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Naturheilkunde
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Kleine Ionen, große Wirkung

© Kien adobestock.com

Mineralstoffe sind lebenswichtige, anorganische Substanzen, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Sie sind in jedem Gewebe enthalten und müssen über die Nahrung zugeführt werden. Je nach benötigter Menge unterscheidet man Mengenelemente (Kalium, Magnesium, Natrium, Calcium, Chlorid) und Spurenelemente (Eisen, Zink, Selen, Mangan, Jod). Einige Mineralstoffe, v. a. Natrium, Kalium, Calcium, Magnesium und Chlorid, nehmen eine besondere Rolle ein: Sie liegen im Körper als elektrisch geladene Teilchen vor, gelöst in Blut, Gewebs- oder Zellflüssigkeit, und ermöglichen dort in ihrer Rolle als Elektrolyte die Weiterleitung elektrischer Impulse sowie die Aufrechterhaltung aller Transportvorgänge und der inneren Ordnung.  

 

 

ELEKTROLYTE IM KÖRPER

Elektrolyte übernehmen im menschlichen Organismus eine Vielzahl lebenswichtiger Aufgaben – sie sind stille Regisseure im Hintergrund nahezu aller physiologischen Prozesse (Tab. 1). Eines ihrer wesentlichsten Charakteristika ist die elektrische Leitfähigkeit: Elektrolyte ermöglichen den Austausch elektrischer Signale zwischen Nervenzellen und Muskelfasern. Ohne diese Ionen wären weder der Herzschlag noch bewusste Bewegung oder Denkprozesse möglich. Sie bilden die Grundlage für die Auslösung und Weiterleitung von Nervenimpulsen. 

 

Ebenso entscheidend ist ihre Funktion bei der Regulierung der Flüssigkeitsverteilung im Körper: Elektrolyte kontrollieren den osmotischen Druck und bestimmen, in welche Richtung Wasser zwischen Zellen, Gewebe und Blutplasma fließt. Dabei spielt Natrium eine dominierende Rolle im Extrazellulärraum, während Kalium innerhalb der Zellen das Gleichgewicht wahrt. Diese Regulation schützt uns vor Dehydratation genauso wie vor Ödembildung. 

 

Ein weiterer zentraler Wirkbereich ist die Aufrechterhaltung der pH-Balance, also des optimalen Gleichgewichts zwischen Säuren und Basen. Unser Körper ist darauf angewiesen, den Blut-pHWert in einem engen Bereich zwischen 7,35 und 7,45 zu halten. Elektrolyte sind an der Pufferung sowie Neutralisierung überschüssiger Säuren beteiligt. So verhindern sie eine unerwünschte Azidose oder eine Alkalose, welche schwerwiegende Störungen verursachen können. 

 

Außerdem wirken Elektrolyte als Enzymaktivatoren. Viele biochemische Reaktionen im Stoffwechsel, in der Zellatmung oder beim Muskelaufbau benötigen bestimmte Ionen als Co-Faktoren – v. a. Magnesium und Calcium sind an hunderten enzymatischen Prozessen beteiligt. Ohne ihre Anwesenheit würden diese Reaktionen gar nicht oder nur unzureichend ablaufen. 

Nicht zuletzt sind Elektrolyte für den Zellschutz sowie die strukturelle Stabilität aller Zellmembranen verantwortlich. Sie tragen dazu bei, elektrische Spannungen zwischen Innen- und Außenseite der Zellhülle aufrechtzuerhalten. Diese Membranpolarität ist wesentlich für die Integrität und die Funktionsfähigkeit jeder Zelle. 

 

Knapp zusammengefasst: Elektrolyte sind unverzichtbar für die elektrische, chemische und strukturelle Ordnung im Körper – sie sichern das Zusammenspiel von Wasser, Energie und Funktion auf zellulärer und systemischer Ebene. 

 

 

VERÄNDERTER ELEKTROLYTBEDARF

Der Elektrolytbedarf des Körpers ist kein fixer Wert, sondern ein dynamisches Gleichgewicht, das sich kontinuierlich an innere und äußere Einflüsse anpasst. In bestimmten Situationen kann es jedoch zu erhöhtem Verlust und damit zu einem kritischen Mangel an essenziellen Ionen kommen, mit teils weitreichenden Auswirkungen auf Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden. 

 

 

THERMOREGULATION MIT NEBENWIRKUNG

Der menschliche Körper reguliert seine Temperatur durch Schwitzen, eine hochentwickelte Funktion zur Abkühlung. Doch während Schweiß primär der Thermoregulation dient, gehen dabei nicht nur Wasser, sondern auch in erheblichem Maße Elektrolyte verloren, v. a. Natrium, Chlorid und Kalium. Als weiße Ränder sind die trockenen Salzkristalle auf Kleidung oder Haut sichtbar. Der Verlust von bis zu mehreren Gramm Salz pro Liter Schweiß entspricht nicht der physiologischen Norm, sondern ist eine moderne Belastung mit potenziell kritischen Folgen: Dehydratation, Muskelkrämpfe, Kreislaufschwäche bis hin zu Herzrhythmusstörungen sind typische Symptome eines Elektrolytdefizits bei starkem oder wiederholtem Schwitzen. 

