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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2019

Immer mehr Kinder leiden an Allergien

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Diagnose und Therapie von Kindern und Jugendlichen

Neurodermitis im Babyalter, Heuschnupfen bei Kleinkindern und Asthma beim Teenager. Allergien haben besonders bei Kindern und Jugendlichen in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. So ist der Anstieg der Betroffenen von 20 auf 50% der Bevölkerung mittlerweile dokumentiert. Bereits 15% der Kinder im Alter von 7 Jahren sind an Heuschnupfen erkrankt.

Allergische Erkrankungen haben viele Gesichter, Erscheinungsbilder und Folgereaktionen. So werden durch sie nicht nur Heuschnupfen, Asthma und Neurodermitis ausgelöst, sondern auch Darmentzündungen mit Magen-Darm-Störungen, Inflammationen der Gelenke und Hautveränderungen.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen echten Allergien, bei denen eine fehlerhafte Immunreaktion stattfindet (u.a. IgE-vermittelte Reaktion [Typ I]), und sog. Pseudoallergien oder Intoleranzen, die z.B. Nahrungsmittelunverträglichkeiten nach sich ziehen.

Allergie: Immunsystem außer Balance

Der Körper kommt ständig in Kontakt mit Fremdstoffen, die er als harmlos oder schädlich erkennen und ggf. unschädlich machen kann. Gegen unerwünschte Substanzen bildet er Antikörper, um für spätere, erneute Kontakte gewappnet zu sein. Ist aber die Immunlage gestört (z.B. durch ständige Forderung überlastet), sind Fehlreaktionen des Abwehrsystems die Folge, und es werden plötzlich harmlose Stoffe wie Blütenpollen oder Hausstaub als bedrohlich betrachtet. Es entwickelt sich eine Allergie.

Bei der Entstehung einer akuten allergischen Reaktion sind die Mastzellen beteiligt, die sich v.a. im Bindegewebe und in den Schleimhäuten von Grenzorganen (Darm und Atemwegen) finden. Die nach dem Erstkontakt mit dem Fremdstoff gebildeten IgE-Antikörper binden an die Oberfläche der Mastzelle. Es kommt zur Sensibilisierung. Nach dem zweiten Kontakt mit dem Antigen wird diese via Antikörper aktiviert und schüttet Botenstoffe wie Histamin und Prostaglandin aus, die u.a. als Signalstoffe für Abwehrzellen des Immunsystems dienen. Diese Stoffe bewirken auch eine Erweiterung der feinsten Blutgefäße und eine Steigerung der Stoffwechselvorgänge im Gewebe. Es wird vermehrt Schleim produziert, der Blutdruck fällt ab, die Schleimhaut schwillt an, es entwickeln sich die typischen Symptome einer Allergie, die von der laufenden Nase bis hin zum schweren Asthma reichen oder im schlimmsten Fall einen anaphylaktischen Schock produzieren.

Diagnostik bei jungen Patienten

Gerade jüngere Kinder leiden sehr unter den Symptomen der Allergie, v.a. unter Hauterscheinungen, denn meist kratzen sie sich ungehindert. Besonders nachts, worunter auch der gute Schlaf leidet – und nicht nur der der Kinder, sondern auch der Eltern.

Die gute Nachricht: Gerade die Kleinsten sprechen sehr gut auf die Therapie an. Die Ausheilungschance liegt bei über 90%!

Am Anfang einer erfolgreichen Therapie steht immer eine saubere Diagnostik. Für Kinder bieten sich folgende Testungen an:

  • Messung des Immunstatus (aus dem Blut – Messung von Anzahl und Funktion der verschiedenen Lymphozyten-Typen), um Störungen des Immunsystems aufzudecken
  • Allergentest (aus dem Blut oder auf der Haut), um die Auslöser der Erkrankung festzulegen
  • Überprüfung der Darmgesundheit (Ernährungsgewohnheiten, ggf. spezifische Stuhlanalyse)

Die Blutabnahme bei Kindern gestaltet sich zuweilen etwas heikel, da die Kleinen oft sehr aufgeregt sind und Angst vor dem „Pieks“ haben. In der Regel funktioniert es am besten, wenn man gar nicht erst viel Aufhebens um die Sache macht. Manchmal hilft es, wenn man die Eltern kurz aus dem Raum schickt, da diese ihre eigene Nervosität auf das Kind übertragen. Hier ist das Feingefühl des Therapeuten gefragt.

