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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2023

Angriff auf die Urweiblichkeit

Cover

Der Diagnose „Brustkrebs“ ganzheitlich begegnen

Ich finde es wichtig, sich immer wieder klarzumachen, dass die Ursachen einer Erkrankung in der Regel multifaktoriell sind. Dementsprechend gibt es nicht DEN EINEN Heilungsweg. Das betrifft auch den Bereich Onkologie. Zum Glück suchen heute immer mehr Patienten ein neues Verständnis für die Verbindung von Körper, Geist und Seele. Gemeinsam lassen sich somit gute Voraussetzungen für einen Therapieerfolg schaffen. Die Betroffenen werden in ihrer Individualität wahrgenommen und aktiv an der Auswahl der Therapiebausteine beteiligt. Zusammen und in Abstimmung mit den behandelnden Ärzten können wir die einzelnen gesundheitsfördernden Prozesse fokussieren und vorantreiben.

In diesem Artikel stelle ich Ihnen einige Erkenntnisse zum ganzheitlichen Verständnis von Krebs am Beispiel des Mammakarzinoms vor, das mit einer Prävalenz von 30% die häufigste Krebsart unter Frauen repräsentiert. Das Thema umfassend zu behandeln würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Da meine Arbeit auf dem salutogenetischen Ansatz basiert, also auf der Entstehung von Gesundheit und der Förderung von Selbstwirksamkeit, liegt der Fokus hier auf den Fragen: Was können Brustkrebspatientinnen für sich selbst tun? Und wie können wir als Therapeuten sie unterstützen?

Schulmedizinisches Verständnis

Die Wahrscheinlichkeit für eine Frau, im Laufe ihres Lebens Brustkrebs zu entwickeln, liegt heute bei ca. 10%, wobei man allein während der vergangenen 40 Jahre eine Verdopplung der Neuerkrankungen verzeichnen konnte.

Neben zahlreichen anderen Risikofaktoren bringen viele Forscher den Anstieg auch mit zunehmender Umweltbelastung in Verbindung. So haben Schadstoffe, die als hormonwirksam gelten, häufig östrogene Eigenschaften, was gerade bei hormonabhängigen Tumoren besonders relevant ist.

Als Früherkennungs- und Diagnosemöglichkeiten stehen heute Ultraschall, MRT, Mammographie, Infrarotthermografie und Mammaelastografie zur Verfügung. Hierüber kann eingeschätzt werden, ob eine festgestellte Brustveränderung (cave: nicht jeder Knoten ist tastbar) harmlosen Ursprungs ist und z.B. eine Zyste oder ein Fibroadenom dahintersteckt – oder eben nicht. Bei einem verdächtigen Befund wird meist eine Stanz- oder eine (schonendere) Vakuumbiopsie veranlasst. Inzwischen gibt es zwar erste Hinweise darauf, dass dieses Vorgehen ein Ausschwemmen von Tumorzellen in die Lymphknoten beeinflussen kann, jedoch sind die tatsächlichen Auswirkungen einer Biopsie auf den Körper bisher noch zu wenig erforscht.

Je nach Einteilung von Krebstyp, Hormonstatus und Tumorprofil mit Metastasenbefund bietet die Schulmedizin unterschiedliche Therapien an. Bei Brustkrebs sieht sie eine Operation meist als unentbehrlich an. Ergänzend stehen Bestrahlung, Chemo-, Antihormon- und tumorspezifische, sehr zielgerichtete Maßnahmen zur Verfügung.

Naturheilkundliches Verständnis

Auch wenn Brustkrebs in den meisten Fällen gut behandelbar ist, entwickelt sich leider bei manchen Patientinnen einige Jahre nach der konventionellen Therapie ein Rezidiv. Trotz Entfernung des gefundenen Tumors wurde die Ursache der Krebsentstehung offenbar nicht kuriert. Berechtigterweise stellt sich bei einem Krebsgeschehen immer die Frage: Warum hat das Immunsystem die Tumorzellen nicht mehr unter Kontrolle halten können?

Krebs ist immer eine multifaktorielle Erkrankung, und der Schlüssel zur Heilung liegt im verinnerlichten Gedanken, dass Körper, Geist und Seele eine untrennbare Einheit bilden. Der große Wissensschatz aus östlichen und europäischen Heilverfahren bietet hierzu eine Fülle an erprobten Konzepten, um eine moderne Krebstherapie zu unterstützen.

