aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2020
Krampfadern & Besenreiser – Mehr als nur ein ästhetisches Problem
Juristische Stellungnahme zur Salinen Kochsalz-Venentherapie
Krampfadern und Besenreiser sind weit verbreitet. Akute und chronische Venenleiden gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern in der deutschen Bevölkerung. Die Venen transportieren das sauerstoffarme Blut zum Herzen. Aus den Beinen muss das Blut entgegen der Schwerkraft nach oben gepumpt werden. Krampfadern entstehen, wenn dieser Transport nicht mehr problemlos möglich ist und das Blut sich staut. Sie selbst sind also Symptom eines grundsätzlichen Venenleidens.
Krampfadern sind jedoch nicht nur unästhetisch, sondern können aufgrund des gestörten Blutflusses in den Venen zu verschiedenen Beinbeschwerden führen. Mögliche Konsequenzen sind Hautveränderungen, Venenentzündungen, ein offenes Bein und eine Thrombose der tiefen Venen mit Gefahr einer Lungenembolie.
Warum sollten Krampfadern entfernt werden?
Krampfadern tendieren dazu, größer zu werden und mehr Nebenäste zu bekommen. In ihnen drückt sauerstoffarmes Blut nach unten in den Knöchel- und Fußbereich, weil die Venenklappen nicht mehr optimal funktionieren. Durch den Blutstau kommt es zu einem erhöhten Thromboserisiko und einer verminderten Sauerstoffversorgung im Gewebe. Dies führt häufig zu Waden- und Beinkrämpfen, Kribbelgefühlen in Beinen und Füßen, bläulich-bräunlichen Verfärbungen der Haut und der Gefahr, dass sich ein offenes Bein bildet. Auch kann die Haut dünn wie Pergamentpapier werden. Durch Entfernung der Krampfadern fließt das Blut durch den Rest des Venennetzwerkes wieder schneller in die tiefer gelegenen Hauptvenen ab. Frisches Blut aus den Arterien kann nachströmen. Dadurch können sich die geschädigten Zellen erholen und eine weitere Schädigung wird vermieden.
Welche Methoden gibt es zur Behandlung von Krampfadern und Besenreisern?
Neben dem schulmedizinischen Verfahren des Venenstrippings, bei dem über- oder unterhalb der zu entfernenden Krampfader ein Schnitt gemacht wird und die betroffene Krampfader herausgezogen wird, haben sich weitere Methoden etabliert: Das Veröden mit chemischen Substanzen sowie die Technik, Krampfadern und Varizen mit Schaum aufzufüllen. Weiterhin existieren schulmedizinische Behandlungsmethoden, die die Krampfadern mittels Laserverödung oder Radiowellen behandeln. All diesen Verfahren ist immanent, dass oft über viele Wochen nach der Behandlung Stützstrümpfe getragen werden müssen, der Patient muss stationär behandelt werden, es kommt zu längeren Ausfallzeiten und möglicherweise zu Nervenschäden, Embolien und der Schädigung angrenzender Lymphgefäße – häufig bergen diese Methoden auch das Risiko unschöner Narbenbildungen.
Die naturheilkundliche Alternative: Saline Kochsalz-Venentherapie
Dieses naturheilkundliche Verfahren kann Krampfadern und Besenreiser beseitigen, ohne dass es zu langfristigen Ausfällen kommt. Die Methode wurde in den 1930er-Jahren vom Tübinger Dermatologen Prof. Paul Linser entwickelt. Das Grundprinzip der Salinen Kochsalz-Venentherapie ist die Einspritzung einer hochkonzentrierten Kochsalzlösung in die betroffene Krampfader. Die Technik wird seit über 90 Jahren angewendet und wurde von den Ärzten Dr. Rieger und Dr. Köster zu einer schonenden und sicheren Methode geführt. Durch die Weiterentwicklung ist es heutzutage in vielen Fällen möglich, ein gesamtes Bein in nur 1-2 Sitzungen zu behandeln. Selten sind mehrere Termine erforderlich. Bei vielen Patienten (immer m/w/d) ist die Methode beliebt, da sie schnell und im Vergleich zur Standardtherapie unkompliziert ist. Sie kann ganzjährig durchgeführt werden, weil das Tragen von Stützstrümpfen nach der Behandlung nicht erforderlich ist.
Wie läuft die Behandlung ab?
