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aus dem Paracelsus Magazin: Ausgabe 01/2024

Die Praxis übergeben

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Was im Fall eines Verkaufs zu beachten ist

Ob aus gesundheitlichen oder Altersgründen – irgendwann ist es soweit: Die Phase der eigenen Berufstätigkeit endet, und es beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Das Thema Praxisverkauf kommt auf. Und es stellt sich die Frage, wie und an wen die Praxis übergeben werden soll. Eine umfassende Vorbereitung ist wichtig, denn vieles möchte in diesem Zusammenhang gut durchdacht sein.

Erfahrungsgemäß ist es für viele Praxisinhaber schon schwer, sich nur allein mit dem Gedanken zu beschäftigen, wie es ohne die Praxis weitergehen soll. Für sie ist es schwierig, ihr Lebenswerk abzugeben und sich ernsthaft damit auseinanderzusetzen. So vergeht mitunter viel Zeit, die ungenutzt bleibt, weil der Entschluss, aufzuhören, noch nicht konkret umgesetzt wird.

Dieser Artikel gibt einen kurzen Überblick zum Thema. Da jeder Praxisverkauf individuell verläuft, kann es an dieser Stelle nur um allgemeine Fragen gehen.

Planung

Für viele Praxisbetreiber stellt der Erlös aus dem Verkauf einen wesentlichen Beitrag zur Altersvorsorge dar. Schon allein aus diesem Grund ist es wichtig, den Verkauf sorgfältig zu planen, um einen möglichst hohen Ertrag zu erzielen. Wer kurzfristig verkaufen muss, erlangt in der Regel einen deutlich geringeren Gewinn als derjenige, der Zeit hat und geduldig auf ein gutes Angebot warten kann. Wie so oft gilt auch in diesem Bereich: Je früher, desto besser. Zu empfehlen ist eine Vorlaufzeit von mehreren Jahren.

Eine mangelnde Konkretisierung des Praxisübergabeprozesses kann zudem einen fortschreitenden Wertverlust der Praxis aufgrund fehlender Weiterentwicklung nach sich ziehen.

Gerade weil die allermeisten für gewöhnlich nur eine Praxis verkaufen und daher keine Erfahrung haben, ist es wichtig, Folgendes zu bedenken:

Es sollte vorher konkret überlegt werden, wie und mit wem es weitergehen soll:

Kommt ein Mitarbeiter/Kollege/Externer als Nachfolger in Frage?

Je nachdem, wie die Frage beantwortet wird, braucht es zeitlichen Vorlauf.

Wichtig ist, die Nachfolgersuche am Praxiskonzept auszurichten:

Wenn ein solches noch nicht besteht, sollte es dringend erarbeitet werden.

Dabei geht es v.a. um die Alleinstellungsmerkmale der Praxis, also Praxisbesonderheiten.

Eine ehrliche Bestandsaufnahme ergibt, ob Innovationen und Investitionen erforderlich sind – frei nach dem Motto: „Machen Sie die Braut hübsch“.

Das kann eine neue Website sein oder ein anderer Wandanstrich. Oft sind es keine großen Investitionen, die den ersten Eindruck positiv verstärken.

Zu klären ist auch, ob vom Nachfolger weiterhin eine Kooperation gewünscht wird – z.B. in Form einer freien Mitarbeit.

Das ist für mögliche Käufer oftmals eine wichtige Information.

In einem Übersichtsbogen sollten – mit Hilfe des Steuerberaters – die wesentlichen Eckpunkte zur Finanz- und Personalstruktur der Praxis zusammengetragen werden; bei der Aufbereitung der Praxisdaten ist auf Übersichtlichkeit zu achten, u.a. seien genannt:
• Umsätze der letzten drei Jahre
• Personalkosten (Angestellte/Freie Mitarbeitende) und Personalstruktur (Mitarbeitende in Therapie und Verwaltung)
• Mietkosten

• Gewinn vor Steuern
• Inventar/EDV/Literatur
• Praxisbesonderheiten/Leistungsangebot

Blickwechsel

Jeder Praxisinhaber prägt sein Unternehmen durch seine Persönlichkeit, Qualifikationen und Behandlungsangebote. Daher sollten Sie für sich klären, wie die Praxis auf Externe, also mögliche Kaufinteressenten, wirkt. Zu empfehlen ist, einmal mit anderen Augen auf die eigene Praxis zu schauen. Es ist elementar, die Frage beantworten zu können, warum gerade diese Praxis gekauft werden soll:
• Was macht meine Praxis aus?
• Was macht sie besonders?
• Was unterscheidet sie von Mitbewerbern?
• Warum lohnt es sich, sie zu kaufen?
• Wie rechtfertige ich meine Preisvorstellung?

