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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2019

Fallstudien – Aus der Praxis für die Praxis

Cover

Fallstudie aus der naturheilkundlichen Praxis

Enuresis und Gangstörung

Patient
Luis, 8 Jahre

Im Juli 2015 kommt eine Mutter mit ihrem 8-jährigen Sohn in meine Praxis. Sie berichtet über nächtliches Einnässen, ohne dass der Junge davon aufwache. Überhaupt sei er nachts noch nie trocken gewesen – tagsüber bestehe das Problem nicht mehr, seit er 3 Jahre alt ist. Zudem habe Luis mit 3 damit begonnen, das rechte Bein hinter sich herzuziehen und zu hinken. Seitdem ist er nicht mehr in der Lage, richtig zu rennen.

Die allgemeine Entwicklung war immer schleppend – es kam alles, aber verspätet. Er hatte in allen Bereichen Schwierigkeiten. Luis ist nicht auf Borreliose getestet, obwohl ihm mit ca. 2 Jahren eine kleine Zecke entfernt wurde.

Familienanamnese
Um einen Patienten klassisch homöopathisch zu behandeln, ist eine Familienanamnese sehr wichtig. Man kann hierdurch erkennen, auf welchem Boden jemand gewachsen ist. Die Ergebnisse sind gekürzt dargestellt, ich zeige lediglich das für den Fall Relevante:

  • Vater: Migräne, rez. Harnwegsinfekte, Nierensteine und -koliken
  • Großmutter (väterl.): Migräne, Borreliose
  • Mutter: Heuschnupfen, Asthma, rez. Harnwegsinfekte, Reaktion auf Hepatitis-Impfung
  • Großmutter (mütterl.): rez. Harnwegsinfekte

An diesem Fall sieht man sehr deutlich, wie wichtig eine Familienanamnese sein kann: Luis hat von beiden Elternteilen eine Belastung der Harnwege mit auf den Weg bekommen, die sich bei ihm in der Enuresis äußert. Zudem sind die Impfreaktion der Mutter und die Borreliose der Großmutter interessant.

Anamnese/Lebenslauf
Weiterhin ist es wichtig, wie und in welcher Reihenfolge sich Beschwerden seit der Geburt entwickelt haben. Der chronologische Ablauf bei Luis:

  • Schwangerschaft und Geburt ohne Beschwerden, nicht gestillt wegen Mastitis
  • Laufen mit 12 Monaten, nie gekrabbelt; Sprechen normal im Rahmen der Entwicklung
  • Innerhalb der ersten 2 Jahre übliche Mehrfach-Impfungen (keine Reaktionen)
  • 1 Jahr alt: Scharlach – Therapie mit Antibiotika
  • 2 Jahre alt: Masern-Mumps-Röteln-Impfung, Zeckenstich
  • 2,5 Jahre alt: Beginn des Hinkens

Allgemeines zum aktuellen Zustand:

  • Schuppen auf dem Kopf
  • Paukenhöhlenerguss
  • Appetit: sehr gut, isst sehr viel; trotzdem sehr schlank; Verlangen nach Fleisch, Wurst und Eiern; Trinkverhalten gut
  • Erbrechen: wenn er Stress hat, egal ob körperliche oder psychische Ursache, dann 7- bis 10-mal
  • Stuhlgang: normal
  • Fußschweiß, riechend; generell eher warmes Kind; stinkender Schweiß unter den Armen
  • schon feine hellblonde Haare an Beinen und Genitalien (Vater auch stark behaart); Fußnagelwachstum nach oben gekrümmt
  • fast kein Fieber (höchstens mal 38,5 °C)
  • Allgemein beschreibt ihn die Mutter als sehr umgänglich und lieb

Therapie
Da Luis sich bis zum Einsetzen des Hinkens verzögert, aber normal entwickelt hat, vermute ich, dass die letzte Impfung in Kombination mit dem Zeckenstich die Ursache für das „Hinken“ sein könnte, und verordne Thuja occidentalis LM6 mit 2x wöchentlich 2 Tropfen.

