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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2021

Flora und Fauna im Gleichgewicht

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Auch Tiere profitieren von einer Darmsanierung

Eine Dysbalance in der Darmflora kann bei Tieren die Ursache vieler Krankheiten sein, denn durch zu viele schädliche Bakterien oder Pilze werden die natürlichen Abläufe im tierischen Körper gestört. Eine Darmsanierung kann helfen, das Gleichgewicht der Darmflora wiederherzustellen. Dabei tragen verschiedene Maßnahmen gezielt dazu bei, die Verschiebung in Richtung schädlicher Keime zu beseitigen.

Die Darmflora

Mittlerweise weiß man, dass im Darm Billionen von Mikroorganismen leben, die auf mehreren Ebenen einen wesentlichen Beitrag für das Wohlbefinden von Mensch und Tier leisten. Es heißt deshalb nicht umsonst: Die Gesundheit liegt im Darm!

Wie in der gesamten Natur, siedeln sich auch im Ökosystem Darm jene Keime an, für die dort die besten Bedingungen bestehen. Im Idealfall sind das ca. 2000 verschiedene Bakterienarten, die voneinander profitieren. Die Gesamtheit aller Mikroorganismen nennt man Darmflora oder Darmmikrobiota. Deren Zusammensetzung ist von vielen Faktoren abhängig und so individuell wie ein Fingerabdruck.

In jedem Ökosystem ist die Artenvielfalt ein wichtiger Aspekt. Für den Darm bedeutet das, dass hier möglichst viele verschiedene erwünschte Darmbakterien gute Lebensbedingungen finden sollten. So ist er an viele Situationen angepasst und kann schnell auf kurzzeitige Veränderungen reagieren, ohne dabei Schaden zu nehmen. Selbst wenn einige Bakterienstämme unter bestimmten Lebensumständen leiden, können andere in einer stabilen und artenreichen Darmflora Funktionen übergangsweise übernehmen.

Zahlreiche Aufgaben

An erster Stelle der Zuständigkeiten steht die Verdauungsfunktion. Das Futter wird aufgeschlossen und die Nährstoffe im Darm aufgenommen, sodass sie im Körper genutzt werden können.

Der Darm ist aber auch wesentlicher Bestandteil des Immunsystems. Mit seiner riesigen Oberfläche stellt er die größte Kontaktzone zu Stoffen aus der Außenwelt dar, die für den Körper potenziell gefährlich sein könnten. Daher schützt sich der Körper mit einer Barriere und stationiert 80% der Immunzellen im Darm, um feindliche Stoffe so rasch wie möglich abzufangen.

Vorsicht: Das Ökosystem im Darm ist ein sehr komplexes Gefüge, das schnell aus dem Gleichgewicht geraten kann.

Aus der Balance

Die genaue Zusammensetzung der Darmflora unterliegt auch bei Hunden und Katzen einem ständigen Wandel, da sich die Fütterung und Lebensweise der Tiere immer wieder verändert.

Es macht einen Unterschied, ob das Tier Trocken- oder Frischfutter bekommt. Gerade eine sehr zuckerreiche Fütterung liefert Pilzen, z.B. Hefe Candida albicans, optimale Vermehrungsbedingungen.

Auch Erkrankungen und aufgenommene Schadstoffe spielen eine Rolle. So können z.B. Infektionserkrankungen dazu führen, dass sich bestimmte Mikroorganismen vermehrt in den Vordergrund drängen und andere Arten ausstechen. Eine drastische Veränderung der Darmflora bewirkt eine Behandlung mit Antibiotika. Dabei geht im Normalfall nicht die gesamte Darmflora zugrunde, sie wird jedoch stark beeinträchtigt. Robuste Bakterien, z.B. Clostridium difficile, bekommen dann ihre Chance. Sie vermehren sich in Folge ungebremst und gewinnen die Oberhand.