In der Verkaufsverhandlung kommt meistens irgendwann die Frage auf, ob es sich überhaupt „lohne“, eine Praxis zu kaufen, oder ob nicht eine Neugründung der bessere Weg sei. Dies ist eine Einladung an Sie, zu verdeutlichen, dass der Kauf einer bestehenden Praxis eine Chance bedeutet, mit der Praxis mindestens so viel Geld zu verdienen wie der aktuelle Praxisinhaber.

Als Vorteile können kommuniziert werden:
• Es ist ein direkter Einstieg in einen laufenden Betrieb möglich.
• Es kann eine etablierte Praxis übernommen werden, sodass nicht „von Null“ begonnen werden muss.
• Der Käufer profitiert von der Bekanntheit der Praxis.
• Die Erfahrung zeigt, dass viele Patienten Vertrauen auf Nachfolger übertragen.
• Die Übernahme eines bestehenden Patientenstamms macht die Übernahme weniger aufwändig und wirtschaftlich besser planbar als eine Neugründung.

Dabei ist während der Verhandlung immer der klassische Konflikt zwischen Käufer und Verkäufer im Hinterkopf zu behalten: Der eine will möglichst wenig bezahlen, wohingegen der andere möglichst viel bekommen möchte. Das ist nichts, was man persönlich nehmen sollte, sondern gehört zum Verkaufsprozess.

Konkrete Schritte

Anzeige Gibt es keine persönlichen Kontakte, die für eine Praxisübernahme in Frage kommen, besteht der nächste Schritt in der Formulierung einer Anzeige – in Fachzeitschriften oder auf Praxisportalen. Gute Anzeigen beschränken sich auf das Wesentliche. Sie sollen Interesse wecken und sind, ähnlich wie bei der Partnersuche, häufig der erste Grund für eine Kontaktaufnahme.

Wichtig sind die Eckdaten der Praxis:
• Ort
• Behandlungsschwerpunkte, Konzept, Praxisbesonderheiten
• Praxisausstattung
• Mitarbeiteranzahl
• Praxisfläche
• Mietkonditionen

Preisfindung Die Preisfindung ist ein schwieriges und komplexes Thema. Praxen bestehen immer aus einem materiellen und einem immateriellen Teil. Der immaterielle Wert, auch „Goodwill“ genannt, bezeichnet u.a. den Patientenstamm, bestehende Kooperationen, den guten Ruf der Praxis, geprägt durch die Persönlichkeit des Inhabers, und damit die Gewinnaussichten. Dieser Teil ist Chance für den Praxiskäufer, den aufgebauten Ruf der Praxis und den Patientenstamm für den eigenen beruflichen Erfolg nutzen zu können (Weiche Faktoren). Der materielle Teil, der Substanzwert der Praxis, wird im Wesentlichen aus dem Inventar gebildet. Viele Interessenten sehen v.a. folgende Parameter als wichtig und wertbestimmend an:

• Standort, Bevölkerungsstruktur, Praxisdichte
• Erreichbarkeit (ÖPNV, Parkplätze)
• Praxisausstattung, Inventar
• Qualifikation der Mitarbeiter
• Netzwerke, Kooperationen
• Patientenstamm und -struktur

Vertragsgestaltung

In einem Vertrag sollten die wesentlichen Eckpunkte schriftlich festgehalten werden. Von mündlichen Verträgen ist abzuraten, da sie im Streitfall zu Beweisschwierigkeiten führen. Es gibt eine Reihe von Faktoren, die neben dem Kaufpreis und seinen Zahlungsmodalitäten zwingend zu regeln sind. Dazu gehören:
• Vertragsgegenstand
• Übergabestichtag
• Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten
Praxisgegenstände, Gewährleistung

• Patientenkartei und deren datenschutzrechtliche Behandlung, Verwahrungsvertrag
• Rechnungsabgrenzung
• Haftung für Altverbindlichkeiten
• Arbeitsverhältnisse
• Eintritt in weitere Verträge (Telefon etc.)
• Mietvertrag über Praxisräume
• Berufsunfähigkeit, Tod der Vertragsparteien
• Patienteninformationsschreiben
• ggf. Einwilligung des Ehegatten
• Konkurrenzschutzklausel

Am Ende dieser langen und häufig emotional herausfordernden Reise stehen die Vertragsunterzeichnung und die erfolgreiche Übergabe der Praxis in neue Hände – mit einem guten Gefühl. Und ab dann heißt es hoffentlich: den Ruhestand genießen.

Dr. jur. Birgit Schröder
Fachanwältin für Medizinrecht
kanzlei@dr-schroeder.com

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