Vor der eigentlichen Blutabnahme empfiehlt es sich, die Stelle mit einer lokalanästhetischen Salbe zu betäuben.

Behandlungsoptionen bei Allergien

Grundsätzlich sollte eine Therapie, die auf den individuellen Erkenntnissen der Diagnose basiert, möglichst nebenwirkungsfrei aufgebaut sein. Bei jungen Patienten erhält dieser Aspekt eine größere Bedeutung, da der Körper meist noch viel sensibler auf Reize reagiert. Außerdem hat er mit Wachstumsphasen und Stoffwechselumstellungen (Pubertät) genug zu tun, daher sollte man ihn nicht unnötig belasten.

Vermeidung von Auslösern

Wenn die Auslöser bekannt sind, sollte eine Allergenkarenz (Vermeiden der allergieauslösenden Stoffe) versucht werden, insofern dies möglich ist. Handelt es sich um Allergene, wie Blütenpollen, so kann nur eine Reduzierung des Pollenkontakts helfen. Dies erreicht man z.B. durch das Einbringen von Creme oder Vaseline in die Nase, um die Schleimhaut zu versiegeln. In Japan ist dies das erste Mittel der Wahl und wird mit bestem Erfolg eingesetzt. In der Pollenflugzeit können fast 90% der Patienten ihre Symptome auflösen oder stark reduzieren. Auch Nasensprays, zur Reinigung und Pflege sowie zum Stärken und Stabilisieren der Nasenschleimhäute (z.B. mit Meersalz bzw. dem Wirkstoff aus Quitte und/oder Zitrone), können helfen, dass das Allergen nicht mehr gut in den Körper eindringen kann.

Regelmäßiges Duschen oder Baden spült Pollen ab und befeuchtet die Schleimhäute. Eine Luftbefeuchtung im Raum sorgt dafür, dass die Pollen zu Boden sinken und weniger davon eingeatmet werden. Das Bett des Kindes sollte eine normale Höhe haben. Matratzen auf dem Boden – wie es in der Jugendzeit „cool“ ist – eignen sich nicht, da hier neben den Pollen auch mehr Staub als in der Luft zu finden ist.

Ist das Allergen z.B. ein Nahrungsmittel, kann das Immunsystem entlastet werden, indem eine spezielle Diät eingehalten wird. Ist der Auslöser nicht bekannt oder lässt sich schwer nachweisen, lohnt sich in jedem Fall der Versuch einer Eliminationsdiät. Die „Hauptverdächtigen“ sind Milch, Weizen und Eier. Diese Nahrungsmittel werden nacheinander aus dem Ernährungsplan gestrichen. Man beginnt mit der Milch und meidet sie in allen Formen (auch Käse, Joghurt etc.) für mindestens 3 Wochen. Entscheidend ist, dass man sehr streng vorgehen muss und keine Ausnahme machen darf. Schon geringe Spuren können Symptome auslösen oder unterhalten. Sollte keine Besserung der Symptome eintreten, fährt man mit den anderen Nahrungsmitteln fort.

Immunologisch wirksame Therapien

Mithilfe von Eigenblut und Eigenurin kann eine Gegensensibilisierung stattfinden. Dem Immunsystem wird der Auslöser in zerlegter und veränderter Form neu präsentiert und es kann ein Abbau der pathologischen Antikörper eingeleitet werden. Die Wirkung dieser Behandlungsmethode wird besser verständlich, wenn man sich klar macht, dass die krankmachenden Substanzen auch im Blut bzw. Harn enthalten sind. Ein Heuschnupfen- Patient mit Pollenallergie wird immer dann besonders viele Allergene im Blut oder Harn aufweisen, wenn er gerade allergische Reaktionen zeigt.

