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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 6/2020

Labordiagnostik in der Heilpraktikerpraxis

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Unerlässlich zur Sicherung des fachlichen Standards im Sinne des Patientenschutzes

Laboruntersuchungen sind ein wichtiges Instrument der (Differential-)Diagnostik und Früherkennung von Erkrankungen. Sie dienen der Verlaufs- und Therapiekontrolle und zählen zum fachlichen Standard in der Naturheilpraxis. Um den Patientenschutz in Heilpraktikerpraxen zu gewährleisten, müssen HPs zudem in der Lage sein, auch ärztliche Befunde und solche anderer Berufsgruppen einschließlich der darin enthaltenen Laborwerte zu verstehen, zu bewerten und diese Einschätzung im Rahmen der eigenen Berufsausübung angemessen zu berücksichtigen. So wollen es unsere bundeseinheitlichen Überprüfungsleitlinien.

Laborleistungen können in der eigenen Praxis (als „Vorhalteleistungen“), in einem externen Labor oder in Laborgemeinschaften (Zusammenschlüssen aus Heilpraktikern oder Ärzten) erbracht werden.

Seit 1993 regelt das „Gesetz über technische Assistenten in der Medizin“ (MTA-Gesetz) Ausbildung und Zuständigkeiten der medizinisch-technischen Assistenten; außerdem, wer außer ihnen noch Laboranalysen machen und bewerten darf. Heilpraktiker zählen zu dem Kreis von Personen, denen – im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht – die im MTA-Gesetz vorbehaltenen Tätigkeiten erlaubt sind. In der Regel werden diese jedoch nicht vom Heilpraktiker selbst erbracht, sondern an das Labor delegiert.

Aktuell soll der Beruf des MTA modernisiert werden. Ziel eines aktuellen Gesetzesentwurfs soll sein, „die Ausbildungen der Berufe in der medizinischen Technologie zeitgemäß attraktiv auszurichten und zukunftsorientiert weiterzuentwickeln.“

Allerdings wird mit dem aktuellen Entwurf die Berufsfreiheit von Heilpraktikern beschnitten, was am Ziel vorbeiführt. Bitte lesen Sie hierzu auch das Editorial auf Seite 3.

Welche Auswirkungen das nach sich ziehen kann, haben wir mit unserem Kollegen Markus Grimm, Heilpraktiker und Mitglied im Verband Unabhängiger Heilpraktiker e.V., besprochen.

Herr Grimm, welchen Stellenwert nehmen Laboruntersuchungen in Ihrer Praxis ein?

Die Laboranalyse ist für mich der wichtigste Baustein in der Diagnostik. Es ist der Weg von der sicheren Diagnose zur ganzheitlichen Therapie. In meinem Institut erstellen wir von jedem neuen Patienten eine umfangreiche Vital- und Stoffwechselanalyse mit etwa 70 Einzelparametern. Die Auswertung der Laborergebnisse erfolgt nach klinischen, naturheilkundlichen und ganzheitlichen Gesichtspunkten. Dies lässt uns erkennen, welche Störungen in der Regulation von Stoffwechsel und Hormonsystem vorliegen. Da wir viele Parameter untersuchen, erkennen wir relativ sicher, ob für die Abklärung des Krankheitsgeschehens noch weitere diagnostische Verfahren der Schulmedizin benötigt werden. In Einzelfällen, z.B. bei extrem erhöhten TSH-Werten, ist eine Zusammenarbeit mit einem Endokrinologen erforderlich. Für unser Institut hat sich aufgrund der umfangreichen Laboranalysen eine gute Zusammenarbeit mit der Schulmedizin ergeben. Wir arbeiten kooperativ zum Wohle der Patienten.

Inwiefern ist aus Ihrer Sicht die Labordiagnostik im Rahmen der Sorgfaltspflicht geboten?

Als Heilpraktiker ist es meine Aufgabe, sorgfältig zu arbeiten. Das bedeutet, zu erkennen, wo die Grenzen meiner Behandlungsmöglichkeiten liegen. Das sicherste Verfahren dafür ist das Labor. Wir haben in unserem Institut bei Patienten ein Plasmozytom, Leukämie, Bauchspeicheldrüsenkrebs, Morbus Basedow und andere schwerwiegende Erkrankungen diagnostiziert, die an die Intensivmedizin weitergegeben wurden. In fast allen Fällen hat sich daraus eine gute Zusammenarbeit unter Achtung der jeweiligen Kompetenz entwickelt.

Können Sie uns Fallbeispiele nennen, in denen Ihre Diagnostik und die Laboranalyse im Sinne des Patientenschutzes unerlässlich waren?

Die ganzheitliche Betrachtung der Laborergebnisse ermöglicht es, bereits sich entwickelnde chronische Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Beispiel Diabetes mellitus: Bevor der Diabetologe die Krankheit feststellt, gibt es das Stadium der Insulinresistenz (laut Stoffwechselmedizin erkennbar anhand hoher Triglyceride und niedrigem HDL-Cholesterin) und später die diabetische Stoffwechsellage (HbA1c zwischen 5,6 und 6,1). Über optimierte Ernährung mit Nahrungsmitteln, die der genetischen und epigenetischen Stoffwechselprägung entsprechen und für die Verstoffwechselung wenig Insulin benötigen, sowie über Stressabbau durch das Einhalten von Pausen ist es oft möglich, einen Diabetes mellitus Typ II zu verhindern – in vielen Fällen sogar rückgängig zu machen.

Allein dieses Jahr haben wir mit Hilfe der Laboranalyse bei über 80 Patienten einen Prädiabetes oder Diabetes entdeckt.

Das MTA-Reformgesetz bedarf der Zustimmung des Bundesrates. Das Gesetzgebungsverfahren soll Anfang 2021 abgeschlossen werden und das Gesetz voraussichtlich am 01.01.2023 in Kraft treten. Welche wirtschaftlichen Folgen hätte das für Sie?

Sollte das Gesetz, so wie es geplant ist, verabschiedet werden, heißt das wahrscheinlich, dass ich mein Naturheilzentrum in der jetzigen Form nicht mehr weiterführen kann, was erhebliche Folgen für meine Mitarbeiter, die Laborgemeinschaft und auch für mich selbst bedeuten würde. Und ich bin mir sicher, dass es vielen meiner Kolleginnen und Kollegen auch so erginge. Zahlreiche Heilpraktiker, Praxismitarbeiter, Büroangestellte und auch MTAs in den Laboren verlören ihren Arbeitsplatz.

Kürzlich wurde ein Bericht in der Fachzeitschrift „Medical Tribune“ veröffentlicht, nach dem der Heilpraktiker eine wesentliche Säule in der Gesundheitsversorgung spielt. Das wäre mit der Änderung des Gesetzes nicht mehr möglich und würde zu einer weiteren Belastung des Gesundheitssystems führen.

Möchten Sie unseren Leserinnen und Lesern noch etwas mit auf den Weg geben?

Seit über 12 Jahren arbeite ich erfolgreich mit der Interpretation von Laboranalysen nach dem von Lothar Ursinus entwickelten System. Diese Methode verbindet das ganzheitliche Sehen der Naturheilkunde mit der schulmedizinischen Sichtweise von Erkrankungen. Das gibt mir tagtäglich Sicherheit in der Diagnose und eröffnet mir sinnvolle Möglichkeiten in der Therapie.

Ich wünsche mir, dass dieser Artikel von vielen Menschen gelesen wird und dass Verbände und Politik sich darüber bewusst werden, wie wichtig die Labordiagnostik für den Berufsstand des Heilpraktikers ist.

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