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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2024

Fallstudie aus der psychotherapeutischen Praxis

Cover

Psychosomatische Auswirkungen von endogenem Stress

Meine langjährige Patientin Vanessa, heute 38 Jahre alt, erlebt seit ihrer Grundschulzeit immer wieder starken endogenen Stress, der sich im Laufe der Zeit über verschiedene körperliche Symptomatiken äußert.

Kindheit

Vanessa kommt erstmals im Alter von 10 Jahren mit ihrer Mutter in meine Praxis. Neurodermitis und Hautekzeme, speziell an Hals und Ohren, sind die äußeren Zeichen. Kortison-Salbe ist aus naturheilkundlicher Perspektive und langfristig gesehen keine Option. Daher verordne ich eine 0,4%-ige Weihrauch-Creme, die ich speziell für das Mädchen anfertigen lasse. Vanessas Hautprobleme bessern sich rasch. Die Schlafstörungen, von denen die junge Patientin nur sehr zögerlich berichtet, bleiben jedoch weiterhin vorhanden. Auch Konzentrationsstörungen, besonders im Fach Mathematik, werden angesprochen.

Kinder, die mit dem Schulwechsel von der 4. Klasse ins höhere Bildungssystem konfrontiert sind, entwickeln sehr oft psychische und körperliche Symptome, u.a. Hauterscheinungen wie Vanessa. In diesem Alter verordne ich häufig anthroposophische Mittel, hier das Roseneisen der Fa. Wala. Besonders wichtig ist es, das Vertrauen der Patientin zu gewinnen, damit ich mithilfe von therapeutischen Fantasiereisen (Farben aus der imaginativen Bilderlebenstherapie) mit ihr arbeiten kann. Nach solchen Sitzungen ist Vanessa immer müde, aber entspannt. Nach einem dieser Termine trifft sie aus eigenem Antrieb heraus die Entscheidung, nicht auf ein Gymnasium, sondern lieber in die Realschule zu gehen. Dies stellt sich als für sie genau richtig heraus und wird von den Eltern unterstützt.

Jugendzeit

Vanessa zeigt sich in der neuen Schule als sehr ehrgeizige, manchmal etwas verbissene Schülerin. Sehr schnell kommt es zu Stress, Erschöpfung und Müdigkeit. Hohe Erwartungen an sich selbst befeuern die Symptomatik. Ihre Haut reagiert auf diesen Erwartungsdruck an denselben Stellen wie früher. Auch jetzt setze ich mit Erfolg Weihrauch-Creme sowie therapeutische Fantasiereisen ein (diesmal Bilder aus der Natur, z.B. eine grüne Wiese).

Im Alter von 16 Jahren klagt Vanessa über Verdauungsbeschwerden, die sie sehr belasten. Eine veranlasste IgG-Analyse ergibt Nahrungsmittelunverträglichkeiten mit starker Reaktion auf Gluten, Hühnerei, Kuhmilch und fast alle Nussarten. Das Weglassen der genannten Nahrungsmittel und eine Umstellung der Ernährung sind ein wichtiger Schritt hin zu gesteigertem Wohlbefinden.

Zur gleichen Zeit stehen die Abschlussprüfungen an – es kommt zu Schlafstörungen in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Erneut setze ich Fantasiereisen aus der imaginativen Bilderlebenstherapie ein (Motive aus der Natur, z.B. Wasser und Ozean) und erweitere die Behandlung mit Atemübungen nach Middendorf, vorwiegend Wechselatmung. Dies führt schnell zu einem guten Schlaf. Außerdem hat die Patientin mit den Atemtechniken nun ein Instrument zur Hand, mit dem sie selbst arbeiten kann. Dies hilft ihr, mit Stresssituationen besser umzugehen. Und es fällt ihr jetzt leichter zu entscheiden, das Abitur nachzuholen.

Drei Jahre später sehe ich sie kurz vor den Abitur-Prüfungen wieder. Die Schlafstörungen treten vermehrt auf. Ich setze auf zielorientierte Gespräche aus dem Bereich der Systemischen Therapie, die schnell fruchten.