Die vielen Formen der Eigenurin- und Eigenbluttherapie können in der Akutphase wie auch als wirksame Langzeittherapie eingesetzt werden. Eigenurin kann sehr unkompliziert auf die Haut aufgetragen werden und führt oft schnell zu einer Besserung.

Vor allem Kinder sprechen sehr schnell und gut auf diese sanften Verfahren an. In der Regel ist bei ihnen sonst keine weitere Therapie notwendig.

Membranstabilisatoren

Um die Mastzellen zu stabilisieren und sie daran zu hindern, Mediatoren wie Histamin auszuschütten, steht die nebenwirkungsfreie Cromoglicinsäure (nur Einzelfallberichte) zur Verfügung. Der Initialreiz für die Auslösung der Symptome wird hierüber blockiert. Das Mittel gibt es in Form von Nasentropfen, Sprays und Tabletten. Der Nachteil von Cromoglicinsäure ist, dass sie verwendet werden muss, bevor der erste Kontakt zum Allergen auftritt. Kinder und Jugendliche, die auf dem Land leben, haben ihren Erstkontakt meist zwischen 2.30 und 3.00 Uhr morgens, während die jungen Patienten in der Stadt erst gegen 5.00 Uhr mit der Allergenflut zu kämpfen haben. Der beste Zeitpunkt für die Nutzung der Medikamente ist also direkt vor dem Schlafengehen.

Schwarzkümmelöl

Eine effiziente Therapie gegen Allergien ist die Einnahme von Schwarzkümmelöl. Die enthaltenen essenziellen Fettsäuren bewirken die Bildung von Arachidonsäure, die zu einer Immunausgleichsreaktion führt. In einer Studie wurden 600 Erwachsene mit Schwarzkümmelöl behandelt (3×2 Kapseln, entspr. 3g Schwarzkümmelöl täglich). In 85% der Fälle war eine Behandlung mit diesem völlig schadfreien Nahrungsergänzungsmittel erfolgreich.

Junge Patienten sollten eine kleinere Dosis nehmen (1-2g täglich). Es ist sinnvoll, vor Beginn der Pollenflug-Saison mit der Einnahme zu beginnen. Diese sollte über mindestens 2-3 Monate durchgeführt werden, bringt aber oft schon nach einigen Tagen deutliche Besserung der Symptome mit sich.

Stabilisierung der Immunkraft

Da der Großteil des Immunsystems im Darm sitzt und es sich dort mit den meisten Antigenen auseinandersetzen muss, ist eine gesunde Darmschleimhaut besonders wichtig. Kinder, die per Kaiserschnitt geboren wurden, sollten bzgl. einer gesunden und stabilen Darmflora unterstützt werden. Stillen in den ersten 6-12 Monaten leistet einen wichtigen Beitrag. Sollte das Stillen nicht möglich sein, gibt es schon für die Kleinsten probiotische Tropfen, mit denen es gelingt, eine gesunde Darmflora aufzubauen.

Es lohnt sich, eine individuelle Stuhlanalyse durchzuführen, um die Leitkeime in der aktuellen Flora zu identifizieren. Fehlende Bakterien können dann gezielt substituiert werden.

