Schilddrüsenunterfunktion und Übergewicht
EIN WISSENSCHAFTLICHER ZUSAMMENHANG
Die Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) zählt zu den häufigsten endokrinologischen Erkrankungen und ist v. a. unter Frauen mittleren Alters weit verbreitet. Sie ist durch eine verminderte Produktion der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) gekennzeichnet, was zur Verlangsamung des Stoffwechsels führt. Häufigste Begleiterscheinung ist eine Gewichtszunahme, die teilweise auch bei adäquater Kalorienzufuhr auftritt. Betroffene nehmen also zu, obwohl sie sich nicht ungesund ernähren.
URSACHEN UND LEITSYMPTOME
Eine Hypothyreose kann angeboren oder erworben sein. Die erworbene Schilddrüsenunterfunktion wiederum ist primär, sekundär oder tertiär bedingt. Gemein ist ihnen eine verminderte Schilddrüsenhormonproduktion. Klassische Ursache einer Hypothyreose in Industrieländern ist die Hashimoto-Thyreoiditis. Sie ist geprägt von einem schleichenden Beginn mit Symptomen wie Müdigkeit, Gewichtszunahme, Kälteempfindlichkeit und depressiver Verstimmung.
Zu den Beschwerden bei einer Schilddrüsenunterfunktion zählen außerdem Verstopfung, Bradykardie (verlangsamter Herzschlag), schuppige Haut, brüchige Nägel, Haarausfall, heisere Stimme, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.
ROLLE DER SCHILDDRÜSENHORMONE IM STOFFWECHSEL
Die Schilddrüsenhormone regulieren zahlreiche Stoffwechselprozesse, darunter Thermogenese, Grundumsatz, Lipid- und Glukoseverwertung. Das aktive Hormon T3 beeinflusst die mitochondriale Aktivität und die Expression stoffwechselrelevanterEnzyme. Eine Hypothyreose führt u. a. zur Reduktion des Energieverbrauchs in Ruhe und beeinträchtigt die Lipolyse,wodurch Fettdepots aufgebaut werden.
PATHOPHYSIOLOGIE DER GEWICHTSZUNAHME BEI HYPOTHYREOSE
Das durch die Hypothyreose verursachte Ungleichgewicht im Energiestoffwechsel manifestiert sich in einer Zunahme des Körpergewichts sowie einer Verschiebung der Körperzusammensetzung. Studien zeigen, dass ein erhöhter TSH-Wert mit Zunahme des Körperfetts korreliert. Darüber hinaus kommt es zur Wasserretention durch verminderte renale (die Nieren betreffende) Durchblutung sowie reduzierte Natriumausscheidung. Es wird also zu wenig Wasser ausgeschieden, dafür zunehmend im Gewebe eingelagert. Diese Mechanismen führen zu weiterem Gewichtszuwachs.
DIAGNOSE UND ABGRENZUNG
Zur Diagnose einer Hypothyreose gehören die Bestimmung von TSH sowie freiem T3 und T4. Wichtig ist, die Gewichtszunahme in Zusammenhang mit anderen Hypothyreose-Symptomen (u.a. Müdigkeit, Kälteempfindlichkeit, Bradykardie, trockene Haut) zu betrachten. Eine Unterscheidung zwischen hypothyreosebedingtem Übergewicht und adipositasbedingter sekundärer Hormonveränderung ist essenziell für eine adäquate Therapie.

KONSEQUENZEN FÜR DIE THERAPIE
Die Behandlung der Hypothyreose erfolgt mit Levothyroxin, das den Hormonspiegel normalisiert. Dies führt in vielen Fällen zur Stabilisierung oder Reduktion des Körpergewichts. Dennoch zeigt sich in Studien, dass nicht alle Patienten ihr Ausgangsgewicht erreichen. Dies spricht für zusätzliche Faktoren (z. B. Lebensstil, Genetik, Dauer der unbehandelten Hypothyreose) als Einflussgrößen. Naturheilkundliche Maßnahmen können unterstützend eingesetzt werden, sie zeigen gute Ergebnisse. Ernährungstherapie und regelmäßige Bewegung können einer weiteren Gewichtszunahme entgegenwirken – orthomolekularmedizinisch kann eine Zufuhr spezifischer Mikronährstoffe und Spurenelemente die unerwünschten Effekte lindern:
Selen: entzündungshemmend
Zink: wichtig für Hormonproduktion und Immunsystem
Eisen: notwendig für die Hormonbiosynthese
Vitamin D: immunmodulierend
Tyrosin: Grundbaustein der Schilddrüsenhormone
FAZIT
Die Hypothyreose kann durch Beeinträchtigung zentraler Stoffwechselmechanismen erheblich zur Gewichtszunahme beitragen. Frühzeitige Diagnostik und konsequente Therapie können helfen, eine Progression zu verhindern. Gleichzeitig ist ein multimodaler Ansatz, der Lebensstilfaktoren berücksichtigt, unerlässlich, um eine nachhaltige Gewichtskontrolle zu ermöglichen.

Ewald Kliegel
Heilpraktiker mit Schwerpunkten Reflexzonentherapie und Manuelle Therapien, Erfinder des Organflüsterns, Dozent an den Paracelsus Schulen
contact@ewald-kliegel.deWeitere Artikel aus dieser Ausgabe
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