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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2019

Homöopathie rund um die Geburt

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Werdende Mütter bestimmen heute selbst, wie ihr Baby geboren werden soll, sofern keine Risikofaktoren vorliegen, die eine natürliche Geburt verhindern bzw. eine medizinische Intervention notwendig machen. Die Hebammen und Ärzte in unserem Haus werden angehalten, die Mütter explizit darin zu unterstützen, sich Zeit für ihre individuelle Entscheidung zu nehmen. Wenn es soweit ist, verzichten die Frauen i.d.R. auf eine medikamentöse Schmerzbehandlung und vertrauen immer mehr auf ihre körperliche und seelische Stärke. Zusätzlich können gut gewählte homöopathische Mittel den Geburtsprozess wie auch die Zeit im Wochenbett wesentlich erleichtern.

Möglichst locker bleiben!

Eine Geburt stellt für die Frau eine hohe psychische Belastung dar. Angst und Anspannung können die Schmerzen, die aufgrund der weiten Dehnung von Gebärmutterhals und Muttermund entstehen, negativ beeinflussen.

Das Schmerzempfinden während der Geburt hängt von der Ausschüttung bestimmter Hormone ab: Fühlt sich die Frau unwohl, wird (mehr) Adrenalin ausgeschüttet, was die Schmerzen verstärkt und die Wehen hemmt. Ist die Gebärende emotional eher locker, produziert ihr Körper Glückshormone (Serotonin), die den Schmerz verringern.

Damit sich die werdende Mutter weitestgehend entspannen kann, sind neben einer korrekten Atem- und Entspannungstechnik sowohl eine angenehme Klinikatmosphäre als auch die Unterstützung durch den Partner oder eine andere Bezugsperson unabdingbar. Weiter sind naturheilkundliche Methoden, wie Massage, Aromatherapie oder Akupunktur, von Bedeutung.

Ein besonders wirkungsvoller Ansatz zur Erleichterung des Geburtsprozesses ist die Homöopathie. Ein passendes Homöopathikum kann den Schmerz zwar nicht verhindern, ihn aber auf jeden Fall erträglicher machen. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass bei einer homöopathisch begleiteten Geburt auf wehenfördernde Mittel und deren Nebenwirkungen (u.a. starke Wehen) verzichtet werden kann. Bei einem optimalen Fortschritt werden die Wehen unter dem Einsatz der homöopathischen Mittel eher schwächer. Das ermöglicht längere Wehenpausen und somit eine Erholung und Schonung für Mutter und Kind.

Homöopathische Geburtsbegleiter

Um den Geburtsprozess in Gang zu bringen und in seinem Verlauf zu erleichtern, gelten folgende Mittel aus der Homöopathie als essenziell wichtig:

• Aconitum (Eisenhut) wird bei sehr schmerzhaften Wehen und trockenen Schleimhäuten eingesetzt. Im Wochenbett wird es bei Angstzuständen und Panikattacken verordnet. Außerdem wirkt es bei Milchstau.

• Arnica montana (Bergwohlverleih) kommt bei Wehenschmerzen und bei unbehaglichem Befinden zum Einsatz. Wenn die Gebärende mürrisch ist und sich wie zerschlagen fühlt, wenn jede Berührung oder Erschütterung die Schmerzen verschlimmert, hilft Arnica immer. Da es eine besondere Beziehung zum Blut hat, kann es nach der Geburt dabei helfen, übermäßige Blutungen zu lindern und die Wundheilung (besonders im Damm- und Scheidenbereich) wie auch die Rückbildung der Gebärmutter zu fördern. Mit Arnica behandelt man auch Säuglinge, die eine Kopfgeschwulst durch eine lange, anstrengende Geburt erlitten haben oder plötzlich Gelbsucht in den ersten Lebenstagen entwickeln.

• Belladonna (Tollkirsche) wird bei starken Wehen, extremem Schwitzen und Stimmungsschwankungen der Mutter verwendet.

• Caulophyllum (Blauer Hahnenfuß) wirkt generell positiv auf die Mutter und lindert den Schmerz.

• Chantharis (Spanische Fliege) hilft, die Plazenta nach der Geburt zu lösen und den Nachgeburt-Prozess zu erleichtern.

• Chamomilla (Echte Kamille) wird eingesetzt, wenn die Patientin kurz vor Geburtsbeginn sehr gereizt und aggressiv ist.

• Cimicifuga (Wanzenkraut) hat sich bewährt, wenn die Wehen erfolglos sind und die Patientin depressiv ist.

• Coffea (Kaffee) ist angezeigt, wenn die Gebärende unter der Geburt ständig redet, überreizt und sehr schmerzempfindlich ist.

• Gelsemium (Wilder Jasmin) ist bei schwachen, ängstlichen Frauen hilfreich.

• Kalium carbonicum (Pottasche) ist das Mittel der Wahl, wenn die Schwangere einen starken, stechenden Schmerz im Rückenbereich verspürt und einen Hang zur Selbstkontrolle zeigt.

• Nux vomica (Brechnuss) kann bei gestressten und gereizten Frauen verabreicht werden. Ebenso hat sich Nux bewährt, wenn die Gebärende stark erbrechen muss.

• Pulsatilla (Küchenschelle) macht den Muttermund weich, stabilisiert die Stimmung und die Wehen. Es ist eines der wichtigsten Mittel in der Geburtshilfe.

• Sepia (Tintenfischtinte) hilft Müttern, die abwärts drängende, stichartige Wehen in der Scheide verspüren und die eine Unterwassergeburt wünschen.

