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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 4/2020

Reflexzonentherapie – Teil 1: Die Aufzugtechnik

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Reflexzonen waren lange Zeit allein mit den Füßen assoziiert. Doch in den 1980er-Jahren haben eine Erweiterung und ein Umdenken stattgefunden. Reflexzonen oder Somatotopien (soma = Körper, topos = festes Denk- und Ausdrucksschema), wie sie fachlich richtig heißen, sind überall auf unserem Körper zu finden und folgen einem klaren System, das reproduzierbar und leicht nachvollziehbar ist. Ein Wesensmerkmal ist dabei die Mikrorepräsentation von Körperstrukturen als Spiegelung auf ein bestimmtes Areal auf der Hautoberfläche (Abb. 1). Kurz gesagt sind Reflexzonen die „Landkarten der Gesundheit“ auf unserer Körperoberfläche mit über 30 Systemen für Befunderhebung und Therapie.

Waren in den Anfängen der Reflexzonentherapie mit William Fitzgerald, Eunice Ingham und Hanne Marquardt nur Massagen das Mittel der Wahl, so hat sich mit neuen neurophysiologischen Erkenntnissen eine große Bandbreite an Therapiemethoden herausgebildet. Neben Massagen sind Anwendungen mit Kristallen und ätherischen Ölen gebräuchlich, Nadelungen, Farblicht, Aufkleben homöopathischer Globuli u.v.m. Im „ABC der Naturheilkunde“ finden Sie auf www.paracelsus.de weitere grundlegende Informationen.

Impuls-Aufzug für Störmeldungen 

In diesem Artikel soll eine Befundmethode zur Sprache kommen, die ich seit über 30 Jahren praktiziere und lehre: Die Reflexzonen-Aufzugtechnik. Das Organ, das dabei die größte Rolle spielt, ist die Wirbelsäule. Über ihre segmentale Organisation sind alle Organe an sie angebunden, ebenso der Bewegungsapparat und die Kopffunktionen über den oberen Cervicalbereich, unter dem sich im Hirnstamm die Hirnnervenkerne befinden.

Die Wirbelsäule lässt sich in vielen Reflexzonensystemen darstellen (Abb. 2). Dabei sind die Segmente die wesentlichen Schaltstellen für die Impulsorganisation.

Von dort aus erfolgt das innere Schmerzmanagement entsprechend der Gate-Control-Theorie; Hier wird die aufrechte Haltung über Propriozeption und Muskelspannung gesteuert, und

nicht zuletzt erreichen die Impulse über die Umschaltung im vegetativen Grenzstrang die Organe, die Haut und die Reflexzonen (Abb. 3). Bei einer solch engen Verflechtung ist es verständlich, dass jede Störung im Körper an der Wirbelsäule bzw. an ihren Reflexzonen abrufbar ist. In diesem Sinne besteht in den Reflexzonen der Wirbelsäule ein Impuls-Aufzug für Störmeldungen.

Zu weich oder zu hart

Gestörte Reflexzonen offenbaren sich als Veränderungen im dortigen Unterhautbindegewebe. Hierin wird der Zustand des Bindegewebes der Organe gespiegelt. Beim Durchtasten fühlen sich gestörte Reflexzonen an, als wären sie entweder zu weich oder zu hart im Vergleich zu unbelasteten Bereichen. Erstere vermitteln eine Empfindung, als wäre eine Gelee-Erbse unter der Haut verborgen. Dies weist auf einen energetischen Überschuss hin, eine Reizung, die bis zu Entzündungen im betroffenen Wirbelsäulenbereich oder Organ reichen kann. Der entgegengesetzte Zustand kommt als verdichtete oder verhärtete Zone daher. Hier haben wir es mit einem Energiemangel zu tun, einer Minderversorgung, die wir als „Stoffwechsel-Deponien“ bewerten.