Bei dieser biologischen Sklerotherapie (Verödung) wird eine maximal 27%-ige, konzentrierte, individuell abgestimmte Salzlösung als Sklerosierungsmittel in die betroffenen Besenreiser und Krampfadern eingespritzt, ggf. unter Zugabe eines Lokalanästhetikums. Dadurch kommt es zu einer Reizung der Innenschicht der erkrankten Vene und mithin zu einer gewollten Endothelschädigung und einem Verkleben der Gefäßwände. Die erkrankte Vene wird durch körpereigene Abbauprozesse in einen Bindegewebsstrang umgewandelt und mit der Zeit vom Körper abgebaut. So verschwinden die Beschwerden, die durch Krampfadern und Besenreiser entstehen. Nach 6 Monaten hat der Körper die behandelte ehemalige Krampfader vollständig aufgelöst. Dieser Prozess ist bei kleineren und mittleren Krampfadern oft deutlich schneller abgeschlossen.
Was sind die Vorteile der Salinen Kochsalz-Venentherapie?
Die Pluspunkte der Methode liegen auf der Hand: Maßgeblicher Beweggrund für viele Patienten, für die biologische Venenverödung einen Heilpraktiker aufzusuchen, ist die Tatsache, dass der Patient seinem normalen Alltag unmittelbar nach der Behandlung wieder nachgehen kann. Es kann grundsätzlich jede Krampfader mit einem Durchmesser von über 2 mm behandelt werden. Lediglich bei sehr schweren Verläufen und einem Durchmesser der Krampfader von über 1,5 cm sollte diese chirurgisch entfernt werden. Die Saline Kochsalz-Venentherapie wird ambulant durchgeführt und dauert nur ca. 45 Minuten pro Sitzung.
Ein Narkoserisiko besteht bei dieser Behandlungsmethode ebenfalls nicht, weil eine Betäubung nicht erforderlich ist. Es kommt während der Behandlung zwar zu einem kurzen, von vielen Patienten als brennend beschriebenen Schmerz, dies erfordert jedoch nicht zwingend die Anwendung eines Anästhetikums.
Das Bein muss auch nicht, wie bei den meisten schulmedizinischen Methoden, 4-6 Wochen täglich neu gewickelt werden; das Tragen von Stützstrümpfen ist nicht erforderlich. Die Methode ist daher auch im Sommer anwendbar.
Allergien können bei Anwendung der Salinen Kochsalz-Venentherapie nicht auftreten – dies gilt freilich nur dann, wenn ausschließlich mit einer konzentrierten Kochsalzlösung gearbeitet und kein Anästhetikum beigemischt wird.
Es gibt kein Risiko von Nervenverletzungen, die mit Taubheits- und Kribbelgefühlen einhergehen. Lymphgefäßverletzungen können nicht auftreten. Ein 100%-iger Risikoausschluss ist jedoch bei keinem Verfahren möglich. Umso wichtiger ist die fachliche Aufklärung des Patienten im Hinblick auf Risiken und Nebenwirkungen im Vorfeld der Behandlung.
Nach Durchführung der Salinen Kochsalz-Venentherapie ist der Patient sofort wieder gehfähig, ein stationärer Aufenthalt ist nicht erforderlich. Eine vollständige Schmerzfreiheit tritt nach 1-2 Wochen ein. Krankenhausaufenthalte sind nicht notwendig.
Eine mittels Saliner Kochsalz-Venentherapie behandelte Krampfader wird vom Körper vollständig resorbiert und kann deshalb nicht wiederkommen. Die Methode kann unbegrenzt oft angewendet werden, da durch sie keine Narben oder Verwachsungen entstehen. Auch eine Schädigung gesunder Venen kommt nicht vor, denn gesunde Venen verfügen – im Gegensatz zu Krampfadern – über eine viel robustere und widerstandsfähige Gefäßinnenwand, an der die Kochsalzlösung keinen Schaden anrichten kann.
Kritik an der Salinen Kochsalz-Venentherapie – und rechtliche Konsequenzen für die Praxis
Obwohl die Methode seit vielen Jahrzehnten erfolgreich eingesetzt wird, stetig weiterentwickelt und verbessert wurde und sowohl unter Patienten als auch unter Praktikern zahlreiche Anhänger hat, kam es in neuester Zeit vermehrt zu kritischen Stimmen. Hintergrund war ein Fall, bei dem es nach der Behandlung zu gesundheitlichen Komplikationen kam.
Um eine Haftung des Behandlers für in Ausnahmefällen möglicherweise auftretende Komplikationen auszuschließen, ist im Vorfeld der Behandlung auf einige wichtige Eckpunkte zu achten:
Neben der Einhaltung von Hygienevorschriften und Infektionsschutzstandards in der Praxis ist das Hauptaugenmerk v.a. auf die pflichtgemäße Aufklärung des Patienten über Risiken und Nebenwirkungen der Behandlungsmethode sowie eine sorgfältige Anamnese in Hinblick auf Vorerkrankungen, die eine Kontraindikation zur Behandlung darstellen können, zu legen. Bei der Anamnese gilt es, vorhandene Vorerkrankungen des Patienten, die gegen die Durchführung einer Krampfader- oder Besenreiserbehandlung mittels Saliner Kochsalz-Venentherapie sprechen, genauestens abzufragen.
