Ausleitende Verfahren

Ausleitende Verfahren bezeichnen eine Reihe von Behandlungsmethoden der Alternativmedizin, namentlich den Aderlass, das Schröpfen, das Baunscheidtieren, das Blutegel setzen, das Cantharidenpflaster, das Fasten, sowie Wickel, Nasendusche, Schwitzkuren, Basische Bäder, therapeutisches Erbrechen, Ausleitung über den Darm und über den Urin. Die Begriffe verbindet zunächst, dass sie uns wie fossile Überbleibsel einer archaischen Medizin aus einer lang vergangenen Zeit erscheinen und die Heilkunde mehr prägten als Faktenwissen.

Historie der Ausleitenden Verfahren

Tatsächlich sind diese Methoden im Mittelalter bis weit in die Neuzeit als Allzweck- und Allheilmittel auf breiter Front mit oft verheerenden Folgen für die geplagten Patienten eingesetzt worden. Man hatte die krude Vorstellung, dass giftige oder in Übermaß im Körper befindliche Säfte ausgeleitet werden müssten, um Krankheiten zu vertreiben (Humoraltheorie). Wenn wir uns in der Naturheilkunde heute mit den Methoden beschäftigen und sie anwenden, dann verdanken wir das dem Arzt Bernhard Aschner,1883 – 1960, der die Wirkungen vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse überprüfte und zu dem Schluß gelangte, dass sich das Hinschauen tatsächlich lohnt. Er entdeckte bei den Methoden viele therapeutisch hochwirksame Effekte und wir bezeichnen „seine“ Methoden deshalb heute gerne als Aschner Methoden.

Für den naturheilkundigen Arzt oder Heilpraktiker heute lohnt es sich wirklich, die Methoden kennen und sie gezielt einsetzen zu lernen, wo sie ihre segensreichen Wirkungen entfalten. Die Fachausbildung ist ein pragmatisches Angebot an Therapeuten, die in Ihrer Grundausbildung diese Methoden nicht haben kennenlernen können. Mehr über Ausleitende Methoden

Fachausbildungen & Seminare zum Thema Ausleitende Verfahren

Wählen Sie Ihre Paracelsus Schule:
Seminar Ort Datum Dozent
Schröpfkopftherapie 1 Mainz-Wiesbaden

20.04.2024 HP Markus Ritz
Blutegeltherapie in der Naturheilkunde 1 Freiburg

24.04.2024 HP Peter Heinemann
Schröpfkopftherapie 1 Regensburg

25.04.2024 HP Markus Ritz
Schröpfen in der Naturheilpraxis 1 Essen

26.04.2024 HP Lothar Satzek
Schröpfen – Kompaktkurs 1 Leipzig

26.04.2024 HP Susanne Baumann

Mehr über Ausleitende Methoden

Die Aschner Verfahren

Das Schröpfen

Mit der Schröpftherapie lassen sich über Hautareale innere Organe beeinflussen. Sie wird angewandt als ausleitendes Verfahren zur Entlastung, oder Anregung des Organismus.

Geschichtlicher Hintergrund:
Darstellungen von Schröpfgläsern sind bereits aus dem alten Ägypten überliefert. Im klassischen Griechenland war das Schröpfen so geschätzt, dass die Schröpfglocke zum Emblem des Arztes wurde.

Wirkungsweise:
In der Praxis ist die Schröpfkopfbehandlung der leichteste Zugang zum gestörten Gleichgewicht des Organismus. Wenn man eine gezielte Schröpftherapie an den Schröpforten durchführt, verschwinden oft mit einem Schlage viele spezielle Leiden. An den Wirbelsäulensegmenten entspringen Nervenfasern, die nicht nur zu einzelnen Organen ziehen, sondern auch zu bestimmten Hautarealen (Headsche Zonen). Über die Behandlung dieser Hautzonen, die in der Wirbelsäule denselben Ursprung haben, lassen sich auch rückgekoppelt Wirkungen auf die verknüpften Organe erzielen. Außerdem lassen sich die Wirkungen der Schröpfbehandlung auch mit den Funktionsmechanismen der Reflexzonen oder der Akupunkturpunkte am Rücken erklären.

Hintergrund der Schröpfbehandlung:
Wann baut sich eine Schröpfzone auf?

Auslösende Situationen liegen vor:

  • Wenn durch äußere oder innere Faktoren ein Organ in der Tiefe gestört ist (Organirritationszone).
  • Wenn ein Gelenk blockiert ist (Gelenkirritationszone).
  • Wenn ein Fokus ein Segment oder Funktionskreis imitiert (Herdreflexzone).
  • Wenn ein psychischer Faktor zu einer derartigen Irritation führt (psychosomatische Beschwerden).
  • Diese Geschehen spiegeln sich nach einer gewissen Dauer und Intensität des Reizes an vielen Stellen des Körpers, aber besonders deutlich „fassbar“ als Verhärtungen, oder zu weichen Stellen, den sogenannten Gelosen an den Schröpforten wieder.

Formen von Gelosen:
Es gibt drei Hauptqualitäten von Gelosen: Fülle, Leere und Übergang. Sie imponieren beim Abtasten des Rückens als Erhebungen, Härten oder sulzige Eindellungen. Wo keine Gelose zu tasten ist, kann davon ausgegangen werden, dass der Funktionskreis der jeweiligen Reflexzone kybernetisch ausgeglichen ist.

Heiße Gelose (Füllegelose)
Mit Blut gefüllte, umschriebene Zone in Haut, Bindegewebe oder Muskelbäuchen. Sie ist als prallelastische Härte tastbar, heiß und beim Betasten schmerzhaft. Sie kann die Größe eines 5-DM-Stückes haben oder fast fließend in die Umgebung übergehen. Die lokale Blutfülle tritt meist am Anfang einer Erkrankung auf und zeigt den Yang-Charakter der Erkrankung an (akute Erkrankung, hochakute Entzündung, Energie im Überschuss). Als Behandlung ist das blutige Schröpfen angezeigt. Je länger sie dauert, desto mehr wandelt sie sich in eine Übergangsgelose oder eine kalte (leere) Gelose um.

Kalte Gelose (Leergelose)
Ischämische Verhärtung oder weiche „Sulze“ im Bindegewebe, die auch thermographisch kalt und blass ist, weil die Blutzufuhr zur Gelose gedrosselt und die Zirkulation durch Umgehungsgefäße umgeleitet ist. Kleine, harte oder schlaffe, talförmig eingesunkene Zone, in die oft pfennigkleine, harte und schmerzhafte Gelosen hineingestreut sind. Milieu im Bindegewebe ist zur Gelphase verschoben, Stoffwechsel verlangsamt. Je nachdem was zu tropischen Mangelerscheinungen führt (Durduration).