Testverfahren für die Zonensicherheit

So gibt bereits der Tastbefund erste verwertbare Hinweise auf Störungen. Die Reflexzonen bieten noch mehr: Präzision. Dafür benötigen wir Testmethoden. Die bekanntesten sind die Kinesiologie, der Muskeltest (Abb. 4), diePulstastung nach Nogier (RAC), das Atemmuster, Tensor bzw. Pendel sowie die Minimal Clues (unbewusste Minimaläußerungen über Mimik, Haltung oder vegetativen Reaktionen). Mit dem Einbeziehen von Testverfahren begann eine neue Ära in der Reflexzonentherapie, in der erstmals echte „Zonensicherheit“ gewährleistet werden kann, denn das Wissen um einen Organbefund kann es nur in einer individuellen Abfrage und nicht als generalisiertes Konzept geben. Ob proportional langgestreckte Füße oder ovale Babyfüße – mit den Testverfahren ist ein betroffenes Wirbelsegment präzise identifizierbar. Umso mehr gilt dies für die Erkennung von Organstörungen. Hier stehen wir vor der Herausforderung, eine dreidimensionale Körperstruktur auf die zweidimensionale Hautfläche der Reflexzonen zu projizieren, wobei sich überdies die Organprojektionen auf der Hautfläche überlappen. Ohne Testverfahren ist jede vermeintliche Zonensicherheit ohne Wert.

Die „Aufzugtechnik“ als Lösung

Sie ist in 3 Schritten einfach durchzuführen:

Schritt 1 – Kalibrieren
Zuerst müssen wir uns von den Reflexzonen wegbewegen und die „JA/NEIN-Signale“ kalibrieren. Am besten erfolgt dies mit einer Frage zur Lieblingsspeise für das JA und zu etwas Ekligem für NEIN. Die verbalen Antworten darauf sind unerheblich, viel bedeutender sind die non-verbalen. So wird im Muskeltest das JA mit einem starken Muskel und das NEIN mit einem Nachlassen der Muskelspannung reagieren. Bei den Minimal Clues zeigt die dopamin-kontrollierte Mimik bei JA ein Öffnen des Gesichtsfelds mit einer Verbesserung der Gewebedurchsaftung des Gesichts mit stärkerer Lippenfüllung, während sich das NEIN mit Senken der Mundwinkel, Erhöhung der Hautspannung im Gesicht und Verengung der Augenringmuskeln offenbart. All diese Antworten folgen den evolutionären Grundprinzipen von „HIN ZU“ Nahrung, Licht oder Arterhaltung für JA sowie „WEG VON“ Schmerz, Dunkelheit oder Alleinsein für NEIN.

Die JA/NEIN-Abfrage ist die Grundlage für viele Anwendungen. Manchmal scheint sie paradox zu sein; wenn wir uns jedoch das Grundprinzip vor Augen führen, erscheint sie sehr logisch. Alles, was im Körper gut funktioniert und in Ordnung ist, zeigt sich mit einer JA-Reaktion, wohingegen sich Störungen sowie Unverträglichkeiten mit einem NEIN-Signal offenbaren.

Schritt 2 – Orientierung auf das Positive
Egal welchen Test wir verwenden, nun fordern wir den Patienten auf, an das Positive (JA) zu denken. Gleichzeitig beginnen wir, an den Wirbelsäulenzonen mit einem Finger langsam entlang zu ziehen (Abb. 5). Mit diesem Zug an den Füßen oder an anderen Reflexzonensystemen nutzen wir die Repräsentation der Wirbelsäule als Impuls-Aufzug. Dabei ist es unerheblich, ob wir oben in den „Aufzug“ einsteigen und nach unten fahren oder umgekehrt.

Bei einem gestörten Segment wird sich in dessen Reflexzone das NEIN-Signal zeigen: Beim Muskeltest lässt die Spannung nach, die Mundwinkel gehen nach unten, der Puls verändert sich signifikant oder der Tensor schwingt plötzlich im NEIN-Modus. Dies ist vergleichbar mit einem Alarmlämpchen, das in der richtigen Etage im Aufzug aufleuchtet.

Sollten wir nun wissen wollen, welches Segment betroffen ist, können wir an der Stelle erneut um das JA bitten, und dann zählen wir einfach die Wirbel in jenem Wirbelsäulenabschnitt durch: L1, L2, L3 usw. Auch hier wird das relevante Segment ein NEIN-Signal anzeigen (Abb. 6). Bitte nicht fragen: „Ist dies L1, ist dies L2, …“, sondern einfach aufzählen: „L1, L2, L3, …“. Selbstverständlich muss dieser Befund direkt an der Wirbelsäule überprüft werden.

