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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2018

Take it easy

Cover

„Take it easy“ wird oftmals einfach so daher gesagt, aber die Botschaft im Alltag umzusetzen, also sich in Gelassenheit zu üben, ist gar nicht so einfach.

Wir befinden uns in einer Zeit, die sehr schnelllebig ist. Hinzu kommt das Motto der Leistungsgesellschaft. Aber das „immer schneller, immer mehr und immer besser“ hinterlässt Spuren. Wer kann heute noch wirklich sagen: „Ich fühle mich entspannt“ oder „Ich genieße meine innere Ruhe“? Das sind die wenigsten. Im Gegenteil: Gerade im Berufsalltag spiegelt sich sogar die Anti-Gelassenheit der Menschen.

Was ist los in der Gesellschaft?

Wir leben zwar in einer hochtechnisierten Welt, und viele Dinge erleichtern den Alltag ungemein, aber trotzdem wirken viele Menschen weder glücklich noch entspannt. Psychosomatische Krankheiten, wie Spannungskopfschmerzen und Migräne, Depressionen oder Burnout, nehmen rasant zu. Die Menschen wirken ausgepowert, rastlos und ein wenig ratlos. Manche treibt ein regelrechter Leistungswahn an: Man will größtmöglichen Erfolg, alles schaffen sowie jederzeit off- und online verfügbar sein. Das tägliche Hamsterrad dreht sich immer schneller.

Kein Wunder, dass sehr viele Menschen die tägliche Fülle von Informationen oftmals als Reizüberflutung wahrnehmen. Einen großen Anteil daran haben die digitalen Medien. Ständig und jederzeit wird aufs Smartphone geschaut, egal ob es der Manager beim Mittagessen oder die junge Mutter beim Kinderwagenschieben ist – alle wollen erreichbar und immer auf dem neuesten Stand sein, um bloß nichts zu verpassen. Es ist natürlich sehr wichtig und nützlich, dass wir heute jederzeit auf eine virtuelle Informationsfülle zurückgreifen können, um Wissen zu vertiefen. Manchmal ist dies aber auch nur Mittel zum Zweck, um sich von digitalen Angeboten berieseln zu lassen. Hier stellt sich die Frage: Wo bleibt bei all diesem Erleben das wirkliche Leben?

Gelassenheit hat uralte Wurzeln

Viele Menschen fühlen sich im Beruflichen wie auch im Privaten gestresst. Sie wünschen sich Entspannung, Ruhe und Gelassenheit. Auch wenn dieser Sehnsuchtsbegriff „Gelassenheit“ (der Besonnenheit beschreibt) hochaktuell ist, so hat man sich auch in alten Zeiten damit beschäftigt. Machen wir dazu eine Exkursion in die Geschichte:

Schon in der griechischen Antike war Gelassenheit in fast allen philosophischen Schulen eines der am meisten angestrebten Lebensziele. Zenon von Kition (um 300 v. Chr.) war Gründer der Stoa, welche die „Unerschütterlichkeit der Seelenruhe“, also Gelassenheit, als höchste Form des Glücks anstrebte. Noch heute spricht man von einem „stoischen Gemüt“ (beherrscht, ausgeschlichen, besonnen, gelassen usw.). Einer der letzten Stoiker war Seneca (1-65 n. Chr.). Er definierte Seelenruhe als die Annahme des Schicksals, also aus einer Haltung der Gelassenheit heraus die Begebenheiten zu akzeptieren. Auch Konfuzius (um 551-479 v. Chr.) nahm sich in China dem Thema an: „Der höhere Mensch hat Seelenruhe und Gelassenheit, der gewöhnliche ist stets voller Unruhe und Aufregung.“

In Deutschland führte im Mittelalter der Dominikanermönch und Mystiker Meister Eckart (1260-1328) den Begriff der „Gelassenheit“ ein. Ihm ging es um das „Lassen“ (als Haltung) und das „Loslassen“ (als Handlung) sowie eine spirituelle Lebenspraxis im Alltag, Gott im innersten zu suchen. Auch Arthur Schopenhauer (1788-1860), dessen philosophische Texte als besondere Lebensratgeber gelten, hat sich einige Gedanken zum Thema Gelassenheit gemacht. Die Schriftstellerin Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach (1830-1916) definierte den Sehnsuchtsbegriff unserer Zeit schon vor 150 Jahren als „anmutige Form des Selbstbewusstsein“.

Das Gefühl von Freiheit und Gelassenheit ist eine innere Einstellung

Gelassenheit entsteht aus einer bestimmten Haltung dem Leben gegenüber. Was Außen passiert, können wir oftmals nicht ändern, aber wir können unsere innere Einstellung dazu verändern, um uns hierüber von äußeren Stressoren loszumachen und uns freier zu fühlen. Gelassenheit steigert nicht nur unsere Lebensqualität, sondern tut auch der Gesundheit gut. Gelassene Menschen sind in ihrer Grundstimmung viel entspannter und besonnener und betrachten Probleme objektiv und nicht impulsiv.

