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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 5/2021

Klangschalen für Körper & Seele

Cover

Zum Thema Klang habe ich schon immer einen besonderen Bezug. Im Hausflur meiner Großmutter hing ein kleiner Kupfergong, der dazu diente, ihre Gäste zu den Mahlzeiten zusammenzurufen. Die Klangschalen begegneten mir später, als ich meiner Passion für das Singen einmal aufgrund von Stimmbandproblemen nicht nachkommen durfte; damals kaufte ich eine kleine Klangschale inkl. Reiber und experimentierte. Auf diese Weise erwachte eine Faszination für die Möglichkeiten, mit Klangschalen zu arbeiten. So gab es zu jener Zeit schon ein großes Angebot an Massagen in meiner Praxis, doch die Klangschalenmassage unterschied sich von allem anderen, was ich in diesem Bereich bis dahin kannte.

Klangschalentherapie und -massage

Heute schöpfe ich aus einem großen Sortiment verschiedenster Klangschalen, um optimal mit den Menschen, die zu mir kommen, arbeiten zu können. Von der kleinen Kopfklangschale bis hin zur größten mit ca. 60 cm Durchmesser ist alles dabei, mit und ohne Loch. Dazu gesellen sich diverse Gongs. Einer mit 70 cm Durchmesser steht im Praxisflur und ist oft integraler Bestandteil von Therapiesitzungen. Zuhause habe ich verschiedene Klangschalen jederzeit griffbereit im Wohnzimmer, und mindestens eine von ihnen begleitet mich auf Reisen.

In Verbindung mit diesen Instrumenten fällt sehr häufig auch der Begriff Klangschalen- oder Klangmassage. Diese biete ich u.a. in einer Schule für Kinder mit körperlichen und/ oder geistigen Beeinträchtigungen an. Vor allem diese jungen Menschen haben mich viele Aspekte, die für die Arbeit mit Klangschalen wichtig sind, gelehrt. Zunächst einige grundlegende Informationen:

Klangmassage vs. klassische Massage

Im Gegensatz zu klassischen Massagen benötigt man keine ausgefeilten Anatomiekenntnisse. Wir können Klienten im bekleideten Zustand behandeln und die Arbeit den individuellen Gegebenheiten, z.B. im Rollstuhl oder Pflegebett, anpassen. Aufgrund der breit gefächerten Einsatzmöglichkeiten ist eine Klangmassage für Menschen jeden Alters geeignet, während klassische Massagen es erfordern, dass man bei der einen oder anderen Personengruppe (z.B. bei alten Menschen) besonders behutsam vorgehen muss. Erwähnenswert ist, dass die Klangmassage gegenüber klassischen Massagen ebenso auf den Anwender gelenkschonend und entspannend wirkt.

Da ich auch andere Körpermassagen ausführe, z.B. eine klassische oder tibetische Rückenmassage, ist es mir an dieser Stelle wichtig, herauszustellen, dass diese ebenso ihre Daseinsberechtigungen und Vorteile haben. Deswegen sollte man immer, angepasst an das jeweilige therapeutische Ziel, die entsprechenden Massagetechniken wählen. Eine Klangschale kann natürlich gerne in der Ruhephase nach Abschluss einer solchen Massage genutzt werden.

Durchführung einer Klangmassage

Für eine Klangmassage benötigt man mindestens drei Klangschalen von entsprechender Qualität. Der Klient sucht sich die für ihn passenden Schalen (auch Größen) aus. Anschließend legt er sich im bekleideten Zustand auf die Massageliege. Nun werden die Klangschalen auf der Körpervorder- bzw. -rückseite aufgelegt und in speziellen Abfolgen angeschlagen. Liegen bestimmte gesundheitliche Besonderheiten vor, kann individuell angepasst und daran gearbeitet werden.

