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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 1/2022

Professionell beraten will gelernt sein

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Drei Kernkompetenzen für ein gelungenes Beratungsgespräch

In einem professionell geführten Gespräch geht es grundsätzlich um ein spezielles Thema, das betrachtet werden will; unabhängig davon, ob man als Heilpraktiker oder Coach tätig ist. Als Gesprächsführender ist es notwendig, eine Idee vom Gesprächsverlauf zu haben: Um was geht es konkret? Was sind die Rahmenbedingungen? Wie können Lösungsansätze aussehen? Im gemeinsamen, achtsamen Dialog werden diese Fragen dann bestmöglich beantwortet.

Welche Skills sind für ein professionelles Beratungsgespräch notwendig? Dieses soll für den Klienten eine Bereicherung sein und ihn zuversichtlich in die Zukunft blicken lassen. Weiterhin soll er sich aufgehoben und gut begleitet fühlen.

1. Fachliche Kompetenz

Zunächst ist Sachverständigkeit erforderlich und essenziell. Als Heilpraktiker bzw. Berater sollte man sich in seinem angebotenen Fachgebiet auskennen. Mit anderen Menschen zu arbeiten, bringt eine große Verantwortung mit sich. Wir erhalten einen Vertrauensvorschuss von unseren Klienten, die ihr Wohl in unsere Hände legen.

In vielen Praxen hängen aus diesen Gründen Zeugnisse von Ausbildungen, Zertifikate von Seminaren oder Workshops, die belegte Weiterbildungsmaßnahmen dokumentieren. Sie bestätigen, dass bestimmte Aus- und Fortbildungsziele mit Erfolg erreicht wurden. Sie sollen dem Klienten ein gutes Gefühl vermitteln und sein Vertrauen in unsere fachliche Kompetenz aufbauen.

2. Soziale Kompetenz

Neben der fachlichen Kompetenz, die Grundvoraussetzung für professionelle Beratung ist, kommt die soziale Kompetenz hinzu. Sie ist ein „Soft Skill“ – die erlernten Fähigkeiten können nicht unbedingt mit einem Zertifikat oder Zeugnis bestätigt werden.

Die soziale Kompetenz hat eine erhebliche Bedeutung erlangt. So nützt es z.B. einem Unternehmen nicht viel, wenn eine Person zwar fachlich sehr gut ist, ihre Kenntnisse aber nicht ins Team einbringt, keine kontroversen Diskussionen führt und Selbstreflektion vermeidet. Die Firma kann diese Fähigkeiten im Vorfeld einer Einstellung überwiegend nur anhand von Übungen im Rahmen interner Veranstaltungen prüfen. Worauf kommt es dabei an? Welche Fertigkeiten bestätigen die soziale Kompetenz? Hier kristallisieren sich einige Aspekte heraus:

Der Umgang mit anderen Menschen

Die Fähigkeit, sich in andere Menschen ohne Bewertung des Gehörten hineinzufühlen und sich auf Neues einzulassen, ist eine wichtige Voraussetzung. Einfühlungsvermögen bzw. Empathie ist ein bedeutender Baustein jedes professionellen Beratungsgesprächs. Es bedeutet, einem Menschen absichtslos zuzuhören, ihn als Persönlichkeit wahrzunehmen, anzunehmen und verstehen zu wollen. Dazu gehört das Talent, die eigene Perspektive für
einen Moment aufzugeben und Informationen aus Sicht einer anderen Person zu betrachten. Erfolgreiche Empathie kann man daran erkennen, dass beim Gegenüber Zeichen der Entspannung auftreten. Die Person fühlt sich gesehen und gehört.

Das Tempo im Beratungsgespräch wird von den Klienten vorgegeben. Es braucht daher die Fähigkeit, achtsam mit dem Gehörten umzugehen, auf Situationen oder Gefühle, z.B. Trauer, Ärger oder Wut, angemessen zu reagieren und echtes Interesse zu zeigen. Zusammenfassen und Wiederholen des Gehörten ist für den Klienten eine Hilfe. Die eigenen Aussagen noch einmal als strukturierten Inhalt zu hören, ist mitunter sehr erhellend und schärft den Blickwinkel. Mit achtsamen Fragen kann für einen Klienten Klarheit entstehen, die ihn ermächtigt, neue Entscheidungen zu treffen. Als Berater können wir den Klienten so auf der Suche nach seinem persönlichen Weg bestärken und begleiten. Eigene Lösungen, die auf diese Weise vom Klienten selbst gefunden werden, sind zu bekräftigen. Mögliche Konsequenzen können so leichter getragen werden, da sie aufgrund eigener Entscheidungen entstanden sind.