Die immunologische und hormonale Aktivität ist in einer solchen Zone und ihrem Reflexgebiet sehr schwach. Schmerz entsteht bei den kleinen Gelosen erst bei sehr fester, bei den flächigen schon bei leichterer Palpation. Man muss oft tief tasten. Massage führt kaum zu Hautrötung. Wärme wird immer als angenehm empfunden (lokale Applikation, Moxen, Bäder, Fußbäder). Leerzonen können als Ausdruck eines Yin-Geschehens (chron., statische Erkrankungsphase, Energie im Mangel) bei allen Konstitutionstypen auftreten und sind häufig bei allgemeiner, konstitutionsbedingter Energieleere und Schwächezuständen zu finden. Im energetischen Sinne kommt es in ihnen zu einem vorübergehenden Anhalten der Energiepassage. Sie stellen deshalb Zonen mit lokaler Energiefülle und begleitender Blutleere dar. Behandlung durch trockenes Schröpfen.

Übergangsgelose
Häufig vorkommende fließende Übergänge und Mischformen zwischen heißen und kalten Zonen. Von teigiger Konsistenz, eher großflächig und kalt. Manchmal liegen sie auch in einer größeren, schlaffen Bindegewebszone (z.B. Leberbuckel).

Praktische Durchführung der Schröpfzonen-Untersuchung
Patient sitzt mit ausgestreckten Beinen auf der Untersuchungsliege, Oberkörper so weit wie möglich nach vorne gebeugt, Kopf und Schultern nach vorne hängend. Die Behandlung mit ausleitenden Verfahren beginnt stets mit einem sorgfältigen Abtasten (Palpation) der zu behandelnden Areale.
Hinter dem Patienten treten, zunächst mit leichtem, dann mit hartem Druck der Zeige- und Mittelfinger (evtl. auch Ringfinger) von oben nach unten Stück für Stück die Zonen abtasten, zur genauen Lokalisierung auch nur mit dem Mittelfinger. Bei Füllegelosen zerquetschen der kleinen Venen (Venolen) hörbar (leichtes Knacken). Zonen mit einem Filzstift markieren, Dauer der gesamten Untersuchung nicht mehr als 2 Min. Anfängliche Untersuchungsschwierigkeiten sind sowohl bei einem zu mageren wie auch einem zu dicken Rücken möglich; am einfachsten sind zunächst Gallenzone und Leberbuckel zu tasten. Art, Ort und geplanten oder schon durchgeführten Eingriff dokumentieren.

Allgemeine Regeln

  • Bei geschwächten Menschen auch bei Füllegelosen ggf. zusätzlich zum blutigen Schröpfen eine anregende Behandlung durchführen.
  • Vor jeder Schröpftherapie individuellen Energiezustand des Menschen beurteilen.
  • Schröpfen nicht als Einzeltherapie betrachten obwohl es durchaus auch allein mit großem Erfolg eingesetzt werden kann. Ergänzend gehören andere energetische Verfahren dazu, die zur Anregung (Tonisierung) oder Beruhigung (Sedierung) beitragen und damit das allgemeine Energieniveau beeinflussen. Auf keinen Fall an Leeregelosen blutig oder an einer Füllegelosen trocken schröpfen!
  • Nie über einem Knochen blutig schröpfen (z.B. Dornfortsätze).
  • Zur Differenzierung eines unklaren Befundes (Frage: Fülle oder Leere) eine Schröpfkopfmassage durchführen. Tritt eine blutige Verfärbung auf, dann dies als Hinweis auf eine Füllegelose nehmen und blutig schröpfen.

Anmerkung: Die Schröpfzonen sind nicht immer an einem exakt zu definierenden Ort zu finden, sondern durchaus in geringem Umfang ortsvariabel.

Das blutige Schröpfen
Indikation und Dynamik des blutigen Schröpfens Beim blutigen Schröpfen behandelt man ausschließlich umschriebene heiße Gelosen (Füllegelosen), die überwiegend an den Rückensegmenten neben der Wirbelsäule liegen. Man findet sie häufiger beim Plethoriker, dem sogenannten „Fülletyp“, aber auch als Ausdruck einer lokalen Blutfülle beim Astheniker, dem „Leeretyp“. Mit der Schröpftherapie greift man wie mit energieanregender oder energieableitender Akupunktur harmonisierend in diese Yin-Yang-Dysbalance ein: Energetisch ist das blutige Schröpfen als sedierende Maßnahme zu interpretieren, die zwar zu einer momentanen Energiebalance führt, aber eine Minderung des allgemeinen Energieniveaus bewirkt.

Wirkungsweise des blutigen Schröpfens
Wesentliche therapeutische Angriffspunkte sind der Blutfluss (Hämodynamik) und die Spannung (Tonus) im Stoffwechsel und Energiestatus in der Reflexzone und im Zielort mit den Folgen:

  • Verbesserter Fluss von Blut und Lymphe in der Mikrozirkulation durch Entfernen der lokalen Blut- und Lymphstauung.
  • Senkung des Hämatokrits bei einer ausgiebigen Schröpfung.
  • Spannungsabnahme der Gefäßwände der glatten Muskulatur.
  • Drainage des lokalen Ödems und der Schmerzmediatoren nach außen, durch die reaktive Durchblutungssteigerung nach innen.
  • Besserung alle Stoffwechselvorgänge im Segment.
  • Massive Stimulierung verschiedener Hautrezeptortypen mit Entspannung der Muskulatur und Schmerzreduktion im entsprechenden Segment.

Praktische Durchführung des blutigen Schröpfens
Der Patient behält seine sitzende Haltung auf der Behandlungsliege bei. Markierte Stellen desinfizieren, mit einer Hämolanzette oder speziellen Geräten senkrecht in die Haut in Richtung der Akupunkturmeridiane einstechen; Stichtiefe etwa 5-8 mm (Kapillarbereich), bis etwas Blut austritt. Einen dünn- oder dickwandigen, sterilisierbaren Schröpfkopf aus Glas (Schröpfkopfglas) auf die Füllegelose setzen. Unterdruck erzeugen (entweder durch manuelle Vakuumpumpe oder durch Abbrennen einer Watte im Glas mit nachfolgender Abkühlung auf der Haut) und das in der Gelose befindliche gestaute Kapillarblut ansaugen lassen (zwischen 5 und 100 ml).