Schritt 3 – Erkunden der Etagen
Mit der nächsten Frage muss abgeklärt werden, ob ein Organ in dem Segment betroffen ist oder ob es ein Problem mit der Wirbelsäule selbst gibt. Dazu berühren wir die jeweilige Wirbelsäulenzone und bitten den Patienten, erneut an das JA zu denken. Sobald wir ein klares JA erhalten, folgt eine fragende Feststellung: „Wirbelsäule?“ oder „Organ?“. Wenn bei „Wirbelsäule?“ ein schwacher Muskel oder ein NEIN-Signal kommt, geht es gleich mit der Therapie dieses Wirbelsäulensegments weiter (NEIN heißt Störung = schwach). Zeigt sich bei „Organ?“ das Schwächesignal, ist es bildlich gesprochen notwendig, aus dem „Aufzug“ auszusteigen, um nachzusehen, „welches Büro in der Etage brennt“ bzw. welches Organ Schwierigkeiten hat. Dieses Erkunden der Etage folgt der gleichen Logik wie die Aufzugtechnik. Wir bitten wieder um ein JA-Signal und umrunden streichend vom entdeckten Segment ausgehend den Fuß oder das Reflexzonensystem. Irgendwo auf dieser Erkundung wird ein NEIN-Signal auftauchen, das uns das Organ mit einer gestörten Reflexzone meldet. Nun gilt es, dieses zu identifizieren. Entsprechend der Wirbel-Identifikation erfolgt dies damit, den Finger auf die Zone zu legen und erneut um ein JA zu bitten.

Angenommen, wir haben vom NEIN-Signal (Störung!) am Segment T9 den Fuß umrundet und eine Zone in der Etage gefunden, dann können wir laut oder still in einem Aufzählungsmodus die Organe abfragen, die von diesem Segment versorgt werden: „Lunge?, Herz?, Magen?, Pankreas?, Milz?, Dünndarm?, Leber?, Galle?, Nieren?, Nebennieren?“. Wie oben bitte nicht fragen: „Ist das die Leber?“ etc., denn dies würde verwirren. JA bedeutet, dass alles in Ordnung ist. Bei dieser Abfrage ist es nicht notwendig, die Organe laut zu benennen. Viele Erfahrungen in der Praxis und in Seminaren haben gezeigt, dass die rein gedankliche Variante bestens funktioniert.

Fazit

Die Aufzugtechnik ist deshalb so effektiv, da der Mensch bereits in den Reflexzonen über seinen Körper antwortet und die Testverfahren die psychosomatischen Schnittstellen gezielt nutzen. Dazu gehören als wichtigste Vertreter die Koppelungen vom Unterbewussten mit dem vegetativen Nervensystem, die Atemreferenz mit ihrer Steuerung im Hirnstamm sowie die Dopaminreferenz im mimischen Ausdruck.

Auch wenn die Befunde und Ergebnisse oft verblüffend sind in ihren Aussagen und in ihrer Präzision, sind dieser Technik auch Grenzen gesetzt, da sie uns zwar Auskunft über eine Lokalisation gibt, aber wenig Informationen über die Qualität einer Störung. Hierfür müssen wir weitergehende diagnostische Abklärungen nutzen. Dennoch bietet die Aufzugtechnik eine hervorragende Einstiegsdiagnostik und Kontrollreferenz in unseren naturheilkundlichen Behandlungen.

Freuen Sie sich auf das Thema Reflexzonen und Homöopathie im nächsten Magazin, wo scheinbar völlig unterschiedliche Therapeutenmethoden einen gemeinsamen Weg gehen können.

Ewald Kliegel
Heilpraktiker, Autor, Dozent an den Paracelsus Schulen

contact@ewald-kliegel.de

Buch-Tipp
Ewald Kliegel:
Reflexzonen easy –
Selbsthilfe sofort bei kleinen Beschwerden.
Neue Erde Verlag, 2014

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