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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2019

Glosse: Arzt vs. Internet

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Jetzt ist sie wieder da. Die Jahreszeit, die dafür sorgt, dass der Alltag im Dunklen beginnt und auch im Dunklen aufhört. Auch wenn wir das eigentlich wissen, sind wir doch immer wieder überrascht, dass es so ist. Worin sich das äußert? Na ja, wir jammern darüber, dass es früher dunkel wird und die Tage nicht mehr so hell sind. Wir freuen uns auf die Wintersonnenwende, weil wir glauben, dass es ab diesem Tag schlagartig heller wird. Und anstatt uns draußen zu bewegen, schaffen wir es an manchen Tagen nur noch auf das Sofa, um dort in einer eher horizontalen Haltung den Abend (oder das ganze Wochenende) zu verbringen. Ich vermute, dass das alles irgendwie okay ist; schließlich halten Tiere in dieser Zeit auch Winterschlaf. Was für ein Luxus, oder? Vollgefressen liegen sie über Monate hinweg in einer kuschelig warmen Höhle und grunzen vor sich hin, während wir uns eher rotzend durch den Tag schleppen. Denn das bringt die dunkle Jahreszeit auch mit sich: Erkältungen und andere Wehwehchen.

Ich bilde mir ein, dass im Sommer weit weniger Krankheiten in der Luft liegen als im Herbst oder Winter. Ich selbst kann mit gutem Gewissen sagen, dass sich meine Krankheitsstatistik im grünen Bereich befindet. Ich bekomme einmal im Jahr meinen Quoten-Schnupfen, das war es dann. Letzten Winter bin ich sogar um diesen herumgekommen. Dachte ich. Aber dann hat es mich leider Anfang des Jahres richtig umgenietet.

Sie war schon am Abklingen, die Grippewelle. Nachdem sie ja doch recht schlimm gewütet hatte und sogar Krankenhäuser wegen Überfüllung schließen mussten, war ich sehr stolz auf mein Immunsystem, dass wir dem Ganzen standgehalten hatten. Bis zu dem Tag, an dem ich erst mit meiner Freundin eine Runde gelaufen und dann zu einer Modenschau gegangen bin. Dort waren eben nicht nur wir – und ich vermute, dass eine Person (oder mehrere) bereits eine leichte Grippe oder ähnliche Symptome hatte. Wie dem auch sei, schon am Abend spürte ich, dass etwas nicht stimmte. Eine Vorahnung. Die ganze Zeit über hatte ich das Gefühl, dass jemand mit einem Hammer hinter mir stand. Um mir diesen urplötzlich über den Schädel zu ziehen. Von einem Moment auf den anderen war mir schwindlig. Ich befürchtete, mein Kreislauf würde einbrechen und meine Beine dazu. Einzig und allein in mein Bett habe ich es noch geschafft, bevor mein Körper ganz verrückt spielte. Von Kopfweh über Gelenkschmerzen bis hin zu Hitzewallungen war, glaube ich, alles dabei.

Am nächsten Morgen dachte ich: „Da hast du dir gestern wohl ein Virus als Andenken mitgebracht. Nicht schlimm, bleibst heute halt im Bett.“ Ganz ehrlich, mehr wäre auch nicht gegangen. Ich hatte weder Husten noch Schnupfen, doch mein Körper fühlte sich an wie Blei. Jeder Schritt war ein Kraftakt. Die ersten 24 Stunden im Bett waren okay für mich. Das heißt, mir ist bewusst, dass ein kleiner Infekt eben auch etwas Zeit braucht, um zu heilen. Dafür reicht ein Tag locker aus. Doch als es danach immer noch nicht besser, sondern schlechter wurde und ich wieder ans Bett gefesselt war, da war das dann doch nicht mehr okay. Es ist nur ein Infekt, da kann ich doch nicht zwei volle Tage im Bett bleiben!?! Das muss doch nach einem Tag wieder gut sein, oder? Andere Menschen gehen wieder arbeiten und reißen sich halt zusammen. Und da ich ja auch kein Jammerlappen sein will … Doch es ging nicht. Wirklich, es ging nichts.

Dieses Gefühl der Ohnmacht, wirklich nichts machen zu können, hat bei mir einen Nachteil: Mein Gedankenkarussell fängt an, sich zu drehen. Wenn ich so da liege und eh nichts tun kann, dann kann ich wenigstens meinen Körper wahrnehmen. Das tat ich dann auch. Mit jeder Faser. Ich spürte Schmerzen im Rücken. Rechts und links im Lendenbereich. Logisch, dachte ich, ich habe gar kein Virus, sondern eine Nierenbeckenentzündung. Nicht irgendeine, sondern eine von der schweren Sorte. Nierenprobleme sind in unserer Familie genetisch bedingt möglich. Nur folgerichtig, dass ich das jetzt auch habe. Erstmal flach atmen, keine Panik schieben und die Symptome beobachten. Plötzlich spürte ich vorne im Bereich der Lunge Stiche beim Ein- und Ausatmen. Als Kind hatte ich mal eine schwere Lungenentzündung. Ich weiß, wie sich das anfühlt, wenn die Lunge voller Schleim ist und schmerzt. Genau wie jetzt eben. Ich richtete mich auf, setzte mich gerade hin und fühlte in jeden Atemzug hinein. Es wurde besser. Doch da, was war das? Im Nackenbereich zogen sich Kopfschmerzen hoch. Langsam und stetig. Das ist bestimmt ein Tumor, der auf meine Nerven drückt und damit die anderen Symptome auslöst. Es ist gar kein Virus, sondern eine ernsthafte Erkrankung. Oh Mann!

