Im Dschungel der Versicherungen
Bei der Unfallversicherung unterscheiden wir zwischen einer gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft bzw. -versicherung und einer freiwilligen Versicherung. Der Beitrag zur gesetzlichen Pflichtversicherung zählt zu den Sozialversicherungsbeiträgen. Die freiwillige Versicherung kann bei der zuständigen gesetzlichen Unfallversicherung oder bei einem privaten Anbieter abgeschlossen werden.
VON DER ANSTELLUNG HINEIN IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT
Das deutsche Sozialsystem verpflichtet einen Arbeitgeber, seine Angestellten in der gesetzlichen Unfallversicherung anzumelden. Träger sind spezialisierte Berufsgenossenschaften (BG), da jeder Beruf spezifische Unfallgefahren mit sich bringt. Wenn Sie sich selbstständig machen wollen, müssen Sie die Kosten dieser Versicherung bzw. Mitgliedschaft selbst tragen. Für Gründer im Bereich „Wellness, Prävention, Beauty und Gesundheit“ ist bei der Anwendung bestimmter Methoden die Mitgliedschaft in einer BG verpflichtend.
WELCHE BG IST ZUSTÄNDIG?
Die BG sind zuständig für Rehabilitation bei Berufskrankheiten, Arbeits- und Wegeunfällen sowie für Rentenzahlungen, wenn eine Verrentung durch einen Unfall oder eine Berufskrankheit erforderlich sein sollte. Auf der Internetseite des Deutschen Spitzenverbandes der gesetzlichen Unfallversicherer (DGUV) finden Sie eine Übersicht aller BG.
Die (Teil-)Selbstständigen, die im WBG Mitglied sind, fallen in den Zuständigkeitsbereich der Berufsgenossenschaft für Gesundheits- und Wohlfahrtspflege (BGW), aber auch in die der Verwaltungsberufsgenossenschaft (VG), z. B. bei Yoga.
GRUNDSATZ UND AUSNAHME
DGUV auf seiner Internetseite: „Die meisten Selbstständigen und Unternehmer können sich freiwillig gegen die Folgen eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit in der gesetzlichen Unfallversicherung versichern. Durch einen schriftlichen Antrag bei dem für sie zuständigen Unfallversicherungsträger sichern sie sich einen Versicherungsschutz mit umfangreichen Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, zur beruflichen und sozialen Teilhabe, dazu Pflege- und Geldleistungen. Die Höhe der Geldleistungen (z. B. Verletzten- und Übergangsgeld) sowie der Renten richtet sich nach der vereinbarten Versicherungssumme. Einige wenige Gruppen von Unternehmern sind kraft Gesetzes, also ohne Antragstellung, in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert. Dazu gehören u. a. Personen, die selbstständig im Gesundheitsdienst oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind, z. B. Hebammen, Physiotherapeuten und Logopäden.“ (Quelle: dguv.de, Zugriff: 22.05.2025)
WBG-MITGLIEDER – FREIWILLIG ODER GESETZLICH VERSICHERT?
Wie bei fast allen Berufen, die nicht durch Berufsrecht normiert sind, gibt es auch bei den neuen Berufen im Wellness-, Präventions- und Gesundheitsbereich außerhalb der Heilkunde Grundsatz und Ausnahme. Durch die Entwicklung in der Praxis der BGW gilt:
Grundsatz: Pflichtmitgliedschaft gemäß § 2 I Nr. 9 SGB VII, wenn die Tätigkeit dem Gesundheitswesen zuzuordnen ist
Ausnahme: Freiwillige Versicherung bei der BG oder private Unfallversicherung
GRUNDSATZ
Noch 2010 richtete sich die Feststellung einer Pflichtmitgliedschaft nach § 2 I Nr. 9 SGB VII nach der konkreten Methode, die der Selbstständige ausübte. So wurde „Lomi Lomi Nui“ damals von der BGW noch in den Bereich der Kosmetik eingeordnet, wonach die Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung bestanden hatte. Weiter wurde darauf abgestellt, dass ein Unternehmen versicherungspflichtig würde, sobald es einen Angestellten hat. Das Vorgehen der BGW hat sich seit 2018 durch ein Gerichtsurteil des Bundessozialgerichts (BSG) verändert, sodass die BGW inzwischen die Ausübenden aller Massageformen und energetischen Behandlungen erfasst.
So heißt es in dem Urteil, auf das sich die BGW bezieht: „Dabei muss es sich um Einrichtungen und Tätigkeiten handeln, bei denen die Wahrung der Gesundheit den Hauptzweck bildet; es genügt nicht, dass ein gesundheitsfördernder bzw. krankheitsverhütender Erfolg lediglich eine zwar praktisch bedeutsame, aber doch nur nebenher erzielte Begleiterscheinung ist.“
Die BGW schreibt im April 2025 zudem: „Die Definition, ob eine selbstständige Tätigkeit dem Gesundheitswesen zuzuordnen ist, wird durch ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts immer wieder neu justiert.“
AUSNAHME
Berufsgruppen im Gesundheitswesen, die Diagnosen stellen, sind nicht pflichtversichert. Dazu zählen Heilpraktiker und Heilpraktiker für Psychotherapie. Das sehe ich persönlich als Widerspruch an, aber so lautet es im erwähnten BSG-Urteil ohne Begründung: „Schließlich wird durch die Freistellung von selbstständigen Ärzten und Heilpraktikern von der Versicherung nach § 2 Abs.1 Nr. 9 SGB VII in § 4 Abs. 3 SGB VII nicht der allgemeine Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt.“ Fazit: Wenn Sie aktuell im Wellness- und Präventionsbereich ein Gewerbe anmelden, wird das in der Regel vom Gewerbeamt an die BG gemeldet.
PRIVATE UNFALLVERSICHERUNG
Die gesetzliche Unfallversicherung versichert Sie als Person nur bei der Ausübung Ihrer beruflichen Tätigkeit. Die private Unfallversicherung versichert Sie, immer und zu jeder Zeit, auch wenn Sie privat unterwegs sind. Hierbei handelt es sich, wie bei der privaten Krankenversicherung auch, um einen privatrechtlichen Vertrag, dessen Vertragsbedingungen zwischen Ihnen und der Versicherung vereinbart werden.
Mehr zum Thema Unfallversicherung erfahren Sie im Interview, das ich mit Michael Zellerer von der Continentale geführt habe. Hier gehts zum Video

Barbara von den Driesch
Präsidentin des Fachverbandes Wellness, Beauty und Gesundheit e.V. (WBG), Dozentin an den Paracelsus Gesundheitsakademien
vondendriesch@wellness-fachverband.deWeitere Artikel aus dieser Ausgabe
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Naturheilkunde