Gerade für Menschen mit anderem kulturellem Hintergrund ist ein einfühlsamer Umgang eine Unterstützung. Oft kennen wir nicht sofort die regionalen Regeln und das Miteinander. Dadurch können Missverständnisse entstehen. Diese gilt es durch wertschätzenden Umgang aufzufangen, sodass es nicht um „Richtig – Falsch“, sondern um „Sowohl – Als auch“ geht. Die Würde eines jeden Menschen muss bei einem professionellen Beratungsgespräch gewährleistet sein, ungeachtet der verschiedenen Ansichten und Nationalitäten.

Umgang mit sich selbst

Grundlagen für empathisches Verhalten sind innere Stärke und Gelassenheit. Sind wir selbst gestresst oder ungeduldig, wird es schwierig, empathisch mit anderen zu sein. Denn in solchen Momenten ist das Bedürfnis, selbst Empathie zu empfangen, gehört und verstanden zu werden, groß. Eine hohe soziale Kompetenz bedeutet, über ein gutes Selbstbewusstsein und einen realistischen Selbstwert zu verfügen. Nur dann sind wir in der Lage, bewusst und klar einen Standpunkt zu vertreten, ehrlich und authentisch zu sein.

Sollten wir mit unserer Einschätzung falsch liegen, gehört die Fähigkeit zur Selbstreflektion dazu, ohne dabei in die Selbstverurteilung abzugleiten. So ist es z.B. unerlässlich, das Feedback einer anderen Person in Ruhe anhören zu können. Verfügen wir nur über ein geringes Selbstwertgefühl, kann das schnell als Angriff verstanden werden. Ist unser Selbstwertgefühl jedoch ausgeprägt, verstehen wir das Feedback als das, was es ist: Eine Rückmeldung, die uns ermöglicht, unsere Handlungen und Gedanken zu reflektieren. Ich selbst habe mir angewöhnt, nach jedem Seminar die Teilnehmenden um Feedback zu bitten. Gleichzeitig erstelle ich eine Selbstevaluation im Hinblick darauf, ob ich fachlich alles mitgeteilt habe, der Unterricht lebendig war, die Teilnehmenden aktiv dabei waren, die Unterlagen ausreichend waren etc. Dies ermöglicht mir, eine fachliche und menschliche Einschätzung zu erhalten, die Persönlichkeitsentwicklung fördert.

Zusammenarbeit und Lernbereitschaft

Selbst wenn man beabsichtigt, eine Praxis als Einzelperson zu eröffnen, stellen schon Berater und Klient ein Team dar. Mitunter sind Absprachen mit anderen Fachbereichen notwendig.

Im Team zu arbeiten bedeutet, konfliktbereit zu sein. Die Chance, dass alle anderen die gleiche Auffassung vertreten wie man selbst, ist gering. Daraus ergibt sich eine weitere notwendige Fähigkeit, die für eine gute Zusammenarbeit wichtig ist: Lernbereitschaft. Einer Person im Team, die eine herausragende Fachkompetenz besitzt, aber kein Interesse daran hat, eine andere Sichtweise zu beachten, fehlt diese soziale Kompetenz. Das Arbeiten im Team wird erschwert, wichtige Ressourcen bleiben auf der Strecke. Unabhängig davon verschließen sich Menschen, die andere Meinungen und Ansichten nicht gelten lassen, vor wichtigen Erkenntnissen und Entwicklungen in ihrem Leben. Das bedeutet in letzter Konsequenz Rückschritt.

Lernbereitschaft ist eine notwendige Voraussetzung, um Menschen zu führen. Hierfür sind eine Vorbildfunktion sowie das Talent, andere zu begeistern und zu motivieren, vonnöten. Das kann nur funktionieren, wenn wir als Führungskraft bereit sind, anderen zuzuhören und ihre Meinung zuzulassen. Selbst authentisch zu sein, dokumentiert Selbstvertrauen und einen gesunden, selbstbewussten Umgang mit sich selbst. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Reden und Handeln im Einklang miteinander stehen und Verantwortung ohne Ausreden übernommen wird.

