aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2018
Hypnose & Recht
Was Hypnotiseure wissen müssen
Kranke gingen früher ganz selbstverständlich zum Arzt – vertrauten dem „Halbgott in Weiß“ mehr oder weniger blind. Heute ist der gut informierte Patient zum Kunden geworden, er hat die Wahl unter mehreren Anbietern und fragt Gesundheitsdienstleistungen aktiv nach. Gewünscht werden zunehmend Leistungen, welche die Selbstheilungskräfte aktivieren. Viele Patienten wollen nicht mehr nur auf ihre körperlichen Symptome reduziert, sondern als Einheit von Körper, Seele und Geist wahrgenommen werden.
Hypnose liegt im Trend. So wird sie als eine nebenwirkungsfreie und wirksame Therapie für verschiedene Beschwerden angepriesen. Je nach Hintergrund des Anbieters stellt die Hypnose entweder eine Erweiterung des Angebotsspektrums von Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten oder Heilpraktikern dar oder wird von Therapeuten als alleiniges Angebot betrieben.
Hypnotiseur, Hypnosetherapeut – Leider gibt es weder eine gesetzlich geschützte Bezeichnung noch eine einheitlich geregelte Ausbildung, sodass die Unterschiede zwischen den einzelnen Angeboten groß sind. Entsprechend schwer ist es für den Patienten/Kunden, einen guten Überblick zu bekommen.
Wer darf Hypnose anbieten?
Fast jeder hört in seinem Bekannten- und Freundeskreis von Erfahrungen mit Hypnose. Ob zur Vorbereitung auf die Geburt, bei Angst vor einer Zahnbehandlung, zur Unterstützung während einer Nikotinentwöhnung oder um das Wunschgewicht zu erreichen – es gibt eine ganze Reihe von Anwendungsgebieten. So wird Hypnose bei psychosomatischen Beschwerden, bei Schmerzpatienten sowie bei Phobien und Panikstörungen angewendet. Nicht zuletzt kommt sie auch bei Lebensproblemen, z.B. bei Überlastung und Überforderung, Mangel an Selbstvertrauen, Konzentrations- oder Schlafstörungen zum Einsatz.
Für die Beantwortung der Frage, wer was anbieten darf, ist zunächst zu klären, was Schwerpunkt der Behandlung ist – und ob medizinische Aspekte eine Rolle spielen.
Ähnlich anderer Entspannungsverfahren, wie Yoga oder Autogenes Training, kann Hypnose grundsätzlich ohne Heilkundeerlaubnis angeboten werden. Das gilt allerdings nur, soweit keine Erkrankungen therapiert werden. Die Unterscheidung ist also immer danach zu treffen, ob eine medizinische Behandlung erfolgen soll. Auch wenn die meisten Hypnose-Anwendungen ohne medizinische Indikation erfolgen, so ist immer der Einzelfall zu klären.
Abgrenzungsfragen ergeben sich in diesem Zusammenhang unter dem Stichwort „Ausübung von Heilkunde“. Medizinische Hypnose umfasst alle Anwendungen, die zur Diagnose, Heilung oder Linderung von Krankheiten dienen.
Hypnose zum Zweck der Gesundheitsvorsorge, der Entspannung, zur Steigerung des Wohlbefindens und der Kräftigung des Körpers stellt keine Ausübung von Heilkunde dar.
Somit sollten Anbieter bereits auf ihrer Internetseite auf entsprechend passende Formulierungen achten, um teure Abmahnungen zu verhindern. Wer auf seiner Homepage von „bewährten Indikationen“ spricht, der erweckt bei unbefangenen Lesern allein aufgrund der Wortwahl oftmals den Eindruck, es stünde etwas Medizinisches im Vordergrund.
Wer Heilversprechen macht oder Erfolge garantiert („schmerzfrei nach einer Sitzung“), riskiert ganz allgemein, abgemahnt zu werden.
