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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2021

Mit TCM die Kraft der Lunge stärken

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Moderne Therapieansätze der Traditionellen Chinesischen Medizin

Egal, ob chronisch Kranke den Weg in Ihre Praxis finden, ältere, geschwächte Personen oder berufstätige Patienten mit Vitalitätsverlust und Energiemangel – all diese Menschen können aus der Kraft der Lungenenergie schöpfen.

Die Lunge zählt in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) zum Element Metall. Ihr Organpartner ist der Dickdarm. Darüber hinaus hat sie – wie in der Schulmedizin auch – eine enge Beziehung zum Herz und sorgt dafür, dass dessen „Befehle“ bei den angesprochenen Organen ankommen. Durch die Ein- und Ausatmung ist sie eine der rhythmusgebenden Strukturen im Körper.

Aufbereitung und Verarbeitung des Qi

Nach Ansicht der TCM kann die Lebensenergie (Qi) täglich neu gebildet werden. Im Gegensatz zur Lebensessenz, die eine geerbte Energiemenge darstellt und, einmal verbraucht, nicht wiederhergestellt werden kann, ist die Lebensenergie eine funktionelle Energieform. Sie wird über Nahrung, Bewegung und Atmung immer wieder produziert. Neue Lebensenergie aufzubauen, unterstützt den Patienten in jeder Hinsicht, egal, ob seine Erkrankung akut oder chronisch ist.

An der Energieproduktion sind hauptsächlich Lunge und Milz beteiligt. Über die Atmung sammelt sich das „klare Qi“ im Brustkorb, aus dem die Lunge „Abwehr-Qi“ herstellt. Das „trübe Qi“ aus der Nahrung wird von der Milz umgewandelt, von der Lunge geklärt, in den Organismus und die Haut geleitet. Das „trübe Qi“, das nicht geklärt werden konnte, wird zu den Nieren geleitet und über die Blase ausgeschieden. Bei diesem Prozess kann die Niere Energie zurückgewinnen und diese für die Befeuchtung der Lunge nutzen.

Merke: Die Lunge beherrscht das Qi und kümmert sich um die Versorgung und Verteilung der Energie. Die Milz ist zuständig für die Umwandlung der Energie und den sicheren Transport durch die Leitbahnen (Meridiane).

Symptome für den Behandlungsansatz entscheidend

Die Chinesische Medizin differenziert, welche Symptome sich bei Lungenerkrankungen zeigen und entwickelt daraus (begleitend zur Schulmedizin) individuelle Behandlungsansätze.

Ist die Lungenerkrankung von Hautausschlägen oder rezidivierenden Infekten begleitet, muss die Darmflora untersucht und das Darmmilieu mitbehandelt werden, denn ein gesunder Darm (Partnerorgan) schenkt der Lunge neue Abwehrkraft. Wichtige Laborparameter für eine aussagekräftige Stuhlprobe sind Die Kraft der Lunge stärken Calprotectin, Alpha-1-Antitrypsin, IgA, Zonulin und Lactoferrin.

Hinweis: Es ist möglich, dass der „Florastatus“ durch die Transportbedingungen der Stuhlprobe keine genauen Ergebnisse liefert. Gibt es zusätzlich Rhythmusstörungen oder Unstimmigkeiten der Organe untereinander, kann das Herz mit in die Behandlung eingeschlossen werden.

Bei trockenem Husten, trockenen Schleimhäuten und verklebten Faszien sollte eine Nieren-Dysfunktion ausgeschlossen werden, damit die Lungenflügel besser durchfeuchtet werden. Bei älteren Patienten sollte als Laborwert Cystatin C statt Kreatinin gemessen werden, um Fehlleistungen der Nieren frühzeitig aufzudecken.

Wirkt der Patient ausgezehrt, antriebslos und schwach, fehlt ihm möglicherweise Qi. In diesem Fall sollte die Behandlung durch ausgewogene Pflanzenkost und ausreichend Bewegung an der frischen Luft begleitet werden. Raucher sollten den Zigarettenentzug wagen!

Klagt der Patient über Durchschlafprobleme und Wachphasen zwischen 3 und 5 Uhr morgens (Hochphase der Lunge), gilt es, die Funktionsweise der Lunge mit spezifischen schulmedizinischen Testverfahren zu überprüfen. Als Tipp können Sie dem Patienten mitgeben, den Kopf in der Hochphase der Lunge erhöht zu lagern und das Fenster zu öffnen.