Schließlich kann auch bei Tieren Stress Auslöser für ein Ungleichgewicht in der Darmflora sein.

Kleine Störungen ihres Lebensraumes können die Darmbakterien kurzfristig gut verkraften. Dauert der negative Einfluss jedoch lange an, kann es zu einer nachhaltigen Veränderung des Milieus im Darm oder zur Beeinträchtigung der Darmschleimhaut kommen. Infolgedessen können sich schädliche Keime ausbreiten und die „guten“, nützlichen Mikroorganismen verdrängen. Den resultierenden Zustand nennt man Dysbiose.

Wie zeigt sich eine gestörte Darmflora?

Wenn das Ökosystem im Darm aus dem Gleichgewicht geraten ist, kommt es häufig zu Magen-Darm-Beschwerden, z.B. Blä- hungen, Durchfall oder Verstopfung. Schäden in der Darmschleimhaut (Leaky-Gut-Syndrom) können Futtermittelunverträglichkeiten, die Entstehung von Allergien und chronische Darmerkrankungen nach sich ziehen.

Mit einer gezielten Darmsanierung will man das Gleichgewicht in der Darmflora langsam wiederherstellen, damit das Ökosystem Darm seine wichtigen Aufgaben wieder richtig erfüllen kann.

Darmsanierung heißt Geduld haben

Oft wird die Gabe eines Probiotikums über einen kurzen Zeitraum von 2-3 Wochen fälschlicherweise als Darmsanierung bezeichnet. Spätestens, wenn man das Präparat wieder absetzt, ist der kurzfristige Erfolg aber meist wieder dahin.

Das ist kein Wunder, denn der Darm braucht Zeit, um sich zu regenerieren. Schäden, die über eine lange Dauer entstanden sind, können nicht innerhalb von Tagen behoben werden. Hier braucht es einen langen Atem.

Damit man überhaupt weiß, was im Darm los ist, sollte vor einer Behandlung ein Darmflora-Check durchgeführt werden. Dabei lässt man die Zusammensetzung der Mikrobiota und den Gesundheitszustand der Darmschleimhaut untersuchen. Danach weiß man, welche Mikroorganismen sich im Darm gerade wohlfühlen, welche fehlen oder in zu großer Menge vorhanden sind. Nur so kann man gezielt wiederaufbauen.

3 Schritte zum Ziel

Eine Darmsanierung besteht aus 3 Stufen und zieht sich über einen Zeitraum von mehreren Wochen oder Monaten:

Schritt 1 Reinigung des Darms

Schritt 2 Verbesserung des Darmmilieus durch Optimierung der Verdauung, Gabe von Präbiotika (Nahrung für die guten Darmbakterien) und Eliminierung der schädlichen Mikroorganismen

Schritt 3 Individueller Aufbau der Darmflora mit passenden Bakterienstämmen

Die Darmreinigung

Damit die Sanierung funktioniert und sich die guten, noch fehlenden Bakterien wieder ansiedeln, muss man im Darm einen „Mutterboden“ bereitstellen. Je nach Befund arbeitet man in dieser Phase mit unterschiedlichen, schonenden Mitteln:

  • Flohsamenschalen
  • Huminsäuren (z.B. Sobamin)
  • Bentonit oder Zeolith
  • Heilerde

Mit diesen Hilfsmitteln können Gallensäuren, abgestorbene Darmschleimhautzellen und ungünstige Darmbakterien entsorgt werden. Auch Toxine werden gebunden. Es bildet sich eine Schutzschicht auf der Darmschleimhaut. Mit deren Hilfe kann sich das Darmepithel erholen und die Darmschleimhaut regenerieren.

Milieuverbesserung

Nach der Reinigung sollte man die Umgebung im Darm positiv beeinflussen, damit sich die guten Darmbakterien nachhaltig wieder ansiedeln.

Bitterstoffe spielen eine große Rolle, da sie die Produktion der Verdauungssäfte anregen. Ergänzend gibt man meistens über die Fütterung Präbiotika, z.B. Inulin, damit die Darmbakterien gut versorgt werden.