Gezielte Entspannungsimpulse

Ich setze die Klangschalen zur Begleitung von Entspannungsreisen und Meditationen sowie im Rahmen von Autogenem Training oder Progressiver Muskelentspannung anstelle von Entspannungsmusik ein. Meine Erfahrung und die Resonanz der Teilnehmer bestätigen, dass die Entspannung mit Unterstützung der Klangschalen intensiver erlebt wird.

In Entspannungskursen nutze ich die Klangschalen auch ganz gezielt. Über das Anschlagen/Reiben oder die Auswahl der Schalen bewirke ich bestimmte (Körper-)Empfindungen und Entspannungsgefühle, die ich den Teilnehmern mit auf den Weg geben kann.

Unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten

Für mich bedeutet die Arbeit mit diesen wunderbaren Instrumenten auch die Freiheit, diese nicht nur klassisch für die Klangschalenmassage oder als Begleitung von Entspannungseinheiten und Meditationen einzusetzen. Sie fungieren bei mir auch im Rahmen von systemischer Arbeit als Stellvertreter. Außerdem kombiniere ich sie mit Percussion-Instrumenten in der Gruppenarbeit. Klangschalen können selbstverständlich auch im privaten Rahmen zum Einsatz kommen, z.B. bei Kopfschmerz, Muskelverspannung oder einfach nur zur Entspannung. Dadurch wird ersichtlich, dass es keine Grenzen für diese Form der Klangarbeit gibt.

Ich empfinde die Klangschalenmassage als einmalige Möglichkeit, mit Menschen verschiedensten Alters und Gesundheitszustands arbeiten zu können. Wer eine gute Klangschalentherapie ausführen kann, hat eine bewährte Behandlungsform im Repertoire. In ihr stecken so viele Möglichkeiten, Menschen Gutes widerfahren zu lassen und selbst als Therapeut viel zurückzuerhalten. Deswegen möchte ich einige Erfahrungen aufgreifen, die ich in den Jahren meiner Tätigkeit machen durfte, um viele Menschen dazu zu ermuntern, diese tolle Wellness -und Behandlungsmethode zu erlernen.

Kinder lieben Klänge

Meine kleine Tochter durfte schon im Mutterleib die Schwingungen der Klangschalen genießen. So wandte ich u.a. eine XL-Klangschale mit einem Gewicht von 9 kg an, in die ich mich hineinstellte, und eine kleine Klangschale, die ich vor meinem Bauch in die Hand nahm. Auch Wannenbäder mit Klangschalen auf dem Wasser gönnte ich mir. Kaum geboren, konnte man auch schon wahrnehmen, welch intensive Verbindung meine Tochter zu den Klangschalen hatte. Gerade im Baby- und Kleinkindalter kniete oder saß sie oft in der großen Klangschale oder spielte sie einfach nur. Auch heute, mit fast 10 Jahren, schlägt sie immer mal wieder zwischendurch den großen Gong in meinem Praxisflur oder verschiedene Klangschalen. Mit diesem Beispiel möchte ich aufzeigen, welch positive Wirkung diese besonderen Instrumente auf unsere Kinder haben können, wenn sie von Klein auf zu ihrer Lebenswelt zählen.

Senioren gehen in Resonanz

Es ist immer wieder schön zu sehen, wie auch alte Menschen durch die Schwingungen von Klangschalen aufblühen und wunderbar mit ihrer Hilfe entspannen. Viele pflegebedürftige Senioren, mit denen ich arbeite, erzählen mir, dass die Klangschalen sie an Glockenklänge erinnerten. Werden Klangschalen regelmäßig eingesetzt, zeigen sich auch als nicht zufällig nachgewiesene Verbesserungen bei Menschen, die nach einem Schlaganfall Lähmungserscheinungen hatten. In meiner Laufbahn als Ausbilderin für Klangschalen-Therapeuten durfte ich bis heute zahlreichen Menschen aus pflegenden Berufen die Klangschalenarbeit näherbringen.

