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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2019

Glosse: Bewege dich … aber mit Freude!

Cover

Ich bewege mich dauernd. Gerne sogar. Ich laufe. Ich walke. Ich jogge. Ich gehe. Ich tanze. Ich hüpfe. Nicht alles zur selben Zeit, versteht sich. Eher abhängig von Tag und Form. Manchmal auch von der Tagesstruktur und den anstehenden Terminen. Manches geschieht spontan. Zum Beispiel, wenn ich das richtige Lied im Ohr habe. Anderes mache ich regelmäßig, auch ohne passenden Song. Bei manchen Bewegungseinheiten bin ich allein unterwegs, bei manchen in Begleitung.

Bewegung macht mir Freude und tut mir gut. Ich mache das für mich, weil ich noch einiges vorhabe. In der Zukunft, meine ich. Es stehen noch ein paar Reisen an, bei denen ich alles hautnah erleben möchte und nicht durch die Scheibe eines Busses, weil ich vielleicht nicht mehr laufen kann. Gleichzeitig möchte ich später mit den Kindern meiner Kinder Dinge unternehmen und ihnen nicht nur dabei zusehen. Zudem tut es mir körperlich gut. Weniger Rückenschmerzen und mehr Puste beim Treppensteigen. Wenn wir in Bewegung sind, bleiben unsere Gelenke geschmeidig. Der Kreislauf kommt in Gang und damit auch die natürlichen Prozesse des Körpers. Bewegung an der frischen Luft lässt uns Vitamin D tanken, selbst wenn der Himmel grau ist. Bewegung baut Stress und Anspannung ab.

Es gibt eine Vielzahl an Gründen, warum ich das mit der Bewegung prima finde. Ich mache das allerdings nicht für den vollen Kreis auf meiner Uhr und den virtuellen Pokal auf dem Glosse Handy. Es mag sein, dass das für den einen oder anderen zusätzliche Motivation ist. Wenn dem so ist: perfekt. Für mich sind diese virtuellen Assistenten meist nur eines: nervig und anstrengend. Es fühlt sich so an, als würde ein kleiner Teufel mir ständig erzählen, was ich alles nicht gemacht habe. Als würde mein innerer Schweinehund lebendig werden. Eine gruselige Vorstellung!

Die virtuellen Helfer erzeugen bei mir Druck, noch schneller, weiter und länger zu laufen. Noch mehr Schritte zu tun, um noch mehr Kalorien zu verbrauchen. Und das nimmt mir die Leichtigkeit und die Freude daran, in Bewegung zu bleiben. Ich fühle mich dadurch nicht motiviert, sondern habe das Gefühl, irgendjemandem etwas beweisen zu müssen. Ist der Kreis nicht voll, muss ich nochmal ran. Auch, wenn es draußen regnet oder kalt ist. Wenn mein Kalorienverbrauch nicht der Tagesempfehlung entspricht, sollte es wohl zum Abendessen Salat geben oder ich lasse es am besten ganz ausfallen. Und dann gibt es noch die Möglichkeit, sich nicht nur mit sich selbst zu messen, sondern auch mit anderen Menschen. Verschiedene Ideen stehen als kleine Quadrate auf dem Handy zur Verfügung. Auch hier gilt der Gedanke der Motivation. Doch was ist, wenn ich sehe, dass andere Menschen schneller sind? Wenn sie weiter laufen? Steilere Hänge und unebene Gelände meistern? Dann will ich das auch versuchen und scheitere dann, weil das einfach nicht meine Form der Bewegung ist. Zu schnell, zu weit, zu oft. Weil das nichts ist, was mir Freude bereitet. Und anstatt, dass mich das anspornt, demotiviert mich das alles, und am Ende mache ich weniger als geplant.

