Einführung in die christliche Mystik
Zur Mystik zeigt der Theologieprofessor Werner
Thiede ein durchaus offenes, bejahendes Verhältnis, und zwar schon deshalb, weil er den Begriff der Mystik weit
umfasst, ebenso den des Christentums. Das fällt besonders in den 34 „Porträts“ im zweiten Teil des Buches auf: Hier
kann man sogar Personen begegnen, die nicht bereits schon als Mystiker bekannt sind (etwa Sören Kierkegaard, Karl
May), oder solchen, die kaum noch als Vertreter des Christentums anzusehen sind (z.B. Rudolf Steiner), aber zumindest
vom Christentum herkommen. Doch Thiedes die Mystik bejahende Grundeinstellung bedeutet keineswegs, dass er all die von
ihm Porträtierten undifferenziert mitsamt ihrer Anschauung bejahen würde. Vielmehr spart der Weltanschauungsexperte
zuweilen aus Gründen, die er vor allem im ersten, theoretischen Teil des Buches darlegt, nicht mit deutlicher Kritik –
etwa bei der politischen Mystikerin Dorothee Sölle oder beim Benediktinermönch und Zen-Meister David Steindl-Rast. Er
geht über das Deskriptive hinaus und betreibt im Sinne des Neuen Testaments eine hilfreiche Unterscheidung der
Geister. Rezension von Walter Rominger.
Werner Thiede, LIT Verlag, 2019, ISBN 978-3643142634