Neugier bei Tieren

Bis vor einem Jahr hatten wir eigene Pferde. Während unser gemütlicher Haflinger-Wallach schon beim ersten Kontakt mit den Klangschalen neugierig war, diese auch aufsetzen ließ und das Ganze offenbar genoss, ließ sich unsere etwas angespanntere Haflinger-Stute anfangs nicht so schnell überzeugen. Sie ließ die Klänge zunächst aus sicherer Entfernung auf sich wirken, näherte sich über die Zeit aber immer wieder, bis das Interesse überwog und sie die Klangschalen irgendwann auch aufsetzen ließ. Auch hier konnten wir feststellen, dass die Pferde sehr positiv auf die Klangschalen reagierten und wir ihnen Entspannung bringen, Stress reduzieren und Ängste lindern konnten.

Bis ins tiefste Innere

Vor einigen Jahren lernte ich in der Schule, wo ich mit der Klangmassage arbeite, ein junges Mädchen kennen, das seit einer OP im Wachkoma lag. Sie hielt Arme und Hände verschränkt vor dem Brustkorb; die Hände zu Fäusten geballt, sodass kein Blatt Papier zwischen Fingerkuppen und Handinneres passte. Es war erstaunlich, wie diese Jugendliche die Vibrationen und Klänge der Klangschalen mit veränderter Mimik aufgenommen hat. Was mich als Therapeutin beeindruckte, war, dass sich die Hände aus der Verkrampfung lösten, die Handflächen sich öffneten und die Arme locker vor den Bauch legten. Diese Beobachtungen wiederholten sich in späteren Sitzungen und bestätigten einmal mehr die besondere Wirksamkeit der Klangschalen. Eine sehr intensive und emotionale Erfahrung, da auch die Therapeuten schilderten, dass sie dieses Mädchen außerhalb der Klangschalenarbeit nie derart entspannt erleben würden.

Die Vibration der Klangschale

In jener Schule begegnete mir auch ein Junge im Rollstuhl, der als eines von wenigen Worten „Mama“ sagen konnte. Ansonsten war er ein sehr fröhlicher, wenn auch beeinträchtigter junger Mensch. Nennen wir ihn Edgar. Dieser Junge war immer ein Phänomen, was die Klangschalen anging. Sobald er, aus seinem Rollstuhl gehoben, auf der großen Turnmatte lag und nur die Klangschalen hörte, versuchte er sich in die Richtung, wo er den Klang vermutete, zu bewegen und zu drehen. Trotz seines stabilen Körpergewichts war es Edgar möglich, sich sogar um die eigene Achse zu drehen, um an die Klangschale heranzukommen. Er liebte es, seine Fingernägel an die vibrierende Schale zu halten. Sobald die Vibrationen ihn berührten, strahlte er immer über das ganze Gesicht und lachte laut. Legte man ihm die Klangschale an die Beine und Füße, fing er mit ebensolcher Freude an zu zappeln.

Fazit

Klangschalen sind sehr vielfältig einsetzbar. Bei der Arbeit mit ihnen sind nur wenige Kontraindikationen zu beachten. Die Technik ist relativ einfach zu erlernen, weshalb ich nur dazu ermuntern kann, die Klangschalenarbeit ins Therapie- bzw. Wellnessrepertoire aufzunehmen.

Allerdings sollte man nicht am Material sparen, denn es braucht gute Klangschalen mit bestimmten Voraussetzungen, um eine effektive Klangmassage durchzuführen.

Buch-Tipp
Yvonne Weingarten
Das bin ich
Kinder finden mit Klängen, Tönen und Rhythmus zu sich selbst
Dreieck Verlag

Yvonne WeingartenYvonne Weingarten
Heilpraktikerin (HP, HP Psy, THP) in eigener Praxis mit Schwerpunkten Entspannung, Massagen und Ernährungsberatung, Studienleiterin der Paracelsus Schule Siegen
siegen@paracelsus.de

Fotos: © Kzenon / adobe.stock.com, © Lionrock / adobe.stock.com

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