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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 3/2020

Juckreiz bei Hunden & Katzen

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Juckende Haut gehört zu den lästigsten Beschwerden überhaupt. Jeder weiß, dass man einen Juckreiz auch mit größter Willensstärke kaum ignorieren kann. Kein Wunder, dass es auch unseren Hunden und Katzen so schwerfällt, ihm zu widerstehen. Das Verlangen nach Kratzen, Scheuern und Reiben ist quälend und schier unstillbar.

Was ist Juckreiz?

Pruritus, so der Fachbegriff, ist eines der häufigsten Symptome, die sich an und auf der Haut zeigen. Es handelt sich um eine eigenständige Sinnesempfindung der Haut, die unabhängig von Schmerz entsteht. Die oberflächlich in der Haut liegenden Nervenendigungen reagieren auf verschiedene Botenstoffe aus der Umgebung, und es entwickelt sich ein reines, stechendes, brennendes Jucken oder ein schmerzendes Kribbeln. Die Empfindung wird über die Nerven des Rückenmarks zum Gehirn transportiert, wo das Verlangen nach Kratzen oder Reiben der betroffenen Hautstelle ausgelöst wird. Hierdurch entstehen Schmerzreize, die das Jucken für kurze Zeit überdecken und vorübergehend Linderung verschaffen. Durch das Kratzen der Haut werden jedoch erneut Botenstoffe freigesetzt, die wiederum einen Juckreiz hervorrufen. Ein Teufelskreis.

Was man sich bewusst machen muss: Es handelt sich dabei immer nur um ein Symptom! Die dahinterliegende Ursache muss herausgefunden werden, um dem Patienten helfen zu können. Diese kann akut sein, z.B. ein Insektenstich, oder chronisch, z.B. auf Allergien oder anderen Erkrankungen basieren. Bei regelmäßig auftretendem Pruritus sollte die Ursache schnellstmöglich abgeklärt werden, da er sehr schnell chronifizieren kann. Das liegt daran, dass die Reizschwelle der Haut durch wiederholtes Kratzen immer weiter herabgesetzt wird, sodass mit der Zeit schon leichte mechanische und chemische Reize oder Stress ausreichen, um einen Kratzreflex auszulösen.

Bei Hunden und Katzen äußert sich der Juckreiz durch Kratzen, Belecken, Beknabbern, Reiben/ Rutschen oder Kopfschütteln. Die Art und Weise, mit der das Tier versucht, das Jucken zu bekämpfen, gibt Hinweise auf dessen Intensität.

Was ist noch normal?

Jedes Tier kratzt sich oder schleckt und knabbert hin und wieder am Fell. Das gehört zur normalen Körperpflege bzw. dient dazu, sozialen Stress abzureagieren. Gelegentliches Kratzen ist daher kein Anlass zur Sorge. Die Grenze hin zu krankhaftem Kratzen verläuft fließend. Juckreiz ist dann beachtenswert, wenn das Tier ein verändertes, fast zwanghaftes Verhalten zeigt oder wenn kratzbedingte Verletzungen von Haut und Fell auftreten.

Ist man unsicher, ob das Verhalten „normal“ ist, sollte man ein Tagebuch führen, in dem man notiert, wie oft und in welchen Situationen das Kratzen auftritt. Weiter sollten die Intensität des Kratzens, die Fütterung, der Tagesablauf und die betroffenen Körperstellen aufgeschrieben werden. Mit diesen Notizen lässt sich oft ein „roter Faden“ herauslesen, der Aufschluss über die Ursachen geben kann.

Was steckt dahinter?

Fasst man mögliche Ursachen für Juckreiz bei Hunden und Katzen zusammen, wird deutlich, wie vielfältig diese sein können.

  • Parasiten: Flöhe, Zecken oder Milben (Demodex-/Sarcoptes-Milbe beim Hund, Notoedres-Milbe bei der Katze, Herbstgras- oder Ohrmilbe)
  • Allergien und Unverträglichkeiten: Flohspeichel, Futtermittel, Kontaktallergie oder Umweltallergie (z.B. gegen Pollen oder Hausstaubmilben)
  • Gestörte Darmflora
  • Insektenstiche
  • Infektionen mit Pilzen und Bakterien
  • Ohrenentzündungen
  • Ernährungsfehler, z.B. Nährstoffmängel
  • Stressabbau, Übersprungshandlungen
  • Hormonelle Dysfunktionen
  • Hotspots
  • Erkrankungen wie Leishmaniose
  • Erkrankungen von Nieren, Leber oder Schilddrüse
  • Eosinophiler Granulomkomplex (EGK) bei der Katze
  • Störungen der Hautbarriere durch Shampoos oder Medikamente (z.B. Spot Ons)

Bei Juckreiz kennt man auch idiopathische Formen, für die keine körperliche Ursache gefunden werden kann. In diesen Fällen stecken häufig psychische Leiden hinter den Beschwerden des Tieres.