Schröpfkopf vorsichtig abnehmen, wenn nach ca. 5-10 Min. der Saugvorgang beendet und das Glas etwa 1/3 voll ist (durch Druck am oberen Glasrand in die Haut Unterdruck lösen). Unter Umständen mehrfach neues Glas setzen, danach ausreichend großes Pflaster (mit/ohne Wundsalbe) über die Wunde kleben. Narben bleiben nicht zurück.

Exakte Lokalisierung der Schröpfstelle und geeignete energetische Lage des Patient sorgfältig ermitteln. Unbedingt vermeiden, einfach „darauflos zu schröpfen“, weil dies meist zu therapeutischen Enttäuschungen und Zweifeln an der Wirksamkeit der Methode führt. Zweifelsfall: Schröpfkopfmassage durchführen.

Nicht zuviel Blut auf einmal schröpfen – Gefahr von Kreislaufreaktionen in Form eines Kollapses oder einem über Tage anhaltenden Blutdruckabfall. Deshalb den Patient nach der Schröpfung eine Zeit lang liegenlassen. Diesbezüglich ist besonders am unteren Rücken Zurückhaltung geboten.
Eine Schröpfung mit anderen Methoden kombinieren, da sie nur einen Baustein der notwendigen Gesamtregulierung des Patient darstellt. Dazu bieten sich die Akupunktur, Diätetik und biologisch-homöopathische Medikamente an. Besonders wirksam ist die Schröpfung vor einem chirotherapeutischen Eingriff, weil dadurch viel leichter deblockiert wird. Narben können bei disponierten Personen durch sofortige Infiltration von Procain verhütet werden. Kontraindikationen sind akute Entzündungen des betreffenden Hautareals, allergische Hautveränderungen und eine Radiatio.

Das trockene Schröpfen
Wirkungsweise des trockenen Schröpfens

  • Beim trockenen (unblutigen) Schröpfen werden nur Leeregelosen behandelt. Die Wirkung kommt wie beim blutigen Schröpfen durch mehrere Effekte zustande: Forcierte Durchblutung (Hyperämie) an der Haut, Unterhaut und am Bindegewebe durch den Saugvorgang mit Austritt von roten Blutkörperchen aus den Gefäßen ins Gewebe, offensichtlich ohne Verletzung der Kapillarwände.
  • Auflösen von Sludge-Phänomenen (bei vielen Krankheiten zu beobachten) im Kapillarbereich durch das Entfernen einer größeren Menge von roten Blutkörperchen aus der Gefäßbahn, zugleich vermehrter Einstrom von Lymphe in die Kapillaren.
  • Hyperämie in der behandelten Zone und im Zielgebiet über mehrere Tage mit Temperaturerhöhung
  • Stoffwechselsteigerung und besserer Sauerstoffversorgung
  • Aktivierung des Immunsystems und von Resorptionsvorgängen in der Haut, die zur Entfernung der Schlacken aus dem Bindegewebe notwendig sind
  • Vegetative Funktionsanregung lokal und in der Tiefe durch massive Reizung der in der Haut befindlichen neurovegetativen Rezeptoren
  • Tonisierende Maßnahme, die „Energie zuführt“.

Durchführung des trockenen Schröpfens
Es sind mehrere Vorgehensweisen möglich:
1.Trockenschröpfung mit stehenden Gläsern: Bei erschöpften, energiearmen und sehr schmerzempfindlichen Patienten. Das Schröpfglas mit erzeugtem Unterdruck ohne vorherige Hautverletzung aufsetzen, Haut- und Unterhautgewebe ansaugen, dadurch kommt es zu einer bläulichen Verfärbung. Nachbehandlung mit einer Lymphsalbe möglich.
2.Saugglockenmassage: Öl auf die Haut aufbringen, evakuierten Schröpfkopf von maximal 3 cm Durchmesser aufbringen und nach oben und unten ziehen. Dadurch langsames „Verschieben“ der in ihn eingesaugten „Hautfalte“ über die ganze Behandlungsfläche. Dauer des Vorganges ca. 2 Min. Tonisierende und Muskelspasmus lösende Wirkung der Massage, schneidender Schmerz wie bei einer starken Bindegewebsmassage möglich. Wird angewandt bei: Restbeschwerden nach Lungenfellentzündung, Magenschmerzen und Magenerkrankungen wie Magengeschwür.
3. Schröpfkopfmassage (Chinesische Münzmassage):Das zu behandelnde Hautareal mit gereinigtem Pfefferminzöl oder Mandelöl einreiben, dann 2-4 Min. fest mit dem Rand eines dünnen Schröpfglases reiben, Anwendung mehrmals wiederholen. Häufig am Nacken oder in der Schultergegend, zur Chirother. und immer dann indiziert, wenn man „anregend“ arbeiten und den (schmerzbedingten) sedierenden Effekt einer Hautreizmethode vermeiden möchte. Bei starker Durchführung durch den Schmerz entspannende, beruhigende Wirkung, dann Vorsicht bei Patienten in energetischer Leere.

Die trockene Schröpfung wird angewandt bei (Indikationen):
Soweit nicht schon bei der Topographie der Schröpfzonen angegeben, hat die Trockenschröpfung mit stehenden Gläsern oder als Schröpfkopfmassage folgende Indikationen und Orte:

  • Chronische Schwächezustände, besonders bei asthenischen Patienten (neben der Wirbelsäule vom Nacken bis Kreuzbein schröpfen).
  • Durchblutungssteigerung von Haut, Unterhaut und Bindegewebe, bei Narbennachbehandlung und zur Steigerung postoperativer Resorptionsvorgänge, an den Extremitäten und sogar bei Muskel- und Gewebeschwund (Atrophie) hier lokal schröpfen. Wirbelsäulen-Schmerzen (diffus oder umschrieben) bei lokalem oder Wirbelsäulen-Syndrom (an Schmerzorten schröpfen).
  • Rheumatische Erkrankungen der Wirbelsäule z.B. M. Bechterew, Osteoporose und schmerzhaft verspannte Muskulatur. Am Rücken kann lokal oder großflächig gearbeitet werden.
  • Nackenzone: Eine Schröpfkopfmassage (oder eine blutige Schröpfung) wirkt hier bei lokalem Halswirbelsäulensyndrom sehr gut, nur mit stehenden Gläsern sollte nicht geschröpft werden!
  • Dornfortsätze der oberen Brustwirbelsäule: bei niedrigem Blutdruck und ständiger Müdigkeit
  • Magenzone: Oberbaucherkrankungen, funktionelle Herzbeschwerden, akute und chronische Bronchialinfekte
  • Leber-Gallenzone: Neben den bei der Schröpfzonentopographie schon erwähnten Indikationen ist eine Schröpfkopfmassage der Leberzone zur Durchblutungssteigerung bei allen Energiemangelzuständen, Appetitlosigkeit und besonders bei Leberzirrhose sehr günstig. Die Leberzone sollte nie blutig, sondern immer nur trocken behandelt werden!
  • Ganzer Rücken: Eine Behandlung des ganzen Rückens ist sowohl als Trockenschröpfung in ein oder zwei zur Wirbelsäule parallelen Linien im Abstand von 5-10 cm indiziert als auch in Form einer Saugmassage bzw. Schröpfkopfmassage bei: Osteoporoseschmerzen, diffusen Rückenschmerzen, Rückenmuskelschwäche und adjuvant zur Chirotherapie.
  • Lenden-Kreuzbeinbereich: lokale Rückenschmerzen, Funktionsstörungen von Niere und Blase, Darm und Beinen.
  • Oberkörper vorne: Bei akuten und ehren. Bronchialinfekten sollten die Gläser trocken aufgesetzt und die Alarmpunkte der Lunge behandelt werden, zusätzlich auch die Zonen am Rücken mit der Saugmassage. Auch das Asthma bronchiale und das Brustwirbelsäulen-Syndrom.
  • Oberbauch: Funktionelle Oberbauchbeschwerden, exkretorische Verdauungsschwäche.
  • Unterbauch, Leiste und Oberschenkelinnenseite: Funktionelle und organische Beschwerden des Darmes und der Urogenitalorgane. Hier werden zusätzlich Heublumensitzbäder eingesetzt.
  • Oberschenkel-Außenseite bis zum Knie: Hüftgelenksschmerzen und Verstopfung.

Hinweise zum trockenen Schröpfen
Trockenes und blutiges Schröpfen lassen sich gut miteinander kombinieren. Kombinationen von blutiger Schröpfung oder Schröpfkopfmassage sind gleichermaßen in einer Sitzung möglich.

Unter Umständen kann aus einer Leergelose eine Füllegelose und damit leichter zu therapierende Gelose gemacht werden. Das verspannte und minderdurchblutete Hautareal in mehreren Sitzungen trocken behandeln, bis sich Durchblutung und die Vitalität in der Zone so gesteigert haben, dass im Zustand einer blassen Gelose eine heiße Füllegelose entsteht.

Bei Unklarheiten in der Beurteilung der Energielage des Patienten stehende Gläser anwenden.

Als therapeutische Alternative kommt statt der Trockenschröpfung auch eine Baunscheidtierung mit Mandelöl in Frage.

Der Aderlass

Als das klassische „ausleitenden Verfahren“ gehört er zum uralten Therapiegut vieler Kulturen. Geriet, früher oft übertrieben und mit falscher Indikation angewandt in Verruf und lange in Vergessenheit. Es bleibt nach ebenso skeptischer wie gründlicher Prüfung zweifelsfrei: Zahlreiche Krankheiten werden von den Fließeigenschaften des Blutes entscheidend beeinflusst. Der „große“ Aderlass verdünnt das Blut (hämorheologische Wirkung), reinigt es tatsächlich von „schlechten Säften“ (antidyskratische Wirkung), entstaut und entgiftet (antiphlogistische Wirkung). Der „kleine“ Aderlass regt an und setzt Impulse, mobilisiert Energie und aktiviert das Immunsystem (Allergien / alte und chronische Prozesse). Durch lokale und Mikroaderlässe wird die lokale Blutfülle beseitigt und die Mikrozirkulation gefördert.
Das entnommene Blutvolumen wird durch Rückresorption von Flüssigkeit aus dem Gewebe sofort ersetzt, woraus ein erheblicher Verdünnungseffekt in den kleinen Gefäßen mit Verbesserung der Mikrozirkulation resultiert. Trotz des Verlustes an Sauerstoffträgern steigt nach einem Aderlass die Sauerstoffversorgung! Stoffwechselstörungen bessern sich lokal und am Reflexort. Auf Grund der heutigen eiweißreichen Ernährung nimmt die Zahl der Blutkörperchen zu. Die Verdünnung bewirkt, dass die Blutkörperchen sich nicht mehr zusammenballen oder aneinanderreihen.

1. Der große Aderlass (Aus einer großen Vene, meist in der Ellbeuge, werden 350 – 550 ml entnommen.) kommt bei Patienten, die sich in einem Füllezustand befinden, der sogenannten Phletora (=Übergewicht, Bluthochdruck und viele weitere Risikofaktoren) zur Anwendung.

Eingesetzt wird der große Aderlass bei:
allen Erkrankungen mit einem erhöhten Anteil der roten Blutkörperchen (Hkt. über 40%, Hb über ca. 14,5%); Bluthochdruck; Stoffwechselerkrankungen (Übergewicht, Gicht); Migräne.

Kontraindiziert ist der große Aderlass bei:
Blutarmut (Anämie); akuter Infektion; akutem Durchfall; niedrigem Blutdruck (Hypotonie); Kindern und sehr alten Menschen; allg. Körperschwäche; Kräfteschwund und Abmagerung; Herzerkrankungen und Herzrhythmusstörungen; entwässerten, ausgetrockneten (=dehydrierten) Patienten;

2. Der kleine Aderlass (Aus einer großen Vene, meist in der Ellbeuge, oder aus einer Krampfader werden 50 – 150 ml Blut entnommen.)

Er kommt zur Anwendung bei:
Migräne; Allergien; alten und chronischen Prozessen; Krampfadern und Hämorrhoiden. Kontraindiziert ist der kleine Aderlass bei: Blutarmut (Anämie); akuten Infektionen; akutem Durchfall; Kindern und sehr alten Patienten; Herzerkrankungen und Herzrhythmusstörungen; entwässerten bzw ausgetrockneten (=dehydrierte) Patienten.

Im Gegensatz zum großen Aderlass kann der kleine Aderlass bei Patienten mit niedrigem Blutdruck und im Zustand der Schwäche angewandt werden.

3. Der Mikroaderlass (Mit einer Lanzette wird das betroffene Areal, nachdem es gründlich desinfiziert wurde, mehrmals eingestochen, bis es zu einem kontinuierlichen Blutfluss kommt. Die Menge variiert je nach Größe des betroffenen Areals zwischen 1 und 5 ml.) Er kommt bei lokalen Prozessen und Stauungen zum Ausleiten zur Anwendung.

