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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2021

Glosse: Kinder, Kinder…

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Wir wissen viel. Zum Beispiel, dass die Aussichten auf eine Schwangerschaft kurz vor dem Eisprung am besten sind. Nicht umsonst spricht man hier von den fruchtbaren Tagen. Wir wissen, dass Stress bei Kinderwunsch sehr kontraproduktiv sein kann. Es auch am Mann liegen kann, wenn eine Schwangerschaft ausbleibt. Dass gesundheitliche Faktoren sowie ein nicht normaler Hormonhaushalt einer Schwangerschaft im Wege stehen können. Dass selbst die Ernährung eine nicht unbedeutende Rolle bei Kinderwunsch spielt. Und das sind nur ein paar wenige Punkte, die in diesem Zusammenhang erwähnenswert sind.

Und doch: Obwohl man viel zu wissen glaubt, klappt es manchmal einfach nicht. Oder nicht sofort. Verdammt noch mal! Dabei weiß man wirklich schon lange genug, wie es geht. Jahrelang hat man aufgepasst, dass nichts passiert. Und jetzt, wo etwas gehen soll, da geht nichts. Während andere schnell ans Ziel gekommen sind, sich närrisch freuen, als hätten sie gerade das Rad neu erfunden, und sich schon wieder langsam auf die deutsche Durchschnitts-Sexfrequenz herunterschaukeln, trainiert man selbst mit hochroten Köpfen unerbittlich weiter. Was für ein Stress!

Um in der „Olympiade des Lebens“ die Nase vorn zu haben, sollte man bei allem Bettsport-Eifer nicht vergessen, gerade jetzt den Organismus mit den notwendigen Mikronährstoffen in der richtigen Dosierung zu versorgen. Viele Menschen leiden nämlich völlig unbewusst unter einem Mangel.

In meiner Praxis sehe ich täglich völlig desolate Vitamin-D-Spiegel. Seit 10 Jahren wird das Thema breitgetreten. Doch viele Therapeuten arbeiten immer noch nach einem Uralt-Bildungsstand. Entweder wird gar nicht therapiert oder viel zu zaghaft, aus Nichtwissen oder Angst, Schaden anzurichten. Dabei ist es genau andersherum. Heute weiß man, dass es mit guter Vitamin-D-Versorgung zu 25% weniger Infektionen und 50% weniger Frühgeburten kommt. Wichtig ist, einen Vitamin-D-Mangel bereits vor der Geburt auszugleichen und dann der Mutter, spätestens ab dem 4. Schwangerschaftsmonat, täglich 4000 IE zu verordnen. Ab sofort muss nämlich nicht nur die Mutter, sondern auch der Embryo gut versorgt werden. Schließlich soll das Kind ohne Mangelerscheinungen und gesund zur Welt kommen und später nicht ständig kränkeln.

Insbesondere Fleischlos-Esser müssen bedenken, dass in der Schwangerschaft das Blutvolumen steigt, da nun auch der kindliche Kreislauf optimal mit Sauerstoff versorgt werden muss. Deshalb ist der Eisenbedarf jetzt höher als sonst.

Dasselbe gilt für Folsäure, die an der Zellteilung und -neubildung beteiligt ist. In der Schwangerschaft ist der Bedarf fast doppelt so hoch wie normal. Bei guter Versorgung kommt es zu weniger Fehlbildungen wie einem Neuralrohdefekt. Deshalb sollte Folsäure bereits 4 Wochen vor einer eventuellen Schwangerschaft substituiert werden.

Keinesfalls vergessen: Täglich 2-4 g Omega- 3-Fettsäuren verordnen! Das kleine Superhirn wird es seinen Eltern später danken.

Das sind nur ein paar Beispiele. Es muss jedem klar sein, dass auch Mangelzustände eine Schwangerschaft verhindern können, ob therapeutisch tätig oder aktiv an der Entstehung eines neuen Erdenbürgers beteiligt.

Hat in den ersten 12-24 Stunden nach dem Eisprung die Befruchtung der Eizelle durch das Spermium geklappt, dann hat die kleine Eizelle erst einmal einen viertägigen, anstrengenden Marsch durch den gesamten Eileiter vor sich. Währenddessen teilt sie sich bereits einige Male. Manche Frauen berichten jetzt von einem Ziehen im Unterbauch. Kein Wunder, schließlich wird die Eizelle ständig von Flimmerhärchen in Richtung Gebärmutter weitergeschubst. Der Überlebenskampf hat begonnen. Am 10./11. Tag nach der Befruchtung sind Embryo und Mutter bereits über Gefäße miteinander verbunden. Die „Wohnung“ in der Schleimhaut der Gebärmutter ist gefunden, der „Mietvertrag“ für die nächsten Monate unterschrieben. Bis zur völligen Einnistung dauert es noch ein paar Tage.

Willkommen im Leben! Doch Vorsicht: Nicht selten werden im Eifer des Gefechtes essenzielle Punkte weggedrückt, die für die weitere gesunde Entwicklung des Kindes nicht minder wichtig sind. Für den Fall der Fälle sollte die Antwort auf jede der folgenden Fragen ein klares „Ja“ sein: Wünschen wir uns wirklich beide ein Kind? Nehmen wir beide in Zukunft viele Einschränkungen gerne in Kauf oder ist da nicht doch der Wunsch, lieber weiterhin Partys feiern zu können? Haben wir einen sicheren Arbeitsplatz oder kommen wir selbst kaum über die Runden? Was ist wichtiger: Kind oder Karriere? Haben wir uns nur wieder mal verliebt oder sind wir beide glücklich und sehnen uns danach, zusammen eine Familie zu gründen? Hat einer von uns Angst vor der Verantwortung oder davor, eine schlechte Mutter bzw. ein schlechter Vater zu sein? Die Liste ließe sich noch fortsetzen.

Wer es bis hierhin geschafft und alle Fragen mit „Ja“ beantwortet hat, spielt nun um die Meisterschaft, denn Kinder wachsen nicht von allein zu gesunden, selbstbewussten und charakterfesten Persönlichkeiten heran. Jetzt geht es um viel Zuwendung und körperliche Nähe, damit sich die Kleinen sicher und geborgen fühlen. Leider sind oft beide Elternteile zum Arbeiten verdonnert und müssen irgendwann, sollten Oma oder Opa nicht zur Verfügung stehen, auf die Kita zurückgreifen. Doch spätestens nach der Arbeit brauchen Kinder Ansprache, Zuneigung, Förderung und Lob. Sie müssen Erfahrungen machen, brauchen aber auch klare Grenzen und Führung. Und kaum zu glauben, aber wahr: Vor allen Dingen brauchen sie gesunde und geregelte Mahlzeiten. Das ist leider in ganz vielen Fällen nicht (mehr) üblich.

Gestresste Eltern tun sich selbst und ihren Kindern keinen Gefallen. Fakt ist: Stress entzweit und verhindert die Begegnung. Anstatt irgendein neues Spielzeug zur Beruhigung des eigenen schlechten Gewissens zu kaufen, sollte die Devise lauten: Nehmen Sie Ihr Kind einfach mal wieder in den Arm! Die Glückshormone, die den Körper durchfluten, tun jedem gut und stärken nachhaltig die Bindung.

Horst Boss
Heilpraktiker mit Schwerpunkten Magen-/Darmerkrankungen und Schmerztherapie, Medizinjournalist
kontakt@horstboss.de

Foto: © Irina Schmidt I adobe.stock.com

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