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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2022

Marketing in der Heilpraktikerpraxis – Teil 2

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Teil 2: Therapiewerbung vs. Imagewerbung

So können Sie Patienten auf sich aufmerksam machen

Patienten, die auf der Suche nach der für sie richtigen Diagnostik oder Therapie sind, um Linderung oder Heilung ihrer Beschwerden zu erfahren, sind besonders sensibel und empfänglich für Wirkaussagen und Heilversprechen. Zwar ist Werbung im Gesundheitswesen grundsätzlich erlaubt; um Patienten jedoch zu schützen, werden Heilpraktikern, Ärzten und anderen freien Heilberuflern durch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) enge Grenzen gesetzt.

Einfluss des HWG auf Werbemaßnahmen

Grundsätzlich unterscheidet das HWG Werbung und damit Kommunikation, die sich an „Fachkreise“ richtet, also an Angehörige der Heilberufe/Gesundheitsberufe, von Werbung und Kommunikationsmaßnahmen, die sich an „Verbraucher“ (Laien) wenden, also Menschen, die sich nicht beruflich mit dem Thema Medizin und Gesundheit beschäftigen (§2 HWG). Richtet man sich an „Verbraucher“ (Patienten), ist das Gesetz deutlich strenger als in der Kommunikation mit dem Fachpublikum.

Kurzum: Das HWG regelt Werbung, die sich auf die „Erkennung, Beseitigung oder Linderung von Krankheiten, Leiden, Körperbeschwerden und krankhafter Beschwerden“ bezieht. Zwar beinhaltet das Gesetz keine „Legaldefinition“, was Werbung ist, aber der Begriff „Werbung“ ist weit auszulegen. Auch das „Ankündigen oder Anbieten von Werbeaussagen“ (z.B. „20% auf alles“) gilt als Werbung. Das heißt: Jeder, der mit gesundheitsbezogenen Aussagen wirbt, kann dem Heilmittelwerberecht unterliegen.

Regelungen im HWG

Das HWG regelt u.a. die Werbung für:

  • Verfahren und Behandlungen
  • Arzneimittel (im Sinne des §3 AMG)
  • Medizinprodukte (im Sinne des Art. 2 Nr. 1 der EU-Verordnung 2017/745)
  • kosmetische Produkte und Gegenstände zur Körperpflege
  • kosmetische Eingriffe, bei denen keine medizinische Notwendigkeit besteht

Mit „Verfahren und Behandlungen“ meint das Gesetz die Anwendung heilkundlicher Erkenntnisse auf Mensch (oder Tier) und bezieht sich damit ganz klar auch auf:

  • Therapien und
  • Diagnoseverfahren,

aber auch auf Werbung für Produkte und Gesundheitsleistungen, denen eine therapeutische Wirkung lediglich „beigelegt“ wird. Dazu gehören homöopathische Mittel, Steine, Magnete, Nahrungsergänzungsmittel etc.

Therapiewerbung – was ist erlaubt?

In Teil 1 dieses Beitrags hatten wir geklärt: Als „Werbung“ ist jede berufliche Äußerung zu verstehen, die Sie schriftlich, mündlich oder bildlich gegenüber Patienten (Verbrauchern) und in der Öffentlichkeit tätigen. Das Heilmittelwerbegesetz bezieht sich auf alle Werbeformen: Von der Visitenkarte über den Praxisflyer bis hin zur Gestaltung der Website sind schlichtweg alle Werbemittel erfasst.

Keine Werbung bei unbewiesener Wirkung

Im Kern geht es bei der Therapiewerbung um das „Verbot der Täuschung“. Das heißt: Wenn für eine Methode eine therapeutische Wirksamkeit versprochen wird, diese aber nicht vorliegt oder wissenschaftlich zweifelhaft ist, darf keine Werbung dafür gemacht werden. Man spricht in diesem Fall von „Irreführung“. Ein Problem, vor dem nicht nur wir, sondern auch Ärzte und andere Heilberufler stehen, denn in ihren Ursprüngen ist die Medizin eine „Erfahrungswissenschaft“ und kann sich längst nicht in allen Bereichen auf „Plausibilität und Evidenz“ stützen. Werden für Therapien, deren Wirkung nicht wissenschaftlich bewiesen ist, Indikationen und Anwendungsgebiete genannt, liegt ein Verstoß gegen das HWG vor (§3 HWG).

