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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2022

Eisenmangel bei Herzinsuffizienz

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Chronische Herzinsuffizienz ist eine große Belastung für die öffentliche Gesundheit. Sie ist mit hoher Morbidität, Mortalität und Kosten verbunden. Jüngste Studien zeigen, dass der Eisenstoffwechsel und der myokardiale Energiestoffwechsel bei Patienten mit Herzinsuffizienz verändert sind. In den letzten Jahren haben sich im Management von Herzinsuffizienz (Heart Failure: HF) große Wechsel ergeben. Die Leitlinien der European Society of Cardiology 2021 haben vier Klassen von Medikamenten zur Therapie von HF mit reduzierter Ejektionsfraktion etabliert: Neben ACE-Hemmern oder Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Hemmern werden Betablocker, Mineralocorticoid-Rezeptor-Antagonisten und Dapagliflozin oder Empagliflozin eingesetzt. Das pathophysiologische Verständnis der HF hat sich über die Jahre von einem signifikanten hämodynamischen Versagen zu einer Multiorganerkrankung entwickelt. Auch periphere Mechanismen, wie z.B. eine fehlregulierte kardiorenale Achse, Entzündungen oder Eisenmangel, können eine wesentliche Rolle spielen.

Eisen als wichtiger Faktor

Obwohl die aktuellen Leitlinien zur Behandlung der chronischen und akuten Herzinsuffizienz die Bedeutung einer Eisenmangelkorrektur anerkennen, bleibt jener im Rahmen der chronischen Herzinsuffizienz häufig unterbehandelt oder unzureichend diagnostiziert. Während die Kombination von Anämie und chronischer Nierenerkrankung (Chronic kidney disease: CKD) bei Patienten mit HF umfassend untersucht wurde, ist der Beitrag eines Eisenmangels bei Herzinsuffizienz weniger bekannt. Eisenmangel, CKD und/oder Anämie bei Patienten mit HF überschneiden sich stark in den Biomarkerprofilen, was auf gemeinsame Signalwege im Zusammenhang mit diesen Syndromen schließen lässt. Eisenmangel – allein oder zusätzlich zu CKD und Anämie – ist mit einer Minderung der Lebensqualität, Nachlassen der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Prognose einer Verschlechterung der HF verbunden. Er verändert die mitochondriale Funktion, reduziert die Erzeugung von zellulärer Energie in der Skelettmuskulatur und in den Kardiomyozyten.

Krankheitsbilder mit Eisenmangel-Häufungen

Eisenmangel ist eine oftmalige und relevante Komorbidität bei chronischer Herzinsuffizienz. Bei Herzinsuffizienz-Betroffenen mit erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF) liegt häufig ein Eisenmangel vor. Laut einer Studie mit 190 symptomatischen HFpEF-Patienten war eine schwere diastolische Dysfunktion eher bei jenen mit Eisenmangel zu finden. Liegt dieses kombinierte Beschwerdebild vor, kommt es zum erhöhten Mortalitätsrisiko, unabhängig von einer gleichzeitig vorhandenen Anämie. Diagnostik und Therapie eines Eisenmangels sollten deshalb zum Standard der modernen Herzinsuffizienzbehandlung gehören.

Eine besondere Häufung findet man bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (36-90%), bei Tumorpatienten (im Mittel 43%, bei bestimmten Tumoren sogar bis zu 63%) und bei chronischer Herzinsuffizienz (37-50%). Darüber hinaus findet sich ein Eisenmangel bei chronischen Entzündungen, CKD und bei Chemotherapie-induzierter Anämie. Bei HF erweist er sich auch als ein negativer prognostischer Prädiktor. Klinisch beeinflusst er destruktiv – auch ohne gleichzeitige Anämie – die Lebensqualität durch Symptomverschlechterung der HF, die körperliche Leistungsfähigkeit, die Muskelfunktion sowie die Anzahl der Hospitalisierungen.

Als Ursache eines Eisenmangels bei Herzinsuffizienz werden verschiedene Mechanismen diskutiert, u.a. chronische Inflammation, verminderte Eisenaufnahme oder -resorption sowie eine medikamentös induzierte Blutungsanämie (Abb. 1).

Manifestation vor der Anämie

Die Diagnose „Eisenmangel“ darf nicht vom Vorliegen einer Anämie abhängig gemacht werden. Erst bei fast kompletter Entleerung der Eisenspeicher ist mit einer Anämie zu rechnen. Davon abzugrenzen sind Fälle von Anämien anderer Ursachen mit Hb-Werten <13 g/dl (Mann) bzw. <2 g/dl (Frau), die immer einer gesonderten Abklärung bedürfen. Aktuell wird zur Diagnostik des Eisenmangels bei chronischer HF die Bestimmung des Serum-Ferritins und der Transferrin-Sättigung empfohlen. Hämoglobin sollte mitgetestet werden, um eine gleichzeitige, abklärungswürdige Anämie auszuschließen.

Kriterien für relevanten Eisenmangel bei Herzinsuffizienz

Die Kriterien für einen relevanten Eisenmangel bei HF gelten als erfüllt, wenn das Serum-Ferritin <100 ng/ml liegt oder seine Werte zwischen 100 und 300 ng/ml angesiedelt sind und gleichzeitig eine Transferrinsättigung (TSAT) <20% nachgewiesen wird. Eine verminderte Transferrinsättigung zeigt ein Defizit des Transporteisens an, was auf einen Eisenmangel schließen lässt. Diese Grenzwerte gelten für Patienten mit chronischer Erkrankung, nicht für Gesunde. Eine chronische Herzinsuffizienz geht mit einer entzündlichen Aktivierung mit Erhöhung pro-inflammatorischer Zytokine einher, sodass prinzipiell von erhöhten Werten auszugehen ist.