Eingesetzt wird der Mikroaderlass gegen:
Störungen der Mikrozirkulation der kleinen Haargefäße, lokale Stauungen, Besenreißer, zur lokalen Giftausleitung

Baunscheidtieren

Das Baunscheidtieren ist eine großflächige Hautreiztherapie. Durch Einstechen und anschließendes Einreiben mit einer speziellen Paste oder einem Öl wird eine Eiterung der Haut verursacht. Es gehört zu den „Pustulantien“, d.h. Hautreizmethoden, die einen künstlichen Hautausschlag bewirken und seit alters in der Medizin verwendet wurden. Ohne Kenntnis der früheren Verfahren wurde diese Methode vom Feinmechaniker Carl Baunscheidt vor etwa 100 Jahren durch eigene Beobachtung entwickelt. Baunscheidt meinte schlicht, dass „etwas Störendes aus dem Organismus wieder herausgehört“. Er erzielte aber hervorragende Erfolge, bediente sich dabei einer Rolle, die er mit zahlreichen kurzen, aber spitzen Nadeln besetzte, um damit Mikroverletzungen der Haut zu erreichen und bestrich sie mit einem hautreizenden Öl, dessen Originalrezeptur nicht mehr bekannt ist. Durch ihn wurde das Baunscheidtverfahren im 19. Jahrhundert weltbekannt, es wurden ihm über 50 Indikationen zugeschrieben.

„Das Baunscheidtverfahren fragt eigentlich nicht nach dem Namen der Krankheit,“wie Carl Baunscheidt sagte, „sondern geht davon aus, dass etwas Störendes aus dem Organismus wieder herausgehört“.

Hauptindikationen erzielt:

  • Schmerzen durch degenerative Veränderungen des Bewegungsapparates
  • Allgemeine Infektanfälligkeit und chronische Infekte
  • Akute und chronische Entzündungen (z.B. chron. Harnwegsinfekte im Bauchbereich bei: Reizmagen („nervöse Gastritis“), Magenschwäche, exkretorische Pankreasschwäche, chron. Obstipation Reizkolon, etc.
  • psychische Erkrankungen (Psychische Labilität, vegetative Dysregulationen, klimakterische Depressionen, Melancholie)
  • Bei Kindern: Infektanfällige Kinder mit z.B. chron. Tonsillitis, Enuresis und Impffolgen in Form von Gelenkbeschwerden und Adynamie
  • Nach Aschner sind auch Schwindel und Ohrensausen Indikationen

Wirkungsweise
Beim Baunscheidtverfahren werden folgende Hauptwirkungen unterschieden:

  • Hyperämie: Anregung der Durchblutung
  • Lymphdrainageeffekt: Anregung des Lymphflusses
  • Immunsteigerung Wirkung: Aktivierung des Immunsystems durch die künstliche Entzündung (überwiegend sterile Eiterpusteln).
  • Tonisierung von „erschlafften“ Organen und allgemein von geschwächten Menschen. Als tonisierendes Verfahren ist das
  • Baunscheidtverfahren dem blutigen Schröpfen genau entgegengesetzt.
  • Wirkung auf das hormonale Geschehen über eine massive Stimulierung von Hautreflexzonen.

Hilfsmittel beim Baunscheidtverfahren
Da Baunscheidt sein „Original-Hautreizöl“ mit ins Grab nahm, gibt es heute auf dem Markt mehrere Hautreizöle. Sie erzeugen Hautquaddeln oder ein lokales Reizödem. Nach Ansicht Aschners stellen sie lediglich als milde Variante des Baunscheidt-Verfahrens ein „Ableitungsmittel“ aber kein „Ausleitungsmittel“ im Sinne Baunscheidts dar. Aus diesem Grund existieren viele Öl und Salbenrezepte, die sich Heilpraktiker in langjähriger Erfahrung selbst zusammengestellt haben und von Apotheken mischen lassen.

Durchführung des Baunscheidtverfahrens
Vor der eigentlichen Prozedur werden evtl. vorkommende Haare auf dem zu behandelnden Areal rasiert. Danach die Haut mit Alkohol gründlich desinfiziert. Dann wird die Haut individuell gestichelt und mit Paste oder Öl eingerieben.
Einreibedruck und Zeitdauer sind individuell von der Konstitution des Patienten abhängig. Die richtige Sticheltiefe liegt dann vor, wenn die Haut danach gerötet erscheint. Stets Handschuhe tragen und Schleimhautkontakt mit der Paste vermeiden. Das Areal wird mit normaler, oder hyperämisierender Spezialwatte (auch Tafelwatte) abgedeckt, über die eine Papierfolie gelegt wird. Darauf wird ein rutschfester Verband mit Pflaster fixiert. Die Wirkung der Baunscheidtbehandlung ist dann gut, wenn hirsekorngroße, klare oder mit sterilem Eiter gefüllte Pusteln oder Blasen auftreten. Sie platzen nach einigen Tagen auf oder trocknen ab. Ein Verbandswechsel ist nach 2 Tagen zur Kontrolle möglich, muss aber nicht sein. Beim Abnehmen nach 5 Tagen kann die Haut mit Mandelöl abgewischt werden. Der Patient fühlt sich während der 5 Tage meist sehr warm, sollte sich in dieser Zeit im Bereich des behandelten Areals nicht waschen und zur Förderung der Heilwirkung unbedingt schonen. Bei schwacher Reaktion wird ggf. nach 3 Wochen nachbehandelt. Gegen Juckreiz helfen Kinderpuder oder Öltücher.

Variationen der Baunscheidtbehandlung
Baunscheidtieren ohne Paste, also trockene Nadelung, kann täglich wiederholt werden. Nach heutiger Ansicht ist es in dieser Form jedoch überholt.
Baunscheidt-Öl wird statt der Paste appliziert, wenn kein starker Ausschlag erwünscht ist, z.B. am Hals.
Kinder unter 10 Jahren werden nicht genadelt. Man trägt nur die Paste oder das Öl auf das Areal auf.

Nebenwirkungen

  • Juckreiz bis hin zu Schmerzen oder starken Begleitreaktionen
  • Allergische Reaktionen auf Inhaltsstoffe der Salbe oder des Öles
  • Bei richtiger Anwendung kommt es normalerweise zu keiner Narbenbildung

Vorsicht:
Baunscheidtieren ist eine sehr eingreifende Methode, deswegen nicht unbedingt primär einsetzen! Den Patienten am besten mit einem Formblatt und mündlich aufklären und auf mögliche initiale Beschwerden sowie Narben und Hyperpigmentierungen (selten) aufmerksam machen
Sehr pigmentreiche Typen wegen des möglichen kosmetischen Nebeneffektes einer Hyperpigmentierung nicht baunscheidtieren.
Das in der Paste verwendete Krotonöl (croton tiglium) gilt als kokarzinogen und wird von Gegnern der Methode abgelehnt. Es gibt jedoch auch krotonölfreie Baunscheidtöle.