Damit es schnell wieder besser geht

Eines der wichtigsten Mittel bei Dammriss (ein Dammschnitt ist bei guten Herztönen fast nie nötig), Steißbeinproblemen, Beckenbodenschmerzen sowie bei Verletzungen nach einem Kaiserschnitt und daraus resultierenden Beschwerden ist Bellis perennis (Gänseblümchen). Das Bild des zähen, kleinen Gänseblümchens, das sich nach jedem „Fußtritt“ schnell wieder stolz aufrichtet, steht für seine großartigen, heilenden Qualitäten. Bellis perennis ist die Hauptarznei bei Verletzungen der tiefen Bauchorgane. Es hilft bei Folgen von Überanstrengung und Verletzung und ist als Korbblütler verwandt mit Calendula, Chamomilla und Arnica. Wenn Arnica nicht hilft, ist Bellis oft das Mittel der Wahl.

Die Mütter, denen Bellis hilft, spüren ein sehr starkes Abwärtsdrängen in der Gebärmutter, verbunden mit Kreuzschmerzen als Folgen von Verletzungen von Bauch- und Beckenorganen sowie nach großen Operationen. Charakteristisch ist oft ein Wundheitsgefühl am ganzen Körper. Die Haut juckt, brennt und beißt, zeigt eine große Neigung zur Furunkelbildung. Die Patientinnen haben zugleich eine innere Unruhe mit Besserung bei Bewegung besonders an der frischen Luft.

Bellis perennis verhilft der Mutter, nach der Geburt schneller wieder auf die Beine zu kommen. So lässt es nach der Entbindung Gebärmutterwunden besser und schneller abheilen (manche Homöopathen bezeichnen das Mittel deswegen als „Arnica des Uterus“) und bewirkt, dass sich der Wochenfluss verringert. Mütter, die einen Kaiserschnitt erhalten haben, können unter Bellis perennis ihr Baby sogar im Sitzen schmerzfrei stillen.

Hierzu ein Fallbeispiel, das zeigt, wie sehr ein gut gewähltes Simile einer konventionellen Schmerzmedikation überlegen sein kann.

Die Patientin (Zweitgebärende mit Dammriss) klagt über starke Steißbeinschmerzen. Sie könne weder allein aufstehen noch sitzen oder liegen. Ihre Schmerzen gibt sie mit VAS 10 an. Sie erzählt: „Wenn ich gehen will, schmerzt das, wird aber weniger. Ich hatte definitiv zu wenig Zeit für mich und das Baby.“ Ich empfahl der Patientin neben einem speziellen Sitzpolster (Sitzring) zur Druckentlastung eine homöopathische Behandlung. Drei Stunden zuvor hatte die Patientin noch Diclofenac erhalten. Laut ihrer Aussage wirkte das Schmerzmittel nicht mehr. Sie erhielt daraufhin von mir 1x 5 Globuli Bellis perennis C30. Nach einer Stunde war eine leichte Besserung, einen Tag später Beschwerdefreiheit zu verzeichnen. Die nach dem Ähnlichkeitsprinzip gewählte homöopathische Arznei wirkte im Vergleich zum konventionellen Analgetikum, das den Schmerz lediglich unterdrückt, besser und nachhaltiger.

Wenn das Stillen problematisch ist

Die meisten Wöchnerinnen haben Schwierigkeiten zu stillen. Unglücklicherweise setzen viele sich selbst einem hohen psychischen Druck aus, was den Milchfluss noch mehr einschränken kann. Nach einer ausführlichen Anamnese können anhand der repertorisierten auffälligen Symptome der Patientin folgende Mittel helfen:

• Arnica kann sowohl die richtige Wahl sein für einen schmerzlosen Milcheinschuss (auch bei Kaiserschnitt- oder Saugglockengeburten) als auch bei Milchstau, Brustwarzenproblemen und Brustentzündung.

• Aconitum Angespannte Mütter leiden häufig unter Milchstau, da sie nicht ad libitum (d.h. nach Bedarf des Kindes Tag und Nacht) stillen können. Hier kann Aconitum angezeigt sein. So war z.B. eine junge Mutter extrem erregt aufgrund ihrer panischen Angst, hinzufallen (sie musste sich sofort niedersetzen). Enge Räume ängstigten sie und sie hatte das Verlangen, nach Hause zu fliehen. Ihre Brust war steinhart und schmerzte, weil ihre Milch nicht fließen wollte. Nur eine einzige Gabe von 5 Globuli Aconitum C30 reichte aus, um innerhalb eines Zeitraums von sieben Stunden völlige Beschwerdefreiheit zu erreichen.

• Pulsatilla kann helfen, wenn die Mutter bei einem Milchdefizit voller Sorgen und Stress ist, mit ihrer Laune kämpft und ständig in Tränen ausbricht. Auch ihr Baby weint häufig, da es die Unsicherheit der Mutter spürt. Einer Patientin erfuhr durch eine einmalige Gabe von 5 Globuli Pulsatilla C30 innerhalb von zweieinhalb Stunden Besserung ihrer Beschwerden. Sie hatte daraufhin auch genügend Milch, um ihr Kind zu stillen.

Fazit

Im Wochenbett könnte häufig auf Medikamente oder medizinische Interventionen verzichtet werden, wenn statt konventionell medizinischer Behandlungsformen die klassische Homöopathie verwendet werden würde. Zudem ist ein Großteil der Patientinnen dankbar für das Angebot einer homöopathischen Therapie. Die unmittelbare Wirkung der homöopathischen Mittel wird von ihnen als überraschend schnell und nachhaltig angenehm empfunden.

Jela VicentijevicJela Vicentijevic
Hebamme, Kinderschwester, Dipl.-Homöopathin

jelisava.vicentijevic@chello.at


Buch-Tipp

Jela Vicentijevic:
Homöopathie im Wochenbett.
Mutter und Neugeborenes erfolgreich homoöpathisch behandeln.
Narayana Verlag

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