Um Gewissheit darüber zu bekommen, um welche tückische Krankheit es sich tatsächlich handelte, nahm ich mein Smartphone und recherchierte im Internet. Und siehe da, es war noch viel schlimmer. Ich hatte Krankheiten, von denen ich gar nicht wusste, dass man sie haben kann. Ebenso verliefen die meisten schwer bis gar tödlich. Warum musste das ausgerechnet mir passieren? Ich, die immer versucht, Sport und gesunde Ernährung in ihr Leben zu integrieren. Ich, die immer auf aus reichend Schlaf achtet, auf Alkohol und Tabak verzichtet. Ich, die ihre Stresspunkte kennt und versucht, ihren Alltag zu entschleunigen. Doch nun lag ich hier. Seit zwei Tagen krank im Bett. Bewegungsunfähig, mit Schmerzen am ganzen Körper.

Als ich so richtig tief in meinen selbst recherchierten Diagnosen drin war, trat mein Mann auf den Bildschirm. Er streichelte mein Haar, gab mir einen Tee und die Ansage, dass ich einfach am nächsten Tag zum Arzt gehen sollte. Dann wüssten wir, was los ist und wie es mit der Behandlung weitergeht.

Manchmal macht sich mein Mann das Leben aber auch sehr einfach. In diesem Moment ging es nicht darum, wie die Behandlung weitergeht, sondern darum, ob es überhaupt weitergeht. Da ich in China lebe, ist das mit dem Arztbesuch nicht so einfach wie in Deutschland. Von wegen Krankenkarte vorgelegt, und fertig. Das erste Problem ist, dass der chinesische Arzt kein Deutsch spricht, sondern Englisch. Daraus folgt das zweite Problem, dass meine Englischkenntnisse zwar für Smalltalk ausreichen, doch nicht dafür, ein genaues Bild meiner Symptome darzustellen. Somit machte ich mir eine Liste meiner Beschwerden und ging am folgenden Tag zum Arzt. Bei der Anmeldung hinterlegte ich meine Daten und durfte dafür gleich einen Basispreis bezahlen. (Ja, richtig gelesen. Ich musste meine Behandlung selbst bezahlen. Das bedeutet für die Menschen hier vor Ort, dass diejenigen, die kein Geld haben, eben auch nicht zum Arzt gehen können. Unabhängig davon, wie schwer die Krankheit ist.) Nachdem ich diesen Prozess erfolgreich abgeschlossen hatte, kamen zwei nette Schwestern auf mich zu und machten die Voruntersuchung: Blutdruck messen, Fieber messen, Abfrage meiner Symptome. Also ratterte ich meine Liste runter und wurde anschließend zum Arzt durchgelassen. Und was soll ich sagen – ich hatte nichts von dem, was im Internet zu lesen war. Alle meine Symptome waren Indiz dafür, dass ich mir kurz vor Ende der Grippewelle eben genau diese eingefangen hatte. Bettruhe, viel trinken und schlafen waren die Empfehlungen des Arztes. Dem folgte ich, und siehe da: Nach zwei Wochen war alles wieder gut!

Was ich sagen will mit dieser kleinen Anekdote: Auch wenn das Wetter grau und die Stimmung eher gedrückt ist, sollten auftretende Zipperlein abgeklärt werden. Wenn es geht, ohne vorher im Internet Dinge zu recherchieren, von denen Laien sowieso keine Ahnung haben. Nichts ist schlimmer als kranke Menschen, die mit einer „Diagnose“ zum Arzt gehen und diesem erzählen wollen, was los ist. Ich gehe ja auch nicht zum Friseur und erkläre ihm, wie er die Schere zu halten hat. Zudem bringt es niemandem etwas, wenn wir uns im Vorfeld verrückt machen. Das alles behindert den Heilungsprozess mehr als dass es ihn unterstützt.

Nach diesem Erlebnis habe ich für mich entschieden, mich mit dem Thema Impfung auseinanderzusetzen. Zudem werde ich vielleicht doch etwas eher einen Arzt aufsuchen, wenn ich Symptome an mir wahrnehme, die mich beunruhigen. Damit verhindere ich, dass ich mein Umfeld allzu arg stresse. Und ich werde die Finger von Online-Diagnosen lassen. Schließlich gibt es Menschen, die das studiert haben.

In diesem Sinne, bleiben Sie gesund!
Ihre Jana Ludolf

Jana LudolfJana Ludolf
Heilpraktikerin für Psychotherapie, Mediatorin und Familiencoach
info@Jana-Ludolf.de

Foto: © Witthaya / fotolia.com

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