Ein besonderes Lebensgefühl voller Freude und Leichtigkeit vermittelte die „Flower-Power-Bewegung“. Die Hippies durchbrachen in den 1960er-Jahren die Erwartungen der angepassten und leistungsorientieren Gesellschaft mit ihrem „radikalen Ausstieg“. Ihre Ziele und Visionen waren ein unangepasster und individueller Lebensstil, der friedvolle Aufbruch in eine neue Zeit, ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit mit viel Kreativität und in harmonischem Miteinander. Daraus entstand das von sehr viel Gelassenheit geprägte Motto: „Take it easy“ oder „Don’t worry – be happy“.

Der „Lifestyle-Hippie“

Es blüht heute eine neue Vision von einem Lebensgefühl auf, das innere und äußere Freiheit, höchste Authentizität, Empathie, Miteinander und Entschleunigung in den Mittelpunkt des Lebens stellt. Ähnlich wie in den 1960er-Jahren, wird es auch heute wieder empfunden: Es herrscht Sehnsucht nach mehr Gelassenheit, Lebendigkeit und Lebensfreude; man will sich aus der Sinnkrise der Leistungsgesellschaft und von all den Zivilisationskrankheiten befreien.

Die Hippie-Botschaft des „Easy Way of Life“ ist heute, nach mehr als 50 Jahren, genauso aktuell wie damals.

Heute geht es nicht in erster Linie um eine „Love & Peace“-Revolution, sondern um einen entspannten, gelassenen Lebensstil, der Raum zum Träumen, für Kreativität und Selbstverwirklichung gewährt und Zeit für das Leben an sich lässt.

Der moderne „Hippie 3.8“, wie ich ihn nenne, lebt anders als die Flower-Power-Anhänger Ende der 1960er. Zu jener Zeit ging es um das Aufweichen überholter Dogmen und um sexuelle Freiheit; das ist heute nicht mehr Thema unserer Gesellschaft. Die Aussteiger der 1960er-Hippiezeit wandten für mehr Freiheit und Kreativität häufig bewusstseinserweiternde Drogen an. Der „Hippie 3.8“ lebt schon sehr viel bewusster. Wer sich heutzutage auf den Weg zu mehr Bewusstheit macht, sucht diese Erfahrungen im Yoga, in der Meditation oder im Achtsamkeitstraining. Diese Angebote schenken ebenfalls ein neues Bewusstsein und stärken Körper und Geist, ohne diesen durch Drogen zu vernebeln. Gelassenheit und Freiheit warten direkt vor der Tür, man muss diese nur öffnen.

Gelassenheit im Alltag

Ein Leben voller Achtsamkeit, Lebensfreude, Leichtigkeit und Gelassenheit – wäre das nicht wundervoll? Die Umsetzung ist gar nicht so schwierig. Es bedarf nur a) etwas Mut, sich für diese neuen Ziele zu öffnen, und b) eines Handlungsimpulses – am besten jetzt und sofort – mit der Umsetzung beginnen zu wollen.

Jeder kann sich jederzeit in Gelassenheit üben. Auch einmal etwas sein lassen oder loslassen – und sich so Stück für Stück von selbstauferlegten, oftmals zu hohen Ansprüchen und auch dem Streben nach Perfektion verabschieden. Das reduziert das subjektive Stresserleben ungemein. Einfach etwas sein lassen, für sich selbst sorgen und ein wenig relaxen – das ist kein Faulenzen, sondern eine Kraftquelle, um die inneren Akkus aufzuladen.

Sicherlich werden Sie zustimmen, dass das Leben mit etwas mehr Gelassenheit und dem Lebensgefühl von „Take it easy“ sehr viel einfacher und leichter sein kann, oder? Vielleicht haben Sie ja jetzt Lust, Ihren inneren Hippie zu entdecken, um mehr Gelassenheit, Selbstfürsorglichkeit und Selbstwertschätzung zu entwickeln.

Mit Achtsamkeit gewinnt man einen neuen Blick auf die kleinen alltäglichen Geschenke des Lebens. Dies bringt nicht nur innere Ruhe, sondern einen wieder in die eigene Mitte – aus diesem Grund nenne ich mein Coaching-Konzept „IBI-ZA“: Ich bin ich – zentriert und achtsam.

Sich immer wieder im Alltag zu zentrieren, aktiviert die innere Kraftquelle und schenkt Lebensfreude und Leichtigkeit – also: Don‘t worry – be happy!

Sabina Pilguj
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Autorin, IBI-ZA-Coach, Yogalehrerin

sabiza@t-online.de

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