Nicht eingesetzt werden darf das Baunscheidtverfahren bei (Kontraindikationen):

  • Krankheiten aus dem allergischen Formenkreis, Autoaggressionskrankheiten, akutes Fieber
  • Nicht direkt über Entzündungen
  • Zurückhaltend an den Beinen baunscheidtieren, außer lokal an den Waden sehr starke Entzündung und selten auch toxische Reaktionen möglich.

Blutegel

Die Blutegeltherapie ist eine spezielle Form des kleinen Aderlasses. Wobei der therapeutische Effekt nicht nur durch einen Blutverlust, sondern auch durch die Sekrete ausgelöst wird, die der Blutegel in die Wunde lässt (sezerniert).

Geschichtlicher Hintergrund
Der Blutegel (Hirudo medicinalis officinalis) wurde schon seit Jahrtausenden zu therapeutischen Zwecken verwendet. Wie beim Aderlaß hat man diese Therapie aber Jahrhundertelang maßlos übertrieben, Grund für den schlechten Ruf und das Verschwinden der Methode und den in Mitteleuropa praktisch ausgerotteten Blutegel. Heute wird das ca. 5 cm lange Tier in Zuchtanstalten kultiviert oder aus Gegenden mit gering belasteter Umwelt importiert. Der Blutverlust durch Saugen des Tieres (ca. 10 ml) und die Nachblutung (ca. 20-40 ml) entsprechen einem sehr sanften und langsamen Aderlass mit Abnahme des roten Blutfarbstoffes, entsprechendem Eiweißverlust und lokaler Entödemisierung. Der Blutverlust wird durch Zwischengewebsflüssigkeit ersetzt, es kommt zu einer deutlichen Verminderung der Viskosität und Verbesserung der Fließeigenschaften des Blutes („Blutverdünnung“) besonders in der Endstrombahn. Dieser Effekt wird durch das vom Blutegel sezernierte Antikoagulans Hirudin verstärkt.

Es kommt zu einer lokalen Wirkung durch mehrere Blutegelwirkstoffe, die der Egel während des Saugens in die Wunde sezerniert:
Hirudin hemmt die Blutgerinnung, wirkt diuretisch und antibiotisch. Es hält die Wunde für den ca. 30-minütigen Saugakt offen und das Blut fließfähig.

Calin hemmt ebenfalls die Blutgerinnung. Hat aber im Gegensatz zu Hirudin eine wesentlich längere Wirkzeit und sorgt somit für die ca. 12 Stunden dauernde Reinigung der Wunde durch Nachbluten.

Hyaluronidase ist ein „Ausbreitungsfaktor“ der dafür sorgt, dass sich die anderen Wirksubstanzen an der Biss Stelle ausbreiten können.

Eglin hemmt Verdauungsproteasen.

Bdellin ist ein Plasminhemmer.

Sie wirken zusammen mit Apyrase und Kollagenase mit unterschiedlichen Wirkmechanismen an der Gerinnungshemmung mit. Darüberhinaus haben einige dieser Substanzen entzündungshemmende, antibiotische und weitergehende Eigenschaften.
Eine anästhesierende Substanz führt zur Schmerzunempfindlichkeit (Analgesie) beim Saugen.

Hementin und Orgelase, die bei einer verwandten Blutegelart (Haementeria ghilianii) nachgewiesen wurden haben hyperämisierende Wirkung.
Die Blutegelwirkstoffe blockieren insgesamt die bei Entzündungen oder Traumen aktivierten oft überschießenden enzymatischen Vorgänge.

Die Blutegeltherapie wird hauptsächlich eingesetzt bei:
Venösen Erkrankungen: Akuten Venenentzündung und Krampfadern (Thrombophlebitis, variköses Syndrom, postthrombotisches Syndrom, Phlebothrombose), bei akutem Gichtanfall; Infektionen: Gesichtsfurunkel und infizierten Insektenstichen.
Weitere oft genannte Einsatzbereiche sind Akute und chronische Mittelohrentzündung (Otitis media), Mastoiditis, Glaukom, Angina pectoris bei vollblütigen Patienten, akute Gallenblasenentzündung und Entzündung der Gallengänge und Zustand nach Entfernung der Gallenblase, Bluthochdruck und „Präapoplex“. Hämorrhoiden, Wundheilungsstörungen durch postoperativen Lymphstau (Handchirurgie) oder infizierte Wunden, akute und chronische Knochenhautentzündung und vieles mehr.

Durchführung der Blutegeltherapie
Grundsätzlich gilt für alle Anwendungen, dass ein Fülle- oder Pluszustand gegeben sein muss (Plethora). Allgemein ist eine Blutegeltherapie immer dann angezeigt, wenn ein Aderlass indiziert, aber technisch nicht möglich und energetisch falsch wäre, z.B. bei Kindern.
Eine praktische Alternative für Blutegel sind oft die rascher durchführbaren Schröpfverfahren. Die Blutegel auf einem normalen Rezept verordnen – pro Anwendung bis zu 12 Stück – und beim Apotheker bestellen. Für den Notfall stets mindestens 10 Egel vorrätig haben. Die frischen Blutegel an einem kühlen, schattigen und ruhigen Platz in einem größeren Glas aufbewahren, tägl. mineralarmes Wasser nachfüllen.
Die Blutegel-Applikation erfordert in der Praxis einige Zeit, Geduld und Ruhe: Der Patient muss einen ganzen Tag Zeit haben, darf nur wenig getrunken haben und sollte mit leerer Blase erscheinen. Der Patient liegt auf einem Gummituch. Die zu behandelnde Körperstelle mit geruchloser Seife oder nur mit Wasser waschen, sauber abspülen, keine parfümierten Hautareale verwenden. Die geplante, evtl. markierte Biss Stelle (genaue Lokalisation sehr Wichtig!) ggf. rasieren und mit einer Hämolanzette etwas anritzen. Den ca. 5 cm langen Blutegel mit einer stumpfen Pinzette aus einem Reagenzglas nehmen und mit seinem Kopf an die kleine Wunde legen: Der Patient spürt nur den Biss. Wenn die Blutegel festsitzen, das Gebiet mit Zellstoff ringsum abdecken. Je nach Indikation und Ort sollten 2 bis 12 Tiere anbeißen und wenn möglich in eine Linie gelegt werden.

