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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2022

Unsere Heilpflanze: Wermutkraut – Artemisia absinthium

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Auch bekannt als: (Gemeiner) Wermut, Bitterer Beifuß, Absinth, Bermet, Bitterals, Else, Eisenkraut, Gottvergesse, Magenkraut, Mottenstock, Ölde, Wärmede, Wolfszausert, Berzwurz

Der Wermut gehört – wie auch der Beifuß – zur Artemisia-Gattung aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae) und wächst im gemäßigten eurasischen Raum, in Indien und Nordafrika. In Nordamerika wurde er eingeführt. Er bevorzugt trockene oder sandig-tonige Böden und gedeiht vorwiegend an sonnigen Wegrändern in der Nähe von Wasserläufen. Man findet ihn bis in Höhen von 3500 m.

Im alten Griechenland war der Wermut der jungfräulichen Jagdgöttin Artemis geweiht, daher rührt der lateinische Name „Artemisia“. Der Zusatz „absinthium“ ist die lateinische Bezeichnung für Wermut. Es handelt sich dabei um ein westgermanisches Wort unbekannter Herkunft, vermutlich vom mittelhochdeutschen „wërmuot“.

Woran erkennt man Wermut?

Er zählt zu den ausdauernden, meist krautigen Pflanzen, die 40-60 cm, manchmal bis 150 cm hoch werden. Seine oberirdischen Teile sind gräulich-grün und duften stark aromatisch (intensiv moschusartig). Er bildet aufrechte, dicht beblätterte Sprossen, die am Grund manchmal verholzt sind. Im oberen Bereich sind sie mehrfach verzweigt.

Die tiefer sitzenden Blätter, die auf der Oberseite dicht behaart sind, haben Stiele von bis zu 10 cm Länge und eine 8-15 cm lange und 4-8 cm breite Blattspreite, die sich in 2-3 Lappen auf jeder Seite aufspaltet.

Die Blüten sitzen in kurz gestielten, hängenden Köpfchen in bis zu 30 cm langen, pyramidenartig aufgebauten, rispenartigen Gruppen.

Wie wirkt der Wermut?

Bereits in der Antike wurden dem Wermut heilende Eigenschaften, z.B. die Förderung von Appetit, Verdauung und Menstruation sowie Hilfe bei Kopfschmerzen, Gelbsucht und Entzündungen, zugeschrieben. Auch als Abtreibungsmittel (Abortivum) wurde Wermut eingesetzt.

Die ESCOP und die Kommission E haben als Anwendungsgebiete Appetitlosigkeit sowie Verdauungsbeschwerden mit leichten Krämpfen im Magen-Darm-Bereich (dyspeptische Beschwerden) anerkannt. Vom HMPC wurde Wermutkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel eingestuft. Es kann zur Behandlung vorübergehender Appetitlosigkeit, dyspeptischer und gastrointestinaler Beschwerden eingesetzt werden.

Entscheidend für die verdauungsfördernde Wirkung sind die enthaltenen Bitterstoffe. Als Gallentherapeutikum und Mittel für Verdauungstrakt und Stoffwechsel wendet man den Wermut gerne in Kombination mit Anis, Tausendgüldenkraut, Fenchel, Gelbem Enzian, Wacholder, Kamille, Melisse, Fieberklee, Rosmarin oder Baldrian an. In der Schweiz ist er z.B. im Zeller Balsam enthalten, hier kombiniert mit Weihrauch, Myrrhe, Schafgarbe oder Blutwurz.

Äußerlich kann Wermut bei verschiedenen Hautleiden eingesetzt werden.

In der Homoöpathie kommt Artemisia absinthium HAB1 als frische, obere Sprossteile, Blätter und Blüten bei Erregungszuständen, Krampfleiden sowie bei Entzündungen der Magenschleimhaut zum Einsatz.

Eigenschaften

  • appetitanregend
  • blähungstreibend
  • blutbildend
  • blutreinigend
  • galletreibend
  • kreislaufstärkend
  • menstruationsfördernd
  • verdauungsfördernd
  • wehenfördernd

Anwendungsgebiete

  • Allgemeine Schwäche
  • Blähungen
  • Gallenbeschwerden
  • Gelbsucht
  • Magenschwäche
  • Mundgeruch
  • Nierenschwäche
  • Offene Wunden
  • Ohrenschmerzen
  • Quetschungen
  • Verstauchungen
  • Würmer

Welche Wirkstoffe sind im Wermut enthalten?

Wermut weist mit 0,15-0,4% eine hohe Konzentration an Bitterstoffen aus der Gruppe der Sesquiterpenlactone auf, wobei der Hauptbestandteil das Absinthin mit 0,2-0,28% ist. Daneben kommen Artabsin (das Monomer von Absinthin), Isoabsinthin, Matricin, Anabsinthin, Absintholid, Artanolid und Desacetylglobicin vor. Gefunden wurden außerdem Glykoside des Quercetins und des Kämpferols, Kaffeesäure, andere Phenolcarbonsäuren, Cumarine und Lignane.

Das Kraut besitzt etwa 1,5% ätherisches Öl mit über 90 Komponenten: Hauptbestandteil ist Thujon (überwiegend β-Thujon), dazu transSabinylacetat, cis-Epoxycimen, Chrysanthenylacetat und Lavandulylacetat. Es enthält cis-3-Hexenol, α-Pinen, Sabinen und Myrcen, p-Cymol, trans-Sabinol, auch Nerol, Terpinen- 4-ol, Geraniol, Geranylester und γ-Cadinen, die Monoterpene Linalool und 1,8-Cineol, die Sesquiterpene α-Bisabolol, β-Curcumen und Spathulenol. In verschiedenen Untersuchungen wurden Isothujon, Thujylalkohol und dessen Ester (Thujylacetat), Chamazulen, weitere Mono- und Sesquiterpene sowie verschiedene Flavonoide nachgewiesen. Das Vorhandensein kleinerer Mengen an Polyacetylenen wird vermutet.

Welche Teile des Wermuts werden medizinisch verwendet?

Zur Anwendung kommen Bruchstücke der Zweigspitzen blühender Pflanzen (Absinthii herba bzw. Herba Absinthii) und die getrockneten Laubblätter. Das Arzneibuch schreibt einen Mindestgehalt an ätherischem Öl vor.

Anwendung

Für einen Tee übergießt man 1,5 g fein geschnittenes Wermutkraut (1 Teelöffel) mit einer Tasse siedendem Wasser und lässt diese abgedeckt 15 Minuten stehen. Dann wird abgegossen und zur Appetitanregung jeweils eine halbe Stunde vor den Mahlzeiten (bei Verdauungsbeschwerden nach den Mahlzeiten!) eine Tasse getrunken.

Wissenswertes

Nach Dioskurides sollen die alten Ägypter den Wermut als „Somi“ gekannt haben. In der Form „Saam“ kommt dieser Begriff schon im Papyrus Ebers vor. Wermut war in Ägypten ohnehin eine wichtige Pflanze, schon die Priesterinnen der Isis haben ihn bei ihren Ritualen verwendet.

Außerdem ist er (namensgebender) Bestandteil von Absinth, einem alkoholischen Getränk mit Auszügen von Wermut, Fenchel, Anis und Melisse, das v.a im 19. Jahrhundert beliebt war. Aufgrund des Thujongehalts und der vermuteten gesundheitsschädlichen Wirkung ist dieser zeitweise in verschiedenen europäischen Ländern verboten gewesen.

Dr. rer. nat. Frank Herfurth
Heilpraktiker, Lebensmittelchemiker, Dozent an den Paracelsus Schulen
fh@herfurth.org

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