Eisen in Sport und Rehabilitation

Es wird geraten, bei stabiler Herzinsuffizienz fünfmal pro Woche für 20 Minuten oder dreimal pro Woche 30-45 Minuten lang zu trainieren. Während intensiver körperlicher Betätigung steigen jedoch die Konzentration antioxidativer Enzyme im Serum und auch der Gehalt an Freien Radikalen stark an. Folgen sind eine mitochondriale Dysfunktion, oxidative Schäden und ein Rückgang neurotropher Proteine. Dies verursacht Müdigkeit, Muskelbeschwerden, Muskelfaserrisse und eine verminderte immunologische Funktion während und nach dem Training.

Mikronährstoffe spielen eine wichtige Rolle bei der Produktion von Energie und Hämoglobin, der Aufrechterhaltung der Knochengesundheit, der Sicherstellung der Immunfunktion und dem Schutz des Körpergewebes vor oxidativen Schäden. Außerdem helfen sie, Muskelgewebe nach dem Training zu synthetisieren und zu reparieren. Darüber hinaus kann Bewegung Mikronährstoffverschiebungen hervorrufen und -verluste, v.a. von Eisen, erhöhen. In der sich sportlich betätigenden Bevölkerung ist die Inzidenz von Eisenmangel und Anämie höher als in der Allgemeinbevölkerung.

Körperliche Betätigung kann den Eisenstatus im Gehirn verändern, weshalb die Aufrechterhaltung seiner cranialen Homöostase für die normale Gehirnfunktion unerlässlich ist. Folglich werden die Bedeutung von Eisen im Gehirn für seine Funktion während des Trainings und der Regulationsmechanismus der Eisenhomöostase in Zukunft wichtige Forschungsgebiete sein. Untersuchungen zeigen, dass Häm-Eisen und die organische Variante die besten Formen zur Ergänzung für Sportler sind. Beide haben die Vorteile einer leichten Absorption, einer geringeren Dosierung, keiner oder geringerer Nebenwirkungen und weniger betroffener Faktoren.

Bedeutung der Verfügbarkeit bei oraler Medikation

Für die orale Eisensubstitution stehen verschiedene Präparate zur Verfügung. Diese Substanzen haben schon im Normalfall eine geringe Resorptionsrate und eingeschränkte Bioverfügbarkeit. Bei Inflammation, somit auch bei Herzinsuffizienz, liegt eine verminderte Resorptionsleistung des Darms vor, sodass die Eisenaufnahme unkalkulierbar wird.

Entscheidende Faktoren für die Bioverfügbarkeit

  • Wertigkeit des Eisenions (zwei- oder dreiwertig)
  • Herkunft (tierisch oder pflanzlich)
  • Löslichkeit
  • Menge in der Nahrung
  • Art der Bindung im Molekül (gekoppelt an Proteine, Gerbstoffe etc.)
  • Darmflora (Bindung von Eisen durch gesundheitsfördernde Bifidobakterien aus Milchprodukten)
  • Inhalt der Eisenspeicher (leere begünstigen, volle hemmen die Resorption der Eisensalze sowie der organischen Verbindungen)
  • Zustand der Darmschleimhaut (entzündliche Darmerkrankungen und Zöliakie vermindern die Eisenresorption)

Curryblätter als natürliche Quelle

Eisen-III-Salze werden kaum resorbiert, Eisen-II-Salze je nach Verbindung mehr oder weniger gut, sie können aber zu gastrointestinalen Beschwerden führen. Eine ideale Quelle ist der Currybaum. Er gehört zur Familie der Rautengewächse und ist nicht mit der Gewürzmischung Curry zu verwechseln. Curryblätter werden traditionell in der ayurvedischen Lehre als Heilpflanze mit großem Anwendungsspektrum angesehen. Besonders wertvoll ist die darin enthaltene Eisenverbindung. Dieses pflanzliche Eisen ist sehr gut bioverfügbar, da es als Chelatverbindung sowie in der Speicherform Ferritin vorliegt (z.B. in CitroBiotic aktiv Eisen+, PZN 17817716). Diese beiden werden vom Körper deutlich besser aufgenommen als chemische Salze und vergleichbar gut verwertet wie tierisches Häm-Eisen. Eisen aus dem Curryblatt ist gut verträglich.

Fazit

Pflanzliche Supplemente können für Menschen, die konventionelle Eisenpräparate nur schlecht vertragen oder z.B. aufgrund einer veganen Ernährungsform eine gezielte natürliche Eisenversorgung gewährleisten möchten, eine echte Alternative sein. Ideal sind Präparate in Bio-Qualität, die neben natürlichem Eisen noch Grapefruitflavonoide und Vitamin C enthalten. Das Vitamin verbessert die Aufnahme und Verwertung im Körper und schützt gleichzeitig das Eisen vor Abbau oder Umwandlung in unlösliche Verbindungen.

Literatur kann bei der Redaktion angefragt werden.

Univ. Doz. pharm. Matthias Bastigkeit
Lehrbeauftragter für Pharmakologie (Ostfalia University of Applied Sciences) und Medizinjournalist (DJV)

mail@bastigkeit.de

Foto: © deagreez I adobe.stock.com

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