Bei lediglich lokaler Fülle, aber allgemeinem Leere Zustand (Astheniker, Hypotoniker) nur 2-3 Egel verwenden. Die Egel brauchen für ihre Arbeit Ruhe und Halbdunkel und fallen ab sobald sie sich vollgesogen haben (10-40 Min.). Die Egel auf keinen Fall gewaltsam abreißen (Vorsicht: Hautverletzung).

Blutegel dürfen nur einmal verwendet werden und müssen danach entsorgt werden. I.d.R. werden sie nach dem Einsatz in hochprozentigem Alkohol z.B. Spiritus ertränkt oder bei mindesten minus 18 Grad Celsius tiefgefroren. Nach dem Töten werden Blutegel als infektionspräventive Abfälle angesehen und müssen entsprechend entsorgt werden. Flüssigkeitsdichte Behälter mit entsprechender Aufschrift können in den Restmüll gegeben werden. (Vollständigen Artikel zur Entsorgung der Blutegel hier lesen.)

Bei Tieren, die aus Zuchtanstalten geliefert werden, besteht keinerlei Risiko einer Infektionsübertragung auf den Menschen. Aus der Wunde soll nun über Stunden Blut und Lymphe nachsickern, was einem protrahierten Aderlass entspricht, der den direkten Blutverlust komplettiert.
Das austretende Blut mit Zellstoff auffangen. Bei Krampfaderbehandlungen blutet es oft lange nach. Ein zu großer Blutverlust kann jederzeit mit einem Druckverband gestoppt werden. Nach etwa 7 h, meist abends, einen Verband mit viel saugfähiger Watte (hämostyptische Watte nach Herget) anlegen. Bis dahin muss der Patient liegen. Nach 24 h einen ersten Verbandswechsel durchführen, diesen 3 h später entfernen. Nach ca. 1 Woche kann die Stelle wieder gewaschen werden.

Nicht eingesetzt werden darf die Blutegeltherapie bei (Kontraindikationen):

  • Hämorrhagische Diathesen (Bluter)
  • Hauterkrankungen an den Applikationsorten
  • arterielle Verschluss Krankheiten (AVK) und den Veränderungen in den Haargefäßen bei Zuckerkrankheit (diabetische Mikroangiopathie)

Komplikationen

  • Vom Egel sezerniertes Histamin kann zu einer allergischen Reaktion führen, die sofort oder bis zu 4 h verspätet auftritt.
  • Eine Wundrose (Erysipel) nach Biss ist sehr selten
  • Eine kleine Narbe an der Bissstelle kann Wochen bestehen bleiben
  • Eine Heftpflasterallergie ist nach einer Blutegelbehandlung häufiger anzutreffen, deshalb hautschonende, hypoallergene Pflaster verwenden.

Das Cantharidenpflaster

Kurzinfo/geschichtlicher Hintergrund
Das Cantharidenpflaster gehört zu den blasenziehenden Mitteln („Vesikantien“), die in verschiedener Form seit Jahrtausenden verwendet worden sind. Der Cantharidenextrakt stammt aus der Laufkäferart „Spanische Fliege“ (Lytta vesicatoria) und wurde bereits bei den Ärzten des römischen Reiches als Heilmittel eingesetzt. Den medizinhistorischen Stellenwert des Cantharidenpflasters dokumentiert ein Ausspruch von Paracelsus, der sagte, dass „nur der den Namen Arzt verdiene, der (mit einem Cantharidenpflaster) die Gicht heilen kann“. Denn „wo die Natur einen Schmerz erzeugt, dort will sie schädliche Stoffe anhäufen und ausleeren. Wo sie dies nicht selbst fertig bringt, dort mache man ein Loch in die Haut und lasse diese heraus.“

Anwendung (Indikationen) des Cantharidenpflasters: Sehr gute Ergebnisse gibt es meist bei:

  • Wirbelsäulenleiden: Alle lokalen Wirbelsäulen-Syndrome von der Halswirbelsäule bis zum Steiß, Schulter-Armsyndrom (nach Durchführung der Schröpftherapie), nach Hexenschuß, Intercostalneuralgie, M. Bechterew. Das Cantharidenpflaster stellt eine ideale Ergänzung zur Chirotherapie dar. Die Pflaster werden an der Wirbelsäule üblicherweise nur auf die Dornfortsätze gesetzt, von einigen Therapeuten auch paravertebral. Man kann dabei durchaus mehrmals ein Pflaster auf dieselbe Stelle setzen.
  • Tumorschmerzen: Bei isolierten Knochenmetastasen
  • Gelenkleiden: Arthrose, Gichtgelenke
  • Pleuraergüsse und -Verschwartungen
  • HNO: akute und chronische Mittelohrentzündung bei Kindern, Mastoidherde, Nebenhöhlenentzündungen
  • Klimakterische Depressionen

Befriedigende Erfolge gibt es bei:

  • Gelenkleiden: Arthrosen der kleineren Gelenke, des Schultergelenkes, der Sprunggelenke
  • HNO: Akuter Hörsturz (Pflaster an Mastoid und Nacken, dazu schröpfen), Schwindel, Tinnitus und Menierescher Erkrankung.

Aschner und Abele heben noch weitere Anwendungsmöglichkeiten hervor:
Angina tonsillaris und Mandelabszess als Alternative nach einer Blutegelbehandlung, funktionelle Herzbeschwerden, Pflaster beschleunigen bei feuchter oder trockener Herzbeutelentzündung (Pericarditis) die Flüssigkeitsresorption. „Gallebeschwerden“, nach Gallenblasenentfernung, Narbenbeschwerden, Schmerzen nach Meniskusentfernung, beginnendem Herpes zoster und davon resultierenden Neuralgien, Trigeminusneuralgie, bei Augenerkrankungen (Iritis, Glaukom).

Früher angegebene Indikationen, die sich in der Praxis nicht bewährt haben:
Hüftgelenksarthrose, Tennisarm, entzündliche oder traumatische Kniegelenksschwellungen, akute rheumatische Schwellungen, Bandscheibenvorfall mit Wurzelreizsyndrom bei asthenischen Patient im Leere Zustand.

Theorie der Wirkungsweise
Das Cantharidenpflaster ähnelt in seiner Wirkung der Schröpftherapie und wird wegen seines Effektes auf das Lymphsystem auch weißer Aderlass genannt. Der Haut Reiz des Pflasters stellt eine künstliche Verbrennung zweiten Grades dar und führt zu einer Brandblase. Im Grundgewebe kommt es zu einer Summierung verschiedener Effekte: Antiödematöser, entzündungshemmender und schmerzlindernder Effekt: Das Cantharidenpflaster führt zu einer direkten Entfernung von Lymphe, Schmerzmediatoren und „Stoffwechselschlacken“ (Ablagerungen von Toxinen, Antigen-Antikörper-Komplexen, sauren Radikalen usw.) an die Hautoberfläche. Zu einer ähnlichen Wirkung kommt es im Inneren des Körpers durch die einsetzende Durchblutungsanregung und die Lymphdrainage nach innen. Je größer der Lymphverlust während der Pflasterapplikation ist, desto weniger Schmerzen und Beschwerden bestehen nachher.