Studium

Während Vanessas Jurastudium treffen wir uns regelmäßig im Abstand von 3-5 Wochen zu Gesprächen, die ich mit Elementen aus der Prozessorientierten Psychotherapie (POP) gestalte. Dabei steht die Frage im Vordergrund, welche Themen sich zum jeweiligen Zeitpunkt in ihrem Leben zeigen und wie sich diese auf sie auswirken.

Der erste Freund führt bei Vanessa zu starkem Stress und den bekannten Symptomen.

Ich veranlasse eine Hormonspeicheluntersuchung mit einem Cortisol-Tagesprofil und einer Cortisol-Messung nachts. Beide Werte sind deutlich zu hoch, und es erscheint sinnvoll, mit naturheilkundlichen Medikamenten zu behandeln. Ich wähle eine erdende und erwärmende pflanzliche Rezeptur aus der tibetischen Gesundheitslehre (Padma NervoTib). Meiner Erfahrung nach können erhöhte Cortisolspiegel damit gut gesenkt werden. Zusätzlich empfehle ich moderaten Ausdauersport, welcher sich positiv auf die Psyche auswirkt und den Cortisolspiegel senkt.

Die Einnahme des pflanzlichen Präparats zeigt schon nach 3 Tagen eine sehr gute Wirkung, die Schlafstörungen verschwinden fast völlig. Die Gespräche laufen im gleichen Abstand weiter. Ab sofort beinhalten sie Coaching-Elemente im Sinne einer Steuerungstherapie zur erweiterten Selbstfindung, denn Vanessas Studium nähert sich dem Ende und ihre berufliche Zukunft rückt mehr in den Fokus.

Ihr Jurastudium schließt die Patientin mit Bestnoten ab.

Schicksalsschlag

Ende 2020, Vanessa ist inzwischen 34 Jahre alt, erkrankt ihr Vater plötzlich an Krebs und verstirbt nach kurzer Zeit. Das Stressempfinden, zusätzlich angefacht durch die damals einschneidenden Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie, erhöht sich drastisch. Die Patientin findet keinen erholsamen Schlaf mehr und zittert tagsüber am ganzen Körper. An diesem Punkt erreicht die Stresssymptomatik eine neue Dimension. Ich verordne sofort wieder Padma NervoTib und erweitere die Behandlung mit der wesenhaften Urtinktur Geranium robertianum (Fa. Ceres) als Schockund Traumamittel erster Wahl.

Wir treffen uns ab sofort wöchentlich zu Gesprächen mit verhaltenstherapeutischem Kontext, sodass Vanessa das Geschehen einordnen und verarbeiten kann. Diese Behandlungsstrategie sehe ich als eine Art Ordnungstherapie an.

Status quo

Vanessa geht es heute sehr gut. Sie kommt immer noch regelmäßig zur Selbstreflexionstherapie in meine Praxis. Sozialkompetenz und Resilienz festigen und erweitern sich stetig, ebenso die bewusste Wahrnehmung und die Selbststeuerung in Stresssituationen.

Fazit

Im Fall von Vanessa ziehen sich eine hohe Stressanfälligkeit und daraus resultierende psychosomatische Beschwerden durch alle Altersstufen. Nicht immer hat man als behandelnde Person das Glück, eine so langjährig aufgebaute Vertrauensbasis zu haben. Darum ist ein sorgfältiges Eingehen auf den Patienten und eine personen- und altersgerechte Therapie wichtig. Der Praxisfall zeigt, wie verschiedene Therapieansätze, z.B. psychotherapeutische Methoden, selbstständig durchführbare Übungen und naturheilkundliche Mittel, gut und zielführend kombinierbar sind.

Jürgen Amler
Heilpraktiker (seit 1992) in eigener Praxis in Rauenberg mit Schwerpunkten Homöopathie, Traditionelle Chinesische Medizin, Kräuterheilkunde und psychologische Beratung
info@juergenamler.de

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