Akute fiebrige Infekte, schwere Systemerkrankungen (z.B. schwere generalisierte Infektionen), akute tiefe Beinvenenthrombosen, lokale Infekte an der zu therapierenden Stelle, längere Immobilität, fortgeschrittene arterielle Verschlusskrankheiten (Stadium III-IV nach Fontaine), ein schlechter Allgemeinzustand, Entzündung der Krampfadern (Varikophlebitis) sowie die Einnahme von Blutverdünnungsmitteln wie Marcumar oder Heparin (diese müssen einige Tage vor der Behandlung in Absprache mit den behandelnden Arzt abgesetzt werden), stellen Kontraindikationen dar, bei deren Vorliegen die Saline Kochsalz-Venentherapie nicht durchgeführt werden sollte.
Auch bei systemischen Erkrankungen wie Diabetes sollte die Behandlung nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Dem Patienten sollte in jedem Fall ein entsprechendes Formular ausgehändigt werden, auf dem er das Vorhandensein von Grunderkrankungen, die die Durchführung der Salinen Kochsalz-Venentherapie ausschließen, angibt. Ebenso sind dort eingenommene Medikamente zu vermerken. Dieser Anamnesebogen ist durch den Patienten zu unterschreiben, wobei das Original in der Praxis verbleibt und dem Patienten eine Kopie auszuhändigen ist.
Hinsichtlich eventueller Risiken, Nebenwirkungen und Spätfolgen ist der Patient sorgfältig aufzuklären. Auch dieses Dokument ist vom Patienten zu unterschreiben.
Wie bei anderen Sklerosierungsverfahren ist der Patient darüber aufzuklären, dass es nach der Durchführung der Salinen Kochsalz-Venentherapie zu folgenden Nebenwirkungen kommen kann: Neben kosmetisch störenden Risiken wie Hyperpigmentierungen durch Hämosiderinablagerungen kann es zu neuen Besenreisern im Verlauf der verödeten Vene („teleangiektatisches Matting“) kommen. Diese Komplikationen sind nicht dauerhaft, sondern bilden sich häufig innerhalb von 1-6 Monaten zurück. Es kann zu lokalen Infektionen, Hämatomen, Thrombophlebitis, sehr selten Thromboembolien, Flimmerskotomen, migräneartigen Symptomen, orthostatischem Kollaps, Geschmacksirritationen, thorakalem Druckgefühl, leichten Herz-Kreislauf-Reaktionen, Übelkeit, Hautnekrosen, v.a. bei paravasaler oder intraarterieller Injektion, sowie krampfartigen Schmerzen am Injektionsort kommen. Diese Schmerzen treten bei der biologischen Verödung von Venen mittels Kochsalz im Gegensatz zu anderen Sklerosierungsmitteln häufiger auf, v.a. wenn kein Anästhetikum beigemischt wird. Der Patient muss auf das Risiko von Allergien hingewiesen werden, wenn nicht mit reiner Kochsalzlösung, sondern zusätzlich mit Lokalanästhetika gearbeitet wird.
Die Bewerbung der Methode – rechtliche Hinweise für die Praxis
Vielen Heilpraktikern, die die Methode anwenden, stellt sich die Frage, wie die angebotene Leistung beworben werden sollte. Oft fällt im Kontext mit der Salinen Kochsalz-Venentherapie die Aussage, dass es sich um eine „sanfte“ Behandlungsmethode handle. Grundsätzlich trägt der Therapeut die Verantwortung für die Richtigkeit seiner Werbe- bzw. Wirkungsaussagen. Im Zweifel hat er diese zu beweisen. Die Verwendung der Aussage, dass es sich um eine sanfte Methode handle, könnte implizieren, dass diese gänzlich schmerzfrei ist. Dies könnte mit dem kurzen Schmerz, der nach der Injektion auftritt, nicht in Einklang zu bringen sein. Aus anwaltlicher Sicht sollte daher nicht mit der Aussage, dass es sich um eine „sanfte“ Methode handelt, geworben werden.
Maike Pia Pfeffer
Rechtsanwältin in Mönchengladbach, Schwerpunkte: Medizinrecht, Kosmetikrecht, Unternehmensrecht und Vertragsrecht
rapfeffer@outlook.de
Fotos: © STEKLO_KRD / adobe.stock.com
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