Im November 2015 kommen Mutter und Sohn wieder in die Praxis. Das Hinken ist vollständig verschwunden! Luis läuft ganz normal und rennt ohne Probleme. Allgemein verläuft die Entwicklung sehr viel besser. Kein Paukenhöhlenerguss mehr. Erbrechen nur noch selten. Fuß- und Achselschweiß sind gleichbleibend, das Einnässen hat sich nicht verändert. Da sich unter Thuja so viel getan hat, will ich die Wirkung nicht unterbrechen und gebe es weiter.

Der nächste Besuch (abgesehen von kurzen Kontakten wegen leichter Infekte) erfolgt im Mai 2016. Es hat sich ein Heuschnupfen entwickelt und Luis nässt nachts immer noch ein (jede Nacht sehr, sehr viel). An seinen Zehenballen ist vermehrt Hornhaut gewachsen. Die allgemeine sprachliche Entwicklung ist wieder beeinträchtigt. Richtige Sätze zu bilden, bereitet ihm Schwierigkeiten.

Da Thuja ausgewirkt hat, will ich nun auf die von Anfang an bestehende Entwicklungsverzögerung eingehen. Diese führt mich, zusammen mit Schweißneigung, Enuresis und Hornhautbildung, zu Calcium carbonicum LM6, das er ab sofort 2x wöchentlich erhält.

Weiterer Verlauf
Im Oktober 2016 berichtet die Mutter, dass das Einnässen völlig verschwunden ist und Luis‘ sprachliche Leistung sich wieder deutlich verbessert hat. Im Winter 2017/18 erleidet er rezidivierende Mittelohrentzündungen, die wir mit Silicea LM6 in den Griff bekommen. Dieses erhält Luis seitdem 2x pro Woche als Konstitutionsmittel.

Status quo
Luis geht es zurzeit sehr gut; das einzige, was an Symptomen noch übrig ist, sind die starken Schweiße (Achseln und Füße). Der Fall läuft weiter, da er in seiner Entwicklung sicherlich noch die eine oder andere Unterstützung brauchen wird.

Patricia TorffPatricia Torff
Heilpraktikerin in eigener Praxis mit Schwerpunkten Klassische Homöopathie, Schmerztherapie nach Liebscher & Bracht, metabolic balance; Dozentin an der Paracelsus Schule Zürich
info@patricia-torff.de

Foto: © LVDESIGN / fotolia.com


Fallstudie aus der psychotherapeutischen Praxis

Gewichtsreduktion mit Autosystemhypnose nach Götz Renartz

Frau P. besucht im Mai 2014 das erste Mal meine Praxis. Sie ist 40 Jahre alt, geschieden, Soziologin und in gehobener Position berufstätig. Ihr Ziel ist es, ihr Körpergewicht zu reduzieren, das zu Beginn der Therapie 114 kg beträgt.

Vorgeschichte
Schon als die Patientin 7 Jahre alt war, klagte ihre Mutter darüber, dass ihre Tochter zu dick sei. Frau P. hat sich selbst als Kind eher als schlank in Erinnerung, was Fotos bestätigen. Erst nach dem Tod beider Eltern, sie war 14, beginnt sie, mehr und mehr unter Gewichtsproblemen zu leiden. Eine Hypnosetherapie vor 3 Jahren und eine anschließende Verhaltenstherapie haben keinen Erfolg gebracht.

Therapeutisches Vorgehen
Ich arbeite mit der Autosystemhypnose nach Götz Renartz. Nachdem ich dies Frau P. erklärt habe, ist sie erstaunt, zu erleben, dass es möglich ist, mit dem Unbewussten (UB) in Kontakt zu treten, wobei das Bewusstsein (BW) nie ganz ausgeschaltet wird.

Zunächst bitte ich die Patientin, die Augen zu schließen. Dann führe ich sie auf eine Reise durch den ganzen Körper, wobei sie sich immer mehr entspannt. Anschließend wird Frau P. gebeten, ihre Hände in „Vorhaltestellung“ („Häschenhaltung“) zu nehmen. Eine „Ja-Hand“ und eine „Nein-Hand“ werden festgelegt, über die sich das UB bei seiner Befragung ausdrückt. Je nach Antwort fällt die eine oder andere Hand nach unten. Mit Hilfe einer solchen „ideomotorischen Befragung des Unbewussten“, die ich gleich in der ersten Sitzung durchführe, erfahren wir, dass eine Hypnose zur Gewichtsreduktion nicht erfolgreich angegangen werden kann, bevor nicht andere Bereiche erledigt sind.