In der Naturheilkunde geht man davon aus, dass Krebs durchaus vom Körper selbst bekämpft werden kann, solange für unser System optimale Bedingungen vorherrschen. Dabei spielen drei Hauptfaktoren eine Rolle:

  • ein besseres Funktionieren des Immunsystems
  • eine Verminderung entzündlicher Prozesse im Körper
  • eine gute Regulation des Blutzuckerspiegels

Ein gesunder Lebensstil mit viel Bewegung, reduzierter Schadstoffbelastung und ausgewählten Nahrungsmitteln ist dabei eine wichtige Stellschraube. Um die Selbstheilungskräfte zu aktivieren, sind Psychoonkologie, Entspannungs- und Mentaltraining bis hin zu einer gewissen spirituellen Praxis hilfreiche Therapiemaßnahmen.

Ernährung als wichtige Säule

Zu gesundem und genussvollem Essen im Rahmen einer Krebserkrankung zählen schonend gegarte und leicht verdauliche pflanzliche Nahrungsmittel, vorwiegend Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte, sowie fein gemahlenes Vollkorngetreide als Ballaststofflieferant. Hingegen sollte der Verzehr tierischer Produkte deutlich reduziert und Zucker sowie stark verarbeitete Lebensmittel vermieden werden. Weiter empfiehlt es sich, Fette dahingehend zu optimieren, dass dem Körper weniger entzündungsfördernde Omega-6-Fettsäuren, dafür ausreichend Omega-3-Fettsäuren zugeführt werden.

Folgende Lebensmittel gegen Krebs stehen ganz oben auf der Liste: verschiedene Kohlarten, Knoblauch, Grüner Tee, Sojaprodukte, Himbeeren und dunkle Schokolade. Auch Rosmarin, Ringelblume und Indischer Weihrauch vermögen vieles mehr, als uns nur mit Vitaminen und Mineralstoffen zu versorgen. Aufgrund der verschiedenen enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe (u.a. Polyphenole, Schwefelverbindungen, Terpene) können sie antientzündliche und antikanzerogene Effekte im Gewebe entfalten.

Wichtig: Für unsere Gesundheit benötigen wir einen bunten, vielfältigen und ausgewogenen Cocktail an Lebensmitteln. Im Rahmen einer Krebserkrankung muss ein Ernährungsplan jedoch immer auf den Einzelfall abgestimmt werden.

Fünf wirksame Begleiter

Im Folgenden hebe ich fünf natürliche Lebensmittel mit Relevanz für die Brustkrebstherapie hervor:

Polyphenole aus der Heidelbeere verhindern die Bildung neuer Blutgefäße in der Umgebung des Tumors und verschlechtern somit seine Versorgungslage. Neuere Untersuchungen zeigen, dass v.a. das Delphinidin aus der Heidelbeere die Vermehrung von Krebszellen des dreifach negativen Mammakarzinoms stören kann. Des Weiteren können sekundäre Pflanzenstoffe der Heidelbeere Krebszellen zum programmierten Zelltod zwingen. Um das Fortschreiten eines Karzinoms zu verhindern, wird eine Verzehrmenge von 100 g täglich empfohlen. Bei nur einer Portion pro Woche verringert sich das Risiko für die Bildung von hormonunabhängigem Brustkrebs nach der Menopause um rund 30%.

Auch Brokkoli mit seinem Sulforaphan besitzt ausgeprägte Antikrebs-Eigenschaften. Er fördert den programmierten Zelltod und hemmt die Angiogenese. Um an das wichtige Sulforaphan zu gelangen, sollte man den Brokkoli roh verzehren oder nur kurz dämpfen. Am wirkungsvollsten sind Brokkoli und der geschrotete Brokkolisamen in frisch gepresstem Gemüsesaft.

Curcumin aus der Kurkumawurzel wirkt intensiv gesundheitsfördernd ob seiner antikanzerogenen, antioxidativen und antientzündlichen Eigenschaften. Als Gewürz in der Küche verfeinert es so manches Gericht oder Getränk. Es lässt sich auch in Form einer Infusion verabreichen, wodurch ein höherer therapeutischer Effekt erzielt werden kann.

Die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA vermindern die Wirkung von VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor), der für die Gefäßneubildung verantwortlich ist. Sehr gute Quellen für Omega-3-Fettsäuren sind Sardellen und Sardinen. Als vegane Alternative ist die Nori-Alge zu nennen. Meeresalgen enthalten Moleküle, die v.a. bei Brustkrebs das Tumorwachstum verlangsamen können. Weitere pflanzliche Quellen sind Leinöl, Nüsse und Olivenöl.