Selbstverständlich kann ich immer etwas Neues ausprobieren, um weitere Erfahrungen zu sammeln. Am Ende gefällt es mir vielleicht und ich habe ein neues Hobby. All das ist möglich und sollte auch in höherem Alter erhalten bleiben. Doch die Frage dahinter lautet: Mache ich es, weil ich neugierig bin, oder weil es gerade auf der ersten Seite einer Zeitung steht? Weil es eben alle machen?

In meiner Kindheit, in einer Zeit, in der es das Wichtigste war, so lange wie möglich draußen mit Freunden zu spielen, habe ich mich bewegt, ohne darüber nachzudenken, was andere davon halten. Niemand hat abends eine Statistik sehen wollen, wo ich überall war. Die einzigen Zeichen dafür, dass ich mich viel bewegt habe, waren der gute Schlaf und der gesunde Appetit. Klar, wir haben uns natürlich auch miteinander gemessen. Wer ist schneller und wer kann höher springen? Wer traut sich, nach ganz oben auf den Baum zu klettern? Und wer wirft den Ball am weitesten? Egal, wer da vorne lag, am Ende haben wir alle weiter zusammen gespielt, niemand ist mit einem blöden Gefühl nach Hause gegangen. Als es die Kinderdisco gab, da haben wir getanzt. Klar konnten das damals schon einige besser als andere, doch gemobbt hat niemand. Alle haben mitgemacht und hatten einfach eine schöne Zeit. Ich weiß noch, dass wir im Sportunterricht immer eine große Runde laufen mussten. Zum Aufwärmen. Laut meiner Erinnerung waren es um die 1 bis 1,5 Kilometer. Gefühlt war es damals für mich ein Halbmarathon. Ich bekam das mit dem Bewegungsablauf nicht so hin. Füße schnell, Atmung langsam, lächeln und zeitnah im Ziel. Schwierig für mich. Sehr schwierig. Ich hatte schnell Seitenstechen und japste, als gäbe es keinen Sauerstoff mehr. Am Ende gehörte ich immer zum letzten Drittel der Schüler, die das Ziel erreichten. Und obwohl meine Sportlehrerin mir jedes Mal erklärte, wie es besser geht, während sie meine miese Note notierte, war sie am Ende einfach froh, dass ich durchgehalten habe. So wie ich.

In der heutigen Zeit habe ich das Gefühl, dass, wenn wir uns bewegen wollen, dann bitte sofort richtig. Nicht nur mal so, zum Spaß oder aus Freude an der Bewegung. Sondern von Beginn an mit einem Ziel. Sei es der Marathon, der Halbmarathon oder der Stadtlauf. Am besten schon anmelden, bevor die erste Übungseinheit absolviert wurde. Und wenn es kein Laufereignis ist, vielleicht eine Morgenroutine daraus machen. Gleich festlegen, dass ab sofort und für immer jeden Morgen 5 Kilometer gelaufen oder gewalkt werden. Alles für den perfekten Start in den Tag. Parallel dazu am besten noch die Ernährung umstellen oder einstellen, damit die Leute auch sehen, dass wir was tun. Schließlich muss sich der Körper ja verändern, zum Positiven. Das heißt, entweder purzeln die Kilos oder die Muskeln wachsen. Wenn beides nicht eintritt, ja, dann haben wir wohl etwas falsch gemacht. Oder einfach nur falsch verstanden, denn Bewegung aus Freude kann ja nicht der einzige Grund sein. Ja, ich gebe zu, dass eine gewisse Gleichmäßigkeit nicht schadet, doch wenn das Druck erzeugt und die Leichtigkeit unterbindet, dann würde ich davon Abstand nehmen. Gesundheit soll Spaß machen! Bewegung ebenso! Was nützt uns ein weiteres Projekt in unserem vollen Alltag, wenn wir, während wir es ausüben, einfach kein gutes Gefühl dabei haben?!

Jana LudolfMit sonnigen Grüßen
Jana Ludolf
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin und Familiencoach
info@Jana-Ludolf.de

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