Hauptprobleme durch den Juckreiz

Dadurch, dass die Tiere die juckenden Stellen mit Zähnen und Krallen intensiv bearbeiten und dabei die Haut verletzen, kommt es dort früher oder später zu haarlosen Bereichen (Fellverlust) und Entzündungen. Diese erkennt man durch Rötungen, Krusten, Kratzspuren, Pusteln oder offene/nässende Wunden. Wenn Entzündung und Juckreiz länger anhalten, kann sich die Haut dort auch verdicken (Elefantenhaut) und dunkel verfärben. Oft nutzen Bakterien oder Hefepilze die Schädigung der Haut aus, um in den Körper einzudringen. Es kommt zu einer Sekundärinfektion, die Juckreiz und Entzündung weiter verstärkt.

Ursachenfindung

Oftmals ist es eine Herausforderung, die tatsächliche Ursache für den Juckreiz herauszufinden. Im Ausschlussverfahren tastet man sich vom Augenscheinlichen zum weniger Offensichtlichen vor. Während dieser u.U. langwierigen Detektivarbeit kann es notwendig werden, die Symptome zu lindern oder zu unterdrücken, um dem Tier Linderung zu verschaffen und den Kreislauf zu durchbrechen. Allerdings sollte man sich darüber im Klaren sein, dass dies keine dauerhafte Lösung des Problems sein kann.

Zu den häufigsten Ursachen für Juckreiz zählen Parasiten, Allergien, Stress und Hautinfektionen. Man beginnt daher mit dem Einfachsten – der Hautdiagnostik. Dabei wird das Tier auf Parasiten, Bakterien oder Pilze untersucht. Es kann notwendig sein, Hautgeschabsel oder Abklatschproben der betroffenen Stellen genauer untersuchen zu lassen.

Als nächstes sollten Allergien und Unverträglichkeiten als Auslöser abgeklärt werden. Um Reaktionen auf Umweltstoffe, Futtermittel oder Hausstaubmilben festzustellen, kann man einen Bluttest machen. Bei Futtermittelallergie reagiert das Tier in den meisten Fällen auf eine bestimmte Proteinquelle. Im Zuge einer Ausschlussdiät kann man diese ermitteln, um sie in Zukunft zu vermeiden. Es bietet sich in diesem Zusammenhang an, auch gleich die Darmflora und den Zustand der Darmschleimhaut zu untersuchen. Ist diese wichtige Schutzbarriere im Körper beeinträchtigt, kommt es i.d.R. zu weiterführenden Problemen und Reaktionen im Körper.

Ein weiterer Ansatzpunkt ist der Ausschluss anderer Erkrankungen. Hier sollte man ein besonderes Augenmerk auf Leishmaniose, Lebererkrankungen, Schmerzen, Gastritis und hormonelle Erkrankungen (Schilddrüse, Morbus Cushing, Morbus Addison, Diabetes) legen.

Zu guter Letzt ist es sinnvoll, sich mit den Themen „Stress“ und „Gewohnheiten“ zu beschäftigen und die Lebensbedingungen des Tieres unter die Lupe zu nehmen:

  • Gibt es Ärger mit anderen Tieren im Haushalt?
  • Hat das Tier Probleme mit dem Alleinsein?
  • Bestehen hormonelle Besonderheiten (Läufigkeit, Pubertät)?
  • Wie gestresst ist der Tierbesitzer?

Schulmedizinischer Ansatz

Bei chronischem Juckreiz basieren die schulmedizinischen Strategien auf einer Beeinflussung des Immunsystems. Dabei kommen Glucocorticoide (Cortison), Ciclosporine, Oclacitinib (Apoquel) oder Lokivetmab (Cytopoint) zum Einsatz. Diese Medikamente sorgen effektiv dafür, dass der Juckreiz aufhört, sie behandeln jedoch nicht die Ursache.

Linderung der Symptome

Während der Phase der Ursachensuche sollte versucht werden, die Symptome sowie deren Intensität weitestgehend zu lindern, um die Lebensqualität des Tiers zu verbessern. So ist zunächst zu überlegen, ob und wie das Kratzen unterbunden werden könnte, damit sich der Zustand nicht verschlimmert. In schweren Fällen kann es notwendig sein, das Tier mittels Halskrause oder Body vom Kratzen abzuhalten, damit es sich nicht weitere Schäden zufügt.

Bei Anzeichen von Stress stellt sich die Frage, inwiefern man das Tier aus der stressigen Situation herausnehmen kann.

Damit weniger Kontakt mit Problemstoffen entsteht, kann man die gestörte Hautbarriere des Tieres stärken, z.B. mit qualitativ hochwertigen Omega-3-Fettsäuren.