Das Wissen um die Heilkraft des Veilchens reicht bis in die Antike zurück. Die bekannteste Anwendung ist die Veilchensalbe nach Hildegard von Bingen. Sie empfahl diese bei Hautentzündungen, Lymphknotenschwellung, Zysten sowie bei Brust- und Hautkrebs. Die original Hildegard´sche Veilchencreme enthält frisch blühendes Veilchenkraut, Olivenöl, Ziegenfett (Bockstalg) und ätherisches Rosen- öl. Über die Haut eingerieben, wirkt es als Wund- und Pflegemittel. Im Körper sollen die Inhaltsstoffe zu speziellen Rezeptoren vordringen und dort eine antikanzerogene Wirkung entfalten.

Emotionen und Immunsystem

Die ganzheitliche Medizin sieht Krankheiten als Blockaden auf physischer, mentaler und seelischer Ebene an. Chronischer (emotionaler) Stress bis hin zu manifesten Erkrankungen der Psyche, z.B. Kummer oder Depression, beeinflussen unser Limbisches System und damit die Aktivität des Hypothalamus, der als übergeordnete Instanz unseres vegetativen Nervensystems fungiert und damit auch für die Regulation unseres Immunsystems zuständig ist.

Anhaltende Wut, Angst oder Verzweiflung können somit unsere körperliche Gesundheit beeinflussen, auch jene des Immunsystems, und bestehende Krankheiten weiter unterhalten oder verschlimmern. Allein der Satz „Sie haben Krebs“ verursacht sofort Angst bei den Patientinnen und blockiert deren Geist. Deshalb ist es auch in der Naturheilpraxis sinnvoll, die Betroffenen anzuhalten, sich zuerst mit ihrer Angst zu beschäftigen. Sich von ihr zu lösen, kann sich wie das Einsinken in eine Art inneren Frieden anfühlen. So kann der Körper vom „Kampf oder Flucht“-Modus in den „Ruhe und Reparatur“-Modus umschalten. Durch Atem- oder Achtsamkeitsübungen können Patientinnen ihre Angst bewusst wahrnehmen und verabschieden. Wenn sie es schaffen, aus ihren Traumata Gefühle werden zu lassen, die einfach durch sie hindurchfließen wie Wellen, dann fällt es leichter, sie loszulassen.

Waldbaden, Yoga oder Qigong in Verbindung mit Meditation sind probate Mittel, um Körper, Geist und Seele Erholung pur zu gönnen. Auch das Schreiben eines Tagebuchs oder von Briefen kann hilfreich sein, um darüber das Augenmerk auf Gedanken und Gefühle zu richten. Denn die emotionalen Bedürfnisse sind sehr entscheidend für den Heilungsprozess und das Wohlergehen der Patientinnen.

Bewegung, Atmung, Meditation

BreathWalk® heißt eine in den USA entwickelte Methode, die Bewegung und Meditation mit dem gezielten Einsatz von Atmung verbindet. Zuerst kombiniert man kleine Handbewegungen (Mudras) mit den Silben „Sa-Ta-Na-Ma“. Dazu legt man die Daumenkuppe im Wechsel mit jeweils einer anderen Fingerkuppe aneinander. Zuerst bilden Daumen und Zeigefinger der führenden Hand einen Kreis und man denkt die Silbe „Sa“. Dann formt man mit Daumen und Mittelfinger einen Kreis und denkt „Ta“. Daumen und Ringfinger ergeben die Silbe „Na“, abschließend Daumen und kleiner Finger die Silbe „Ma“.

Dann übt man mit beiden Händen gleichzeitig und kombiniert dies mit stoßweiser Ein- und Ausatmung. Diese bringt gezielt Sauerstoff zu den Zellen, und wenn man das Gangtempo etwas erhöht, kann das Ganze fast eine sportliche Übung sein.

Die Endversion der Übung sieht so aus: Während der ersten vier Schritte atmet man 4x stoßweise ein, führt das jeweilige Mudra durch und denkt die dazugehörige Silbe. Bei den nächsten vier Schritten atmet man mit der jeweiligen Kombination aus Handbewegung und Silbe aus.

Gedanken und Vorstellungskraft

Gedanken und Überzeugungen beeinflussen die körperliche Gesundheit. Wenn ich daran glaube, dass Stress und Sorgen mich krank machen können, dann kann ich auch umgekehrt auf psychosomatischem Weg Genesung unterstützen. Unser Geist besitzt eine heilende Kraft. Aber wie kann ich diese nutzen? Eine Studie der Harvard University konnte zeigen, dass unser Gehirn nicht unterscheiden kann, ob jemand etwas gerade wirklich tut oder es sich nur vorstellt. Diese Kraft der Visualisierung wird auch von vielen Hochleistungssportlern als Vorbereitung auf den Wettkampf genutzt.