Immunologische Wirkung: Zunächst lokal, später auch im ganzen Organismus kommt es zur Aktivierung immunkompetenter Zellen und Enzyme. In der Grundsubstanz wird eine Vielzahl Mediatoren und Botenstoffe freigesetzt, die selbst wieder biologische Reaktionen anstoßen können. Die immunologische Autoregulation im Zielgebiet, die durch ehren. Entzündungen blockiert ist, wird wiederhergestellt und kann dann oft über Jahre anhalten.

Durchblutungsförderung: Die regionale Verbesserung der Durchblutung und Steigerung der Bluteigenschaften bewirkt bis zur völligen Abheilung der Hautoberfläche eine Erhöhung von Temperatur und Stoffwechsel lokal und im Zielgebiet der Reflexzone.
Durchführung der Cantharidenbehandlung
Die Hilfsmittel für Cantharidenbehandlung Cantharidenspezialpflaster sind fertig beziehbar. Cantharidensalbe kann man jedoch auch in der Apotheke herstellen lassen. Pflaster morgens anlegen, um die unangenehme Phase der ersten Stunden nicht in die Nacht zu verlegen und dem Patienten tagsüber bei Beschwerden helfen zu können. Eine pflasterwürdige Stelle sollte sulzig und etwas druckdolent sein (Hinweis auf lokales Lymphödem). Aber auch äußerlich relativ unauffällig erscheinende Hautareale können gepflastert werden.

Hautareal gemäß Tastbefund (Palpationsbefund) des Bindegewebes ermitteln. Hautareal (Lokalisation s.u.) mit Fettstift markieren und das Pflaster lieber etwas größer zuschneiden. Haut rasieren und mit Benzin entfetten. Die Pflastermasse ca. 1 mm dick auf einen Zellstoff aufbringen und darauf sterile Kompressen zur Aufnahme des Wundsekretes legen. Darüber gut klebende Pflasterstreifen als Fensterrahmen-Verband kleben (besser als großflächige Totalklebeverbände). Kleine Pflaster brennen so stark wie größere und bringen keinen Effekt.

Vorsicht:
Unter dem Verband darf keine Salbe hervortreten – Gefahr von Verbrennungen außerhalb des gewünschten Hautareals. Dem Patienten unbedingt vorher aufklärt, dass eine schlaflose, weil schmerzhafte Nacht bevorstehen und leichte brennende Schmerzen von Harnröhre und Blase auftreten können (nierenreizende Wirkung des Cantharidins).

Ca.4 h nach dem Anlegen beginnt es unter dem Pflaster für einige Stunden zu „brennen“. Der Patient muss darauf hingewiesen werden, dass er das Pflaster nicht vorzeitig abnimmt. Blase bis zur Abnahme erhalten – vorzeitiges platzen verzögert Heilung. Dem Patienten deshalb eine geeignete Nachtlagerung sowie Unterlage eines Handtuches nahelegen.

Nach 12-16 Stunden sollte eine ausreichend große Brandblase entstanden sein. Jetzt Verband wechseln und Wunde kontrollieren: Bei klarer Flüssigkeit Blase mit Kanüle anstechen und Sekret abfließen lassen. Blasenhaut nur entfernen, wenn sie stark eingerissen ist, sonst als Verband belassen. Bei sulzig-eingedicktem Inhalt Blasenhaut auf jeden Fall steril abtragen. Auf jeden Fall alle Reste der Cantharidensalbe säuberlich entfernen.
Wenn nach 16 Stunden noch keine Blase entstanden ist, nochmals 8 Stunden warten. Wunde mit steriler Kompresse abdecken, evtl. mit neutraler Salbe oder „Lymphsalbe“ dünn bestreichen und versorgen. Bei erhaltener Blasendecke ist die Verwendung eines Wundpuders sinnvoller.
Wenn aus der Wunde viel Lymphe sezerniert wird, was als positives Zeichen zu werten ist, täglicher Verbandswechel durchführen, sonst erst nach 2 oder 3 Tagen. Verband 5 Stunden nicht durch Waschen befeuchten, dann ist die neue Haut „waschecht“. Blaseninhalt kann ganz oder in potenzierter Form dem Körper in verschiedener Form wieder zugeführt werden. Ein zweites Pflaster an derselben Stelle frühestens nach 4 Wochen – d.h. nach der völligen Abheilung der Wunde verordnen.

Nebenwirkungen:

  • Hyperpigmentierungen der behandelten Haut über Jahre: Nur bei wenigen Patienten, bei Verdacht sicherheitshalber milde Salbe (s.u.) verwenden
  • lokale Entzündung – Möglich, wenn Patient das Pflaster vorzeitig abnimmt (darauf hinweisen)
    Pflasterallergie. Die Therapie kann meist fortgeführt werden.
  • Harnblasenreizungen: Können routinemäßig bei allen Patient durch prophylaktische Gabe eines Nierentees oder Mittels als „Blasenschutz“ vorgebeugt werden.
  • Eine extrem seltene blutige Reizblase durch die Inhaltsstoffe der Salbe, kann mit Kalziumgabe und einem allergiehemmenden Mittel behoben werden.
  • Niere: Nephrotoxische Wirkung bei größeren Mengen der Inhaltsstoffe.

Kontraindikationen
Akute Blasen- oder Nierenbeckenentzündung (Vorsicht: nierentoxische Wirkung von Cantharidin in größeren Mengen), Gewebsauflösung (Gangrän), Stauungsödemen, arterielle Durchblutungsstörungen und alle unklaren Hautveränderungen
Salbe auf keinen Fall auf akut entzündetes Gelenk, offene Wunden, Schleimhäute oder in Gelenkbeugen bringen
Bei dunklen, pigmentreichen Typen zurückhalten (Vorsicht: Überpigmentierungen).

Kombinationstherapie
Cantharidenpflaster und blutiges oder trockenes Schröpfen (inkl. Petechiale Saugmassage) können gut zusammen an einem Termin durchgeführt werden
Cantharidenpflaster sind in Abständen von wenigen Tagen auch wechselweise mit dem Baunscheidt-Verfahren sinnvoll kombinierbar.

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