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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2019

Diagnose: „Ihr Hund hat Mops“

Cover

Über das stille Leiden von Mops, Pekinese & Co.

Ursprünglich wurde der Mops in Asien als Gesellschaftshund gezüchtet. Nach Europa gelangte er im 16. Jahrhundert über die Handelsschifffahrt der Niederlande. Hier fand er v.a. in Königshäusern Anhänger. Auch sonst gewann der als anpassungsfähig, menschenfreundlich, fröhlich und unkompliziert geltende kleine Hund zunehmend an Beliebtheit.

Ziel der damaligen Zucht war es, ein ausgesprochen quadratisches und gedrungenes körperliches Erscheinungsbild zu formen, um dem Anspruch „Multum in Parvo“ (viel in wenig) gerecht zu werden. Viel Masse auf kleinem Raum zu vereinen, mündete jedoch u.a. in einer ausgeprägten Kurzköpfigkeit (Brachyzephalie), was ein gesundheitliches Desaster für die Hunde nach sich zog. Das Brachyzephale Syndrom war geboren.

Brachyzephales Syndrom

Heute leiden die meisten brachyzephalen Rassen, zu denen auch Bulldoggen, Pekinesen und Shi Tzu Über das stille Leiden von Mops, Pekinese & Co. gehören, unter extrem gesundheitlichen Einschränkungen. Dem gesamten Krankheitsbild liegt die angezüchtete, erbliche Deformation des Schädels zugrunde. Durch die gezielte Zucht auf einen kurzköpfigen, rundlichen Schädel wurden alle knöchernen Strukturen, v.a. Ober- und Unterkiefer, zusammengeschoben und komprimiert. Die Augen stehen durch die viel zu steilen Augenhöhlen hervor und wirken besonders kugelig und groß. Die Haut im Kopfbereich liegt in Falten, v.a. auf dem Nasenrücken. Die Auswirkungen dieser anatomischen Besonderheiten werden unter dem Begriff „Brachyzephales Syndrom“ zusammengefasst.

Die Hunde leiden unter vielerlei gesundheitlichen Problemen. Dazu gehören die folgenden Symptome:

Atemnot

Aufgrund der Missbildung des Schädels kommt es zur Verlegung des Kehlkopfes und Verlängerung des weichen Gaumens. Durch die zu engen Nasenlöcher wird der Luftstrom behindert. Dies beeinträchtigt das freie Atmen. Folge ist Schnarchen in Ruhe. Viele Hunde versuchen sogar im Sitzen zu schlafen, damit sie wenigstens ein bisschen Luft bekommen.

Häufig liegt eine Septumdeviation (Nasenscheidewandverkrümmung) vor. Folge ist ein zusätzlich verminderter Atemfluss in der Nase. Entzündungen mit ausgeprägter Ödembildung im oropharyngealen Raum (Mund- und Rachenraum) entstehen durch lockeres Gewebe. Meist hilft hier nur die chirurgische Entfernung.

Weiter beeinträchtigt die viel zu lange Zunge, die nicht selten aus dem Fang herausfällt, die Atmung. In einigen Fällen kommt es zum Larynxkollaps oder Trachealkollaps. Beides kann zu plötzlicher Atemnot und zum Tod führen.

Die eingeschränkte Atmung bewirkt einen Sauerstoffmangel im Körper. Das Gehirn wird nicht ausreichend versorgt, was zu Bewusstlosigkeit, in schweren Fällen zu bleibenden Gehirnschäden und auch zum Tod führen kann.

Der gestörte Schlaf ist oft mit Angstzuständen gepaart und hat weitreichende Auswirkungen auf Hormonproduktion, Stoffwechsel und somit auf das Immunsystem.

Da Hunde ihre Körpertemperatur über das Hecheln regulieren, liegt bei den meisten brachyzephalen Hunden eine gestörte Thermoregulation vor. Hecheln ist zwar die effektivste Form der Temperatursteuerung, doch bedeutet es zugleich einen erhöhten Sauerstoffverbrauch (mit den o.g. Risiken), körperliche Erschöpfung und Verlust von Körperwasser. Wie viel mehr Energieaufwand Rassen betreiben müssen, denen das Atmen ohnehin schwerfällt, kann man sich sicher vorstellen.

Naturheilkundliche Therapien
Inhalation mit Salzwasser: Eine große Schüssel mit heißem Salzwasser unter einen Tisch stellen und diesen mit einem großen Tuch abhängen. Zusammen mit dem Hund unter den Tisch setzen und inhalieren.

Rotlichttherapie: täglich zweimal 15 Minuten

Akupunktur, mögliche Akupunkturpunkte:

  • B113 – Shu-Zustimmungspunkt der Lunge, eliminiert Wind, tonisiert Wei-Qi
  • Lu7 – Meisterpunkt für Kopf und Hals
  • 3E5 – klärt Hitze, tonisiert Wei-Qi
  • KG22 – bekämpft rebellierende Lunge, unterstützt Kehle, transformiert Schleim, stoppt Husten
  • Di4 – Meisterpunkt für das Gesicht, tonisiert Abwehr-Qi
  • Lu5 – tonisiert Lungen-Qi
  • MP6 – stärkt die Milz, beseitigt Feuchtigkeit

Augenprobleme

Der Exophthalamus (herausfallende Augäpfel) ist das Resultat der angezüchteten flachen Augenhöhlen. Es besteht deshalb das Risiko eines Bulbusprolaps, der zum Verlust des Auges führen kann.