So arbeiten wir zunächst mit der „Analyse ihrer existenziellen Möglichkeiten“. Dabei stellt sich heraus, dass ein generelles Verbot zur vollen Selbstentwicklung und Selbstverwirklichung vorliegt. Sie verbietet sich demnach selbst, glücklich zu werden. Mit der „Heilung des Inneren Kindes“ gelingt es der Patientin, ihrer Mutter zu verzeihen, die meistens eine leistungsorientierte und abweisende Haltung gezeigt hat; Frau P. beschreibt sie als „verbittert und unglücklich“. Nun unterstütze ich die Patientin darin, um das kleine Mädchen von damals und die Gefühle von Verlust und verlorener Fröhlichkeit zu trauern und positive Gefühle zu entwickeln. Dabei will ihr UB sie weiterhin unterstützen, die volle Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.

Der erste Schritt auf dem Weg zur Empfindung von mehr Freude ist, den Mut zu entwickeln, nicht zu viel zu erwarten, nicht alles zu planen und zu werten und sich selbst zu verzeihen, dass man nicht immer perfekt ist. Frau P. fühlt sich bei diesen Gedanken sehr gut und angenehm berührt. Verbote und Hemmungen im Bereich von Freundschaften, die sich in mangelndem Selbstvertrauen ausdrücken, können nun aufgelöst werden.

Endlich stimmt das UB zu, dass Frau P. am eigentlichen Wunsch „Gewichtsreduktion“ arbeiten kann. Hierzu kommt die „Silerlek-Methode“ zum Einsatz. Die Patientin stellt sich zunächst mit allen Sinnen vor, wie es ist, wenn sie ihr Ziel bereits erreicht hat. Mit Hilfe des UB fahnden wir nach einer Farbe, die zum Zustand der Zielerreichung passt. Die „Ja-Hand“ weist zum Gesicht (Erkenntnishypnose), und es findet sich die Farbe „Grün-Gelb“. Frau P. stellt sich nun eine Kapuzendecke in dieser Farbe vor, in die sie sich einhüllt. Das UB will sie darin unterstützen, abzunehmen.

Verlauf
In den nächsten Monaten reduziert sich das Gewicht der Patientin um 40 kg! Sie nutzt weiterhin auch außerhalb der Therapie die Farbe, die wir für Erfolg und Selbstentwicklung geankert haben. Frau P. ist sich sicher, auf dem richtigen Weg zu sein. In ihrer Freizeit besucht sie nun häufiger ein Fitnessstudio.

Die Behandlungsdauer erstreckt sich über 1 Jahr mit insgesamt 25 Sitzungen. Im Mai 2015 kommt Frau P. das letzte Mal in meine Praxis. Sie hat nun den Wunsch, allein zurechtzukommen. Da sie unter meiner Anleitung erlernt hat, mit Selbsthypnose zu arbeiten, überprüfen wir, ob „Grün-Gelb“ auch für die Zukunft die passende Farbe für ihre Selbstentwicklung ist, was sich bestätigt.

Margarete Rodenbach-StadlerMargarete Rodenbach-Stadler
Dipl.-Pädagogin, Heilpraktikerin für Psychotherapie, Dozentin, Autorin; Praxis für Psychotherapie & Coaching mit Hypnose & Bioenergetik
info@hypnose-therapieduesseldorf.de

Foto: © Spectral-Design / fotolia.com


Fallstudie aus der tierheilkundlichen Praxis

Orthomolekulare Medizin bei Aggressivität

Patientin
Chantal, Border-Collie-Mix

Ein Besuch auf der Hundewiese mit meinem eigenen Hund bringt den vorliegenden Fall ins Laufen. Hier können die Tiere spielen, während die Besitzer miteinander ins Gespräch kommen. Eine ältere Dame spricht mich, wohl aufgrund der Praxiswerbung auf meiner Jacke, vorsichtig an. Sie wirkt traurig und hat scheinbar keinen Hund dabei.