Sollte der pH-Wert im Darm bzw. im Kot in einem ungünstigen Bereich gelegen haben, muss man daran arbeiten, diesen wieder in einen physiologischen Bereich zu bekommen. Wenn der Kot zuvor viel zu basisch war und sich Bakterien angesiedelt haben, die eine alkalische Umgebung bevorzugen, dann helfen Huminsäuren.

Die „Wiederaufforstung“

Zum Abschluss der Darmsanierung bekommt das Tier bestimmte Produkte mit lebensfähigen Bakterienkulturen, die Probiotika. Welche Produkte man auswählt, hängt damit zusammen, was im Darmflora-Check gefehlt hat. Dazu gehören Milchsäurebakterien, z.B. Bifidobakterien und Lactobacillus acidophilus, aber auch Escherichia coli und Enterokokken.

Die letzte Phase dauert mit Abstand am längsten und sollte auch längerfristig durchgeführt werden. Denn die Bakterien siedeln sich nicht an, nur weil man sie dem Tier füttert. Nein, ein Großteil der probiotischen Bakterien wird über den Darm wieder ausgeschieden. Nur wenige bleiben haften, adaptieren und vermehren sich.

Der Vorgang des Darmfloraaufbaus streckt sich oft über Monate, während denen es immer wieder zu Rückschlägen kommen kann. Davon darf man sich nicht frustrieren lassen. Es gilt, einfach weiterzumachen.

Dranbleiben ist wichtig

Die Dauer einer Darmsanierung richtet sich danach, wie stark die Darmflora des Tieres beeinträchtigt war und was die Ursachen für die Dysbiose waren.

Hier braucht es Durchhaltevermögen. Geduld ist ein großer Teil des Erfolgs. Nicht selten scheitern Darmsanierungen, weil man bei den ersten Rückschritten sofort wieder die Strategie ändert und dadurch erst recht wieder Unruhe in den Darm bringt.

Man sollte sich in schweren Fällen für die Darmsanierung und Auswahl der notwendigen Produkte einen Tierheilpraktiker oder Tierernährungsberater ins Boot holen, der anhand des Befundes eine Anleitung für das Tier zusammenstellt und den Tierhalter begleitet.

Fazit

Lange Zeit wurde dem Darm wenig Beachtung geschenkt. Mittlerweile wird er nicht mehr nur als Verdauungsschlauch gesehen. Vielmehr wurde erkannt, dass er einen sehr wichtigen Stellenwert einnimmt, wenn es um die Gesundheit und das Wohlbefinden von Mensch und Tier geht.

Es gibt zunehmend Hinweise und Belege, dass viele Beschwerden bei Hunden und Katzen auf eine gestörte Darmgesundheit zurückzuführen sind. Immer mehr Tiere weisen Unverträglichkeiten, Allergien, Durchfall oder andere Magen-Darm-Erkrankungen auf. Nicht selten sind Teile der Ursache dafür ein Ungleichgewicht der Darmflora und eine geschädigte Darmschleimhaut.

Genau hier setzt die Darmsanierung an, mit der über einen längeren Zeitraum versucht wird, das Gleichgewicht der Darmflora wiederherzustellen. Damit dies Erfolg zeigt, muss man aber immer gezielt vorgehen, die Darmsanierung individuell auf die Problematik des Tieres abstimmen und viel Geduld aufbringen. Denn was über einen langen Zeitraum zerstört wurde, kann nicht innerhalb von 2-3 Wochen wieder gesund werden. Hier braucht es einfach Zeit, denn bekanntlich heilt diese alle Wunden.

Dipl.-Ing. Vanessa Rössler
Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen mit Schwerpunkten BARFen und Koch-Fütterung
vanessa.roessler@barf-beratung.at

Foto: © Happy monkey / adobe.stock.com

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