Zulässigkeit gesundheitsbezogener Aussagen

Gesundheitsbezogene Aussagen sind nur dann zulässig, wenn sie dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen (OLG Hamburg, Urt. v. 16.12.2010, Az: 3 U 161/09). Die Behandlungsform muss mindestens einer placebokontrollierten Blindstudie nach dem Goldstandard entsprechen. Sie dürfen Ihren Patienten nichts versprechen, was diesen Kriterien nicht Stand hält.

„Heilversprechen“ werden meist unbewusst gemacht, resultieren aber auch aus Übertreibungen. Beispiele für abmahngefährdete Aussagen oder unzulässige Erfolgsversprechen sind:

  • aktiviert den Stoffwechsel
  • schützt vor
  • wirkt/wirksam
  • gegen
  • stoppt, hemmt, stärkt
  • wohltuende, beruhigende, befreiende Wirkung
  • endlich schmerzfrei durch
  • natürlich, sanft, unschädlich, gut verträglich
  • frei von Nebenwirkungen
  • von jedem anwendbar
  • „Schon nach kurzer Zeit werden Sie mit Sicherheit …“
  • „Mein neuartiges Heilverfahren ist bei allen Erkrankungen des XYZ hilfreich.“

Tatsächlich sind bereits Formulierungen wie „kann helfen“ oder „hilft bei“ kritisch: „Die Formulierung der Werbung ‚kann helfen …‘ erweckt für den angesprochenen Verkehr den Eindruck, dass eine Vorbeugung gegen Cellulite erwartet werden kann.“ (OLG Koblenz, Urt. v. 10.1.2013, 9 U 922/12).

Therapielistung und Anwendungshergang

Was Ihnen als Möglichkeiten bleiben, ist:

  • Ihre Therapien zu benennen,
  • den Anwendungshergang zu beschreiben,
  • ggf. auch das Ziel Ihrer Tätigkeit anzugeben.

Das bedeutet, dass Sie erklären, wie Sie arbeiten, im Sinne eines „Ablaufplans“. Wichtig dabei ist, dass Sie keine Wirkvorgänge am oder im Körper beschreiben. Stellen Sie Ihre Behandlungsverfahren nicht als Ursache für Ihren Therapieerfolg dar. Sollten allerdings für ein Verfahren nachgewiesene Risiken (mögliche Reaktionen oder Wechselbeziehungen) und Anwendungsbeschränkungen bestehen, kann deren Angabe in der Werbung nicht als Verstoß gegen §3 HWG gelten.

Am sichersten verfahren Sie, wenn Sie die von Ihnen bevorzugten Therapiemethoden, z.B. Akupunktur, Osteopathie etc., schlicht listen und – auch wenn es schwerfällt – keine „Verknüpfung“ zu Krankheitsbildern erstellen, wie z.B. „Ich setze Akupunktur bei Allergien ein“. Versuchen Sie auch nicht, die Sache sprachlich zu umschiffen („Gegen Allergien setze ich Akupunktur ein“).

Im Zweifelsfall (bei einer Abmahnung oder einem Rechtsstreit) müssen Sie handfeste Belege liefern. Selbst wenn es wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit einer Behandlung gibt, sollten Sie Ihre Formulierungen sehr bedacht wählen. Unser Beispiel, die Akupunktur, hält – auch wenn wir von der Akupunktur überzeugt sind – dem „Wissenschaftlichkeitskriterium“ nicht hinreichend Stand.