Wirkt der Patient nicht nur schwach und erschöpft, sondern zeigen sich im Befund auch eine heisere Stimme, dünne Haare und eine dauerhaft verstopfte Nase, kann die Lunge bereits seit längerem nur noch ungenügend Energie produzieren. Hier empfiehlt es sich, den Patienten energiebringende Techniken (Pranayama aus dem Yoga oder Meditation) zu lehren und ihn mit Vitalstoffen, Kräutern oder Akupunktur zu unterstützen.

Beachten Sie: Nach einer Lungenoperation kommt es häufig zu Schlafstörungen, Müdigkeit und Depression. Zeigen Sie Ihrem Patienten schon vor der geplanten Operation Selbsthilfetechniken für den Energieaufbau.

Traurigkeit ist die Emotion der Lunge

Trauer ist verbunden mit der Energie des Loslassens. Sie ermöglicht, Abschied zu nehmen, damit man sich nicht vom Leben abwendet, sondern die anstehenden Veränderungen annimmt. Ein Patient, der seine Trauer nicht gehen lassen kann (nach schwerem Verlust eines geliebten Menschen), versteckt sich häufig hinter einer heiteren, aufgesetzten Verhaltensweise. Im Befund zeigen sich jedoch traurige, ängstliche Augen, vegetative Herzzeichen oder allgemeine Ratlosigkeit, wenn man den Patienten nach seinen Lebensgewohnheiten fragt. Findet sich ein solcher Patient in Ihrer Praxis ein, ist Einfühlungsvermögen gefragt. Überfordern Sie ihn nicht mit der Therapie. Gehen Sie in kleinen Schritten voran und geben Sie ihm etwas mit, an dem er sich „festhalten“ kann. Über hilfreiche Ratgeber oder ein Mittel, das die Trauerbewältigung unterstützt (z.B. Ignatia D12, 2×5 Globuli täglich), sind die Patienten sehr dankbar.

Schulmedizin mit modernen TCM-Ansätzen begleiten

Die Einsatzmöglichkeiten der TCM sind vielfältig. Verschiedene Methoden können gezielt die Symptome mit Bezug zur Lunge angehen:

Vitalpilze
Lungenerkrankungen mit instabilem Darmmilieu (wechselnde Stuhlkonsistenz, Ekzeme, Blähungen, Nahrungsmittelintoleranzen) oder vegetativen Zeichen (Herzrasen, Schweißausbrüche, starke Reaktionen auf Stress) können mit gutem Erfolg über die Gabe von Vitalpilzen (z.B. Fa. Mykovital) behandelt werden. Empfehlenswert ist die Mischung Hericium-Pleurotus-Reishi. Hericium entfaltet eine stärkende, schützende, regenerierende Wirkung auf den Darm und die Schleimhaut der Lunge. Pleurotus fördert die Ansiedlung probiotischer Bakterien im Darm. Reishi wirkt vegetativ ausgleichend und aktiviert die Entgiftung über die Leber.

Heilkräuter
Bei Lungenerkrankungen mit Reizhusten (auch bei Rauchern) verspricht die Weidinger Mischung Nr.6 (W6) sanfte Hilfe. Sie befeuchtet die Lunge und stärkt die Nieren. Neue Lebensenergie kann effizienter produziert werden. Daher eignet sich die Mischung auch bei trauernden Patienten oder begleitet solche, die schon lange an einer Lungenerkrankung leiden. Die Mischung besteht aus verschiedenen chinesischen Kräutern (z.B. Xuan Shen, auch bekannt als Radix Scrophulariae).

Schröpftherapie
Symptome wie z.B. ein starrer, fester Brustkorb bzw. eine Verklebung der Fascia endothoracica oder ein allgemeines Druckgefühl lassen sich erfolgreich mit Schröpfanwendungen behandeln. Risikoarm, aber als hocheffizient erweist sich das trockene Schröpfen. Rund um den Hals, unter den Schlüsselbeinen, werden 5-6 Schröpfgläser für bis zu 10 Minuten aufgesetzt (1x pro Woche). Bei Patienten, die Blutverdünner (Marcumar) einnehmen, ist die Behandlung möglich, sie sollte jedoch sanft und mit geringer Dosierung begonnen werden (Reaktionen beobachten!). Gibt der Patient die Beschwerden thorakal rund um die Brustwirbelsäule an, wird der gesamte Bereich mit bis zu 10 Schröpfgläsern behandelt. Die Gläser werden auf schmerzhafte oder verspannte Hautareale aufgesetzt.