Seit 1997 bietet Dr. Carl Simonton ein komplettes psychoonkologisches Programm für Krebserkrankte an. Viele Patienten stellen sich darin ihre Abwehrzellen als strahlende, mächtige Figuren vor, während sie den Tumor als schwache, ungeordnete Zellen imaginieren. Bei einer Chemotherapie ist es hilfreich, sich vorzustellen, wie das Medikament in die Blutbahn eindringt und die Krebszellen mehr davon aufnehmen als die gesunden Zellen. Viele Patienten profitieren auch von Übungen zu Dankbarkeit und dem Loslassen negativer Glaubenssätze sowie Singen und Musizieren als Glückskatalysator für mehr Wohlbefinden und ein positives Lebensgefühl.

Spiritualität und Heilung

Eine gewisse spirituelle Praxis hilft, neues Vertrauen in sich und sein Leben zu finden und mit seinem Inneren in Berührung zu kommen. Eine Brustkrebserkrankung tritt oft gleichzeitig mit einem oder mehreren emotionalen Notfällen auf. Die Krankheit auf Basis der Vorstellung zu begreifen, dass sich innere und äußere Zusammenhänge oft gleichzeitig zeigen, führt zu Fragen wie: Was möchte mir mein Brustkrebs sagen? Worauf möchte mich mein Körper hinweisen? Wie sehe ich mich als Frau oder Mutter? Übernehme ich Verantwortung für meine Gesundheit, für meine Entscheidungen im Umgang mit der Erkrankung und v.a. mit mir selbst? So gelangen die Patientinnen vom Warum zum Wofür und können ihre Erkrankung als Chance sehen, das Leben neu auszurichten.

Durch spirituelle Übungen und Rituale gebe ich in meiner Praxis Patientinnen die Möglichkeit, sich einer neuen Sichtweise hinzugeben. Feuerrituale haben seit Jahrtausenden ihren Platz im Menschsein. Alles, von dem ich mich lösen will, übergebe ich dem Feuer. Es steht für Transformation. So kann man z.B. seine Ängste visualisieren und in ein kleines Hölzchen hauchen. Anschließend verbrennt man es und übergibt damit die Angst dem alles transformierenden Feuer.

Achtsamer Umgang mit Patientinnen

In der Praxis sollte man die Patientinnen zunächst mit all ihren Sorgen und Ängsten wahrnehmen, Zeit einbauen für längere Gespräche, um die individuellen Lebensumstände und Bedürfnisse zu erfragen. Eine positive Kommunikation zwischen Therapeut und Patient, Mitgefühl und Empathie haben enorm großen Einfluss auf die Heilung. So findet man bei „Spontanheilungsereignissen“ meist zwei wichtige Punkte: 1. Die Patienten haben generell an die Möglichkeit zu gesunden geglaubt. 2. Sie haben speziell an ihre eigene Heilung geglaubt.

Machen Sie daher den Frauen ganz besonders Mut, sich auf die herausfordernde Brustkrebs-Heilreise zu begeben, und lassen Sie die Betroffenen selbst das Tempo ihres Weges bestimmen. Ermutigen Sie die Patientinnen, in die Aktivität zu kommen. Diese neu gewonnene Autorität besänftigt viele Ängste und Sorgen, und bestärkt die Patientinnen darin, für sich selbst die richtigen Entscheidungen zu treffen und einen selbstbestimmten Weg zu gehen.

Fazit

Viele Frauen sehen in der Diagnose „Brustkrebs“ einen Angriff auf ihre Weiblichkeit, ihre feminine Identität. Tatsächlich werden sie durch die Therapieformen und Hormonbehandlungen teilweise ihres Frauseins beraubt. Dieses sensible Thema sollte bei allen Beratungen berücksichtigt werden, denn es geht hier um weit mehr als nur um die Behandlung eines äußeren, sekundären Geschlechtsmerkmals.

Geben Sie jeder Patientin individuell Raum und Zuversicht, dass sie sich selbst und ihrer Kraft vertrauen lernt, sodass sie ihre eigene Kompetenz entwickeln kann. Denn jede Patientin verfügt über eine innere Heilerin, ihre Intuition, ein Bauchgefühl. Diese anzusprechen, aktiviert die Selbstheilungskräfte und den Willen, gesund zu werden. So kann die eigene Heilreise verstanden und auf allen Ebenen hoffentlich zum positiven Abschluss gebracht werden.

Buch-Tipp
Ricarda Kinnen & Dr. Jens Wurster
Diagnose Brustkrebs
Irisiana Verlag

Ricarda Kinnen, MEd.
Dipl.-Sozialpädagogin und Heilpraktikerin mit Schwerpunkten Ayurveda und Energiemedizin, Vocal- und Gesundheitscoach, Autorin

mail@ricardakinnen.de

 

Foto: © Mikel Taboada / adobe.stock.com

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