 

 

HYPOTONE FLÜSSIGKEITSZUFUHR

Ein weiterer kritischer Faktor ist das Trinken von reinem Wasser ohne Elektrolytzufuhr während oder nach körperlicher Belastung. Auch das erscheint auf den ersten Blick gesund, birgt aber das Risiko einer Hyponatriämie: Der Natriumgehalt im Blut wird durch die Wasserzufuhr verdünnt, was zu einem osmotischen Ungleichgewicht führt. Wasser dringt vermehrt in Zellen ein, auch in die Gehirnzellen. Erste Symptome sind Kopfschmerzen, Übelkeit und Unwohlsein. Im Extremfall kann es zu einem Hirnödem und Bewusstseinsverlust kommen. Besonders gefährdet sind Ausdauersportler, Marathonläufer, Saunagänger, aber auch ältere Menschen bei hohen Temperaturen, v. a. im Sommer. 

 

 

GESTÖRTE HAUT- UND DARMBARRIERE

Im Kontext des Elektrolytverlusts wird die Rolle der Hautund Darmbarriere oft unterschätzt. Bei Hauterkrankungen (z. B. Neurodermitis, Psoriasis) oder Verbrennungen ist die epidermale Barriere gestört. Dadurch wird nicht nur vermehrt Wasser über die Haut abgegeben, auch Natrium und Chlorid gehen passiv verloren. Bei großflächigen Schädigungen kann dies zu massiver innerer Dehydrierung führen, obwohl äußerlich kaum Flüssigkeit zu sehen ist. 

 

Auch der Darm spielt eine wichtige Rolle im Elektrolythaushalt. Die Darmwand, v. a. die Schleimhaut der Dünndarmschleife, reguliert durch Natrium-abhängige Transportmechanismen (SGLT1) die Aufnahme von Wasser und Elektrolyten. Bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Leaky-Gut-Syndrom oder viralen Infekten ist diese Barrierefunktion gestört. Die Folge: Elektrolyte werden schlechter resorbiert oder vermehrt ausgeschieden, was zu weiteren Verlusten führt. 

 

 

HANDLUNGSOPTIONEN

Angesichts dieser Einflussfaktoren ist es notwendig, Elektrolytverluste rechtzeitig zu erkennen und gezielt auszugleichen, v. a. in Situationen mit 

  • körperlicher Belastung oder starker Hitze, 

  • Erkrankungen der Haut oder des Darms, 

  • hohem Flüssigkeitsumsatz (z. B. Diuretika, Fasten, Sport). 

 

Dabei ist nicht nur die Menge relevant, sondern auch das Verhältnis der zugeführten Ionen. Eine isotonische Flüssigkeit, die Wasser mit einer ausgewogenen Mischung aus Natrium, Kalium, Magnesium, Calcium und Chlorid kombiniert, entspricht der physiologischen Zusammensetzung des Blutes und kann Verluste effizient ersetzen, ohne das Gleichgewicht weiter zu stören. 

 

Langfristig sollte außerdem auf eine barrierefreundliche Lebensweise geachtet werden: entzündungshemmende Ernährung, probiotische Unterstützung der Darmflora, schützende Hautpflege sowie ausreichende Versorgung mit Mikronährstoffen können helfen, Elektrolytverluste zu minimieren, statt sie nur zu ersetzen. 

 

 

HYPOTON, HYPERTON ODER ISOTON?

Wenn es um das Trinken bei Belastung, Hitze oder Krankheit geht, ist nicht nur die Menge relevant, sondern v. a. die Zusammensetzung. Denn Wasser ist nicht gleich Wasser. Jede Flüssigkeit beeinflusst den osmotischen Druck, also die Anzahl gelöster Teilchen pro Volumeneinheit, und wirkt dadurch auf den Flüssigkeitsaustausch im Körper. Entscheidend ist, wie die Osmolarität der aufgenommenen Flüssigkeit im Vergleich zum Blutplasma (~290 mOsm/L) steht.  

 

Hypotone Flüssigkeiten enthalten weniger gelöste Teilchen als das Blut. Reines Wasser, Früchtetee oder stark verdünnte Säfte sind Beispiele. Wird eine solche Flüssigkeit nach starkem Schwitzen oder körperlicher Belastung getrunken, kann sie zwar Wasser zuführen, aber keine Elektrolyte. In der Folge verdünnt sich der Elektrolytspiegel im Blut, was das Risiko einer Hyponatriämie (zu wenig Natrium) mit den genannten Folgen erhöht. 

 

Hypertone Flüssigkeiten, etwa stark zuckerhaltige Limonaden oder Energy Drinks, sind konzentrierter als das Blut. Im Zuge des osmotischen Ausgleichs entziehen sie dem Darm Wasser, was die Flüssigkeitsaufnahme sogar behindern kann. In Stressoder Belastungssituationen sind sie daher kontraproduktiv. Isotone Flüssigkeiten besitzen eine annähernd gleiche Osmolarität wie das Blut. Sie liefern sowohl Wasser als auch Elektrolyte in einem physiologisch idealen Verhältnis, können optimal vom Dünndarm aufgenommen werden und gleichen sowohl Flüssigkeits- als auch Salzverluste effizient aus. Idealerweise enthalten sie Natrium, Kalium, Magnesium, Calcium und Chlorid in moderaten, ausbalancierten Mengen. 

 

Nach starker Belastung oder bei Elektrolytverlusten sollte die Flüssigkeit also nicht rein, sondern intelligent zusammengesetzt sein. Eine isotonische Elektrolytlösung im richtigen Mischverhältnis mit Wasser kann helfen, den Flüssigkeits- und Mineralienhaushalt rasch und effizient zu normalisieren, ohne den Organismus zusätzlich zu belasten. 

 

 

LABORDIAGNOSTIK

Die Laboranalyse von Elektrolyten ist eine etablierte Methode zur Erkennung von Mangelzuständen, Regulationsstörungen und Belastungen des Organismus. In der Medizin dienen Elektrolytwerte vorrangig der Diagnose akuter Stoffwechselentgleisungen, etwa bei Dehydratation, Herzrhythmusstörungen oder Nierenerkrankungen. Die ganzheitliche Labormedizin erweitert den Blick und versteht das Blut als lebendigen Spiegel von Körper und Seele. Elektrolytwerte sind hier nicht nur biochemische Ionen in Zahlen – sie sind Träger von Informationen und geben in ihrem Zusammenspiel Hinweise auf Funktionsdynamik, Zellstoffwechsel, Regenerationsfähigkeit, innere Ordnung, Lebensrhythmus und sogar emotionale Zustände. 

 

 

SERUMWERTE ALS BASIS

Elektrolyte werden meist im zellfreien Anteil des Blutes nach Zentrifugation bestimmt. Dies erlaubt einen Überblick der extrazellulären Konzentration der Ionen, was zur schnellen Orientierung in Akutsituationen (z. B. bei Durchfällen, Medikamentenwirkungen oder Erkrankungen der Nebennierenrinde) besonders nützlich ist. Allerdings bleibt hier oft verborgen, was intrazellulär passiert – genau dort, wo viele Elektrolyte ihre hauptsächliche Wirkung entfalten. 

 

 

VOLLBLUTANALYSE

Die Serumdiagnostik spiegelt also in vielen Fällen nicht den tatsächlichen intrazellulären Versorgungsstatus wider. Gerade bei Magnesium, Kalium und Calcium befinden sich mehr als 95% ihres Vorkommens im Inneren der Zellen. Auch Chlorid und Natrium, obwohl überwiegend extrazellulär verteilt, zeigen in funktioneller Diagnostik deutliche Hinweise auf Regulationsstörungen, wenn man sie im Kontext bewertet. Die Bestimmung der Elektrolyte im Vollblut oder gezielt in intrazellulären Kompartimenten (z. B. den Erythrozyten) erlaubt einen tieferen, funktionellen Einblick. Sie liefert präzisere Informationen über tatsächliche Mängel, funktionelle Erschöpfung oder Regulationsstörungen, und zwar lange bevor klinische Symptome auftreten oder die Serumwerte entgleisen (Tab. 1). 

ZWISCHEN DEN ZAHLEN

Darüber hinaus lassen sich aus dem individuellen Zusammenspiel der Elektrolyte, wie es sich in den Laborwerten zeigt, Zusammenhänge und Muster erschließen, die einen noch differenzierteren Umgang mit der Symptomatik möglich machen. Zwischen den Zahlen lesen zu können, die „Sprache des Körpers“ zu verstehen, ermöglicht es, nicht nur Defizite zu kompensieren, sondern Funktion und Selbstregulationsfähigkeit zu stärken. Dieser zentrale Ansatz der ganzheitlichen (Labor-)Medizin versteht den Menschen nicht nur auf Laborbasis, sondern im Kontext seiner zellulären Energie- und Kommunikationsprozesse. 

 

 

FAZIT: KLEINE IONEN – GROSSE WIRKUNG

Elektrolyte sind unverzichtbare Schaltstellen unseres Stoffwechsels und damit Grundlage für Gesundheit, Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden. In Phasen hoher Belastung, bei Hitze, Stress oder Barrierestörungen kann der Bedarf deutlich steigen – oft unbemerkt. Ein intelligenter isotonischer Ausgleich mit Wasser und Elektrolyten hydriert nicht nur, sondern bringt das Wasser auch dorthin, wo es hingehört – intrazellulär und extrazellulär. Elektrolyte sind klein, aber entscheidend für das große Ganze! 

Matthias Baum

Heilpraktiker mit Schwerpunkten klinische Psychoneuroimmunologie, funktionelle Labordiagnostik, Mikronährstofftherapie, Ernährungsberatung, Darmgesundheit und Physiotherapie, Gesundheitswissenschaftler, Dozent und Speaker

baum@gesundheitspraxis-altona.de

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