Problemstellung
Etwas schüchtern erzählt sie mir, dass sie bisher regelmäßig 1-mal pro Woche mit ihrem Border-Collie-Mix hier gewesen sei. Ihre Chantal sei grundsätzlich eine gut sozialisierte Hündin, stets viel beschäftigt. Jeder ginge gern mit dem Hund raus, auch die Kinder aus der Nachbarschaft kämen immer wieder in den Garten, um mit Chantal zu spielen. Seit geraumer Zeit aber wenden sich alle von der Hündin ab. Sie sei ohne erkennbaren Grund plötzlich sehr aggressiv und der Umgang mit ihr schwierig geworden. Dann zeigt mir die Frau kurz ihren Unterarm, ohne dass es jemand sehen kann – und ich weiß sofort, worauf sie hinaus will! Nicht nur anderen Hunden gegenüber sei Chantal sehr angriffslustig, auch bei Menschen zeige sie große Aggressionen und Bissigkeit, berichtet die Besitzerin. Die Kinder lasse sie vorsichtshalber nicht mehr mit dem Hund spielen. Und fast scheint sie selbst Angst vor ihrem Hund zu haben. Zumindest vertraut sie ihm nicht mehr und weiß nicht, wo sie ansetzen soll.

Anamnese
Ich stelle ihr ein paar Fragen. Ob ein Blutbild gemacht worden sei, um z.B. eine Krebserkrankung oder entzündliche Geschehen zu detektieren. Dies bejaht die Patientin, es sei alles in Ordnung. Ob der Hund unter Schmerzen leide – das habe der Tierarzt untersucht und testweise ein Schmerzmittel verordnet; aber das Präparat habe keine Besserung gebracht, so sei auch ein Schmerzsyndrom ausgeschlossen worden. Schließlich erzählt sie, dass auch eine Futterumstellung durchgeführt wurde, um auf ein etwaiges „Unwohlsein“, Übelkeit oder Bauchkrämpfe einzugehen. Aber auch dies habe nichts geholfen. Sie sei inzwischen einfach nur rat- und hilflos.

Verdachtsdiagnose
Ich habe eine Vermutung und spreche sie nochmals auf die Fütterung an. Auf meine Frage, ob im Rahmen der Blutuntersuchung auch der Selengehalt getestet worden ist, erhalte ich ein „Nein“. Und so haben wir nun eine mögliche Ursache für Chantals Bissigkeit gefunden. Ich rate der Besitzerin, nochmals zum Tierarzt zu gehen und diesen zu bitten, den Selenwert von Chantal zu überprüfen. Dann solle sie mich anrufen, damit wir mögliche weitere Schritte besprechen können.

Verlauf und Therapie
1 Woche nach unserem „Erstgespräch“ auf der Hundewiese ruft die Besitzerin ganz aufgeregt in der Praxis an: „Meine Chantal hat einen Selenmangel!“, und freut sich, dass sie endlich einer Lösung des Problems ihrer Hündin nahekommt. Ich empfehle zum Ausgleich ein spezielles, gut verträgliches Selen-Präparat.

Die Behandlung fruchtet schnell: Chantals Aggressivität verschwindet innerhalb kurzer Zeit. Heute verhält sich die Hündin wie früher und darf auch wieder mit den Kindern spielen.

Spurenelement mit großer Wirkung
Auch in der Humanmedizin weiß man heute, dass Selen bei Aggressivität und Gewaltausbrüchen eine Rolle spielt. So wurde im Rahmen einer Studie das Blut von Gefängnisinsassen, die wegen verschiedener brutaler Übergriffe inhaftiert waren, auf ihren Selengehalt hin getestet. Erstaunliches Ergebnis war, dass bei mehr als der Hälfte (>50%) ein Mangel an diesem Spurenelement festgestellt wurde.

Man sollte sich immer bewusst machen, dass ein zu hoher Selengehalt im Blut schnell gefährlich werden kann! Daher ist ein Blutbild zur Abklärung notwendig. Selen darf nie einfach nur auf Verdacht verabreicht werden!

Peggy Franke
Tierheilpraktikerin mit Schwerpunkten Erste Hilfe und Ernährungsberatung für Tiere, Dozentin an den Paracelsus Schulen
info@tierheilpraktikerbodensee.vet

Foto: © cynoclub / fotolia.com

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