Anregung der Selbstheilungskräfte

Während der Allergie-Behandlung und grundsätzlich sollte alles vermieden werden, was die natürlichen, durch die Therapie angeregten Selbstheilungsvorgänge beeinträchtigen könnte. Das bedeutet bei Kindern und Jugendlichen:

  • ausreichende und regelmäßige Schlafenszeiten (v.a. Schulkinder brauchen 10-12 Stunden Schlaf)
  • geregelter Lebensrhythmus mit regelmäßigen, gesunden Mahlzeiten sowie Zeit und Ruhe zum Essen
  • Ernährungsumstellung, Reduktion von Zucker und anderen Süßungsmitteln, eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung mit ausreichend Omega-3- und -6-Fettsäuren
  • Vermeidung von geistigen und körperlichen Überanstrengungen mit genügend Zeit für das freie Spiel, evtl. Reduktion von Freizeitaktivitäten „nach Plan“
  • Zeit für Bewegung (Kinder bewegen sich i.d.R. ausreichend, wenn sie die Möglichkeit haben, draußen zu sein, TV und andere Medien eingeschränkt werden)

Kontakt zur Natur

Keine intensive Sonnenbestrahlung, jedoch viel Zeit an der frischen Luft und Kontakt zum Sonnenlicht (Bildung von Vitamin D).

Übertriebene Hygiene meiden

Ein banaler, aber sehr wichtiger Punkt ist, übertriebene Hygiene zu vermeiden. Das Immunsystem der Kinder muss in den ersten Jahren trainiert werden. Mit jedem neuen Kontakt zu einem Fremdstoff lernt es dazu und baut eine für das gesamte Leben sichere und gut funktionierende Abwehr auf. Dies kann es nur, wenn es sich mit Bakterien, Viren und Pilzen auseinandersetzen darf. Übermäßiges Desinfizieren oder zu häufiges Waschen zerstört die Eigenflora der Haut samt Säureschutzmantel und verhindert, dass das Immunsystem mit harmlosen Erregern in Kontakt kommt. Das Spielen im Dreck mit der „Matschepampe“ tut nicht nur der Seele des Kindes gut, sondern leistet auch einen sehr wichtigen Beitrag für sein gesundes Immunsystem, wovon es auch als Jugendlicher und Erwachsener noch profitieren wird.

Harmlose Infekte durchleben lassen

Damit sich das Immunsystem gesund entwickeln kann, ist es von besonderer Wichtigkeit, dass wir darauf verzichten, bei jedem noch so kleinen Infekt fiebersenkende Mittel einzusetzen, um zu verhindern, dass das Kind krank wird oder sich krank fühlt. Die Kleinen durchleben bis zu 16 Infekte pro Jahr, das ist normal und wichtig. Mit jedem Infekt wird das Kind stärker, und mit jedem Fieber wird der Körper gereinigt und das Immunsystem trainiert.

Auch auf der seelischen Ebene ist es für einen jungen Patienten wichtig zu erfahren, dass er eine Krankheit durchlebt hat und wieder gesund geworden ist. Dass er etwas aushalten kann und dass es danach wieder gut wird. Stellvertretend für viele Situationen im späteren Leben, die einmal unangenehm sein werden, wo sich aber ab einem bestimmten Punkt wieder Licht am Ende des Tunnels abzeichnen wird. Im Rahmen der i.d.R. harmlos verlaufenden Infekte können Kinder und Jugendliche also auch ihre Resilienz trainieren.

Fazit

Mit einem ganzheitlichen Therapiekonzept, das auf den Prinzipien der Naturheilkunde beruht und das Immunsystem in seine natürliche Balance zurückführt, lassen sich Allergien bei Kindern und Jugendlichen hervorragend und erfolgreich behandeln. Da in diesem Kontext gänzlich auf Kortison und andere stark wirkende Medikamente verzichtet wird, wird auch die empfindliche Entwicklung der jungen Patienten nicht behindert, sodass sie gesund und widerstandsfähig heranwachsen können. Und das ist es, was wir all unseren Kindern wünschen: Dass sie sich zu starken und gefestigten Charakteren entwickeln, die sich Herausforderungen im Leben stellen können.

Dr. med. Dorothea BrücklDr. med. Dorothea Brückl
Ärztliche Leiterin der Gemeinschaftspraxis Schleicher & Brückl in München, Expertin für Neuraltherapie und Kinderheilkunde
praxis@praxis-schleicher.de

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