Ein Lidschluss ist nicht gewährleistet, somit besteht zeitlebens fehlender Schutz vor Dreck und Bakterien.

Durch das Entropium, d.h. die nach innen eingerollten Augenlider, stehen die Wimpern im direkten Kontakt mit der Hornhaut und führen zur ständigen Reizung des Auges.

Naturheilkundliche Therapien
Bei bakteriellen Augenentzündungen mit Schwellungen schaffen Calendula Augentropfen D4 Abhilfe.

(Schleim-)Hauterkrankungen

Die Hautfaltendermatitis betrifft Mops und Co. sehr oft. Damit ist die Entzündung der Haut im Kopfbereich gemeint. Die Faltenlegung der Haut begünstigt ein feucht-warmes Milieu, und dieses stellt einen idealen Nährboden für Mikroorganismen wie Pilze und Bakterien dar.

Durch die Schädelverformung wird der Tränennasenkanal abgequetscht. Abfließen der Tränenflüssigkeit ist nicht mehr möglich. Diese Gewebebereiche können sich unter Schmerzen entzündlich verändern und ulzerieren.

Naturheilkundliche Therapien
Rosenhydrolat ist zur täglichen Pflege der Hautfalten zu empfehlen. Es schützt und reinigt die betroffenen Hautareale und verursacht keine Reizung der Augen.

Propolis-Salbe: Unterstützung des Immunsystems durch gezielten Aufbau der Darmflora

Effektive Mikroorganismen

Kolloidales Silber

Akupunktur, mögliche Akupunkturpunkte:

  • B118 – verteilt Leber-Qi, reguliert Blut, kühlt Sommerhitze, eliminiert Feuchtigkeit
  • MG36 – Qi-, Wei-Qi- und Blut-Tonisierungspunkt, reduziert Hitze
  • MP5 – beseitigt Feuchtigkeit

Bewegungseinschränkungen

Hemivertebrae sind Keilwirbel, die bei allen Rassen auftreten können. Doch brachyzephale Hunde leiden vermehrt darunter. Ihre nicht symmetrisch zylindrische Form passt nicht zu den anderen Wirbeln, wodurch Form und Beweglichkeit der Wirbelsäule verändert werden. Die aufgerollte Rute und die watschelnden Bewegungsabläufe sind Folge dieser Wirbelfehlbildungen. Instabilität und Verengung des Wirbelkanals können das Rückenmark quetschen und dauerhaft schädigen. Schmerzen, Ataxie der Hinterhand, Paresen und Inkontinenz sind Folgen.

Naturheilkundliche Therapien
Gewichtsreduktion ist ein wichtiges Thema bei betroffenen Hunden. Die meisten leiden an Übergewicht. Hier ist es unbedingt erforderlich, das Idealgewicht zu erreichen und zu halten.

Mineralstoffzufuhr

Phytotherapie: Teufelskralle, Weidenröschen, Hagebutte

Manuelle Therapien: aktive und passive Bewegung, Massagen und Wärmetherapie

Akupunktur, mögliche Akupunkturpunkte:

  • B111 – Meisterpunkt der Knochen
  • MG36 – beeinflusst Transformations- und Transportkraft des Magen, tonisiert Qi und Blut
  • 3E5 – Meisterpunkt der kleinen Knochen
  • Gb34 – Meisterpunkt der Sehnen und Bänder
  • Ma40 – transformiert Schleim, der gerade bei Exostosen der degenerativen Gelenkerkrankungen präsent ist, bei starken Schwellungen
  • Ni3 – nährt die Essenz
  • B160 – Analgesiepunkt, bei Schmerzen der Hinterhand
  • Le3 – wirkungsvoller Fernpunkt, da die Leber den reibungslosen Fluss innerhalb des Körpers (auch der Extremitäten) beherrscht und verantwortlich für Bewegung und Kontraktion ist

Chancen und Grenzen der Naturheilkunde

Uns Tierheilpraktikern ist es oft möglich, die Lebensumstände unserer Patienten zu verbessern. Leider können wir im Fall des brachyzephalen Syndroms nur symptomatisch behandeln. Die Ursache der Beschwerden ist eindeutig ein falsch gewähltes Zuchtziel, das die starken gesundheitlichen Einschränkungen mit sich gebracht hat.

In meiner Praxis habe ich leider schon oft erfahren müssen, das brachyzephale Hunde ein qualvolles Leben führen. Ihre Besitzer versuchen, es ihren Tieren so angenehm wie möglich zu gestalten und scheuen keine Kosten und Mühen. Tatsächlich können Operationen des Tränennasenkanals, des Gaumensegels und orthopädische Eingriffe zwar Linderung verschaffen, doch in vielen Fällen ist die dauerhafte Gabe von Schmerzmitteln und/oder Cortison nötig – mit den entsprechenden Langzeiteffekten für den ohnehin geschwächten Körper!

Das Leid dieser Hunderassen kann nur durch striktes Verbot dieser Qualzuchten enden.

Janine Gaber
Tierheilpraktikerin mit Schwerpunkt Schmerztherapie,
Dozentin an den Paracelsus Schulen
gaber@tierisch-sanft-heilen.de

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