Komplementär statt alternativ

Für den Verbraucher muss sich klar ergeben, dass die genannte Therapie nicht mit erprobten und unzweifelhaft wirksamen Therapien gleichgesetzt werden kann. Deshalb empfehlen wir eindringlich, diese Therapie nicht als „alternative“, sondern als unterstützende Therapie darzustellen, die Sie aufgrund Ihrer subjektiven Erfahrungen anbieten und ggf. auch mit dem behandelnden Arzt abgestimmt werden muss. Bricht nämlich ein Patient eine medizinisch unzweifelhaft wirksame Therapie aufgrund einer zwar nicht absichtlichen, aber dennoch „irreführenden Darstellung“ ab, könnte dies tatsächlich strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Wichtig: Die Entscheidung für eine alleinige Behandlung durch einen Heilpraktiker muss beim Patienten liegen und darf nicht von der subjektiven Einschätzung des Heilpraktikers gesteuert werden. Daher ist eine umfassende Aufklärung der Patienten in schriftlicher Form wichtig, und zwar vor der Behandlung.

Werbung bei speziellen Krankheiten

In §12 HWG ist ein absolutes Werbeverbot für spezielle Krankheiten geregelt.

Werbung darf sich außerhalb der Fachkreise nicht auf die Erkennung, Beseitigung (Heilung) oder Linderung folgender Krankheitsbilder beziehen:

  • meldepflichtige Krankheiten oder durch meldepflichtige Krankheitserreger verursachte Infektionen (Achtung: Arztvorbehalt)
  • bösartige Neubildungen, also alle Arten von Krebs (Achtung: nur subsidiäre Behandlung)
  • Suchtkrankheiten, ausgenommen Nikotinabhängigkeit (Achtung: z.T. Arztvorbehalt)
  • krankhafte Komplikationen der Schwangerschaft, der Entbindung und des Wochenbettes (Achtung: Arztvorbehalt)

Hiervon ausgenommen ist die Werbung für Verfahren oder Behandlungen in Heilbädern, Kurorten und Kuranstalten.

Auf den Punkt gebracht: Als Heilpraktiker dürfen Sie nicht auf Ihre Tätigkeit („Erkennen, Beseitigen oder Lindern“) im Bereich der Krebstherapie aufmerksam machen. Auch wenn sich eine bestimmte Therapie gegen Krebs an alle zuvor genannten Kriterien halten würde, wäre sie immer noch nicht zulässig. Es handelt sich dabei um Therapiewerbung oder „Produktwerbung“.

Imagewerbung

Das HWG gilt allein für die produktbezogene Werbung und umfasst alle Aussagen, die darauf ausgelegt sind, den „Absatz“ eines Verfahrens oder einer Behandlungsmaßnahme zu fördern.

Nicht erfasst ist die Image- oder Vertrauenswerbung (Unternehmenswerbung) von Heilpraktikern, die ohne Bezugnahme auf Therapie- und Behandlungsmaßnahmen etc. für das Ansehen und die Leistungsfähigkeit der Praxis allgemein wirbt.

Tipp: Stellen Sie das Patientenwohl und die Werte Ihrer Praxis, Ihr Corporate Design, Ihre Corporate Identity und Ihre Praxisausstattung in den Vordergrund (s. Teil 1 dieses Artikels in Paracelsus 05/22).

Angaben über (Zusatz-)Qualifikationen sowie besondere Aus- und Fortbildungsmaßnahmen müssen stets sachlich-informativ sein.

Da das HWG allerdings weit ausgelegt und die Grenzen zwischen Image- und Produktwerbung recht fließend sind, wird ein Gericht im Zweifelsfall meist den ganzen Internetauftritt als Werbung für Therapieverfahren einstufen. Das Gesamterscheinungsbild der Werbung ist daher entscheidend.

Fazit

Trotz einiger rechtlicher Einschränkungen können Heilpraktiker ansprechend und umfassend für sich und ihre Tätigkeit werben. Wenn Sie Hilfe benötigen, empfehlen wir Ihnen die Unterstützung von auf Heilpraktikerwerbung spezialisierten Firmen. Schließlich kann auch ein guter Fachanwalt Ihrer Werbung den letzten rechtlichen Schliff geben. Wir wünschen Ihnen ein kreatives und erfolgreiches Marketing!

Sonja Kohn
Heilpraktikerin, Mitglied im Vorstand des VUH
info@heilpraktikerverband.de


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