Nahrungsergänzungsmittel können nur sinnvoll eingesetzt werden, wenn die Ursache des Juckreizes zumindest in Teilen eingegrenzt werden kann und Futtermittelallergien bereits ausgeschlossen sind.

Auch Kräuter können den Stoffwechsel und die Leber unterstützen oder bei Entzündungen eingesetzt werden. Hier sollte man gerade bei Katzen aufpassen, da diese auf viele Kräuter sehr sensibel reagieren! Bei Unsicherheiten sollte unbedingt ein ausgebildeter Phytotherapeut für Tiere ins Boot geholt werden.

Einfache Mittel, die schnell helfen

Hier geht es in erster Linie um folgende Punkte:

  • Juckreizlinderung
  • Verhinderung von Sekundärinfektionen
  • Abheilung von Läsionen und Entzündungen

Damit das Tier die juckende Stelle nicht durch Kratzen schlimmer macht, ist es wichtig, den Juckreiz schnell zu lindern. Leichten Juckreiz kann man mit einfachen Hausmitteln behandeln.

Kamille ist ein wunderbares Hausmittel bei Entzündungen von Haut und Schleimhaut. Auflagen oder Pfotenbäder mit Kamillentee beschleunigen das Abklingen von Reizungen und hemmen die Entstehung von Entzündungen. Zudem wird der Hautstoffwechsel angeregt, wodurch der körpereigene Schutz gestärkt wird.

Apfelessig wirkt antiseptisch und richtet sich gegen Pilze und Bakterien. Er lindert den Juckreiz und hilft, den pH-Wert der Haut ins Gleichgewicht zu bringen. Wenn der Juckreiz sich auf eine kleine Hautpartie begrenzt, kann man den verdünnten Apfelessig direkt auf die betroffene Stelle tupfen.

Bei Kolloidalem Silber handelt es sich um winzigste Partikel aus Silber, die in Wasser gebunden, aber nicht gelöst sind. Kolloidales Silber wird als „natürliches Antibiotikum“ bezeichnet. Es verspricht eine gute Wundversorgung und hemmt die Keimbildung. Zudem soll es bei akuten Krankheitszuständen, wie z.B. Entzündungen, helfen. In Form von Sprays oder Auflagen kann man damit die wunden Stellen behandeln.

Kaltes Aloe Vera Gel (aus dem Kühlschrank) lindert den Juckreiz effektiv. Aloe Vera wirkt entzündungshemmend, antimykotisch und antibakteriell. Sie ist reich an Vitamin E, wodurch die Haut mit viel Feuchtigkeit versorgt und der Juckreiz reduziert wird. Das Gel kann man gut auf den Pfoten oder anderen weniger behaarten Körperstellen verwenden.

Manuka Honig kann auf zwei Arten gegen Juckreiz eingesetzt werden. Hund und Katze können den Honig mit dem Futter bekommen, was eine Stärkung des Immunsystems zur Folge hat. Kratzwunden kann man durch Bestreichen der betroffenen Partien behandeln. Vor allem, wenn es sich um nässende Wunden handelt, hilft der stark zuckerhaltige Honig, die wunde Stelle schnell auszutrocknen. Die heilsame, da antibakterielle Wirkung des Methylglyoxal im Honig hilft, die offene Stelle sauber zu halten. So werden Sekundärinfektionen vermieden.

Die Ringelblume findet in der Phytotherapie hauptsächlich äußerliche Anwendung. Als Salbe wird sie z.B. bei entzündlichen Erkrankungen auf die Haut aufgetragen. Sie fördert die Wundheilung und soll lokal entzündungshemmend wirken. Verantwortlich dafür sind die enthaltenen Flavonoide, die die Haut beruhigen und die Wundheilung anregen. Ein Balsam oder eine Salbe aus Ringelblume pflegt und desinfiziert die gereizten Hautpartien.

Es gibt also viele Möglichkeiten, mit einfachen aber effektiven Hausmitteln gegen den Juckreiz anzukämpfen.

Fazit

Juckreiz oder Pruritus ist für viele Hunde und Katzen sowie deren Besitzer eine sehr belastende Situation. Diese unangenehme Empfindung löst bei den Tieren das Bedürfnis aus, sich ständig zu kratzen, zu lecken, zu beißen oder sich an Gegenständen zu reiben. Die Ursache für das Symptom Juckreiz zu finden, steht an erster Stelle, damit man den Juckreiz langfristig in den Griff bekommt. Da dies meist über einen längeren Zeitraum abgeklärt werden muss, können altbewährte Hausmittel Linderung verschaffen, damit die Tiere zur Ruhe kommen und die Wunden abheilen können.

Dipl.-Ing. Vanessa RösslerDipl.-Ing. Vanessa Rössler
Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen mit Schwerpunkten BARF und Koch-Fütterung
vanessa.roessler@barf-beratung.at

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