten verklebt.

Also habe ich die Beine meiner beiden verletzten Pferde tagtäglich nach der Wundversorgung mit wässriger Molkelösung benetzt, um neuen Milben die Besiedelung zu verwehren.

Merke: Zur Milbenabwehr gibt es einige handelsübliche Mittel. Viele basieren auf ätherischen Ölen wie Teebaumöl, Pfefferminzöl oder Citronella. Auch insektenabwehrende Stoffe wie Kokosöl, Olivenöl oder Neembaumöl werden gerne verwendet. Doch nicht jedes Tier mag die starken Gerüche oder verträgt die enthaltenen Öle. Daher sollten Fertigprodukte immer vorab in kleinen Mengen auf Verträglichkeit getestet werden!

Immunsystem

Damit die ganze Mühe auch langfristig wirksam sein konnte, habe ich zum Ankurbeln der körpereigenen Entgiftung und zur Unterstützung des Immunsystems zusätzlich auf eine dreiwöchige Kur mit Schüßler-Salzen gesetzt. Durch die Gabe von Schüßler-Salz Nr. 10 (Natrium sulfuricum) wird der Körper von Schlacken befreit und der gesamte Verdauungstrakt reguliert. Mittels des Schüßler-Salzes Nr. 3 (Ferrum phosphoricum) steigt die Sauerstoffsättigung im Körper, und sämtliche Heilprozesse werden unterstützt. Diese beiden sind die idealen Helfer, um den Körper beim „Durchputzen“ und Ankurbeln des Stoffwechsels zu unterstützen.

Merke: Auch die tiefpotenzierten Schüßler-Salze können bei falscher Auswahl und zu langer Gabe zu einer provozierten Nebenwirkung in Form einer Arzneimittelprüfung führen. Daher sollten auch die Salze aufgrund von Konstitution, Erscheinungsbild und Symptomatik individuell und zeitlich passend gewählt werden!

Eine Lehre für die Zukunft

Bis der Juckreiz abgeklungen und die Wunden vollständig verheilt waren, sind 3 Wochen intensive und tägliche Behandlung erforderlich gewesen. Jedoch kontrolliere ich meine Jungs seither regelmäßig, um im Falle einer Neubesiedlung rechtzeitig reagieren zu können. Denn ein solcher fies juckender Befall soll den beiden in Zukunft erspart bleiben.

Patricia Troemer
Tierheilpraktikerin, Tierphysiotherapeutin und Tierernährungsberaterin mit Schwerpunkten klassische Homöopathie, Phytotherapie, Akupunktur und Manualtherapie, Dozentin an den Paracelsus Schulen
info@tierpraxis-trömer.de

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