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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2019

Glosse: Grün sind alle meine Lebensmittel

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Grün ist in aller Munde. Im wahrsten Sinne des Wortes. Alle trinken grün, Smoothies oder Greens genannt. Verschiedene Zutaten werden da in einem Mixer zu Brei verarbeitet und anschließend mit glucksenden Geräuschen hinuntergeschluckt. Schnell noch ein Selfie vom grün umrandeten Mund und ein gesundheitsförderndes Zitat darunter, und schon weiß die ganze Welt, was uns gefällt. (Ein Gedanke, der nicht ganz zum Thema passt, aber zur Aussage: Ich habe immer das Gefühl, dass etwas, was wir nicht sofort auf Social Media teilen, nie passiert ist. Folglich haben wir dann gar keinen Effekt, weil es ja niemand sieht und sagen kann, wie positiv wir uns verändert haben. Nicht, dass wir es nur für die Außenwelt tun, natürlich nicht, doch schön ist es schon, wenn uns andere, gar fremde Menschen für unsere Entscheidungen loben.)

Ein grüner Shake soll eine vollwertige Mahlzeit ersetzen und supergesund sein. Ein Bekannter meinte einmal, er liebe Apfelmus, das Ganze allerdings trinken würde er nicht. Man muss es ja nicht trinken, habe ich ihm erklärt, man kann es auch löffeln. Das Ganze nennt sich dann „Smoothie Bowl“ und kommt am besten mit „Toppings“ (kleine Essenseinheiten zum Kauen) obendrauf. Und wenn wir es vor dem Hintergrund eines relaxten Strands zu uns nehmen oder in einem der hippen veganen Cafés, dann liegen wir voll im Trend.

Ich bin im Zwiespalt mit dieser grünen Welle, die mir ja ebenso vermittelt, dass der Smoothie nicht nur vitalstoffreich, sondern auch entschlackend und gewichtsreduzierend ist. Ein gesunder Allrounder sozusagen – und wer liebt die Einfachheit im Alltag nicht? Und doch hat diese Medaille zwei Seiten: Auf der einen ist der Drink einfach lecker und schnell gemacht. Das Einkaufen geht zügig, da ich mich nur in der Obst- und Gemüseabteilung aufhalten muss. Zudem mag ich die Farbe Grün und alles, was zeitsparend ist. Nicht zuletzt ist ein wenig Cocktail-Atmosphäre à la „geschüttelt statt gerührt“ am helllichten Tag auch ganz nett. Doch soll ein Smoothie auf der anderen Seite auch zu viel des Guten enthalten. Ganz besonders Zucker. Die gleiche Menge an Obst und Gemüse würden wir ansonsten nie in diesem kurzen Zeitraum essen können, weil es schlichtweg zu viel Masse wäre. Zudem scheint der Smoothie wohl auch nicht gut für die Funktion unseres Gebisses zu sein, da wir nichts kauen oder zerkleinern müssen. Recherchiere ich weiter, lese ich wiederum, dass er genau deshalb gut für die Verdauung sei, da ja eh schon alles zerkleinert und breiig ist. Und um vollends Verwirrung zu stiften: Es gibt ja noch die Greens. Das sind Pulver, die mit Wasser angerührt werden und in denen viele pflanzliche Nährstoffe enthalten sein sollen, die wir in diesem Umfang im Rahmen unseres regulären Essverhaltens nicht aufnehmen.

Und wer keine Lust auf das Trinken hat, nimmt die Wraps (nicht die zum Essen, sondern die aus grünen Algen und extra für solch eine Anwendung hergestellt), die wir uns um unseren Körper wickeln und dabei hoffen, dass unser kleiner Schokoladen-Bauch davon flacher wird.

Es bestehen unendlich viele Möglichkeiten, den grünen Anteil im Leben zu erhöhen und gleichzeitig viel Geld dafür auszugeben. Ich habe Diverses ausprobiert, und mit manchen Dingen bin ich sogar zufrieden. Doch es gibt auch einiges, bei dem sich mir Wirkung und Nachhaltigkeit nicht erschließen. Wie dem auch sei, am Ende ist es doch so: Wenn es schmeckt und ein gutes Gefühl bereitet, warum darauf verzichten? Wenn der eigene Körper positiv reagiert und sogar die Kinder und der Mann plötzlich mehr Vitamine zu sich nehmen als bisher, warum damit aufhören? „Weil es neumodisches Zeug ist“, würde meine Oma jetzt sagen. Und weil wir früher auch ohne dieses Extragedöns ausgekommen sind. Damals haben wir Äpfel aus Nachbars Garten gegessen. Zudem wurde das genommen, was Saison hatte. War dem nicht so, wurde es weder von weit her gekauft noch vermisst. Es war halt so, dass es das gerade nicht gab. Und wenn es gar kein Obst gab, haben wir das eingeweckte Zeug aus dem Keller geholt.

Natürlich stimmt das alles. Was allerdings nicht bedeutet, dass uns unser modernes Verhalten schadet. In der heutigen Zeit, während der es gerade bei der Ernährung schnell zu Fehlgriffen kommen kann, ist es gut zu wissen, an welcher Stellschraube wir drehen können, um wieder mehr in Balance zu kommen. Innerlich. Denn ein gesunder Körper bringt auch einen gesunden Geist hervor. Meine Beobachtung ist, dass wir dieses Gefühl immer mehr vergessen haben. Das Gefühl für unseren Körper, im positiven Sinne. Vielleicht hilft das „neumodische Zeug“ dabei, wieder einen sensibleren Blick auf uns zu werfen. Uns wieder mehr mit uns zu beschäftigen. Uns mehr um unsere Ernährung und Gesundheit zu kümmern. Und wenn es nur ein Placebo-Effekt ist, der uns nicht schadet, dann ist das immer noch besser als ein wirklicher Kater nach einer durchzechten Nacht mit zu viel Nikotin.

Jana LudolfSonnige Grüße, Ihre Jana Ludolf
Heilpraktikerin für Psychotherapie,
Mediatorin und Familiencoach
info@Jana-Ludolf.de

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