3. Kommunikative Kompetenz

Dies führt zur dritten Kompetenz, die für ein professionelles Beratungsgespräch unerlässlich ist: Soziale Kompetenz kann ohne kommunikative Kompetenz nicht gelebt werden. Es ist egal, ob es den allgemeinen Umgang mit anderen oder die Zusammenarbeit betrifft: Nichts geht ohne Kommunikation!

Grundsätzlich ist die Bereitschaft gefordert, miteinander zu sprechen, im Austausch zu bleiben, aus der Komfortzone herauszugehen, sich mit anderen auseinanderzusetzen und ihnen bewusst zuzuhören. Das beginnt bei der Vereinbarung des Termins in der Praxis. Der erste Eindruck zählt, und dieser erfolgt meist am Telefon. Der Klient wird schnell und intuitiv spüren, ob er mit seinem Anliegen willkommen ist oder ob jemand am anderen Ende spricht, der genervt, gereizt, abgelenkt und unter Zeitdruck ist. Schon in diesem kurzen, entscheidenden Moment wird unsere soziale und unsere kommunikative Kompetenz sichtbar, was über eine weitere Zusammenarbeit entscheiden kann.

Für das Ansprechen von Konflikten oder offenen Themen ist meist eine ehrliche Selbstreflektion notwendig. Nur dann sind wir in der Lage, ohne Schuldzuweisungen und Vorwürfe in einen klärenden Dialog zu gehen. Eine wertschätzende Kommunikation ist auf dieser Basis möglich. Konflikte zu diskutieren und Lösungen gemeinsam zu besprechen, kann nur auf Augenhöhe und mit Respekt stattfinden. Dazu braucht es die Fähigkeit, klar und sachlich Unstimmigkeiten anzusprechen, Gefühle zu benennen, Bedürfnisse zu erkennen und alles verständlich zu formulieren.

Für die Beratung ist eine empfängerorientierte Kommunikationsfähigkeit notwendig. Das bedeutet, dass der Berater seine Inhalte so formuliert, dass der Klient diese verstehen kann. Eine Welle von Fachausdrücken wirkt eher irritierend als klärend.

Jeder, der ein Gespräch führt, sollte sich über seine Worte und deren mögliche Auswirkungen bewusst sein. Eine bestimmte Wortwahl kann bei einem anderen Menschen eine unbedachte Resonanz auslösen, da wir es nicht immer in der Hand haben, ob das, was wir sagen, genauso beim Zuhörenden ankommt. Der Filter, der zwischen Sender und Empfänger liegt, z.B. Erziehung, Erlebnisse, Schule, Freunde, Kultur oder Religion, kann die Information verändern. Es ist wichtig, auf unterschiedlichste Reaktionen adäquat reagieren zu können und Missverständnisse zu vermeiden. Dazu gehört, dass ein entsprechender Wortschatz und eine angenehme Aussprache vorhanden sind sowie die Regeln der Grammatik eingehalten werden. Für den Zuhörenden kann es sonst ablenkend und anstrengend werden.

Verhandlungstalent, Schlagfertigkeit und Moderationsgeschick können unterstützend sein, um gut mit Unvorhergesehenem umgehen zu können.

Fazit

Es lässt sich erkennen, dass fachliche, soziale und kommunikative Kompetenzen nicht nur für ein Beratungsgespräch unerlässlich sind, sondern letztlich für jeden einzelnen Dialog im Alltag. Mit guter sozialer und kommunikativer Kompetenz verfügt jeder über Qualitäten, die Brücken bauen, zwischenmenschliche Hindernisse überwinden und Vertrauen bilden.

Als Trainerin für Wertschätzende Kommunikation (u.a. mit einer Ausbildung nach Marshall B. Rosenberg) halte ich es für wichtig, Kommunikationsstrategien zu kennen und anzuwenden. Gerade in Konflikten braucht es Besonnenheit und Bewusstsein für die eigenen Gefühle und Bedürfnisse, um angemessen mit unterschiedlichsten Lebenssituationen umgehen zu können.

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Claudia Fabian
Kommunikationstrainerin, ganzheitliche Lebensberaterin, Dozentin an den Paracelsus Schulen, Buchautorin
info@claudia-fabian.de

Foto: © WavebreakmediaMicro / adobe.stock.com

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