Akupunktur
Als Prophylaxe während der Erkältungszeit und bei abwehrgeschwächten Patienten empfehle ich die Akupunktur: Di4 (links) bei verstopfter Nase oder Schmerzen (Nicht in der Schwangerschaft nadeln!), Mi6 (links) zur Stärkung der Mitte und für einen reibungslosen Qi-Fluss im Körper, Ma36 (rechts) zur Gesundheitspflege bzw. Prophylaxe, L7 für eine direkte Stärkung der Lunge (hilft auch, Trauer anzunehmen).

Hilfe zur Selbsthilfe

Selbsthilfe-Tipps haben für Patienten immer einen Mehrwert, denn sie schenken ihnen die Möglichkeit, das Krankheitsgeschehen selbst positiv beeinflussen zu können. Nachfolgend beschreibe ich zwei Übungsbeispiele:

Übung 1

Mehr Abwehrenergie
Die Übung wirkt ausgleichend auf das vegetative Nervensystem, aktiviert den Blasenmeridian und mobilisiert die gesamte rückseitige Faszienkette:

Kommen Sie in den langen Sitz und strecken Sie Ihre Beine aus.

Wandern Sie mit den Händen so weit wie möglich in Richtung Füße, bis Sie eine sanfte, dennoch intensive Dehnung spüren.

An diesem Endpunkt sind Sie so passiv wie möglich. Lassen Sie den Körper einfach in die Beugung sinken.

Übung 2

Mehr vitalisierende Energie
Damit der Körper vital und gesund sein kann, muss die Grundenergie stimmen. Ist zu wenig davon vorhanden, fehlt ihm die Möglichkeit zur vollständigen Regeneration.

Nehmen Sie eine bequeme Sitzhaltung ein, in der die Wirbelsäule aufgerichtet sein kann. Führen Sie Ihre Hände mit den Handflächen gegeneinander vor dem Herzen zusammen und schließen Sie die Augen. Konzentrieren Sie sich auf den Rhythmus der Atmung.

Mit der nächsten Einatmung führen Sie die Hände in geschlossener Haltung nach oben in Richtung Himmel und mit der Ausatmung zurück vor Ihr Herz.

Mit der nächsten Einatmung breiten Sie die Arme weit zu den Seiten aus. Mit der Ausatmung führen Sie die Hände wieder vor das Herz. Wiederholen Sie die Abfolge für 3 Minuten.

Fazit

Ganz nach der Formel „Mehr Energie = mehr Selbstheilungskräfte“ gibt es in der TCM immer Wege und Möglichkeiten, den Patienten zu stärken – nicht nur bei Lungenerkrankungen. Die Traditionelle Chinesische Medizin setzt dabei auf eine genaue Untersuchung und Beobachtung der Körperprozesse, die in der modernen Naturheilpraxis optimalerweise durch Laboruntersuchungen unterstützt werden.

Wenn der Patient aktiv mit in die Therapie eingebunden wird, wird der Behandlungserfolg nachhaltig gestärkt. Denn wer sich selbst helfen kann, ist seinen Beschwerden nicht mehr ausgeliefert und gewinnt an Lebensqualität. Patienten mit Energiemangel und Vitalitätsverlust zeige ich z.B., wie sie mit Moxa (getrocknetem Beifuß) den Punkt Niere 1 an den Fußsohlen selbst mit Wärme behandeln können. Mit der Selbstbehandlung wird sich der Patient Zeit für sich selbst nehmen müssen. Er stärkt sein Körpergefühl und aktiviert mit dem Moxakraut einen der wichtigsten Akupunkturpunkte für den Energiehaushalt. Auch Sie selbst können diesen Tipp anwenden, denn auch wir Therapeuten benötigen hin und wieder schnelle Abhilfe, wenn z.B. ein Zustand von Energiemangel vorliegt.

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Friederike Reumann
Heilpraktikerin und Physiotherapeutin mit Schwerpunkten Osteopathie und Traditionelle Chinesische Medizin
mailbox@physioplus-neustadt.de

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