Selbstdarstellungen, mit denen sich der Hypnotiseur unberechtigt in die Nähe eines Heilberufes bringt, sind daher zu vermeiden.
Rechtsfolgen
Wer ohne Heilerlaubnis mittels Hypnose Krankheiten behandelt, agiert rechtswidrig. Das ist allein Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten. § 1 des Gesetzes über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz, HeilprG) bestimmt dazu:
(1) Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis.
(2) Ausübung der Heilkunde im Sinne dieses Gesetzes ist jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen, auch wenn sie im Dienste von anderen ausgeübt wird.
(3) Wer die Heilkunde bisher berufsmäßig ausgeübt hat und weiterhin ausüben will, erhält die Erlaubnis nach Maßgabe der Durchführungsbestimmungen; er führt die Berufsbezeichnung ‚Heilpraktiker‘.
Wer dagegen verstößt, für den sieht § 5 HeilprG vor: „Wer, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen, die Heilkunde ausübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu 1 Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
Wer als nicht-heilkundeberechtigter Hypnotiseur medizinisch tätig wird, hat mithin ein erhebliches Risiko, sich strafbar zu machen.
Auch wenn schon seit längerer Zeit über das Heilpraktikergesetz debattiert wird: Es handelt sich um geltendes Recht, das zu beachten ist!
Auch die Rechtsprechung hat sich bereits mehrmals zur Frage geäußert, welche Anwendungen unter das Heilpraktikergesetz fallen:
Der Bundesgerichtshof als höchste juristische Instanz in Deutschland hat in seinem Urteil vom 22. Juni 2011 (2 StR 580/10) entschieden, dass unter die strafbewehrte Erlaubnispflicht nach § 1 Abs. 1 HeilprG solche Behandlungen fallen, die gesundheitliche Schäden verursachen können. Beim Straftatbestand des § 5 HeilprG handele es sich um ein potenzielles Gefährdungsdelikt. Es gehe um die generelle Gefährlichkeit der konkreten Tat, nicht um den Eintritt einer konkreten Gefahr.
Der damals Angeklagte war wegen unerlaubter Ausübung der Heilkunde verurteilt worden. Die Strafkammer hatte Psychotherapie als Ausübung der Heilkunde i.S.v. § 1 Abs. 2 HeilprG angesehen. Angeboten hatte er eine Therapie nach der Synergetik-Methode. Patienten wurden in einen hypnotischen Zustand versetzt und sollten später die entstandenen inneren Bilder ausführlich beschreiben. Auch wenn bei den behandelten Personen eine Beeinträchtigung der Gesundheit nicht festgestellt werden konnte, sah das Gericht eine mögliche Gefährdung, die zur Verurteilung des Angeklagten führte.
Fazit
Wenn eine Anwendung zum Zwecke der Heilung oder Linderung von Krankheiten erfolgt, darf sie nur von Ärzten oder Heilpraktikern ausgeübt werden. Soweit die Theorie. In der Praxis ist die Abgrenzung schwieriger.
Diagnosen zu stellen und gezielt Krankheitssymptome zu behandeln, obliegt neben dem Arzt allein dem Heilpraktiker. Rechtsfragen stellen sich v.a. dann, wenn die Abgrenzung unklar ist. So wird es letztlich immer eine Einzelfallentscheidung sein, ob Heilkunde ausgeübt wird oder nicht. Zu klären ist also immer, welches Ziel im Vordergrund steht.
Im Idealfall sollte der Hypnotiseur die Voraussetzungen dafür schaffen, auch Heilkunde ausüben zu dürfen. Wer das nicht darf, sollte sich darüber im Klaren sein, dass ihn Abgrenzungsfragen erwarten, die von der Rechtsprechung im Zweifel oftmals – aus Gründen des Patientenschutzes – eher in Richtung erlaubnispflichtige Heilkunde entschieden werden.
Besondere Vorsicht ist auch bei Werbeaussagen auf Flyern, der Homepage etc. angebracht.
Dr. Birgit Schröder
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht