aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 2/2019
Editorial
Liebe Leserin
Lieber Leser
Sie mögen uns erschrecken, die neuesten Zukunftsvisionen aus dem Silicon Valley. Die Datensammler wenden sich unserem Körper, unseren Lebensgewohnheiten und Gesundheitsrisiken zu, und ich bin sicher, dass der Menschheit eine Revolution der Gesundheits- und Medizinlandschaft unmittelbar bevorsteht.
Facebook, Apple & Co. wollen unsere Körper vermessen, gesundheitsrelevante Lebensumstände und -gewohnheiten auswerten, hoffen, daraus immer mehr Erkenntnisse abzuleiten zur Prophylaxe, Früherkennung und zur treffsicheren medizinischen Intervention. Natürlich sind gewaltige Profitinteressen die treibende Kraft hinter den Plänen und bereits sichtbaren Engagements der Weltkonzerne im Datenmarkt: Jeff Bezos gründete unlängst eine eigene Krankenversicherung, baut Kliniken und hat sich die Internetapotheke Pillpack einverleibt. Facebook verhandelt mit Krankenhäusern über den Ankauf anonymisierter Patientendaten, und freilich haben wir Zuckerberg im Verdacht, dass er diese Daten mit seinen Algorithmen den Patienten konkret zuordnen möchte.
Jüngst wurde bekannt, dass Facebook im Großversuch suizidgefährdete Nutzer filtert. Alphabet, Googles Mutterschiff, entwickelt KI-basierte Software-Lösungen, will Krankheitsverläufe erfassen, analysieren und schließlich voraussagen. Ja, auch der Sterbezeitpunkt ist kein Tabu. Die Landmark Study der Duke und der Stanford University begleitet 10 000 Probanden wissenschaftlich, zeichnet ihre Gesundheits- und Lebensdaten mit Wearables über Jahre hinweg auf: Schlafqualität, sämtliche relevanten und messbaren körperlichen Aktivitäten, Langzeit-EKGs, Genom-Sequenzen, Labor-Scans, Herz- und Nieren-Tests, sogar die mentale Verfassung wird observiert. Bestehende Krankheiten und deren Verläufe sollen via Live-Ticker analysiert, drohende Gesundheitsrisiken erkannt und besser vorhersehbar werden.
Es wird sicher sehr spannend, und ich, derweil nicht unbedingt Freund der Datensammelwut, schließe mich nicht den Verweigerern und Warnern vor dem Menetekel des gläsernen Menschen als Opfer profitgeiler Konzerne an, sondern freue mich auf wissenschaftliche Fortschritte der Medizin, der nachweislich schärfsten Waffe unseres Kampfes gegen Krankheit, Leiden und frühzeitigen Tod.
Ich freue mich auf die Aussicht, dass dabei auch mancher Beleg abfallen wird für unsere heilpraktischen Einsichten und Erklärungen, die heute noch als unwissenschaftlich abgetan werden. Wir sind schließlich durch unseren Berufskodex vorab und zuallererst unseren Patienten verpflichtet.
Mit freundlichen Grüßen
HP Eckhardt W. Martin, Herausgeber